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Spiegelbild
-„ Ah, scheiße.“
Henry öffnete die Augen. Das Pochen in seinem Kopf war wie als würde jemand mit zwei Fäusten links und rechts gegen seine Schläfen boxen. Nicht sehr fest, aber trotzdem ziemlich unangenehm.
Henry schaute nach links zum Fenster. Durch die Ritzen der Rollladen drang vage ein bisschen Licht. Wahrscheinlich ist es wieder bewölkt, ging es ihm durch den Kopf.
Er begann sich in seinem Bett aufzurichten, stoppte jedoch sofort wieder ab. Jede kleinste Bewegung ließ seinen Kopf noch mehr schmerzen. Er wartete kurz ab bis sich der Schmerz gelegt hatte, schob die Bettdecke zur Seite und erhob sich.
Ihm wurde für kurze Zeit schwarz vor den Augen und er spürte wie sich in seinem Kopf angesammeltes Blut seinen Weg zurück in den Körper suchte.
Henry ging zum Fenster und zog die Rollladen hoch. Der Himmel war bewölkt und es war leicht am regnen.
Er öffnete das Fenster auf kipp und drehte sich um. Durch das dunkle Licht dass in den Raum fiel, sahen alle Möbel im Zimmer aus als hätte sie jemand zu oft in eine Waschmaschine gesteckt.
Seine Wand große Wand, an der das Bett und ein schwarzes Ledersofa standen war in einem maritimen Blau gestrichen, das bei hellem Licht an ein Türkisblaues Meer an den Stränden der Karibik erinnert. Jetzt sah es nach einem deprimierenden Grau aus.
Auch das alte Sofa, früher einmal Mitglied einer stolzen Wohnzimmerausstattung, wirkte in dem dunklen Licht mit seinen zahlreichen Rissen im edlen Leder nicht gerade schöner.
-„Ich könnte kotzen.“
Henry hasste diese Tage. Wie gemütlich es wohl im Uteruß seiner Mutter gewesen sein muss denkt er sich immer wenn einer dieser Tage draußen auf ihn wartet.
Und wie sie ihn dann gnadenlos hinausgedrückt hat. Verbannt für immer.
Er sah sich um.
Heute gefiel ihm sein Zimmer recht gut. Und das war recht selten der Fall.
So oft schon hatte er, nachdem er sich einzureden versuchte dass es ihm wohl nach einer Weile gefallen würde, sein Zimmer bis spät in die Nacht um geräumt. Ganz zufrieden war er nie. Der große Schreibtisch aus Esche sowie das hohe Holzregal mit dem Fernseher standen diesmal gegenüber dem Bett und Sofa, sodass man sowohl vom Bett als auch vom Sofa aus fernsehen konnte. Der breite und wackelige Kleiderschrank stand links vom Schreibtisch.
So richtig ins Bild passen wollte nur der weinrote Teppich in der Mitte des Raumes nicht.
Henry ging in Küche, machte die Senseo Maschine an, ging weiter ins Bad, zog sein T-Shirt von Gestern und seine Boxershort aus und ging unter die Dusche.
Das lauwarme Wasser ließ ihn so langsam Wach werden.
Nach dem Duschen kam immer der unangenehme Teil vom Morgen. Der Blick in den Spiegel. Er wusste was er sehen wird, hoffte doch jeden Tag auf einen anderen Anblick.
Er hasste eines an sich. Seine Augenringe.
Wie zwei dicke schwarze Edding-Striche der besonders breiten Art ließen die Ränder unter den Augen die sonst schon dicken Tränensäcke noch fetter erscheinen.
Egal ob er gut schlief oder schlecht. Es war immer dasselbe.
Henry fuhr sich mit der Hand übers Kinn und der Oberlippe. Seinen leichten Bartwuchs musste er sich nur alle fünf Tage rasieren. Jetzt brauchte er es noch nicht.
Nach dem Frühstück, dass aus einem Glas der Bärenmarke Vollmilch 3,8%, einen doppelten Kaffee mit zweieinhalb Löffeln Zucker sowie vier Scheiben Toast mit schwarzwälder Schinken bestand, machte sich Henry auf den Weg zum Bahnhof. Er musste sich beeilen wenn er den Bus zur Uni noch bekommen wollte. Es war 11:57 Uhr.
Draußen zog er sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und lief los. Der Regen fiel ihm trotzdem in seinen Ausschnitt und lief kalt seine Brust herunter. Hätte er sich doch einen Schal mitgenommen. Mit seinem dritten Schritt trat er in eine Pfütze, die sich in einem Schlagloch in der Straße gesammelt hatte und er spürte wie sein linker Socken feucht wurde.
-„Fuck!“
Ich muss öfters nach unten schauen, wenn ich laufe, dachte er sich…
Henry öffnete die Augen. Nur ein Alptraum. Helle Sonnenstrahlen fielen durch die Ritzen der Rollladen. Er glitt aus dem Bett, zog die Rollladen hoch und öffnete das Fenster. Warme Luft wehte ihm ins Gesicht. Er atmete tief durch und machte Liegestütze und Sit-Ups bis er verschwitzt auf dem Boden lag.
Nach der Dusche schaute er in den Spiegel. Kräftiger blonder Bartwuchs umschloss sein Kinn und sah so aus als wäre er frisch gestutzt worden. Große blaue Augen betrachteten ihn aus dem Spiegel und Henry grinste zufrieden.
Er sah gut aus.
Es war viertel vor Zehn und er hatte noch genug Zeit bis er in die Uni musste.
Beim ausgiebigen Frühstück, einem Glas Bärenmarke Vollmilch 3,8%, einem doppelten Kaffee mit zweieinhalb Löffeln Zucker sowie vier Scheiben Toast mit schwarzwälder Schinken, ärgerte sich Henry über einen Artikel des „Hell a Magazin“ über die EU-Krise und der neuesten Kommentare des britischen Premier Ministers, dann nahm er sein Handy und schrieb seiner Freundin eine SMS.
Seine Freundin war das schönste Individuum, das er jemals gesehen hatte.
Um die 1,80 groß, mit einer sehr schlanken Figur, etwas zu schlank aber das störte ihn nicht.
Sie hatte portugiesische Wurzeln und Schulterlanges pechschwarzes Haar. Wie gerne fuhr er mit seinen Fingern durch ihr Haar!
Die Brüste waren eher klein, doch er mochte kleine Brüste sehr. Viel lieber als die gemachten Luftballons der bleach blonden Frau aus Fernsehwerbung eines großen Möbelhauses aus.
Ihr lächeln war atemberaubend. Ihre Zähne waren nicht perfekt, sie hatte eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen, doch diese süße kleine Lücke machte sie nur noch einzigartiger fand er.
Am besten an ihr gefielen ihm aber ihre Augen. Diese großen, dunkelbraunen Augen mit einem Hauch Orange.
Augen, in denen er ohne Probleme für dreißig Minuten versinken konnte.
Und dann fühlte er sich richtig gut.
Henry wachte auf. Öffnete die Augen. Und schloss sie gleich wieder.
Nur ein Traum.
Draußen war irgendein Wetter.
Er stand auf und ging ins Bad.
Nach der Dusche stand er vor dem Spiegel und befühlte sein Kinn.
Der Spiegel war vom Wasserdampf aus der Dusche ganz beschlagen, so dass er sein Gesicht nicht sehen konnte.
Um viertel nach Zwölf fuhr sein Bus zur Uni. Es war halb Elf.
Nachdem er gefrühstückt hatte, ein Glas Bärenmarke Vollmilch 3,8%, einen doppelten Kaffee mit zweieinhalb Löffeln Zucker und vier Scheiben Toast mit schwarzwälder Schinken, machte er sich auf den Weg zum Bahnhof.
Draußen war es trocken. Trotzdem wehte ein unangenehm kalter Wind, so dass Henry seinen Schal strammer zog.
Er machte seinen IPod an und ging gedankenverloren los.
Nach Fünf Minuten laufen, blickte er das erste Mal nach vorne.
Er bog um die Ecke und sah schon die Haltestelle vorm Bahnhof.
Und da stand sie. Direkt unter dem Dach der Haltestelle.
Diese wunderschöne Frau mit ihren Pechschwarzen Haaren. Wie oft hatte er sich schon vorgestellt wie er mit seinen Fingern durch ihr Haar fuhr. Er stellte es sich immer so seidig und wunderbar glatt vor.
Sie musste südländischer Abstammung sein. Vielleicht Portugal oder Spanien.
Er kam immer näher an die Haltestelle. Die Uni-Linie fuhr gerade ein.
Da schaute sie auf. Ihre Blicke trafen sich und sie lächelte.
Henry wurde ganz schwach. Ihr Blick fühlte sich gut an, doch er schaute sofort wieder weg.
Er hatte die Haltestelle erreicht und ging einfach weiter. Einfach vorbei und in den Kiosk hinter der Haltestelle. Sein Herz pochte und er war nervös.
Die Frau war in den Bus eingestiegen, der sich gerade in Bewegung setzte.
Nachdem Bus außer Sichtweite war, ging Henry zur Haltestelle und ließ sich auf eine Bank fallen.
Irgendwann, dachte er sich. Irgendwann will ich mal mit dieser Frau zusammen sein.
Dann drehte er die Musik noch lauter und wartete auf den nächsten Bus