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Spektabilität

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20.03.2003
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Spektabilität

Spektabilität

An der altehrwürdigen Alma Mater in Berlin, der Wirkungsstätte solch berühmter Persönlichkeiten des Geisteslebens, wie Fichte, Hegel, von Humboldt, Mommsen, Schleiermacher und anderen, sollte kurz nach dem großen Krieg der Gewerkschaftsvorsitzende der Universität zum Ersten Mai, weil das so üblich war, vor den Studenten, Professoren, und Angestellten eine Festrede halten.
Wilhelm war ein an dieser hohen Lehranstalt für seine Zuverlässigkeit geachteter Arbeiter und Gewerkschafter, doch ungeübter Redner. Deshalb gab ihm sein Kreisvorsitzender einige Hinweise, die er unbedingt beachten sollte, um nicht in das berühmt-berüchtigte Fettnäpfchen zu treten. Schließlich würde er seine Rede an ein auserlesenes Auditorium richten. Besonders wichtig sei es, zu Beginn seiner Ansprache die honorigen Persönlichkeiten den an der Hochschule üblichen offiziellen Umgangsformen gemäß anzusprechen. So gelte für den Rektor die Anrede „Eure Magnifizenz“, für die Professoren, Doktoren und Hochschullehrer „Respektabilität“. Man könne aber dieses ungelenke Wort abkürzen, indem man nur „Spektabilität“ sage.
Mit derart profunden Ratschlägen ausgerüstet ging Wilhelm entschlossen ans Werk. Doch wohl war ihm in seiner Haut nicht. Allein der Gedanke, vor welch erlauchtem Kreis er eine Rede halten sollte, trieb ihm kalten Schweiß auf die sorgenvoll gefurchte Stirn. Doch Pflicht ist Pflicht. Gewissenhaft brachte er seine Gedanken zu Papier, las es, änderte hier und da, strich ganze Absätze, formulierte sie neu, verwarf den ganzen Entwurf und schrieb alles mindestens drei Mal neu, bis er endlich mit seiner Schöpfung zufrieden war. Nun prägte er sich das Geschriebene ein, denn er wollte seine Rede nicht ablesen.
Der Tag seines Auftritts kam. Das Auditorium maximum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Erwartungsvolle, fast feierliche Stille begleitete Wilhelm auf seinem Weg zum Rednerpult. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Die ungewohnte Atmosphäre und die ihm geltende gespannte Aufmerksamkeit so vieler Menschen machten ihn nervös. Plötzlich glaubte er, alles, was er sich eingeprägt hatte, vergessen zu haben. Dem Rektor, der auf einem Ehrenplatz in der vordersten Reihe saß, schien Wilhelms Beklommenheit nicht entgangen zu sein, und er schenkte dem Redner einen freundlichen, aufmunternden Blick.
So ermutigt, begann Wilhelm seine Rede:
„Eure Magnifizenz!“, rief er mit klarer und kräftiger Stimme in den Saal und sein Blick traf den seines erlauchten Rektors, in dem ihm noch immer die aufmunternde Freundlichkeit begegnete.
Nun kam dieses umständliche, Furcht einflößende Wort. Wie hieß es doch gleich? „Spek...!“, setzt Wilhelm an, kam aber nicht weiter. Noch einmal, etwas lauter: „Spek...!“ Es war doch so etwas lateinisches. Ja, richtig: „Spekulatius!“, rief Wilhelm laut und vernehmlich dem erwartungsvollen Auditorium entgegen, das diese einfallsreiche Anrede mit einem entzückten Lustschrei honorierte.
franzkarl

 

Hey, jetzt will ich auch mal jemanden auf kg.de willkommen heißen *g*

Und gleich mal ein wenig kritisieren ;)
Mir gefiel deine Geschichte bis zur Pointe gut, vor allem weil ich bei den Worten "Magnifizienz" und "Respektabilität" schon auf einen richtig guten Schluß gewartet habe, sprich, ich saß mit einem angehenden Grinsen in meinem Gesicht vor dieser Story.
Nur hast du in meinen Augen die Pointe ziemlich absacken lassen.

Ich hätte es besser empfunden, wenn der Redner einen Teil seiner gesprochen hätte und sich mit den verhaspelten Fremdwörten blamiert hätte, oder etwas in der Richtung. Oder meinetwegen auch einen ganz anderen Schluß :)

In diesem Sinne, willkommen auf kg.de :D

 

Hi Camaun,
Danke für deine Kritik. Ich glaubte, mit der Verwechselung der Wörter "Spektabilität" und "Spekulatius" eben eine kurze und "knallige" Poente gefunden zu haben.
Ich werde mir dennoch deinen Hínweis "durch den Kopf gehen lassen."
Herzlichst
franzkarl

 

An sich keine schlechte Geschichte, nur:
"Spekulatius" ist ein zu geläufiges Wort, das würde keiner mit nem Fremdwort verwechseln. Du müsstest das durch ein Wort ersetzen, das man seltener benutzt. Außerdem ist die Geschichte (meiner Meinung nach) etwas kurz geraten; sie wirkt unfertig. Schließe mich meinem Vorgänger an: Der Schluss ist ausbaufähig.

 

Hi xkaxre,
ich danke dir, dass du dich mit meiner Geschichte auseinandergesetzt hast.
Ich teile deine Meinung: Jede Geschichte ausbaufähig und für Poenten gibt es viele Varianten. Warum ich mich für die Vorliegende entschieden habe?
Spektabilität und Spekulatius ähneln sich phonetisch in der ersten Silbe. Es ist glaubhaft und liegt nahe, dass ein ungeübter, noch dazu nervöser und in der Aufga-be, die er zu bewältigen hat, überforderter Redner sich hier irren kann. Mir war es nicht wichtig, an dieser Stelle etwas zu „konstruieren“ und nach einem ungeläufigen Wort zu suchen. Ich sah eben gerade in der Verwechselung der honorigen Respek-tabilitäten mit dem Gebäck (Spekulatius) eine besondere Komik, die auf das Audito-rium der Universität auch in besonderer Weise wirkte.
Dieser Beginn der Rede war im Prinzip auch schon ihr Ende, denn sie war – wie man gewöhnlich sagt – „geschmissen“. Darauf weiter einzugehen, würde die Geschichte zwar verlängern, aber nicht besser machen, so meine ich.
Freundlichen Gruss
franzkarl

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo franzkarl,

natürlich könnte man eine ganze Reihe solcher Wortverwechselungen durcharbeiten. Aber das geschieht schon in Büttenreden, und wäre für Deine Geschichte nicht glaubwürdig. Allerdings vermute auch ich, dass „Spekulatius“ zu bekannt ist, um in dieser Situation gebraucht zu werden (mir viel nur Spektralität, oder Spekularität – von Spekulum und Spekulant - ein).
Du hast die Situation gut beschrieben, auf die Pointe vorbereitet, es ist nicht zum totlachen - doch wann gelingt dies schon einmal einem Autor?

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,
Vielen Dank für deine konstuktiven Hinweise.
Deine Wortvorschläge sind akzeptabel. Es ist halt wahr: Es gibt nichts, was man nicht noch besser machen könnte.
Dank und Gruss
franzkarl

 

Nur ne kurze Anmerkung:

Nun kam dieses umständliche, Frucht einflößende Wort.
Ich glaube nicht, dass du Obst meintest ;)

 

Vielen Dank, xkaxre, schon geändert.
Du bist ein aufmerksamer Leser.
Tschüs

 

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