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Spaziergang

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03.05.2002
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Spaziergang

Das Ehepaar ging langsam durch den blühenden Park. Die Bäume am Wegesrand spendeten alten Leuten Schatten, die dem Gesang der Vögel lauschten oder die Kindern beim Spiel mit den Hunden zusahen. Diese störten die Idylle ab und zu durch lautes und kehliges Bellen. Die alten Leute sprachen über längst vergangene bessere Zeiten, und dabei hatten sie einen wehmütigen Gesichtsausdruck. Damals...

Sonnenlicht strahlte hell durch das Blätterdach, und die Kuppel wölbte sich rund und weit über der Stadt. Die Menschen grüßten das Ehepaar; jeder war freundlich und nett, von allen waren sie angesehen.

Obwohl niemand sie persönlich kannte. Aber an ihnen war etwas, was der Menschheit im Laufe der Zeit verloren gegangen war: Sie besaßen frische Gene; DNA, die noch nie zum Klonen verwendet worden war. Deshalb wusste das Paar, dass es etwas besonderes darstellte, und deshalb wussten es auch, dass es niemandem trauen durfte. Bestimmt waren auch einige Leute dabei, deren Freundlichkeit aufrichtig war, doch an der Art des Anlächelns und an der Art des Grüßens merkten die beiden, dass sich die meisten nur für ihre Besonderheit interessierten. Und so erlebten sie ihre ganz persönliche Version von Paranoia; jedermann konnte die Person sein, die ihrem Leben, so wie es bisher ablief, ein jähes Ende setzte.

Angefangen hatte alles vor einem halben Jahr, als sie noch dachten, auch sie wären geklont. Doch dann hatten sie Besuch bekommen von einem Wissenschaftler, der ihnen mitteilte, dass sie der letzte Rest natürlicher Menschheit wären. Und das wollte er ausnutzen: Er wollte sie dieser Natürlichkeit, der Einzigartigkeit berauben. Er wollte ihre Gene. Er meinte, dass das Fortpflanzen durch Klonen zwar die einzige Möglichkeit zum Überleben der Art war, dass aber ab und zu frisches Material benötigt wurde, wenn es nicht in einigen Generartionen zu Ende sein sollte mit Gottes Schöpfung. Auf die Frage, was passieren sollte, wenn es überhaupt keine frische DNA mehr gab, konnte der Wissenschaftler allerdings keine Antwort geben; das hier und jetzt und die nahe Zukunft waren wichtiger. Er appellierte an ihren Sinn für das Gemeinwohl, er wollte, dass sie ihre Identität aufgaben, um die Spezies zu retten. Sie sagten nein. Offiziell konnte niemand dazu gezwungen werden, sich klonen zu lassen, doch das Paar wusste, dass es schon oft vorgekommen war.

Also konnte jeder, der ihnen jetzt so nett zuwinkte, die Person sein, die sie an den Staat auslieferte. Doch wäre das Ehepaar zu Hause geblieben und hätte sich versteckt, dann wäre es verdächtigt worden, etwas zu verbergen. Sie wären verhaftet worden, es hätte einen Schauprozess wegen irgendeines schwerwiegenden Verbrechens, auf das der Tod stand, gegeben, und schließlich wären sie hingerichtet worden - nachdem ihnen gewaltsam ihre Gene entnommen worden wären. So oder so - sie mussten verlieren.

Am Abend waren die Straßen verlassen. In einem weit vom Zentrum entfernten Stadtteil ging das Ehepaar noch immer spazieren. Es herrschte wie immer Ausgangssperre, doch sie hatten sich vor den Wachen verbergen können. Nun waren sie also hier; sie schlichen durch die Gassen, wie Phantome, um zu einer der Lücken im Kraftfeld vor der Kuppel zu gelangen.

Sie wollten die Stadt verlassen, hinaus in die verseuchte Wüste ziehen. Wenn sie Glück hatten, würden sie von einer Gruppe "Sandleute" - dem Leben in der Wüste vollkommen angepassten Menschen - gefunden und aufgenommen werden, in eine Siedlung gebracht werden, wo sie vor der Strahlung geschützt waren, wo sie ein neues Leben beginnen konnten, wo sich die Menschen noch auf natürliche Weise fortpflanzten und entwickelten. Wenn sie kein Glück hatten, würden sie sterben, langsam und quälend zwar, aber doch in Freiheit.

Inzwischen hatten sie eine der Lücken erreicht. Sie war nicht sehr groß, doch wenn sie einzeln hindurch krochen, ging es. Sie spürten das elektrische Feld auf ihren Körpern kribbeln. Nacheinander verließen sie den Ort, an dem die Menschheit den falschen Weg eingeschlagen hatte. Sie wandten sich ab von einer Zivilisation, die sich so weit von der Natur entfernt hatte, dass sie es durch Parks mit künstlichen Pflanzen vertuschen musste.

Als sie die Kuppel hinter sich gelassen hatten, rannten sie so schnell es ging in Richtung Wüste. Später blieben sie stehen und drehten sich um. Vor ihnen erhob sich eine riesige künstliche Halbkugel aus dem Boden, die Stadt.

Das kalte Mondlicht wurde hundertfach von der facettierten Oberfläche reflektiert und warf einen Lichtkegel auf das Ehepaar.

 

Hallo Mario!

Die Grundidee deiner Geschichte finde ich schon mal gut. Mag vielleicht nicht neu sein, aber daraus lässt sich was machen.
Die Umsetzung hat mir allerdings nicht so gefallen. Obwohl die Story inhaltlich zumindest interessant war, wirkte sie wenig überzeugend.

Vorschlag, wie du dem Leser den Inhalt m. E. ansprechender rüberbringen könntest:

Die beiden Protagonisten befinden sich auf ihrer Reise durch die Wüste auf der Suche nach den Sandleuten, unterhalten sich über ihre Probleme (über das Klonen, über den Strahlen, denen sie ausgesetzt sind, über den weiteren Verlauf ihrer Flucht aus der Stadt), du könntest ihre Gefühle und Ängste beschreiben und so nach und nach erfährt der Leser, warum sie flüchten, was geschehen ist und was die beiden vorhaben. Das Ende kannst du dann dennoch offen lassen.
Und der Titel würde nach wie vor passen (wobei ich mir unter "Spaziergang" ein gemütliches Bummeln durch die Stadt oder z. B. im Park vorstelle und keine Angst haben muss, dabei verstrahlt zu werden;))

Ich glaube, dass die Story dann überzeugender, lebhafter, spannender und atmosphärischer werden würde.

Aber das ist nur ein Vorschlag, wie ich persönlich die Sache anpacken würde und bei dem ich glaube, dass man den Text so verbessern könnte.

Was du daraus machst, ist natürlich deine Sache; ist ja auch deine Geschichte.

Noch ein Grammatikhinweis:

oder die Kindern
den Kindern

Insgesamt mittelmäßig. Wie gesagt, ich denke, man kann die Geschichte noch steigern.

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hi Mario!

Okay, das Grundszenario ist altbekannt: Eine mehr oder weniger (genetisch bedingt-)totalitäre Gesellschaft; es gibt Außenseiter, die verfolgt werden und flüchten; und es gibt eine gruppe Rebellen, die dem Ruf "zurück-zur-Natur" gefolgt sind (siehe zB "Brave New World").

Auch die Idee mit der "geklonten Gesellschaft" kam mir bekannt vor, aus einer StarTrek-Folge...

Trotzdem: die Story gefällt mir, vor allem der Anfang: das Ehepaar wird beäugt, weil es noch individuelle Gene hat. Irgendwie gespenstisch...
*KQs*

 

Hallo!

@Kakus:

Diese Geschichte habe ich vor ein paar Jahren geschrieben als das Klonschaf Dolly gerade aktuell war und dieser verrückte Dr. Seed aus den USA angekündigt hat, auch Menschen klonen zu wollen... die Star Trek Folge kenne ich, hatte ich aber beim Schreiben nicht als Vorbild im Bewusstsein.

@Michael:

Sicher könnte man das noch ausführlicher gestalten. Aber dann wäre es wohl keine Kurzgeschichte mehr... nachdenkenswert ist es allerdings dennoch. Weil die Story aber schon so alt ist... hm... ich schreibe gerade an einer anderen Flucht-Geschichte, die wird auch etwas länger... *nachdenkt*

Danke für's Lesen und für die Kritik.

Mario

 

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