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Späte Rache

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02.10.2002
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Späte Rache

Diese Geschichte beruht auf einer wahren Tatsache, die sich Ende der 80er Jahre in Pennsilvania fast genau so zugetragen hat...
Es begann alles ganz harmlos.
Am frühen Morgen hatte der Wäschereiwagen, vollgeladen mit der schmutzigen Wäsche der Häftlinge der Vollzugsanstalt “Bissets”, den Gefängnishof pünktlich verlassen und fuhr wie immer um diese Zeit den Highway entlang; das Radio spielte einen alten Countrysong.
Hank , der ältere Fahrer freute sich über die frische klare Sicht und summte leise vor sich hin, als er plötzlich ein Geräusch im hinteren Teil des Lieferwagens wahrnahm.
“Mach das Radio leise...!” flüsterte er fast atemlos. Freddy, sein junger rothaariger Beifahrer sah ihn erstaunt an, wollte gerade die Hand zum Radio ausstrecken, als Andor Rise durch die Verkleidung zwischen Fahrer- und Frachtraum brach, im Bruchteil einer Sekunde Hank so brutal vor das Nasenbein schlug, dass er augenblicklich tot war; Freddy mit dem linken Arm , den er um seinen Hals schlang, das Genick mit einem hässlichen Knackgeräusch brach. Er stiess Hank zur Seite und liess den Wagen sanft an einem seitlichen Hügel am Strassenrand ausrollen. Hastig entkleidete er die beiden Leichen, - er brauchte Zivilkleidung - und trat sie mit einem verächtlichen Schnauben aus dem Wagen.
Er leckte sich über die trockenen Lippen, ein breites diabolisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, dass auf schauerliche Weise einer Halloweenmaske ähnelte.
Wenig später stand er seitlich des Highways, den Daumen im Wind und pfiff einen alten Countrysong...
Er würde diese alte Hexe schon finden...!


Annabell Baker sass in der warmen Spätsommersonne in ihrem gemütlichen Lehnstuhl auf der Terasse, Flux, der zu klein gebliebene Kater, lag eingerollt auf ihrem Schoss und schnurrte. Die alte Dame hatte die Augen geschlossen und versuchte sich zum x-ten Male das Gesicht ihres geliebten Mannes in Erinnerung zu rufen, der vor drei Jahren einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Sie haderte mit ihrem Schicksal, war oft verzweifelt und einsam und konnte nicht verstehen, obwohl der Mörder im Gefängnis sass, dass sie, Annabell, so leiden musste. Es war nicht nur die Trauer um ihren Jonathan, sondern das Schlimmste war die ohnmächtige Wut auf das Schicksal, dass so wahlos und vor allem so sinnlos zugeschlagen hatte. Zum Zeichen für ihren Zorn und ihre Trauer trug sie ausschliesslich schwarz und wurde in dem kleinen Städtchen nur die “Witwe Baker” genannt.
Eine dicke freche Fliege schreckte sie... und natürlich den Kater... aus ihren Tagträumen; Flux sprang mit einem Satz von ihrem Schoss und hechtet der dicken Fliege hinterher. Annabell reckte sich und stand dann seufzend auf, um sich in der Küche eine Tasse Tee zu kochen. Sie schaltete das kleine Radio auf dem Regal an, weil ihr die Ruhe fast weh tat. Es plärrte irgendwelche Diskomusik, dass sie es fast wieder ausgeschaltet hätte...als eine sehr ernste männliche Stimme den Raum erfüllte:

“Hier spricht die Polizei!
Dies ist eine Warnung an alle Bürger von Pennsilvania:
Am frühen Morgen ist aus der Haftanstalt “Bissets” der überaus gefährliche Serienmörder Andor Rise entflohen. Bitte seien sie vorsichtig, er ist mit Sicherheit bewaffnet, skrupellos und laut des Gefängnispsychaters nicht ‘Herr seiner Sinne`! Wenn sie ihn sehen sollten, benachrichtigen sie die nächste Polizeistation. Bitte starten sie keine Einzelaktionen. Andor Rise ist 1,97cm gross,
er wiegt ca. 120 kg, hat helle Haut und braune Haare. Er hat auf seiner Flucht zwei Menschen getötet und hat nichts zu verlieren. Bitte seien sie äusserst vorsichtig. Ein Foto des Mannes wird im örtlichen Fernsehen jede Stunde gezeigt. Hier spricht die Polizei...!”

Die Ansage wurde noch einmal wiederholt.
Annabell hielt den Kessel noch immer unter Wasser, - er war lange übergelaufen.
Ihre Hände begannen zu zittern, eine unbarmherzige Hitze stieg in ihr auf und färbte ihre fahlen Wangen rot. Sie hatte grosse Mühe das Wasser bis auf die Hälfte auszuleeren. Sie stellte den Kessel auf die Herdplatte und liess sich auf den Küchenstuhl fallen.
“Warum habe sie diese verfluchte Bestie nicht festgekettet...?”murmelte sie und spürte wie eine eisige Gänsehaut ihren Rücken hochkroch...

Genau vor drei Jahren sass sie, Annabell mit ihrem Mann Jonathan auf der Terasse,
- da stand das Radio noch auf dem Tisch -
als eine ähnliche Durchsage kam:
“Der unter Mordverdacht stehende Andor Rise ist unter mysteriösen Umständen auf dem Transport zur Haftanstalt “Bissets” geflohen. Wir bitten die Bevölkerung um Mithilfe!”
Damals wussten sie noch nicht, dass es sich nicht um einen Menschen handelte,
sondern um ein böses geistesgestörtes Monster.
Er hatte damals auf dem Weg seiner Flucht sechs Menschen getötet, einer davon war Jonathan...!

Während in Sekunden tausend Gedanken durch ihren Kopf schossen, begann der Kessel ein ohrenbetäubendes Pfeifen. Sie versuchte das Gefühl von Pudding in ihren Knien zu überwinden und goss mit unsicheren Fingern das Wasser in die Teekanne. “Verdammt!” fluchte sie wenig damenhaft, als sie ein wenig Wasser verschüttete. ”Das kann doch nicht wahr sein! Dieses Schwein, dieses Tier ist wieder frei!” Am liebsten wäre sie in ihr Schlafzimmer gelaufen, hätte sich die Decke über den Kopf gezogen und die Realität draussen gelassen. Aber sie wusste, dass das nicht helfen würde.
“Er kommt nicht her!” beruhigte sie sich, glaubte es aber nicht.
In der Geichtsverhandlung vor zweieinhalb Jahren hatte er sie von der Anklagebank breit und böse angegrinst und laut und deutlich gesagt: “Wir sehen uns wieder...alte Hexe!”
Sie hatte den Klang seiner Worte noch deutlich im Ohr und dieses grinsende Gesicht war ihr oft im Traum erschienen. Die Panik überkam sie plötzlich und hinterhältig, ihr Puls begann zu rasen, es drehte sich und Annabell musste sich festhalten. Sie hatte einen fahlen Geschmack im Mund und sie konnte ihren eigenen Schweiss riechen. “ “Er wird sich an mir rächen.” sagte sie nun laut und klar. “Ich bin mir sicher, er kommt und will mich töten!”
Die hellwache Erinnerung an das furchtbare Geschehen brachte sie in diesem Augenblick fast um den Verstand:

Andor Rise stand am frühen Nachmittag in der Sonne der gerade wiedergewonnenen Freiheit, als er ein idyllisch anmutendes Haus sah, auf dessen Terasse ein freundliches älteres Paar sass.
Andor war verschwitzt, mit dem Blut von fünf Menschen verschmiert, hungrig und vor allem müde. Es war ihm sowieso alles egal; wenn die Polizei ihn schnappen würde, bekäme er lebenslänglich. Er wusste, er hatte den Bogen überspannt, und würde dafür bezahlen müssen...
...aber noch nicht jetzt. Jetzt wollte er erst mal ruhen.
Er ging auf das Haus zu, betrat über den hinteren Teil die Terasse.
Bevor Annabell, die ihn zuerst sah, etwas sagen konnte, hielt Andor Rise dem Mann den Mund zu und drückte ihm gleichzeitig die Kehle ab, während er der völlig verschreckten Frau Anweisungen gab:
“Essen, Trinken, Baden! Los aufstehen! Rein ins Haus!”
Er zwang den Mann aufzustehen, die Frau trieb er vor sich her in die Küche.
“Los, koch was!” Er beruhigte sich ein wenig, als er sah, dass Annabell sich die Kochschürze umband und zu hantieren begann.
“Wo ist das Badezimmer?” schnarrte er und stiess Jonathan in die Seite.
Die angsterfüllten Augen waren das letzte , was Annabell von ihrem Mann lebend sah...
Fahrig und ungeschickt versuchte sie Eier zuzubereiten...
- In der schweren Eisenpfanne glitzerte das brodelnde Fett... -
Nachdem das Rauschen über ihr im Bad aufgehört hatte, kam der Verbrecher allein mit Jonathans Bademantel bekleidet die Treppe hinunter in die Küche, wo Annabell vor dem Herd stand.
Sie liess die Eierspeise auf den Teller vor ihm gleiten... er beugte sich darüber um zu schnuppern,...
sie schlug die schwere Pfanne mit voller Wucht über seinen Kopf, dass er mit dem Gesicht in den Eiern landete und nur noch ein dumpfes “Uhhm...” von sich gab.
Sie riss ihn an den Haaren hoch, um sicher zu gehen, dass er bewusslos war, knallte den Schädel auf den Tisch und rannte nach oben, um Jonathan zu befreien.
Als sie das Bad betrat, musste sie sich am Türrahmen festhalten... er lag seltsam verkrümmt über der Badewanne, - seine Kehle war durchgeschnitten - und überall war Blut...! Sie würgte... - wollte ihn in den Arm nehmen - würgte wieder, brach in die Knie und hockte lange schluchzend auf dem harten Filzboden vor dem Badezimmer.
Ein Ruck durchfuhr sie mit einem Mal wie ein Hammerschlag.
“Wenn er wieder wach wird...! Ich muss Hilfe holen!”
Sie weiss bis heute nicht, wie sie es geschafft hat die Polizei zu rufen. Nur an das warme, hohle Blabla des Polizeipsychologen konnte sie sich erinnern, weil es sie in all ihrer betäubten Trauer zornig gemacht hatte. Auch die Grichtsverhandlung und die endlosen Verhöre hatte sie wie im Nebel erlebt.
Nur dieses Grinsen und ...”wir sehen uns wieder, alte Hexe...!” waren ihr mit Leuchtbuchstaben ins Gehirn geschrieben...

Der Tee war etwas zu stark geraten, er schmeckte bitter. Flux hatte sich auch wieder eingefunden und strich durchs Haus.
“Was tue ich bloss, wenn er kommt?”
- und sie hatte das Gefühl, - er ist schon fast da -
.Sie konnte ihr Herz klopfen hören.
Sie schaltete den Fernseher ein, und... starrte genau in dieses gemeine Grinsen...
“Er ist unberechenbar und äusserst gefählich...!” drang die Stimme des Nachrichtensprechers an ihr Ohr, und wer wusste das besser, als sie?!
Übelkeit, Zorn und das Gefühl von ohnmächtiger Hilflosigkeit stieg in ihr auf und erstickte sie fast.
Tief durchatment stemmte sich Annabell aus ihrem Fernsehsessel, ging in die Garage, wo die grosse schwere Axt lag, mit der Jonathan in seinem letzten Frühling die alte verdorrte Tanne vor dem Haus gefällt hatte.
Sie war scharf und schwer...
Die Axt bekam einen Platz neben dem Fernsehsessel.
Danach ging sie in den Stall um Stroh zu holen, bastelte eine lebensgrosse Puppe, die sie mit einem Kleid und einer Perücke ausstattete, sodass sie ihr, Annabell, in der Dunkelheit ähnelte.
Sie setzte die Puppe vor das Fernsehgerät, drückte ihr die Fernbedienung in die Hand.
Sie öffnete die Terassentür, - meinte ihn riechen zu können -, hockte sich selbst hinter den Sessel...
und wartete, - den Holzstil der Axt fest im Griff.

Nach einigen Schwierigkeiten hatte Andor Rise das Anwesen der “Witwe Baker” erreicht.
Er war nur von einem Gedanken besessen: der alten Hexe den Hals umzudrehen!
Im Schutz der Dunkelheit schlich er sich an das Haus heran, spähte durchs Fenster und sah eine Gestalt vor dem eingeschalteten Fernseher sitzen.
“Hier bin ich...alte Hexe!” schrie er, während er durch die Terassentür in den Raum stürmte und völlig von Sinnen auf die vermeintliche Annabell mit einem riesigen Messer einstach...!

Er hatte keine Zeit seinen Irrtum zu erkennen...die Axt traft ihn mit voller Wucht mitten zwischen die Augen und spaltete seinen Schädel.
Annabell liess die Axt fallen, sie sah heftig atmend zu, wie Andor Rise in sich zusammenbrach und mit einem dumpfen Poltern auf dem Boden aufschlug.

Das Telefonat mit der Polizeistation wurde aufgezeichnet:
“Hier spricht die “Witwe Baker”. Ich möchte melden, dass ich soeben den Mörder meines Mannes getötet habe. Bitte kommen sie schnell...!”

Nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, musste sie zu ihrem eigenen Erstaunen lächeln und
zum ersten Mal nach drei Jahren fühlte sie sich fast gut.

Als Annabell Baker nach der Gerichtsverhandlung, in der sie wegen Notwehr freigesprochen wurde,
das Gerichtsgebäude verliess, sah sie so gut aus, - in ihrem knallroten Kostüm - , dass ein junger Mann es sich nicht verkneifen konnte, hinter ihr herzupfeifen.

 

Hey literatur-kreis,
Dir auch noch einmal ein herzliches Willkommen.

Auf diese Kritik hast Du ja einige zeitlang warten müssen und ich hoffe, dass sie Dir so viel bringt, dass Du etwas für die Warterei entschädigt wirst.

Die Idee zu dieser Geschichte ist nicht besonders spektakulär, aber in meinen Augen gut umgesetzt. Es hat mir Spaß gemacht die Story zu lesen, besonders die wechselnden Perspektiven gefielen mir.
Große Kritikpunkte habe ich nicht, nur ein paar Kleinigkeiten wie hier z.B. :

im Bruchteil einer Sekunde Hank so brutal vor das Nasenbein schlug, dass er augenblicklich tot war; Freddy mit dem linken Arm , den er um seinen Hals schlang, das Genick mit einem hässlichen Knackgeräusch brach.
Der ganze Satz hat mir eigentlich sehr gut gefallen, da er durch den hektischen, abgehackten Stil die Situation bildlich darstellen konnte. Allerdings würde statt dem Semikolon ein 'und' besser gefallen und bei Hank statt dem 'er' ein 'der' oder 'dieser'.

Teilweise hast Du den Text scheinbar etwas schlampig Korrektur gelesen, denn einige (Füchtigkeits-)Fehler kommen immer wieder vor, wie hier beispielsweise:

Er leckte sich über die trockenen Lippen, ein breites diabolisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, dass auf schauerliche Weise einer Halloweenmaske ähnelte.
'dass' nur mit einem 's', der Fehler kommt an manchen anderen Stellen auch vor.

Annabell Baker sass
Auch wenn die RSR aus fast jedem 'ß' ein 'ss' gemacht hat, ist es hier falsch. Immer wenn Du ein Wort lang aussprichst, bleibt das 'ß'. Das gilt dann auch für 'Schoß' z.B.

“Warum habe sie diese verfluchte Bestie nicht festgekettet...?”murmelte sie
Hier hast Du ein 'n', das Komma und die das Leerzeichen vergessen.
Les die Geschichte noch einmal aufmerksam Korrektur, da findet sich noch einiges.

- und sie hatte das Gefühl, - er ist schon fast da -
Zeifehler: "Er wäre.."

Auch die Grichtsverhandlung und die endlosen Verhöre hatte sie wie im Nebel erlebt.
Verhöre scheint mir in dem Fall das falsche Wort zu sein, sie wurde wohl nicht verhört, oder? Klar, auch Opfer von Gewalttaten werden teilweise Stunden befragt, aber es ist trotzdem kein Verhör.


Was mich irgendwie enttäuscht hat, war der Schluß. Erstmal finde ich es unrealistisch, dass sie eine Gerichtsverhandlung hatte, welcher Staatsanwalt erhebt in dem Fall denn Anlage? Immerhin wurde die Witwe Baker von dem Mörder ihres Mannes, der ein geflohener, extrem gefährlicher und psychopathischer Häftling war, in ihrem Haus überfallen. Meinst Du echt, da will sie jemand in den Knast bringen?
Außerdem war die Spannung, die Du zuvor augebaut hast, mit einem Schlag weg, kaputt. Dieses Happy End á la "Ein Typ pfeift ihr hinterher und sie ist ja soo glücklich" passt hier in meinen Augen nicht. Entweder hättest Du die Geschichte mit dem Axtschlag enden lassen sollen - wobei ich mir hier irgendwie ein noch perfideres Katz- und Mausspiel gewünscht hätte - oder eine richtig miese Pointe ziehen sollen. Weißt Du, irgendwie fehlt der krönende Schock zum Abschluss.
Das könnte alles mögliche sein, z.B. könnte sie in der irrtümlichen Annahme, es sei Andor, ihrem Sohn den Schädel spalten. Naja, irgendwas halt.

Mach was draus, denn bis auf das Ende ist die Geschichte wirklich gut.

Ugh

 

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