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Soul Café

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09.10.2011
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Soul Café

Camara schrie, wie man noch nie einen Menschen hat schreien hören.
Es war kein „normales“ Schreien, nicht etwa kurz und durch Erschrecken verursacht. So wie das spitze Aufschreien, wenn man plötzlich eine Spinne unter dem Bett hervorkrabbeln sieht. Oder wenn man sich beim Brotschneiden den Finger verletzt und einen schnellen Schmerz verspürt.
Nein, Camara schrie lang und anhaltend, ohne Pause, schrill. Es klang fast wie diese Sirenen, wie man sie manchmal noch auf Häuserdächern sieht und die früher alle Jahre mal zu Katastrophenschutz-Übungen aufheulten. Nur, dass das hier mehr nach verwundetem Tier, nach Todesangst klang.
Die gerade volljährig Gewordene hatte schon deutlich vernehmlich vor der Tür des Cafés geschrien. Erst, als sie beim Hereinstolpern an der Türschwelle fast hingefallen wäre, unterbrach sie dieses ausdauernde, den anderen Gästen im Ohr brennende Brüllen für einen winzigen Sekundenbruchteil - nur, um dann sofort wieder anzufangen: mit weit aufgerissenen Augen, scheinbar ohne Luft zu holen, die rechte Hand auf das weiße T-Shirt unterhalb des Herzens gepresst, wo sich in diesen Augenblicken ein roter Fleck ausbreitete. Sie stolperte nach zwei Schritten ein weiteres Mal, fiel auf die Knie, kippte mit dem Oberkörper wie ein umgestoßenes Brett einfach nach vorne. Regungslos blieb sie vor der Theke liegen. Das Schreien verstummte von einem Augenblick auf den anderen. Die rote Lache breitete sich wie in einem schlechten Krimi der Sechziger Jahre langsam unter Camara aus.
Die Gäste des Lokals reagierten nicht. Niemand schaute auch nur für einen Moment von seiner Kaffeetasse oder seinem Sandwichteller auf. Geschäftig und ohne jede Gefühlsregung bewegte sich Jana, die kleine, rundliche Bedienung, mit zwei Longdrinks auf einem silbernen Tablett um die am Boden liegende Frau auf den Ecktisch neben der Tür zu. Zwei ältere Männer warteten dort offenbar schon ungeduldig auf ihre Bestellung. Noch während sich die Gläser in der Hand der Kellnerin und einen halben Meter vor den Augen der Gäste befunden hatten, nahmen die beiden kahlköpfigen Alten ihr kichernd die hohen Gläser gierig aus der Hand. Beide wagten zeitgleich noch einen nicht zu übersehenden lüsternen Blick auf das üppige Dekolletee Janas, bevor sie überaus lautstark an ihren Getränken herumzuschlürfen begannen. Das waren gleich zwei Aktionen, die Jana mit einem angewiderten Blick quittierte. Zumindest das doch ziemlich unangenehme Geräusch war es auch, was die ein paar Meter weiter am Nebentisch sitzende kleine Familie dazu brachte, die beiden Greise mit einem indignierten "bösen" Blick zu bestrafen. Aber sie sagte nichts. Nur die Augen flackerten bei allen vier Personen in einer Mischung aus Abneigung, Angst und Unwissenheit. Die inzwischen leise stöhnende Frau am Boden wurde weiterhin von niemandem in dem Raum weiter zur Kenntnis genommen.
„Jana, noch ein Bier, aber fix!“
Der röchelnde Thomas in der hintersten Ecke des schummrigen Lokals machte (nicht zum ersten Mal an diesem Abend, übrigens) lautstark auf sich aufmerksam, während er sich schwerfällig erhob und sich hinkend in Richtung der roten Tür mit der Aufschrift „Toilette” begab.
“Ich hab´ heut´ schließlich noch was vor...“. Auf seinem Weg stieß er mit dem Fuß unabsichtlich an Camaras linken Oberschenkel. Sie rührte sich immer noch nicht.
„Nana, nu´ mach mal langsam, mein Dickerchen“, lächelte ihn die Bedienung auf dem Rückweg vom Ecktisch zu. „Du wirst heute nirgendwo mehr hingehen, glaub mir.“
“Warts nur ab“, grinste Thomas mit seinen dicken Lippen aus dem aufgequollenen Gesicht ebenso zurück. „Heute schaff ich es! Ganz sicher! Ich spürs!“
„Träum weiter“. Auch Jana hatte Camara jetzt mit dem Fuß angestoßen. Im Gegensatz zu Thomas blickte sie kurz auf den Körper der Frau hinunter. „Sorry, Babe“, haspelte Jana kurz und ging weiter in Richtung Theke. "Er wär der Erste, der es in so kurzer Zeit schafft", murmelte sie noch vor sich hin, während sie dem beleibten Thomas fast schon ein wenig mitleidig hinterschaute..
Die Frau am Boden schnaufte jetzt vernehmlich. Nach zwei, drei lauter werdenden pfeifenden Atemzügen fing sie dann an zu wimmern. Immer lauter und eindringlicher wurden die Geräusche. Schließlich hob sie den Kopf ein paar Zentimeter vom Boden hoch, blickte dann mit irrlichterndem Blick in die Runde des Cafés, schlug dann mit nickenden Bewegungen mehrfach mit dem Gesicht auf den Boden. Beim vierten Aufschlagen setzte dieses extreme Schreien wieder ein. Es war jetzt sogar noch lauter als zuvor, als sie so unvermittelt in das Café buchstäblich hineingefallen war. Ihre zerkratzten Arme zitterten und begannen zu rudern, und mit den Beinen in den zerrissenen roten Jeans strampelte sie jetzt wie ein Schwimmer auf dem Trockenen.
Nun schauten auch die beiden Alten zu ihr hinüber und hinunter. Und die vier Mitglieder der jungen Familie, die Eltern und ihre beiden kleinen Töchter, hatten jetzt ebenfalls doch einen wenigstens flüchtigen Blick für sie übrig. "Ist das nicht...?", murmelte der mit Schnitten im Gesicht übersäte Vater mehr zu sich selbst. Seine Frau strich sich über die verbrannten blonden Haare, wandte sich von dem seltsamen Anblick ab und nickte dem Mann fast unmerklich zu. Die Kinder sollten nichts mitbekommen. "Doch, ich bin ziemlich sicher... etwas später als wir...."
„Wo....verdammt ….was ist...?“ Camara schrie jetzt Wortfetzen zwischen den in Teilen auftretenden Schreiattacken hinaus. Weiterhin hektisch strampelnd, als wolle sie mit aller Macht noch auf dem Boden liegend wegrennen, schaute sie sich mit immer wilder werdendem Nicken und Drehbewegungen ihres von blutigen Schrammen übersäten Kopfes um, kam nach einigen erfolglosen Versuchen aufzustehen sogar irgendwann zitternd auf die Knie. Schließlich konnte sie sich schwerfällig mit beiden Händen auf dem schmutzigen Boden aufstützen. Ihr Blick fiel auf den dicken Thomas, der gerade von der Toilette zurückkam und schnaufend an ihr vorbeihumpelte. Als sie das riesige, nur von Stofffetzen umhangene längliche Loch bemerkte, das sich bei ihm vom Hals bis zur Lendengegend fast über die ganze Breite seines massigen Leibes erstreckte, wankte sie erneut. Für Außenstehende wäre es eine interessante Frage gewesen, wo genau er in diesem desolaten körperlichen Zustand eigentlich sein gerade bestelltes letztes Bier hinschütten wollte. Für Camara indes war der Anblick schlicht ein gewaltiger Schock. In diesem Moment war denn auch ein (auch akustischer) Damm gebrochen. Das extreme Schreien, das während ihres unbeholfenen Aufstehversuchs in ein lautes Schniefen und Weinen übergegangen war, setzte augenblicklich wieder ein, wurde immer lauter, hysterischer, schier unerträglich für alle, die um sie herum waren und zwangsläufig zuhören mussten.
„Mensch, das ist ja nicht auszuhalten!“ Bennybub, der junge, wie seine Kollegin nicht ganz schlanke Kellner, der bis jetzt nur stumm an der Kasse hinterm Tresen gestanden hatte, stieß seinen Stapel mit Rechnungsblättern weg, trippelte mit kleinen, schnellen Schritten um die Thekenschranke herum los und kniete sich schließlich drei Meter weiter schwerfällig neben Camara nieder.
Bisher hatte es ihm noch nie etwas ausgemacht, wenn eine "Neue" hier schreiend ins Café hereinfiel. Das passierte schließlich dauernd, und er, Jana und die schon länger hier ausharrenden Gäste hatten sich alle längst an diese Anblicke und Laut-Kulissen gewöhnt. Aber das hier, dieses Mädchen und ihre extreme Reaktion, das war diesmal doch irgendwie etwas anderes, Besonderes - und auch Unangenehmes.
Fürsorglich nahm der neben ihr knieende Kellner Camaras Hand und begann beruhigend auf die immer noch wie irre schreiende junge Frau einzureden.
„Was zum Teufel...?“- Die junge Frau beruhigte sich zunächst kaum, aber irgendwie hatte Bennybub wohl doch etwas an sich, was sie ganz allmählich, wenn auch anfangs nur fast unmerklich, besänftigen konnte. Es dauerte mehrere Minuten, in denen jetzt auch die umsitzenden Gäste mit einiger Aufmerksamkeit das Geschehen interessiert verfolgten. Camaras Atem wurde immer ruhiger, und ihr zuvor unerträglich lautes Geschrei war denn auch irgendwann tatsächlich in ein, wenn auch ziemliches konvulsivisches, Zucken und Schluchzen übergegangen. Bennybub mit seinem Babygesicht und der sanften Stimme - falls es das denn war, was sie zur Ruhe kommen ließ - leisteten offenbar ganze Arbeit.
„Ganz ruhig, Mädchen“, sagte er noch leiser als bisher, ganz nah an Camaras Ohr. „Alles ist gut...“
„Alles gut???“ Camara zuckte zusammen und richtete sich noch ein Stück weit mehr auf. Mit einem Ruck saß sie auf dem Boden, die Beine verschränkt. „Alles gut? Echt jetzt?" Sie funkelte ihn an, am ganzen Leibe zitternd. "Was ist das denn hier, zum Teufel?" Ihre Arme griffen schlenkernd in den Raum um sie herum hinein. "Eine gottverdammte Geisterbahn oder was?" Sie sah sich kurz und unsicher um, wobei sie freilich ihren Irrtum schnell erkannte. Nein, das hier war offenbar ein Café, wenn auch ein etwas ungwöhnliches. Ihre Erkenntnis hinderte sie nicht daran, weiter aufzubrausen. Im Gegenteil, sie wurde immer ungehaltener.
"Und wo, verflucht noch mal, ist Jenny? Sie saß doch gerade eben noch neben mir im Auto... Und wie komm ich überhaupt hierher? Und ..... wieso blute ich wie eine Sau?"
Bei ihren letzten Worten schaute Camara entsetzt an sich herunter. Der anfangs eher kleine rötliche Fleck auf ihrem weißen Shirt hatte sich inzwischen tiefrot auf dem ganzen Hemd ausgebreitet. Ebenso glich die Stelle auf dem Boden, auf der sie bis dahin gelegen hatte, mittlerweile eher eine roten Pfütze...
„Das sind viele Fragen auf einmal“, stellte Bennybub fest und kratzte sich, anscheinend etwas ratlos, hinterm rechten Ohr – oder besser gesagt an der Stelle, wo es einmal gewesen war und jetzt eine große, nach rohem Steak aussehende Wunde klaffte. „Sagen wirs mal so...“ und er hielt die rechte Hand Camaras in diesem Moment noch ein bisschen fester in seiner weichen Linken. Was jetzt kam, fiel ihm offensichtlich nicht leicht. „Kindchen, pass auf. Es ist nämlich so...du bist tot...“
Die beiden leichenblassen Alten brachen an ihrem Tisch in gackerndes Gelächter aus. "Ich wette, die versteht gar nix", lachte der eine, Hagerere der beiden, mit kreischend-hoher Fistelstimme, und sein neben ihm sitzender Kumpel prustete mit einem dröhnenden, aber nicht minder unangenehmen Bass los: "Ich habs auch erst beim dritten Mal mitgekriegt - aber die da ist ja noch ein bissel jünger als ich! Die hätts doch eigentlich viel schneller..." - "Und wenn die jetzt auch noch wüsste, was nun alles auf sie zukommt...ohaaaaaa, hehehe", fiel der erste wiederum ein. Sie lachten so laut und derb auf, dass die dicken, weißen Kanülen an ihren Unterarmen mehrmals schmatzend auf die Tischplatte knallten. Die Beiden kriegten sich gar nicht mehr ein.
Die Familie ein paar Meter daneben blieb dagegen weiterhin absolut stumm. Ihre Mitglieder in ihren schmutzigen, zerrissenen Kleidern sahen betreten vor sich auf ihre inzwischen leeren Teller. Ihnen schienen besonders die letzten Worte des betagten Duos Angst gemacht zu haben...
„Hättest du ihr das nicht etwas schonender beibringen können?“, tadelte Jana ihren bubihaften Kollegen (daher schließlich auch sein Name), und räumte das schmutzige Geschirr des nun ziemlich gequält dreinblickenden Quartetts weg. Jana hatte wie zuvor mit Thomas auch mit der Familie Mitleid, wenngleich auch aus unterschiedlichen Gründen. Aber aus Erfahrung wusste sie, dass da nun jeder selbst durchmusste. Mitleid haben, Hilfe anbieten, Trost spenden, das half hier fast nie - von Ausnahmen wie gerade eben bei Camara mal abgesehen.
Wer bei ihnen hier angekommen war, hatte zwar schon einiges hinter sich, musste sich seinen Ängsten und seinem weiteren Schicksal aber jeder für sich ganz individuell stellen. Manche wie jene beiden alten Krankenhaus-Patienten versuchten es dabei mit einer speziellen Art von Humor, andere waren resigniert und voller Angst wie diese Familie hier, die in diesem Moment wohl an ihr eigenes Unfall-Schicksal (und das, was jetzt noch kommen sollte) erinnert worden war... Allen gemeinsam war, dass sie zuerst einmal gar nichts richtig mitbekamen. Danach kam meistens irgendwann die Erkenntnis, nach und nach erfuhr man die übrigen Informationen und zum Schluss gabs das lange Warten - oder das Abhauen (aber das ist eine andere Geschichte).
Jeder macht und erlebt das Ganze aber auf seine Art, jeder kriegt es anders gebacken, reagiert dann auch ganz unterschiedlich. Nur das Prozedere hier am Ort, das ist im Prinzip immer gleich: Infos häppchenweise mitgeteilt bekommen, warten, zu flüchten versuchen, essen und trinken (ja, auch das musste man merkwürdigerweise in diesem Zustand und an diesem Ort, aber auch das ist eine andere Geschichte), warten und dumme Bemerkungen machen, warten und Gäste bedienen (jedenfalls taten Letzteres einige von den Leuten hier, und zwar so lange, bis sie - aber das ist auch so eine.....na, man weiß schon...), und dann warten und warten dann wieder warten. Irgendwann geht "es" dann weiter. Aber für alle ist alles letztlich ein Soloprojekt, selbst für eine Familie, auch, wenn man mit Freunden hier ist, selbst bei großen Katastrophen mit Dutzenden von Todesopfern. Beim Sterben ist jeder allein...
„Ach, was solls", erwiderte Bennybub endlich auf Janas leichten Vorwurf und schlurfte wieder gemächlich hinter seinen Tresen. "Sie hätte es ja doch irgendwann erfahren. Dann besser gleich. Und jetzt hat ja auch wenigstens diese irre Schreierei aufgehört“. Fast schon etwas stolz starrte er bei seinen Worten auf die ohnmächtig zusammengesunkene Camara schräg vor ihm. "Wenn ich selbst mal von hier wegkomme, dann werde ich mich garantiert nicht so anstellen wie sie hier", und reckte sein Doppelkinn erklärend in die Richtung Camaras. Jana hatte für diese Bemerkung nur ein augenzwinkernd-verächtliches Schnauben übrig. Sie wusste noch allzu gut, wie sich Bennybub einst hier bei seiner Ankunft aufgeführt hatte. Dagegen war das Verhalten Camaras fast schon harmlos. Warum sollte es später, wenn "es" noch viel unangenehmer weitergeht in die finale Region, warum sollte da ausgerechnet der zarte Bennybub .....
Weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht. Draußen vor der Tür des "Soul Cafés" hatte sie ein lautes Wimmern gehört, das jetzt rasch näherkam und in ein langgezogenes Schreien überging....

 
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Hola @Benjamin Johnny,

ein neuer Name im Forum? Denkste. Fast hätt’ ich Dich willkommen geheißen. Aber nach den ersten Zeilen war eh schon klar, dass hier kein Anfänger schreibt.

Die gerade volljährig Gewordene ...

Klare Information, dennoch Amtsdeutsch, mMn.

... hatte schon deutlich vernehmlich vor der Tür des Cafés geschrien.

Das Fette scheint mir zuviel. Klingt auch nicht gut.

... winzigen Sekundenbruchteil ...

Hier haben wir gleich drei Begriffe aus der Mikrowelt: winzig – Sekunde – Bruchteil.

... brachte die ein paar Meter weiter am Nebentisch sitzende ...

Das Fette ist unnötig.

von niemandem in dem Raum

Vorschlag: im Raum

... während sie dem beleibten Thomas fast schon ein wenig mitleidig hinterschaute..

... mit den Beinen in den zerrissenen roten Jeans strampelte sie jetzt wie ein Schwimmer auf dem Trockenen.

Du verstehst es, Deine Leser lange hinzuhalten. An dieser Stelle wäre es mir allerdings genug.

Ich vermute schon, die rote Lache ist Preiselbeersaft und das Ganze die Augsburger Puppenbühne, aber mal seh’n ...

Und die vier Mitglieder der jungen Familie, die Eltern und ihre beiden kleinen Töchter, ...

Halbiert wäre es auch deutlich genug.

Camara schrie jetzt Wortfetzen zwischen den in Teilen auftretenden Schreiattacken hinaus.

Das Kursive könnte weg. ‚In Teilen auftretend’ ist furchtbar gespreizt...

... konvulsivisches, Zucken und Schluchzen

Das Fette – musste das unbedingt verkauft werden? Ein schreckliches Wort.

Übrigens beginnt die Geschichte, sich im Kreis zu drehen. Es sind mittlerweile so viele Varianten von Schreierei und nicht nachvollziehbarer Empathielosigkeit auf den Leser eingeprasselt, dass er die Lust verliert. Too much, and boring.

Ihre Erkenntnis hinderte sie nicht daran, weiter aufzubrausen. Im Gegenteil, sie wurde immer ungehaltener.

Schlecht vorstellbar, nachdem ihr einige Liter Blut abhanden gekommen sind :shy: .

Der anfangs eher kleine rötliche Fleck auf ihrem weißen Shirt hatte sich inzwischen tiefrot auf dem ganzen Hemd ausgebreitet.

Sie lag schon mal in einer Blutpfütze, eine ziemliche Sauerei, würde ich sagen – und jetzt ist nur das Hemd rot?

Ebenso glich die Stelle auf dem Boden, auf der sie bis dahin gelegen hatte, mittlerweile eher eine roten Pfütze....

Aber, Herr Autor, das wissen wir doch schon längst! (... einer roten Pfütze)

Ich merke, wie meine anfängliche Sympathie für diesen Text schwindet. Immer deutlicher scheint mir, der Text ist ohne Plan, nur in der Hoffnung auf Intuition geschrieben – mehr auf einen Rutsch als wohlüberlegt. Dass Du fast fehlerfrei schreibst, erleichtert das Weiterlesen, doch das allzu Ausgedehnte trübt den Spaß.

Die Beiden

wie diese Familie hier, die in diesem Moment

Wer bei ihnen hier angekommen war, hatte zwar schon einiges hinter sich, musste sich seinen Ängsten und seinem weiteren Schicksal aber jeder für sich ganz individuell stellen.

Aha, dem Autor geht die Luft aus. Jetzt muss er ein Ende herbeizaubern; ich möchte nicht in seiner Haut stecken:

Danach kam meistens irgendwann die Erkenntnis und zum Schluss das lange Warten - oder das Abhauen (aber das ist eine andere Geschichte).

Oha, ich seh Dich mit den Armen rudern. Ziemlich offensichtlich, warum Du hier nebulös formulierst:

Jeder macht es dabei aber auf seine Art, irgendwie. Warten, Fluchtversuche, essen und trinken (ja, auch das musste man merkwürdigerweise in diesem Zustand und an diesem Ort, aber auch das ist eine andere Geschichte, die erzähle ich ein anderes Mal),

Du solltest seit 2011 mitgekriegt haben, dass wir Kurzgeschichten schreiben; wenn Du verlängern willst, dann mach eine Serie.

... dumme Bemerkungen machen, warten und bedienen (jedenfalls einige von den Leuten hier - solange, bis sie - aber das ist auch so eine..... ihr wisst schon...), und dann warten und warten dann wieder warten. Und alles ist letztlich ein Soloprojekt, selbst für eine Familie. Beim Sterben ist halt jeder allein...

Stuss und Larifari, mein Lieber.

..... ihr wisst schon...),

Und plötzlich die Lesergemeinde anzusprechen, um Verständnis zu werben, des dünnen Eises wegen!

Meine Geschichten sind auch durchwachsen, aber wenn’s klemmt, dann muss man abbrechen, aber nicht auf Teufel komm raus weiter herumhaspeln, bis es wirklich peinlich (auch im Sinne von schmerzhaft) wird.

.....weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht.

Da geht’s ihr wie dem Autor:D.
Nichts für ungut, Benjamin Johnny, auch wenn ich lieber sage: ‚Alles für gut!’

Leider hat sich beim Lesen mein Interesse ständig verringert, weil der Text auf der Stelle trat. Als dann klar war, dass es keinen roten Faden gibt, war ich mit dem Text fertig, fühlte mich auch ein bisschen verarscht.

Viele von uns kennen diesen Moment, wo man schreiben muss, leider aber nicht weiß, was oder worüber. Übrigens habe ich die größte Sammlung der Welt von angefangenen Geschichten, nur habe ich meinen Lesern nicht zugemutet, die dennoch zu lesen, nachdem ich sie mit irgendeinem Ende gepimpt habe.

Wie ich jetzt die Länge meines Kommentars betrachte, dann meine ich doch, ein bisschen verrückt zu sein – vermutlich hab ich dazu länger gebraucht als Du für Deinen Text.

Wir ziehen erst die Wurzel und ermitteln dann die Quersumme – dann passt es wieder.
Guten Rutsch!
José

PS: Den tag ‚Philosophisches’ finde ich völlig unangebracht – oder kannst Du mir Deine Gedanken dahinter verraten?

Eher beschleicht mich der unangenehme Verdacht, hier könne etwas verschwurbelt werden, indem man einen hohen Anspruch raunen lässt, hinter dem wie stets in solchen Fällen zu wenig Substanz steckt.

 
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Hallo, Josefelipe,

vielen Dank für deine rasche und ausführliche Reaktion! Da steckt in der Tat eine Menge Arbeit drin. Umso mehr mein Dank dafür, dass du dir die Zeit dafür genommen hast. Nur so lernt man (also ich) etwas dazu.

Ja, da hast du mir ja ganz ordentlich eingeschenkt - und vieles davon sicher zu Recht.
Vielleicht sollte ich vorausschicken - und das soll jetzt um Himmels Willen keine Entschuldigung sein, sondern allenfalls ein bisschen erklären! -, dass dies erst mein zweiter hier veröffentlichte Text ist (nach fast einem Jahrzehnt Pause, in dem eine Menge passiert ist - aber das ist eine andere Geschichte:)). Ich bin sozusagen noch (oder eher "schon wieder") heftig am Lernen. Umso mehr freue ich mich, dass konstruktive Kritik kommt.

1. Ja, die sprachlich/stilistischen Anmerkungen sind fast alle berechtigt, und ein paar logische Löcher (das mit der "Blutlache"" und dem "Hemd") sind tatsächlich drin. Ich werde da noch einmal drübergehen und sie auszumerzen versuchen. Den Begriff "konvulsivisch" finde ich übrigens jetzt gar nicht sooo daneben - vielleicht etwas abgehoben, einverstanden. Aber er bezeichnet m.E. halt ganz gut die Bewegungen und Gefühlsregungen des Mädchens.

2. Die Hinwendung zum Lesepublikum ist in der Tat nicht besonders geschickt. Je öfters ich die Stellen durchlese, desto mehr gebe ich dir Recht. Ich hielt es für eine nette inhaltliche Wendung (Ok, danebengegangen). Ich lass in Zukunft solche Sperenzchen.

3. Mhm, "auf der Stelle treten"... Bis zu einem gewissen Grad am Schluss ist das (leider) sicher berechtigt. Das ist mir so gar nicht bewusst geworden. Aber andererseits: Es sind meiner Meinung nach doch auch schon größere, vor allem logisch aufeinanderfolgende inhaltliche Blöcke bezüglich der Protagonistin erkennbar: Hineinplatzen in die Situation ohne jede Erkenntnis, Ohnmacht, Erkennen der Umgebung und Situation, neuerliche Bewusstlosigkeit, zum Schluss erweitertes Aufklären (?) der Situation in Richtung Leser. Ein bisschen viel Schreierei (was du vorher ja schon angemerkt hast) und ein bisschen zu viel auf dem Boden Herumliegen vielleicht noch. Das ist echt etwas "too much". Ok. Auch daran werde ich nochmal feilen.

4. Ich hab hier ein übrigens ein grundsätzliches Problem (vielleicht kannst du mir da raushelfen?): Eine Kurzgeschichte hat ja ein offenes Ende. Das kam mir hier aber einfach etwas zu kurz gegriffen und unbefriedigend vor. Muss man dem Leser nicht gerade in einer solchen "seltsamen" Geschichte - zumindest in ein paar vagen Andeutungen - erklären, dass/warum z.B. einige der Gestorbenen im Café nur warten, andere sie (obwohl in gleicher Situation) bedienen, dass sie alle "etwas" Merkwürdiges am Ende erwartet, was noch viel schlimmer als das bisher Erfahrene ist usw. All das habe ich versucht, wenigstens in Andeutungen in den Schlusspart zu packen (und bin dabei offensichtlich ins "Schwurbeln" geraten).

Oder sollte ich das alles einfach komplett weglassen oder stark verkürzen und es tatsächlich bei einem offenen Ende belassen (mit dann auch vielen offenen Fragen und interpretationswürdigen Inhalten)? Ist das dann aber nicht etwas, womit ich den Leser allein und ratlos zurücklasse? Oder darf/soll/muss man ihm durchaus etwas zutrauen? Wie gesagt, bin da noch und wieder ziemlich an der Oberfläche und arg unsicher - sorry, wenn es denn "dumme Fragen" sein sollten.

5. Eines wollte ich in diesem Zusammenhang übrigens ganz sicher nicht: irgendjemanden "verarschen". Tut mir Leid, wenn das so rübergekommen sein sollte.

6. Warum der tag "philosophisch"? Nun, wenn es um eine Vorstellung davon geht, wie eine Existenz nach dem Tod aussehen könnte, dann sind das doch philosophische Gedanken.

Herzlichen Dank nochmal für all deine Mühe, die zahlreichen Gedanken und Anregungen!

Viele Grüße,

Benjamin Johnny

 

Hola @Benjamin Johnny,

ich dachte, Du wolltest mich zum Faustkampf herausfordern – eine so kultivierte Antwort habe ich nicht erwartet. Aber das ist gut, weil ich dann auch bereit bin, unsere Textarbeit ernst zu nehmen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich wahrlich kein Experte in diesen Dingen bin, ich werde mehr vom Bauch als vom Kopf gesteuert.

5. Eines wollte ich in diesem Zusammenhang übrigens ganz sicher nicht: irgendjemanden "verarschen". Tut mir Leid, wenn das so rübergekommen sein sollte.

Schwamm drüber, hätt’s auch anders sagen könnensollen. Ich hatte den Eindruck, der Autor würde seinen Text aus dem Handgelenk, ohne viel zu planen oder nachzudenken, eintippen und auf die Nachkorrektur verzichten. Jetzt natürlich sehe ich einen Autor, der die Sache ziemlich ernst nimmt.

Das sagst Du auch in Punkt 3:

... daran werde ich nochmal feilen.

Und da sind wir auch beim Kern der Sache:

4. Ich hab hier ein übrigens ein grundsätzliches Problem (vielleicht kannst du mir da raushelfen?).

Gerne (wenn ich mich nicht verhebe;)). Ich schütte mal Diverses auf den Küchentisch:

Wie jeder Autor liebst Du Deinen Text, bist bereit, ihn zu verbessern.

Ich liebe diesen Text nicht, aus meiner Sicht wäre das Flickwerk. Besser, noch eingehende Kommentare auf Brauchbares abzuklopfen und die gewonnenen Erkenntnisse beim Schreiben neuer Geschichten einzubauen.

Vermutlich bin ich durch meine Eindimensionalität ein schlechter Ratgeber, doch fest steht:
Wenn der Plot nichts taugt, kannst Du schreiben wie ein Großmeister – das wird nichts Gescheites.

Bei Deiner Geschichte fehlt mir ein klares Bild, und das führt zum Ende hin in die Sackgasse:

BJ: schrieb:
Muss man dem Leser nicht gerade in einer solchen "seltsamen" Geschichte - zumindest in ein paar vagen Andeutungen - erklären, dass/warum z.B. einige der Gestorbenen im Café nur warten, andere sie (obwohl in gleicher Situation) bedienen, dass sie alle "etwas" Merkwürdiges am Ende erwartet, was noch viel schlimmer als das bisher Erfahrene ist usw.

Ich denke, dass sich kein Leser abspeisen lässt mit vagen Andeutungen von „etwas Merkwürdigem“.

Auch ich fühle mich vergackeiert, mutmaße sogar, der Autor hat selbst keine Idee, was denn noch schlimmer ist oder sein könnte als ... ...

Solltest Du den Text überarbeiten, dann rate ich zu starker Kürzung, möglichst radikal – dann bringt’s was (Du kennst ja die Tragödie von den gekillten Darlings?).

BJ: schrieb:
6. Warum der tag "philosophisch"? Nun, wenn es um eine Vorstellung davon geht, wie eine Existenz nach dem Tod aussehen könnte, dann sind das doch philosophische Gedanken.

... dann wären es philosophische Gedanken – der Text hat mir nicht erzählt, wie eine Existenz nach dem Tod aussehen könnte. Dieses „etwas“, was noch viel schlimmer sei (ist das der katholische Grundgedanke?:D – warum nicht viel schöner?) ist doch kein philosophischer Gedanke!

Lieber Benjamin Johnny, der Austausch mit Dir ist interessant. Lass Dich nicht von meiner Meinung beeinflussen, andere Leser werden anders urteilen. Versuche nur nicht, es allen recht zu machen, die Guillotine bleibt abgeschafft.

Beste Grüße!
José

 
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Hallo, José,

vielen Dank auch für diesen raschen (und für mich ergiebigen) Beitrag!

Nein, Faustkampf ist nicht so meins, und besser würde mein Text dadurch ja auch um keinen Deut:). Da nehm ich mir eine mitunter raue, aber ehrliche Meinung lieber zu Herzen; das bringt mehr...

Und a propos "Kritik": Ich las aus deinem ersten Post auch ja durchaus auch etwas Positives heraus: kein Anfänger, kaum Rechtschreibfehler, bis zu einem gewissen Punkt interessant... auch so etwas motiviert letztlich.

Also, "eindimensional" finde ich dich und deine Antwort keineswegs. Und selbst wenn: Manchmal kann eine pointierte Sichtweise mehr bewirken als ein vieldeutiges "Larifari" (um dich quasi aus einer anderen Stelle heraus nochmal zu zitieren);).

Und: Ich glaube, ich habe verstanden, was du mit dem Vermeiden von "vagen Andeutungen" etc. meinst. Ich habe mir dazu auch nochmal kurz die "Klassiker" der Kurzgeschichten angeguckt (Borchert, Poe etc. - aber um Himmels Willen nicht, dass ich mich mit jenen in irgendeiner Weise vergleichen würde!): Da wird durchaus in der Regel eine (Haupt-) Geschichte zu Ende erzählt, auch etwas "verraten", aber das erwähnte offene Ende wird dennoch - manchmal halt sehr offen - gesetzt. Mit anderen Worten und als Beispiel: Man sagt dem Leser explizit, was hinter der Tür ist, aber lässt es offen, ob der Held nun durchgeht oder nicht (bzw, was er hinter der Tür erleben mag - dann kann man ja auch tatsächlich vielleicht eine Serie daraus machen....)

So, in diesem Sinne erstmal nochmals vielen Dank für alles und ein gutes Neues Jahr! In diesem werde ich vermutlich nicht mehr dazu kommen, meinen Text entsprechend zu überarbeiten, aber danach so schnell wie möglich - versprochen.

Viele Grüße,

Benjamin Johnny

 

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