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Sonntag

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03.07.2013
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Sonntag

Er gähnte in die stickige Luft und kraulte sich müde den Sack. Günther kniepte die Augen zusammen und versuchte schlaff die leuchtenden Flächen der gelben Vorhänge zu fixieren. Ein weiterer Katertag. Unwirsch rieb er sich den Schlaf aus den Augen und wälzte sich auf die andere Seite seiner feuchten Matratze um nun glasig in die Weite seines kleinen Zimmers zu stieren. Zwischen dreckiger Wäsche, der fettigen Papiertüte eines örtlichen Fast-Food Lieferanten, einer Menge Staub und ein paar abgebissenen Fingernägeln stand sein verramschter Laptop. Mit einem Grunzen tippte er, noch liegend, rechtshändig die Adresse einer Website für Erwachsenenunterhaltung ein während die linke bereits am Bund der Unterhose herumnestelte.
Unbegrenzte sexuelle Freiheit auf 1024 x 768 Pixeln. Aussicht auf ein bisschen Regung und Gefühl zwischen den Beinen. Immerhin.
Unschlüssig klickte er durch die Kategorien und entschied sich nach einiger Zeit für die Gattung in der in zusammengeschnittenen 3 Minuten multible Höhepunkte einer inszenierten Massenvergewaltigung erlebbar gemacht wurden. Und selbstverständlich endete das Filmchen mit einem Statement der garantiert 18 jährigen Darstellerin in dem sie bekräftigte wie interessant, amüsant und spannend ihre Arbeit in dieser Produktion gewesen sei. Ein erbärmlicher Schachzug, doch zum Glück konsumierter er die Filme meistens ohne Ton - vonwegen der Mitbewohner. So musste er das Geschwafel zumindest nicht aus Versehen noch anhören.
Er ejakulierte in eine der herumliegenden alten Unterhosen und zeitgleich packte ihn der vertraute Ekel vor seinem eigenen Tun. Ärgerlich schloss er den Rechner, warf das klebrige Stück Stoff in eine Ecke und rollte sich in die Embryonalstellung zurück.
Alles drehte sich. Der Kater kam nun unerbittlich über ihn und fuhr alles auf was er zu bieten hatte. Der Bauch schmerzte, Übelkeit stieg in ihm hoch, der Kopf pochte.
Der Wunsch nach einem frischen Schluck Wasser entlockte ihm ein leises Ächzen.

Fragen kamen: Wofür das alles? All das rausgeworfenen Geld, die erniedrigende Heimfahrt mit der Bahn und das Stolpern in den ersten Sonnestrahlen die lachend einen wunderschönen Tag ankündigten. Er jedenfalls würde ihn verschlafen.
Er blicke auf die Anzeige des Telefons. Ein verquollenes Spiegelbild samt Doppelkinn blickte ihm träge und matt aus dem reflektierenden Plastik entgegen. 15.58 Uhr.
Voller Selbstmitleid kniff er die Augen zusammen und döste noch eine Weile in seinem ureigenen Dunst. Die Zeit ging vorbei da konnte man nun wirklich nichts gegen sagen. Aber warum so, warum auf diese Weise?
Mit dem rechten Arm zog er aus der Papiertüte die Reste eines klebrigen Hamburgers hervor.
Als er in das kalte Fleisch biss war er froh zumindest den labbrigen Ei-Lappen runtergenommen zu haben.
Auch das Essen war nichts - nichts mehr als ein verzweifeltes automatisiertes spüren. Das erhöhen des Drucks auf einen Bauch der sowieso schon viel zu voll war.
Er warf den abgekauten Burger wütend in die Tüte zurück.
Warum tat er das alles? Es war doch genau das Gegenteil von dem was er tun wollte!

17.45 Uhr.
Er hatte noch eine Runde geschlummert. Und sich wieder in den Gedanken der Zukunft verfangen. Da sah er sich: Gesund. und munter. Mit der Frau an der Seite die alles besser machen wird. Die genau richtig ist. Voller Sehnsucht denkt er an sie und begeht wieder mal den Kardinalsfehler seines Lebens - und aus der Wanduhr tropft die Zeit.

 
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in diesem sinne - hallo zusammen. ich bin marianne walther und wohne zur zeit in japan. das ist meine zweite geschichte. ich freu mich ueber das was kommt.

nebenbei: ich habe tatsaechlich eine rechtschreibschwaeche (ausserdem schreibe ich an einem rechner ohne umlaute) klingt doof - ich weiss. aber ich bin bemueht die form so weit moeglich zu wahren.

 
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Hallo Marianne,

Stichwort: Prokrastination.
Günther verpennt sein Leben, weil er auf die Rettung von außen wartet.
Da deine Geschichte keinen Lösungsansatz findet, muss sie über die Situationsbeschreibung punkten.

Das ist dir auch ganz gut gelungen. Es gibt aber auch noch einiges, was man ändern könnte. Dazu gleich mehr.
Erstmal möchte ich den Vorschlag machen, dass du die Geschichte nimmst, nochmal drüber nachdenkst, und noch etwas hinzufügst. Ein Ende, wenn man so will. Oder eine Handlung, irgendeine Änderung zwischen vorher und nachher.
Ich finde, die Geschichte regt nicht genug zum Nachdenken an. Die lese ich und dann steck ich wieder die Hand in die Hose und schlafe weiter.
Du musst aufrütteln - nicht deine Hauptperson, aber den Leser!

während die linke bereits am Bund der Unterhose herumnestelte.
Der Kerl trägt Boxershorts, ganz bestimmt, da brauch er nicht rumnesteln, da kann er die Hand einfach reinstecken ;-). Außerdem kratzt er sich auch schon vorher am Sack, ohne dieses Problem zu haben.


3 Minuten multible Höhepunkte
multiple

Warum tat er das alles? Es war doch genau das Gegenteil von dem was er tun wollte!
Geh doch mehr auf diesen inneren Konflikt ein, statt ihn einfach nur so abzuhandeln.

begeht wieder mal den Kardinalsfehler seines Lebens
Das ist doch die Moral der Geschichte, die gehört zwischen die Zeilen ;-).


und aus der Wanduhr tropft die Zeit.

Das gefällt mir als letztes Bild.


Alles in allem, ich würde sagen, machs etwas länger, aber nen Ansatz ist da und schlecht geschrieben ists auch nicht, nur ein paar der Bilder scheinen mir ab und an nicht ganz realistisch zu sein. Einerseits der Bund der Unterhose, andererseits zum Beispiel das Zurückwerfen des Burgers in die Tüte - da trifft er doch nicht rein. Das ist nur eine Kleinigkeit, aber trotzdem.

Aber lass dich von mir nicht abschrecken, schreib weiter!, und vergiss nicht, da gibts auch positive Aspekte an deiner Geschichte - aber die alle aufzuzählen hilft dir weniger ;-).

Gruß
Niklas

 

hi niklas - danke erstmal - ich denke da gerne drueber nach.

kurzer hinweis - und aus der Wanduhr tropft die Zeit - bezieht sich natuerlich auf den guten alten kaestner.

--

 

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