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Sonntag in Moll

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11.04.2013
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Sonntag in Moll

Lore lag noch immer im Bett. Das Läuten der Kirchturmuhr und die schwachen Sonnenstrahlen, die ihr mitten ins Gesicht schienen, deuteten daraufhin, dass es bereits gegen 10 Uhr sein musste. Sie lag in der Fetus-Stellung zusammengerollt und streichelte behutsam die Katze. Ihre Lippen hatten einen salzigen Geschmack, als sie fest darauf biss. Tränen rannen ihr über die Wange und bildeten auf dem frisch bezogenen Laken einen kleinen wässrigen Fleck. Ihr Freund spielte nebenan Gitarre, sang lauthals mit und ahnte nichts von ihren Gefühlen. So gut es ging, konnte sie ihre Traurigkeit vor ihm verbergen oder zumindest überspielen. Wenn sie ihn nicht ansehen oder mit ihm reden konnte, griff sie nach irgendwelchen Dingen oder sortierte hier und da herum, sobald er das Zimmer betrat. Immer, wenn sie in der Küche an ihrem Laptop saß, kam er ab und an zu ihr und gab ihr einen Kuss oder umarmte sie. So schön diese kleinen liebevollen Bemerkungen am Anfang auch waren, wurden sie mit der Zeit zur Routine. Fast mechanisch fühlten sie sich an und Lore verlor allmählich den Glauben an die Ehrlichkeit, die hinter jeder Umarmung steckte. Sie hatte sich schon oft gefragt, warum er ausgerechnet mit ihr zusammen war und das immerhin schon seit 4 Jahren. Er war eher der Typ Rockstar, den jedes Mädchen einfach anhimmeln musste, weil er so geheimnisvoll und so introvertiert ist. Auch Lore empfand so bei ihrem ersten Treffen, aber nach und nach wurde ihr klar: Es gibt kein Geheimnis hinter diesem Menschen und wenn doch, dann würde er es wohl immer für sich behalten. Manchmal konnte sie ihn einfach nicht durchschauen und er würde dies auch nie zulassen. Sie fragte sich oft, was wohl in seinem Kopf so vor sich ging, vor Allem, wenn er bei ihr war. Ihr mangelndes Selbstbewusstsein und eine enttäuschende Erfahrung taten bei Lore ihr Übriges. Hinter jeder Frauen-Bekanntschaft vermutete sie ein heimliches Verliebtsein und obwohl er ihr Gedichte schrieb und kleine Geschenke machte, wollte sie nur auf Worte vertrauen. Doch da kam nichts oder zumindest nicht viel. Die drei magischen Worte hatte er ihr ein paar Mal zu gegebenen Anlässen gesagt, aber sie fand es gut, dass er sie nicht zu häufig benutzte und sie so in eine belanglose Floskel verwandelte. Sie wusste selber nicht, was er noch hätte sagen können. Sie wartete Tag für Tag auf den einen ultimativen Satz, der ihr das Selbstbewusstsein für diese Beziehung vermittelte, was sie so dringend brauchte. Doch was sollte das sein? Die Bezeichnung als Traumfrau? Ein Heiratsantrag? Nicht zu wissen, worauf man eigentlich wartet, stellte für sie auch jetzt die schlimmste aller Qualen dar. Eine Antwort würde sie auch heute nicht bekommen. Nur drei Akkorde in Moll und ein nasaler Ton dringen in ihr Zimmer. „...die Welt soll sich nicht weiter drehen, bevor wir zwei nach Schweden ziehen...“.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Billy Rubin,

flüssig und gut lesbar geschrieben sind diese Gedankengänge, wenn auch keine eigentliche Geschichte.
Der Leser erfährt von ihren Gefühlen, aber du verrätst nicht, wieso sie eigentlich diese Empfindungen hat. Ich denke dann: 'Warum stellt die sich so an, was eigentlich hat sie, der ist doch liebevoll zu ihr' und bemerke, dass mich das Mädel ein wenig nervt.

"Fast mechanisch fühlten sie sich an und Lore verlor allmählich den Glauben an die Ehrlichkeit, die hinter jeder Umarmung steckte."

Vermutlich hat das nur mit ihr und wenig mit ihm zu tun, dass sie diesen Glauben verliert - zumindest scheint im Text nirgends durch, welchen echten Grund sie haben könnte.
Es fehlt für mein Empfinden auch Handlung, außer dass er Musik macht und sie heimlich weint passiert ja nix. Dennoch ist dein Text locker geschrieben und insgesamt angenehm zu lesen.
Lass' vielleicht ein paar mal 'oder' weg, das kommt sehr häufig, und du meinst sicher 'Fötusstellung'.

Viel Spaß noch beim Schreiben,

beste Grüße,

Eva

 

Hallo Billy Rubin,
herzlich Willkommen hier, einen lustigen Nick hast du dir da zugelegt.
Ist so die Machart wie Cole Estrin.
Aber du wolltest ja sicherlich nicht über deinen Namen reden, sondern über deine Geschichte.
Eva hat dir schon eine Menge geschrieben, was ich dir auch dringend ans Herz legen möchte.
Freundin eines beliebten Typen zu sein, unter ständiger
Angst und Eifersuchtsgefühlen zu leiden, klar, da kann man was draus machen. Aber erstens ist das bisher kaum eine Geschichte mit Handlung, es ist eher die Schilderung einer Stimmung mit sehr wenig Handlung. Außerdem ist die Protagonistin für den Leser viel zu weit weg. Genau wie der Mann. Das hätte Spaß gemacht, die beiden in einer Szene aufeinander treffen zu lassen.
Das liegt daran, dass du außer am Anfang alles über deine Protagonistin (wie auh über den Jungen) nur berichtest und behauptest, du schreibst z.B.:

Ihr mangelndes Selbstbewusstsein und eine enttäuschende Erfahrung taten bei Lore ihr Übriges.
Ja schön, das sagst du, aber als Leser will ich das selbst entdecken können. Man will eine Szene "sehen" durch deine Sprache, in der Dinge passieren, das Mädchen Sachen macht, durch die mir klar wird, verdammt, der gehts nicht gut. Aber das will ich sehen und durch deine Sprache erleben können. Das Zauberwort dafür ist "show don't tell". Google das mal. Auch hier auf der Seite gibts einiges dazu. Hier zum Beispiel: http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?p=315832#post315832
Das bringt dich auf jeden Fall weiter.
Und dann würd ich lesen lesen lesen, wie die anderen Autoren hier das machen und mir einfah mal von denen was abgucken.
Ein zweiter Punkt ist der:
Warum hast du deine Geschichte denn in Gesellschaft gepostet? Ich finde sie passt eher zu Romantik/Erotik, da sie ja von den Gefühlen des Mädchens handelt.
Ich schieb sie dir gerne dorthin, es sein denn, du hast einen unabweisbaren Grund dafür, dass die Geschichte eine mit klar gesellschaftlichem Bezug ist und ich habs nur nicht gemerkt.
Ich wünsche dir viel Spaß hier, tummel dich, lies und kommentier ruhig, es muss ja nicht viel sein, nur dein Einruck. Aber es ist einfach so, dass man auch sehr viel lernt, besonders am Anfang, wenn man sich selbst fragt, ob einem die Geschichte eines anderen gefallen hat und wenn ja, warum oder warum eben nicht. Man reflektiert dann die Machart eines Textes.
Bis demnächst, viele Grüße von Novak

 

Hallo Billy :)
Also Ich finde deine Kurzgeschichte sehr gelungen. Sie liest sich sehr fließend, ich hatte nie das Gefühl, dass es fade wird oder gar langweilig. Sprachlich umschiffst du fast alle Ecken und Kanten und wirst nie klischeehaft und trägst auch nie zu dick auf.
Es wurde ja bisher bemängelt, dass die Kurzgeschichte zuwenig Handlung habe... Ganz ehrlich, ich finde es ist sogar eine ihrer Stärken. Muss denn eine Kurzgeschichte unbedingt eine lineare Geschichte erzählen, in der alles verpackt sein muss, was man ausdrücken will? Ich glaube nicht. Wenn du in deiner Geschichte eine Gefühlslage beschreiben willst, könnte zuviel Handlung sogar schaden.
Ich persönlich mag die Stelle sehr, wo Lore sich fragt, was sie genau noch an ihren berühmten Freund entdecken kann. Ob es überhaupt noch Geheimnisse gibt. Nach meinem Geschmack hättest du an dieser Stelle sogar noch tiefer gegen können, vielleicht auch auf Fragen eingehen können, wie: Was hat Lore eigentlich selber für (vielleicht zu hohe) Erwartungen an das Leben mit einem Rockstar?... aber das ist so eine typische "was würde ich anders machen..."-Ansicht. Objektiv und im Ganzen betrachtet, handelt es sich hierbei um eine vorzügliche Kurzgeschichte... Weiter so! (;

 

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