Sonderzug nach Pa...
Ich bin morgens immer müde, aber abends werd ich … auch nicht besser und wenn man schon den ganzen Tag abschaltet, kann auch keiner erwarten, dass man abends die Glotzen aufhat. Und so trug es sich zu, dass ich mir in der Straßenbahn ganz fest vornahm, einen Einkaufszettel zu schreiben. Bei Hunger eine brillante Idee und heimlich habe ich mich gefreut wie organisiert ich heute einkaufen gehe.
Die Türen öffnen sich am Hauptbahnhof und wieder freue ich mich heimlich, dass es nur zwei Schritte zur Treppe sind, denn es sind zumeist die paar Sekunden die einem fehlen, um den Zug noch zu erwischen.
Neben mir ein Mann, der offensichtlich Schwierigkeiten mit seiner Schwere hat und trotzdem schneller ist. Sozialisierter Herdentrieb, auch ich ziehe mein Tempo an – wenn er rennt, renne ich auch. Blind vor Hast vertraue ich auf den Mann, ja vertraue auf die Welt, springe in gefühlt letzter pars minuta secunda in den Zug. Andere Passagiere sitzen schon, einige haben es sich richtig gemütlich gemacht. Klar man, draußen ist es warm, Feierabend gleich Schuhe aus, ist ja auch eine gewaltige Reise, die da vor uns liegt. Ich sacke in den Sitz, habe den Einkaufzettel sowieso schon längst vergessen und fröne mich, dass ich einfach nur mal sitzen kann.
Jut jut jut, der Zug rollt an und mir steigt die Röte ins Gesicht, denn der Zug setzt gen Süden an. Prinzipiell ist dichter am Äquator immer gut, aber nicht JETZT! Nach eingehender Beobachtung meiner selbst, frage ich mich, wieso mir die Situation peinlich war. Pah, dann sitze ich eben im falschen Zug, watt wisst ihr denn schon … Fuck up, keinen Fahrschein und schon überlege ich mir eine feiste Geschichte für den Schaffner. Mir wird noch wärmer, denn ich sitze nicht nur im falschen Zug, ich habe rein gar keinen Plan in welchem Zug ich tatsächlich sitze und wo er als nächstes hält. Heimlich freue ich mich, dass ich einfach mal so an den Gardasee fahre und überlege, ob ich meine Schuhe ebenso … und dann “bimbimbimbong” – nächster Halt: Papendorf.
The absolutly Platz to be – ja ja platzen könnt ich schon lange. Was zum devil, warum zum Lauch steh ich jetzt hier im SAND, ditt ist doch kein Bahnhof – Alter wo ist der Übergang??? “Entschuldigen Sie, (ein Einfaches “Ey du da!” hätte es wohl auch getan) wann fährt denn der nächste Zug ZURÜCK? … “bla bla bla auf der anderen Seite.” … ach nee! “Wie komme ich denn da hihin?” “Entweder den umständlichen Weg durch den Tunnel daaaaaa hinten oder über die Gleise hier.
“Na klar, sollte es mich hier erwischen, komme ich aber ganz arg doll in Erklärungsnot.
Ich wähle den Weg des Grauens.
Ich erklimme DIE andere Seite, bin sensibilisiert für alle Schilder und denke mir Schweinebackenbahn, was soll denn hier schon erglimmen.
Rüpelhaft steuer ich den Fahrkartenverkaufsautomaten an, Ehrlichkeit ist cool – kaufe das Ticket und freue mich heimlich endlich mal wieder das “Bing” beim Knipsen zu hören, habe aber kurz darauf das Gefühl den Knipser umtreten zu wollen – hier einfach nur blöd rumstehen – ohne Funktion!
Fühle mich dem Knipser zugehörig, blicke gen Himmel und denke, Kumpel so nicht …!
Es trudeln vermehrt Menschen ein, ein Mann, eine alte Dame – sehr wahrscheinlich ist heute Gemeindeausflugstag. Ich lausche dem Hahn, der anscheinend vollkommen verplant ist, lausche verplant dem fröhlichen Tirili der Vögel und höre von links: “Wissen Sie wie das hier geeeeheeeet?” Logen Omma, ich als cosmopolitan … entscheide mich dann für ein freundliches “Ja, wo möchten Sie denn hin?” und füge im Kopf noch hinzu – sind sie sich wirklich sicher, dass sie dahin wollen – egal was sie antworten wird.
Ich tipper im 10-Finger Stil den HRO HBF als Ziel ein und die alte Dame bedankt sich aufs HÖFLICHSTE mit einem … nichts. Sie sucht ihr Geld, findet es zu spät und nochmal tipper ich IHR Ziel ein. Geld fällt durch, Geld fällt durch, Geld fällt durch und de Omma zuckt de Schultern und kauft ehrlicherweise kein Ticket. Ich erwähne, dass der Knipser ne dumme Nuss ist und ich auch nur ausversehen hier in Papenburg sei … ein mecklenburgisches “Biddeeeeee?” … ich wiederhole den Satz mit dem Wort PapenDORF, winke ab und bete zum Kumpel, dass ein Zug kommt. Zug kommt, rast vorbei – Vögel tirili, Hahngekrähe – ich habe jetzt echt keine Lust mehr.
Und endlich endlich am nächsten Zug steht Warnemünde! Es war mir besonders wichtig dieses Mal genau hinzuschauen!
Mit meinem Nichtgeknippsten Fahrschein in der Tasche tue ich so, als sei es vollkommen gewollt hier einzusteigen, denke Ehrlichkeit ist uncool und dass ich jetzt ja viel mehr Zeit habe Dinge auf meinen Einkaufszettel zu schreiben.
Und als sei es nicht genug ertönt im Radio: “Ich hab ‘n Fläschen Cognac mit und das schmeckt sehr lecker, das schlürf ich dann ganz locker mit dem … In einem Sonderzug nach Pa…
Manchmal habe ich das Gefühl, das soll so!