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Somewhere Over The Rainbow

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11.02.2003
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Somewhere Over The Rainbow

Somewhere Over The Rainbow

Ich stand in der Küche. Es war früh und ich wollte einen Kaffee trinken. „Nein, heute lieber doch einen Tee. Kaffee habe ich schon die letzten Tage viel zu viel getrunken.“ Ich reichte verschlafen in den Schrank hinein und zog eine große Tasse heraus. Nein, das war ein Fehler. Meine Lieblingsmelodie von „Somewhere Over The Rainbow“ erklang im billigen Summersound. Ich stellte sie wieder hin. Es spielte immer dann, wenn Licht auf den Tassenboden fiel. Ich überlegte schwer, die Hand war fest am Griff. Es nervte irgendwie. Wir haben uns immer wieder einen Spaß mit unseren Gästen erlaubt und haben ihnen Getränke in dieser Tasse serviert. Das Resultat: Die Gäste haben meistens nicht ausgetrunken.
Die Tasse ist mein Geburtstagsgeschenk. Ich weiß nicht mehr von wem. Es spielt meine Lieblingsmelodie. Diese Melodie hatte ich für Jahre im Ohr. Alles was ich komponiert hatte, hörte sich irgendwie danach an. Es nervte. Die Tasse spielte sogar schon, wenn man die Schranktür aufmachte. Unsere Tassen stehen immer mit dem Boden nach oben.
Zögern. Entschluss. Ich nehme die Tasse und nehme die quietschende Melodie in Kauf. Die Tasse, irgendwie aufmerksam von jemandem. Jemand hatte an mich gedacht. Sie hatte zwei schmusende Tiger im Busch aufgemalt. Nachricht, die ich ignoriert hatte? Von wem war die Tasse noch mal? Ich konnte mich nicht erinnern.
Tasse voll mit kaltem Tee. Ich wollte den vorhandenen Tee nicht aus der Kanne wegkippen. Es reicht auch ein aufgewärmter. Ich denke mir nichts weiter bei. Ich weiß wirklich nicht viel. Ich bin gerade erst aufgewacht. Wie heiße ich noch mal? OK, das weiß ich schon wieder.
Tasse stand dann in der Mikrowelle und ich schlug die Tür zu. Der Drehteller der Mikrowelle war aus Glas, völlig transparent. Die Zeit: 2 Minuten. Das dürfte den Tee wieder warm werden lassen. Start.
Plötzlich kam die Erleuchtung. Das Licht in der Mikrowelle ging an und die Tasse begann zu spielen. „Verdammt, der Chip wird die Strahlung nicht aushalten.“ Kaum hatte ich es gedacht, da verstummte die Melodie auch schon wieder. Nein, die Sequenz war nicht zu ende. Der Chip war frittiert. Im wahrsten Sinne frittiert. Freude kam auf. Jeah! Die Tasse nervt nicht mehr! So habe ich mir das Gedacht. Sofort kam gute Laune auf. Wieso kam ich nicht schon früher auf diese Idee? Der Timer piepte und die Mikrowelle ging aus. Ich zog die Tasse heraus. Ich stellte sie hin und hob sie wieder auf. Ich machte diesen Versuch gleich fünf mal. Theoretisches Ergebnis praktisch verifiziert. Die Tasse nervt nicht mehr.
Ich nippte genüsslich den Tee aus der Tasse heilfroh, dass der Quietschsound verbannt ist. Für immer verbannt ist. Dann fiel mein Augenlicht auf die Tiger. Der eine lag und der andere saß. Sie fühlten sich gut zusammen. – Dann wurde mir etwas schlagartig klar. Ich habe mich plötzlich so schlecht gefühlt, dass ich schlucken musste und ich verspürte eine Beklemmung um mein Herz. Reue kam auf. Ich bereute meine dumme Tat. Mein Leben wurde irgendwie ärmer.

 

Man muss nicht viel über den Protagonisten wissen.

Entscheidend ist die Erfahrung, dass Menschen oft etwas hirnlos zerstören, weil es vordergründig stört. Nachher kommt die Erleuchtung und man merkt erst wenn es weg ist, dass man es vermisst. Beispiele finden sich zahlreich.

Das mit der Tasse, das kann man vielleicht Sentimentalität nennen, aber ich nenne es höhere Erkenntnis, das manche Sachen das Leben schmücken, indem sie es (zumin. leicht) stören.

MfG.
Eloxer.

 

Dennoch hat die Geschichte irgendeinen Charme obwohl der Schluss wirklich zu ungenau ausgearbeitet ist. (Habe das Lied während dem Lesen gehört.)

 

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