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So viele
Frank hatte mal eine gekannt, die las dauernd Bücher. Gut, Frank las auch dauernd Bücher, aber ganz andere. Bei ihr ging es um merkwürdige Sachen. Wie beeinflussen Farben das Leben, wo soll die Tapete kleben und wo der Fikus stehen. Energie war jedes zweite Wort von ihr. Die floss nämlich überall, wie sie ihn lehrte. In seinem Körper, durch die Erde, durch die Steine, aus Büchern...sie war einfach überall, die Energie. Die Energie hatten auch Farben. Und wenn man so war wie sie, konnte man die auch sehen. Frank hatte sich ein paar Mal mit ihr getroffen. Dann nicht mehr. Hatte sich einfach nicht mehr gemeldet. Später hatte er es bereut, sich sogar über die verpasste Gelegenheit geärgert. Geärgert, nicht doch zum zur letzten Verabredung erschienen zu sein. Sich ihr gegenüber gesetzt und ihr gesagt zu haben, was für eine dämliche, total bescheuerte Kuh sie doch wäre. Aber der Ärger war schnell verklungen, schließlich gab es wichtigeres im Leben. Wieso sich über eine dämliche, total bescheuerte Kuh ärgern, hatte er sich gesagt, wenn es doch so viele von ihnen gab. Das war es nicht Wert.
Frank hatte mal eine gekannt, die hatte Rastalocken. Frank wusste nicht, ob man Rastalocken Rastalocken nannte, oder ob es dafür nicht einen hipperen Ausdruck gab. Die Haare sahen aus wie Sau. Jedes Mal wenn er die Matte sah, wurde ihm schlecht. Er dachte daran, was ihm ein Freund erzählt hatte. Dass man sich die Haare in Zuckerwasser wusch, damit sie so widerspenstig und verfilzt erschienen. Und dann dachte er an Millionen von chemischen Reaktionen, die in ihrem Haar abliefen, während sie Unsinn schwafelte, wie sie es immer tat. Auf ihrem Kopf wuchs Unsinn, weshalb sollte man innen drin auch was anderes finden? Irgendwann trafen sie sich nicht mehr. Frank war es nur recht, obwohl er sich später geärgert hatte, ihr nicht zu sagen, was für eine ekelerregende Schlampe sie doch wäre.
Frank hatte mal eine gekannt, die total geldgeil war. Als er sie zum ersten Mal traf und merkte was für eine sie war, hatte er gegrinst und sich gedacht, na das is ja mal ein Schock. Die steht auf Geld. So was war ja noch nie da. Er war dann aber nicht so und spielte das Spiel mit. Gab ihr einen Drink nach dem anderen aus, natürlich nur die Teuersten und log ihr später vor, er wäre der Chef einer neu gegründeten Softwarefirma. Sie war schon halb besoffen und hat es ihm geglaubt, dabei wäre der ganze Aufwand gar nicht nötig gewesen, weil sie dumm wie Bäckerhefe war und wahrscheinlich gar nicht wusste, was Software war, weil es Software nicht in Modeboutiquen zu kaufen gab. Sie fuhren dann in seine Wohnung, wo er sie fickte und dann rauswarf. Später hatte er sich geärgert, dass er nicht alt und hässlich gewesen war...
Frank saß am Fluss und warf Steine ins Wasser. Hinter ihm spazierten die Menschen vorbei, weil es ein schöner Tag war, und an schönen Tagen kamen sie immer heraus, die Töpfe und die Deckelchen. Immer die Gleichen. Immer so viele, und Frank dachte darüber nach, wie viel er für sich verlangen könnte.
Zwei Enten schwammen an ihm vorbei und quakten um die Wette. Total niedlich waren sie, die zwei.
Er kam zum Schluss, gar nichts mehr zu verlangen, weil er es satt hatte zu verlangen, und stand auf, um sich auf den Heimweg zu machen.
Als er zuhause am Herd stand und sich seine ‚Entenbrüstchen in Balsamicosauce’ kochte, fühlte er sich so richtig frei. Ihm fielen ganz neue Dinge ein. Dass er SMSen hasste, und Mails schreiben, und Mails beantworten. Dann brannte ihm der Reis an, was ihm aber nach dem dritten Bier nichts mehr ausmachte.
Fressen wir dich eben so, sagte er zu sich selbst.