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So viel im Nichts.
Was ist, wenn es irgendwo - nein: hier, genau hier - ein Mädchen gibt.
Oder nein, es ist eine Frau. Das Mädchen ist schon eine Frau.
Angenommen es gibt eine Frau und sie sitzt hier auf dem Sofa. Sie hört Musik - sehr laut - und ist allein. Sie ist oft allein. Aber sie erfreut sich an der Musik.
Sie schreibt SMS und Briefe. Schaut in den Briefkasten, auf ihr Handy, in ihr Postfach. Doch nichts. Alles ist leer. So gähnend leer. Immer wieder. Sie schaut nach, jeden Tag, mehrmals. Doch immer wieder ist da nichts. Gar nichts.
Was ist, wenn diese Frau alleine auf ihrem Sofa sitzt, laute Musik hört und sich fragt, warum sie immer alleine ist. Was ist, wenn sie denkt und überlegt und grübelt, ohne einen Grund zu finden. Was ist, wenn es keinen Grund für ihre Einsamkeit gibt. Sie ihn nicht findet - nicht in sich und nicht an sich.
Was ist, wenn diese Frau auf ihrem Sofa sitzt, im Kerzenschein ein weiteres Glas Weißwein trinkt, eine weitere Zigarette raucht, von der Musik umwoben wird und entscheidet, dass sie nicht alleine ist.
Was ist, wenn die junge Frau - berauscht von dem Weißwein und der wogenden Musik - entscheidet diesen Moment, dieses Leben mit Jemandem zu teilen. Sich einen Gast einzuladen.
Was ist, wenn der Gast ein junger Mann ist, mit zerzausten Locken oder feinem, glatten Haar. Ein junger Mann, der der Musik lauscht, sich still freut und sie leise lächelnd anschaut. Ein junger Mann, der vorsichtig ihre Hand berührt. Ihre Hand - die Hand, die auf ihrem Knie liegt. Auf dem Knie der jungen Frau, hier auf dem Sofa. Genau hier.
Der Mann in ihrem Kopf, berührt diese Hand und nimmt sie in seine. In seine große Hand. Was ist, wenn seine große Hand, ihre kleine umschließt.
Was ist, wenn sie nur träumt, mit hellwachem Blick, und beschließt, dass es schön so ist. So wie es ist. Hier und jetzt. Im Traum. Auf ihrem Sofa.
Was ist, wenn die junge Frau aus dem offenen Fenster schaut, auf den dunklen Himmel und den Lichtschimmer über der Stadt. Den Lichtschimmer der Stadt, den sie sieht, ohne die Stadt zu sehen.
Was ist, wenn sie melancholisch wird. Das Lied, der Ausblick, die Kerzen. Die Kerzen, an denen kein Wachstropfen herunterläuft.
Sie wird - nein: sie ist melancholisch. Aber er - der junge Mann mit den zerzausten Locken oder dem feinen, glatten Haar - sie zum lachen bringt. Mit einem Wort, einem Satz. Was ist, wenn ihr Lachen sie überschwemmt - obwohl die Musik traurig ist - und er mit schwimmt. Wenn sie, die junge Frau und der junge Mann, sich treiben lassen, auf dem eigenem Glucksen und Gurgeln.
Was ist, wenn er sich erhebt, mit glühendem Gesicht, vom Sofa und der jungen Frau seine Hand anbietet. Was ist, wenn sie seine große Hand ergreift - so gerne ergreift - und sich auf ihre Beine ziehen lässt. Er ihre Hand in der seinen hält und sie beide anfangen zu tanzen. In ihrer Wohnung. In der Nacht. In dem Lachen, dem Glucksen und Gurgeln. Vor ihrem Sofa.
Was ist, wenn eine junge Frau auf ihrem Sofa sitzt und die Beiden tanzen sieht. Vor ihrem Sofa. Und sie traurig lächelt.