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So viel im Nichts.

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23.08.2016
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So viel im Nichts.

Was ist, wenn es irgendwo - nein: hier, genau hier - ein Mädchen gibt.
Oder nein, es ist eine Frau. Das Mädchen ist schon eine Frau.
Angenommen es gibt eine Frau und sie sitzt hier auf dem Sofa. Sie hört Musik - sehr laut - und ist allein. Sie ist oft allein. Aber sie erfreut sich an der Musik.

Sie schreibt SMS und Briefe. Schaut in den Briefkasten, auf ihr Handy, in ihr Postfach. Doch nichts. Alles ist leer. So gähnend leer. Immer wieder. Sie schaut nach, jeden Tag, mehrmals. Doch immer wieder ist da nichts. Gar nichts.

Was ist, wenn diese Frau alleine auf ihrem Sofa sitzt, laute Musik hört und sich fragt, warum sie immer alleine ist. Was ist, wenn sie denkt und überlegt und grübelt, ohne einen Grund zu finden. Was ist, wenn es keinen Grund für ihre Einsamkeit gibt. Sie ihn nicht findet - nicht in sich und nicht an sich.

Was ist, wenn diese Frau auf ihrem Sofa sitzt, im Kerzenschein ein weiteres Glas Weißwein trinkt, eine weitere Zigarette raucht, von der Musik umwoben wird und entscheidet, dass sie nicht alleine ist.

Was ist, wenn die junge Frau - berauscht von dem Weißwein und der wogenden Musik - entscheidet diesen Moment, dieses Leben mit Jemandem zu teilen. Sich einen Gast einzuladen.
Was ist, wenn der Gast ein junger Mann ist, mit zerzausten Locken oder feinem, glatten Haar. Ein junger Mann, der der Musik lauscht, sich still freut und sie leise lächelnd anschaut. Ein junger Mann, der vorsichtig ihre Hand berührt. Ihre Hand - die Hand, die auf ihrem Knie liegt. Auf dem Knie der jungen Frau, hier auf dem Sofa. Genau hier.
Der Mann in ihrem Kopf, berührt diese Hand und nimmt sie in seine. In seine große Hand. Was ist, wenn seine große Hand, ihre kleine umschließt.

Was ist, wenn sie nur träumt, mit hellwachem Blick, und beschließt, dass es schön so ist. So wie es ist. Hier und jetzt. Im Traum. Auf ihrem Sofa.

Was ist, wenn die junge Frau aus dem offenen Fenster schaut, auf den dunklen Himmel und den Lichtschimmer über der Stadt. Den Lichtschimmer der Stadt, den sie sieht, ohne die Stadt zu sehen.
Was ist, wenn sie melancholisch wird. Das Lied, der Ausblick, die Kerzen. Die Kerzen, an denen kein Wachstropfen herunterläuft.
Sie wird - nein: sie ist melancholisch. Aber er - der junge Mann mit den zerzausten Locken oder dem feinen, glatten Haar - sie zum lachen bringt. Mit einem Wort, einem Satz. Was ist, wenn ihr Lachen sie überschwemmt - obwohl die Musik traurig ist - und er mit schwimmt. Wenn sie, die junge Frau und der junge Mann, sich treiben lassen, auf dem eigenem Glucksen und Gurgeln.

Was ist, wenn er sich erhebt, mit glühendem Gesicht, vom Sofa und der jungen Frau seine Hand anbietet. Was ist, wenn sie seine große Hand ergreift - so gerne ergreift - und sich auf ihre Beine ziehen lässt. Er ihre Hand in der seinen hält und sie beide anfangen zu tanzen. In ihrer Wohnung. In der Nacht. In dem Lachen, dem Glucksen und Gurgeln. Vor ihrem Sofa.

Was ist, wenn eine junge Frau auf ihrem Sofa sitzt und die Beiden tanzen sieht. Vor ihrem Sofa. Und sie traurig lächelt.

 

Hi und herzlichen Willkommen MillaVonMeer[/QUOTE],

ein schöne Miniatur, mit der du dich da vorstellst. Der Text klingt gut und berührt. Es gibt viele Wiederholungen desselben Satzes, die aber gar nicht nerven, weil sie schön in den Fluss eingebunden sind und darum herum genug Variation geboten wird. Die Melodie passt, kurze Sätze, dann lange, oder vielmehr - noch besser - kurze und dann länger werdende Sätze, die Wellen schaukeln sich auf. Mehrere schöne Einfälle, das "Glucksen und Gurgeln" zum Beispiel, obgleich - unklar, ob das eine Kritik ist - ich mir darunter in der Szene nicht so richtig etwas vorstellen kann.

Und noch ein paar Überlegungen:

Oder nein, es ist eine Frau. Das Mädchen ist schon eine Frau.
Gefällt mir an sich gut, aber dieses "Oder nein", hm, da könnte ich mir etwas Besseres vorstellen. Ich finde, das nimmt vom poetischen Ton etwas weg.

Sie hört Musik - sehr laut - und ist allein.
Es ist völlig in Ordnung, dass einsame Menschen laute Musik hören. Ich habe nicht nur keinen Einand, sondern finde das erst einmal besser, als wenn sie leise Musik hören würde. Ich frage mich aber, ob das Laute mit der Behutsamkeit der weiteren Darstellung wirklich gut harmoniert.
Beispiel:
Ein junger Mann, der der Musik lauscht
Lauter Musik lauschen - passt das? Kann schon sein, aber ich fremdle etwas.
oder auch:
von der Musik umwoben wird

Alles ist leer. So gähnend leer.
"So gähnend leer" wäre eine Wiederholung, die man aus meiner Sicht ausnahmsweise auch streichen könnte

Was ist, wenn es keinen Grund für ihre Einsamkeit gibt. Sie ihn nicht findet - nicht in sich und nicht an sich.
Vorsicht Spitzfindigkeit: Gibt es keinen Grund oder findet sie nur keinen? Man muss sich daran nicht unbedingt stoßen, aber wenn du mal ganz viel Langeweile hast, kannst du dir ja eventuell überlegen, ob du die milde Zweideutigkeit, die da anklingen kann, umschiffen möchtest.

- berauscht von dem Weißwein
Mir könnte es gefallen, wenn der Rausch zu einem leichten Rausch (o.ä.) abgemildert würde, sonst könnte man auf die Idee kommen, dem Alkohol einen größeren Einfluss an dem Tagtraum zuzuschreiben, als er sicher haben soll.

u entscheidet diesen Moment, dieses Leben mit Jemandem zu teilen. Sich einen Gast einzuladen.
Was ist, wenn der Gast ein junger Mann ist, mit zerzausten Locken oder feinem, glatten Haar.
Sehr schön, wie der Gast erstens nicht wirklich ist und wie du das zweitens ganz trittsicher an der Unentschiedenheit über das Haar zeigst.

Was ist, wenn sie melancholisch wird.
Sie wird - nein: sie ist melancholisch.
Ja, genau, sie ist schon von Anfang an melancholisch. "Wird" passt nicht. "...wenn sie noch trauriger wird" wäre möglich - irgendwas in der Art.

Sie, die junge Frau und der junge Mann, sich treiben lassen, auf dem eigenem Glucksen und Gurgeln.
Hier fehlt mir ein "Wenn" zum Einstieg, damit der Satz vollständig wird.

und sich auf ihre Beine ziehen lässt.
Das Bild war mir nicht gleich eingängig, weil man nicht wissen kann, dass der Mann (inzwischen) steht.

Was ist, wenn eine junge Frau auf ihrem Sofa sitzt und die Beiden tanzen sieht.
Sehr schön, wie sie jetzt wieder außen vor ist und wie du gar kein schweres Gerät auffahren musst, um das auszusprechen.

So viel von mir. Ich nehme es dem Text nicht übel, wenn er bleibt, wie er ist. Das sind alles keine großen Sachen, mal abgesehen davon, dass Änderungsvorschläge immer auch zur Verschlechterung führen können.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
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Hey erdbeerschorsch,

vielen Dank für deine Einschätzung!
Ich gestehe gerne, dass ich der ersten Kritik einwenig ungeduldig entgegen gefiebert habe, da ich nicht einschätzen konnte, wie die vielen Wiederholungen ankommen. Für mich sind sie ein, wenn nicht das Kernstück des Textes und ich bin froh, dass sie auch bei dir als Stimmungstransporteur funktioniert haben.

Nun konkret zu einigen deiner Vorschläge:

Es ist völlig in Ordnung, dass einsame Menschen laute Musik hören. Ich habe nicht nur keinen Einand, sondern finde das erst einmal besser, als wenn sie leise Musik hören würde. Ich frage mich aber, ob das Laute mit der Behutsamkeit der weiteren Darstellung wirklich gut harmoniert.

Diese Empfindung kann ich sehr gut verstehen. Das Laute ist hier vielleicht einwenig hart. Mir war nur wichtig, die Intensität der Musik zu betonen. Gerade weil es ohne sie komplett still wäre, ist sie ein großer Faktor. Vielleicht fällt mir hier noch eine elegantere und sanfter Beschreibung ein.

Vorsicht Spitzfindigkeit: Gibt es keinen Grund oder findet sie nur keinen? Man muss sich daran nicht unbedingt stoßen, aber wenn du mal ganz viel Langeweile hast, kannst du dir ja eventuell überlegen, ob du die milde Zweideutigkeit, die da anklingen kann, umschiffen möchtest.

Für mich ist es eine Annahme, dass es keinen Grund gibt. "Was ist, wenn es keinen gibt." Und eine Tatsache, dass sie keinen findet. Funktioniert hier aber vielleicht nicht so gut, da ich das "Was ist, wenn.." so häufig verwende. Und eine Doppeldeutigkeit bleibt es trotzdem. Ob ich mich von der verabschieden möchte, weiß ich nicht so genau. Aber eine Überlegung ist es definitiv wert!

Mir könnte es gefallen, wenn der Rausch zu einem leichten Rausch (o.ä.) abgemildert würde, sonst könnte man auf die Idee kommen, dem Alkohol einen größeren Einfluss an dem Tagtraum zuzuschreiben, als er sicher haben soll.

Dem stimme ich voll zu. Sie befindet sich nicht im Rausch. Ich überleg mir was.

Was ist, wenn er sich erhebt, mit glühendem Gesicht, vom Sofa und der jungen Frau seine Hand anbietet. Was ist, wenn sie seine große Hand ergreift - so gerne ergreift - und sich auf ihre Beine ziehen lässt.

Er steht, daher kann er sie hochziehen.


Und zum Schluß noch:

Was ist, wenn ihr Lachen sie überschwemmt - obwohl die Musik traurig ist - und er mit schwimmt. Wenn sie, die junge Frau und der junge Mann, sich treiben lassen, auf dem eigenem Glucksen und Gurgeln.

Mit dem "Glucksen und Gurgeln" habe ich versucht, sowohl das Lachen, als auch die Wasserassoziation ("überschwemmt", "mit schwimmt") auszudrücken und -zuschmücken.


Alles weitere lasse ich mir nochmal durch den Kopf gehen und
danke nochmal herzlich,

MillaVonMeer

 

Das mit den Zitaten hat sich mir wohl noch nicht ganz erschloßen...
Füge vor jedem Schrägstrich, der vor Quote steht, einfach eine offene, eckige Klammer ein.

Beste Grüße und willkommen hier,
GoMusic

 
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Hallo Milla,

Was ist, wenn

Ja, was ist dann?

Im Gegensatz zu dem Vorkommentator haben mich diese Wiederholungen bald genervt.

Der ganze Text ist doch in dem Timbre aufgebaut, dann würde für mich das erste und das letzte Was ist, wenn reichen. So hat das für mich den Aufbau einer Rede, in der den Zuhörern (hier nun die Leser) nicht sehr viel Grips zugetraut wird, da wird oft das gleiche wiederholt, so als rhetorischer Kniff, in der Hoffnung, es würden doch am Ende alle kapiert haben, dass es nur ein Fiktion ist, die die Erzählerin hat. Aber es ist nun mal keine Rede, sondern will eine Geschichte sein.

Die Wiederholungen als strukturgebendes Element einzusetzen hat in dem Text für mich keinen Mehrwert.

Dem erdbeerschorsch gefällt dieser Text, so bin ich vielleicht eine Ausnahme mit meiner Einschätzung: das ist doch schön, dass er auch ankommt. Bei mir hat er leider so mit diesem Aufbau nicht funktioniert.

Herzlich Willkommen hier bei den Wortkriegern und viel Spaß und Freund mit Geschichten und Kommentaren (wenn sie auch nicht immer nur positiv sind ;) )

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo,

ich finde das Repetitive auch nervtötend. Bei einem Prosa-Gedicht mag das eventuell gehen, aber hier ist es halt einfach zu viel auf zu kurzer Strecke.

Ich hege auch den Verdacht, dieser Text erzählt nichts, er hat keinen Inhalt, er soll nur so klingen, als wäre er irgendwie bedeutungsschwanger. Da passiert aber nichts, es ist nur Theorie, nichts bewegt sich, das Inventar in der Geschichte offenbart sich nie, es gibt auch keinen Konflikt.

Das Ganze soll wahrscheinlich poetisch oder so klingen, oder lyrisch, aber ich nehme das dem Text nicht ab, der funktioniert nicht für mich, weil Poesie sich eben aus dem Moment heraus ergibt und nicht konstruiert werden kann. Dieser Text ist ein Selbstzweck. Er zeigt ja auch nichts, er bleibt an der Oberfläche verhaftet, verlässte diese auch nie.

Gruss, Jimmy

 
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Doch, doch, der Text hat schon was und damit, wenn auch nur ganz kurz, der Besuch hierorts neigt sich dem Ende zu,

hallo und herzlich willkommen,

liebe MillaVonMeer
(klingt Niederländisch/-deutsch, bei einem "van Meer(en)" wäre ich mir sicher) womit ich - wie gesagt auf "die Schnelle") den Reiz im Mantra und weniger im Indikativ als im Konjunktiv sehe, wonach ja eigentlich die Einleitung, was sei, wenn ... verlangt. Also

Was [wäre], wenn es irgendwo - nein: hier, genau hier - ein Mädchen [gäbe].
wo doch jeder weiß, dass es hunderte von Millionen Mädchen gibt
Oder nein, es [wäre/sei] eine Frau. Das Mädchen [wäre] schon eine Frau.

Angenommen[,] es g[äbe] eine Frau und sie [säße] hier auf dem Sofa. Sie hört[e] Musik - sehr laut - und [wäre] allein. Sie [wäre/sei] oft allein. Aber sie erfreut[e] sich an der Musik.

usw. (Schon das Umschreiben hier vor Ort grenzt an arebeit unde wenic lobebaeren ... Wobei würde-Konstruktionen ausgeschlossen werden sollten. Und was wäre nicht heute absurd?

Schau'n mer ma', meint der

Friedel
der im Nachtrag noch ein ist löschen musste und ein Komma (Ordnung muss sein!) setzte und jetzt einen Punkt!

 

Liebe Bernadette, Lieber Jimmy,

ich kann nachvollziehen, dass euch die Wiederholungen des Textes stören. Damit bestätigt ihr meine Sorge, dass das so nicht für Jeden funktioniert. Keinesfalls habe ich diese Form gewählt, damit mich auch bloß alle verstehen können.

Dieser Text ist ein Gedankenspiel der Autorin und der Protagonistin. Wobei letztere, objektiv gesehen, ja überhaupt nicht agiert. So betrachtet, geht es um eine Frau, die nichts weiter tut, als auf ihrem Sofa zu sitzen.

Ich hege auch den Verdacht, dieser Text erzählt nichts, er hat keinen Inhalt, er soll nur so klingen, als wäre er irgendwie bedeutungsschwanger. Da passiert aber nichts, es ist nur Theorie, nichts bewegt sich, das Inventar in der Geschichte offenbart sich nie, es gibt auch keinen Konflikt.
Da stimme ich Jimmy voll zu.

Und trotzdem kann sich ja etwas bewegen. In der Frau selbst. Das habe ich versucht auszudrücken.

Er zeigt ja auch nichts, er bleibt an der Oberfläche verhaftet, verlässte diese auch nie.

Und für mich verlässt er die objektive Oberfläche damit schon. In dem er eine zweite "Was ist, wenn.."-Ebene aufbaut.

Darüber, ob sich das Ganze, mit seiner `nicht sichtbaren` Handlung, wirklich als Kurzgeschichte bezeichnen lässt, bin ich mir nicht sicher. Die, von erdbeerschorsch benannte, Miniatur passt vielleicht besser.

Vielen Dank, dass ihr mir die Schwierigkeiten aufgezeigt habt, ich werde sie auf jeden Fall (auch für das nächste Mal) im Hinterkopf behalten!

Liebe Grüße,
Milla

 
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Tja, was wäre, wenn dort

wäre?

Hey MillaVonMeer,
in diesem Sinne beginne ich mal. Um es ganz ehrlich zu sagen: Für mich ist das keine Geschichte, mich erinnert der Text eher an eine lyrische Abfassung, die anhand ihrer zahlreichen Wiederholungen gewinnen soll. Aus meiner Sicht funktioniert das aber nicht, da der Text an sich keine Handlung innehat, die an etwas gewinnen könnte. Wie schon jimmysalaryman (entschuldige bitte, wenn ich deinen Nick trotz zahlreicher Änderungen falsch geschrieben habe :D) schreibt, ist der Text im Grunde der Grund, warum der Text so ist, wie er ist.

Was ist, wenn es irgendwo - nein: hier, genau hier - ein Mädchen gibt.
Das ist für mich ein sehr gutes Beispiel dafür. Ich glaube, das Problem bei deinem Text liegt darin, dass er nicht über diese Stufe des Fragen- und Antwortens hinaus geht - mehr noch, er bleibt auf ihr und setzt sich unbändig weiter fort. Auf diese Weise entsteht bei mir das Gefühl, es träfen Welten aufeinander, ohne dass sie sich für einander interessieren.
Das klingt sicher alles etwas ungelenk... :shy:, aber soweit meine Eindrücke.

Liebe Grüße,
SCFuchs

 

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