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Sklavenspiel

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25.02.2002
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Sklavenspiel

Der Ball bildet einen weißen Strich, so schnell fliegt er über den Tisch. Ich kann nicht denken, kann lediglich reagieren. Es geht jedes Mal gut, wie durch ein Wunder. Beide schwitzen wir, das Ganze geht schon viel zu lang. Auch er reagiert schnell, ich habe kaum Zeit, dem Ball hinterher zu eilen. Wieder geschafft, aber diesmal war es knapp.
Die Stimmen um uns herum sind schon längst verstummt, entweder durch gespanntes Schweigen oder ich höre ihn einfach nicht mehr, den stetigen Pegel des Lärms, des Raunens und der Aufschreie, all die Reaktionen auf unser Geschick.
PING
Jedes Mal kommt der weiße Strich und wieder und wieder bezwinge ich ihn. So schwer und fordernd es auch zu sein scheint, fühlt es sich nach all den Jahren bereits an wie Routine.
Ich lasse den Ball fliegen, wohin ich will.
PONG
Er reagiert.
PING
Dann ich.
PONG
Immer und immer wieder. Beide reagieren wir.
Augenblick...
PING
Ich habe verfehlt!
Der Ball hüpft müde über den Boden. Der Punkt ist verloren, aber ich darf nicht aufhören. Das Publikum verlangt nach uns.
...
Und jetzt? Wer hat Aufschlag?
Ich weiss es nicht mehr. Ich weiss nichts mehr!
Für was spielen wir nochmal?

 
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Das mit Verwirrung ist richtig. Auch will ich ausdrücken, dass keine Zeit zum Denken da ist.

Das mit der Interpretation ist zwar teilweise richtig, die Geschichte bezieht sich aber eher auf das Spiel des menschlichen Lebens hinsichtlich der Kausalität und dem unfreien Willen. Achte besonders auf das Wort "reagieren".

Denke auch darüber nach, wer oder was gegen wen oder was spielt und was das Publikum darstellt.

 

Das mit dem "Sich-aufgeben" ist gut, Begriffe wie "Gewinnen" oder "Verlieren" sind welche, die sich in Hinsicht auf die Betrachtungsweise verändern. "Gewinnen" für die Masse ist oft "Verlieren" für den Einzelnen und umgekehrt.

Ich beziehe meine kleine, unausgefeilte und, wen ich sehr ehrlich bin, als kleiner Gedankenblitz in 10 Minuten geschriebene Geschichte eher auf das Leben im Sklaventum der Kausalität. Achtet man auf das Wort "reagieren", bemerkt man, dass das Wort "agieren" nicht mehr gilt. Keiner der beiden Spieler "agiert", jeder von ihnen reagiert nur auf den Zug des Anderen, der wiederum eine Reaktion auf die vorherige Reaktion war, etc. Deshalb nenne ich es Sklavenspiel, da keiner von Beiden sein eigen ist, sondern nur das Produkt des Vorherigen.

Auf das Leben bezogen, wie bereits gesagt, sind wir Sklaven, spielen wir das Spiel. Verzichten wir darauf, sind wir Gewinner im Einzelnen, Verlierer in der Masse.
Doch nicht wir spielen für uns, sondern schauen zu, festgeklebt auf unseren Sitzen, sind Zuschauer des Spiels zwischen Ursache und Wirkung.

 

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