Sinuhe
Ich sehe mich mit meinem klaren Blick der alles durchdringt um, meine Zunge gleitet leicht über meine spitzen Zähne, ein Stechen und ein Tropfen roter Lebenssaft läuft aus meinem Mundwinkel. Ich wische ihn zart von meinem Kinn und führe meinen Finger in meinen Mund. Als ich den großen Tanzsaal mit seinen glitzernden Schmuckstücken betrete gilt mir die ungeteilte Aufmerksamkeit. Der "Schwarzen" Schönheit die ich darstelle, eine samtene Gestalt aus tausend und einer Nacht, voller Mystik und Hochmut, sündhaft und unschuldig zugleich. Ich die abstamme von dem einst mächtigstem Geschlecht der 18. Dynastie zur Zeit der großen Herrscherin Nofretete, meiner Königin. Ich war eine Achämenden, unsere Macht erstreckte sich vom Iran bis Ägypten, Teile Asiens und Indien, bis Alexander der Große uns niederstreckte und uns vertrieb, aus unserem eigenen Land. Eine kalte Hand auf meiner Schulter rüttelt mich aus meinem Gedanken, Lorenzo, mein Begleiter, Mentor und der der mich eines kalten Winterabends in Wien erschaffen hat. Er führt seine Hand auf meinen Hals und fasst mein Genick, seine Fingernägel bohren sich leicht in mein totes Fleisch "Wo ist sie?" Ich funkle ihn mit einem überlegenen Blick an. Er knirscht mit seinen Zähnen und wartet nicht länger auf eine Antwort die er von mir nie bekommen würde. Lorenzo stemmt mich von sich und blickt mich an als wäre ich nicht der Dreck unter seinen Fingernägeln wert. Ich kann nicht mit ihm aber auch nicht ohne ihn und ich weiß das es mit ihm genauso ist. Er hat mich zu sich geholt, weil er dachte er könne mich ändern, meinen Stolz brechen. Lorenzo scheut keine Herausforderung doch schon als er sich von mir nährte musste er herausfinden das ich mich nicht brechen lies, in keins der Weise. Ich wollte ihm keines meiner Bluttropfen kampflos übergeben, ich wehrte mich wie eine Handvoll der kräftigsten Männer. Al sich nur noch eine leblose Hülle war drückte er sein Handgelenk auf meinen Mund, der süße warme Saft rann meine Kehle hinunter und ich spürte einen neue Kraft in mir. Doch ich wollte diese Kraft nicht, nicht von ihm!! Ich drehte meinen Kopf zur Seite und lies das Blut aus meinem Mund laufen. Ich weiß noch wie Lorenzo mich ansah, unverständlich, er konnte es nicht begreifen wie jemand die dunkle Gabe verweigern konnte und stattdessen lieber den Freitod wählen würde. Er drehte meinen Kopf gewaltsam zur Seite und öffnete meinen seinen Händen meinen Mund. Dann drückte er wieder sein Handgelenk auf meine Lippen, fest, der Druck war unglaublich, meine Lippen sprangen auf. Ich schaute ihn mit all der Wut und dem Zorn den ich empfand an, doch der Ausdruck in seinen Augen blieb kalt. Dann spürte ich eine unbeschreibliches Gefühl in mir, eine Art warmer Wohlgenuss macht sich in mir breit, ausgefüllt von diesem überlegenen Lebenssaft packte ich sein Handgelenk und verlangte nach mehr. Mit meiner neu gewonnen Kraft zog ich ihn an mich und stieß meine Zähne in sein weises Fleisch. Das Blut strömte durch die Halsschlagader in meinen Mund. Er lies mich gewähren. Warmer süßer Nektar, lieblicher wie jeder Wein. Ich war ihm verfallen und doch hasste ich ihn von ganzer Seele.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, denn meine braunen Augen fixieren Gloria. Sie gehört zu uns, eine junge Engländerin. Lorenzo hat sie als "Andenken" von seiner Englandreise mitgebracht. Es war 2400 Jahre nach meiner "zweiten" Geburt. Er und ich stritten uns wegen Gloria, ich wollte sie nicht in unserer Mitte haben, es fühlt sich falsch an, wie ein Spreißel im wunden Fleisch. Ich glaubte sie als Gefahr für mich, obwohl ich weiß das sie keinerlei Vergleich mit mir wagen kann! Sie ist dünn, geradezu mager und hat glattes blondes Haar aber traurige grüne Augen. Lorenzo versucht mich mir ihr eifersüchtig zu machen, in uns Vampiren steckt mehr menschliches als viele glauben. Ich genieße das und reize ihn bis aufs Äußerste.
Gloria tanzt mit einem gut gekleideten Gentleman, mit glattgegellter Frisur und einen dünnen Oberlippenbart. Sie flüstert ihm etwas ins Ohr, fasst seine Hand und führt ihn ein wenig abseits in eine düstere Ecke. Ich gleite zielsicher durch die Menschenmengen. Überall der Geruch von Blut, er benebelt mich, ich habe seit Tagen nichts getrunken. Ich sehe gerade noch wie Gloria den leblosen Körper wie einen Sack, gefüllt mit Kieselsteinen fallen lässt. Sie sieht mich mit einem verschmitzen Grinsen an und wischt sich das Blut von den Lippen. Ihr sonst so blasses Gesicht glüht und ihr Körper strotzt vor neuer Kraft "Das tut gut, tut mir leid, dass ich dir nichts übrig gelassen haben, Darling". Ich blicke die Leiche des Mannes an und dann sie "Wie konntest du nur?". Sie zuckt mit der Schulter "Ich war hungrig". "Das sind wir alle, aber hier in diesen Massen von Menschen?!". Sie macht einen Schmollmund und spielt mit einer ihrer blonden Haarsträhnen herum. Ich haben nichts als Verachtung für sie übrig, sie ist jung und ungestüm, eine Rohdiamant in seiner reinsten Form "Was haben wir dir gesagt, Hundertmahle....es ist gefährlich in Menschenansammlungen ein Opfer zu suchen". Sie läuft stumm an mir vorbei. Ich packe ihren Arm und suche Lorenzo auf. Als er uns sieht, verfinstert sich sein Blick "Wo hast du dich rumgetrieben? Manchmal frage ich mich, warum ich meine Gabe an euch beide verschwendet haben, ihr seid keinesfalls würdig zum Clan zu gehören" "Ich wollte diese Gaben niemals, ich habe dich nicht darum gebeten und nun sitze ich in der Ewigkeit im regnerischen England des 18. Jahrhunderts mit dem Mann den ich am meisten hasst!" Er holt aus und ohrfeigt mich. Der Hieb trifft mich mit solcher Wucht, das ich nach hinten stolpere und auf den Boden falle. Den körperliche Schmerz ist nicht stark, Vampire sind unempfindlich gegen diese Art von Schmerzen, aber der seelische brennt wie Feuer in mir. Das hat er noch nie getan, in all den Jahrhunderten hat er noch nie die Hand gegen mich erhoben. Wie konnte er es nur wagen mich vor all diesen Sterblichen derart zu demütigen. Gloria beugt sich zu mir und will mir auf die Beine helfen, doch ich stumpe sie weg "Verdammt seiest du, Lorenzo, du sollst schmoren in der Hölle". Ich stürme aus dem Saal in die kühle, sternenklare Nacht. Die Straßen sind noch voller Leben, Huren an jeder Ecke, die den klebrigen, geilen Edelmännern ihre Dienste anbieten. Ich laufe am Ufer der Temphse entland, dann formt sich eine Gestalt aus den Nebelschwaden. Ich erkenne ihn sofort, es ist Lorenzo. Er geht auf mich zu "Was ist mit einer schwarzen Schönheit los? Was hat man ihr angetan?". Er hebt mein Kinn an "Du lässt mich nicht los. Wo ich auch bin, du bist mir auf den Fersen. Seit tausenden von Jahren haben ich kein Leben mehr. Du verfolgst mich" "Nein, wir gehören zusammen, du musst bei mir bleiben". "Aber was hat Gloria in unserer Mitte zu suchen? Ich will das du sie los wirst!". "Sie ist eine von uns, unser Kind", "Nein, belüge mich nicht, sie ist deine Geliebte, dein Spielzeug!". Lorenzo fasst mein Gesicht und bedeckt es mit zarten Küssen. Ich schließe meine Augen. Kann ein Dämon lieben? Ist er überhaupt zu Gefühlen fähig? Lorenzo küsst meine Mund und meine Hals. Ich packe seine Schultern und zerre ihn weg von mir. Er stemmt sich dagegen und will mich erneut küssen, doch ich halte meine Hand gegen seine kalte, starke Brust. "Was ist bloß mit dir Sinuhe?" "Ich kann nicht, du hast mich zu dem gemacht was ich bin". Er wird wütend "Was bist du denn? Ein Vampir der verrückt geworden ist!" Ich schreie ihn an "Du hast mich getötet!" "Ich habe dir ein neues Leben geschenkt, ein ewig junges Leben" "Aber was ist ein ewig junges Leben ohne die Sonne, ohne ein Zuhause, ohne die Liebe?" "Sinuhe, du weißt nicht von was du spricht, du kannst eine Liebe, eine gnadenlose Untertänigkeit von meiner Seite dein Eigen nennen, zu einer solchen Liebe ist ein Sterblicher nicht fähig, ich liebe dich so sehr das ein Mensch daran zerbrechen würde, verrückt werden würde, wenn er nicht bei dir wäre, du bist die die ich auserwählt habe ein ewiges Leben an meiner Seite zu weilen, meine Muse" Ich streckt seinen Arm aus und will über mein Braunes Haar streichen, doch ich weiche zurück. Er sieht gekränkt aus "Ich werde bei Morgendämmerung mit Gloria auf das nächste Schiff nach Frankreich steigen, mach was du willst, ich bin deine ewigen Anfeindungen und Auseinandersetzungen mit dir satt. Die Jahrtausende mit dir haben mich müde gemacht, ich gebe dich frei, das wolltest du doch, oder? Jetzt sieht’s du wie sehr ich dich liebe, du kannst gehen, wohin auch immer deine Füße dich tragen, doch wenn du dich entschließt in meine Richtung zu gehen werde ich dich mit offenen Armen empfangen". Er dreht sich um und verschwindet in der Nacht.
Wir haben die Reise angetreten, gemeinsam, auf der Suche nach dem Clan. Lorenzo hatte herausgefunden, dass er sich in Paris aufhalten soll. Das Schiff auf dem wir reisen heißt "Annabelle". Es ist ein altes aber tüchtiges Schiff. Der erste Tag verlief ohne Probleme, die See war ruhig. Vor 2 Stunden ist die Nacht über uns hereingebrochen. Seither stehe ich an Deck und beobachte gierig die Menschen. Kinder mit samtweicher Haut, staatliche Männer und stolze Frauen. Ich fühle mich auf Schiffen immer sehr wohl, früher bin ich mit meinem Vater viel auf Reisen gewesen und habe die halbe Welt gesehen, ich hatte eine schöne Zeit. Ich war die Einzige der 5 Mädchen die wir zu Hause waren, die mein Vater mit sich auf Reisen nahm, ich war sein Juwel, er behandelte mich wie einen Jungen, ich war die Älteste und sollte einmal das Erbe meines Vaters antreten. Ich lernte fremde Kulturen, Menschen und Sprachen kennen. Wir hielten uns sogar einmal für ein halbes Jahr bei einem Eingeborenen Stamm in Nigeria auf. Es machte mir Spaß zu zusehen wie sie ihrer Tänze aufführten und aus dem morschesten Holz die besten Waffen bauten. Ich liebe Nigeria, wie gern wäre ich wieder dort, im Steppegras, vor mir die satte, runde Sonne die aufgeht. Ich lernte eine kleines Mädchen kennen, sie hieß Minu und ich verstand kein Wort von dem was sie sprach, doch sie war meine kleine Freundin, ich nahm sie mit nach Ägypten, weil ihre Eltern von einer Horde hungriger Löwen getötet wurden und sie niemanden hatte außer mir. Minu lernte schnell meine Sprache und auch ich eignete mir einige Wörter von ihr an. Die Zeit verrann viel zu schnell und als Minu 9 war, erkrankte sie an einem schweren Ausschlag. Er schwächte sie und die Wunden platzen immer wieder auf und Blut vermengt mit Eiter floss heraus. Sie starb. Hätte ich damals schon diese Fähigkeit gehabt, dann hätte ich sie zu dem gemacht was ich bin und sie hätte mich vielleicht dafür gehasst, genau wie ich Lorenzo dafür hasse.
Lorenzo fasst mir auf die Schulter „Es ist noch einer hier“. Sofort durchzuckt mich ein Schauer, ich weiß was er meint und frage ihn doch naiv „Was ist noch hier?“ „Ein Mitglied des Clans, ich spüre ihn schon seit der Abreise, er schickt mir Visionen und Stimmen, er hälst sich versteckt vor uns“ „Aber warum schließt er sich nicht uns an?“ „Vielleicht hat er etwas zu verbergen, wir sollten vorsichtig sein“. Ich habe noch nie einen anderen Vampir außer Lorenzo und Gloria gesehen, in tausenden von Jahren ist mir noch nie einer über den Weg gelaufen, oder ich habe ihn nicht als solchen erkannt, denn ich besitze nicht die Gabe ihre Gegenwart zu spüren, bei jedem fällt die dunkle Gabe anders aus, Lorenzo sagt, dass ich die Sterblichen als auch die Toten manipuliere, durch meine bloße Anwesenheit schaffe ich Spannung. Ich wünsche mir den „Blinden Passagier“ zu sehen, und wenn auch nur für ein paar Sekunden, ich will in seine Augen sehen und erkennen ob sie genauso leer und kalt sind wie meine.
In dieser Nacht hat sich nichts mehr getan, der andere Vampir blieb bis auf weiteres verschollen, obwohl ich so sehr darauf hoffte ihm zu begegnen. Heimlich stieg ich hinauf und wartete bis zu den ersten Sonnenstrahlen auf ein Zeichen von ihm, doch vergeblich. Gloria scheint das ganze kalt zu lassen, sie ist sehr einfach gestrickt, ihr genügt es schon wenn sie einmal am Tag etwas zu beißen bekommt und ansonsten träumt sie vor sich hin, sie kommt mir so bemitleidenswert dumm vor. Ich hingegen streben nach neuem, aufregenden Abenteuern, wenn ich schon dazu verdammt bin ewig zu leben, dann will ich auch alle Geheimnisse dieser Erde mir zu eigen machen. Ich glaube dieser Wissensdurst stammt noch aus der Zeit, als ich mit meinem Vater von Land zu Land gereist bin. Lorenzo kann in dieser Hinsicht auch nicht mit mir mithalten, nicht das er ungebildet wäre, als er noch unter den Lebenden weilte war er sogar eine Art Gelehrter. Er unterrichtete Adlige, Pfarrer, Könige und andere hochwohlgeborene in Literatur, Sprachen, Rechnen, doch nach dem Biss beschränkte sich sein Durst nur noch auf Blut, nicht auf Wissen. Es ist schade, dass ich ihn nicht zuvor kennerlernte, vielleicht hätte ich ihn schätzen gelernt.
Nach einer Wochen waren wir endlich in Frankreich angekommen. Der Hafen in Le Havre ist voll mit Menschen aus aller Welt, es gefällt mir auf anhieb hier, die Farbenpracht, das Wilde treiben. Doch leider war das nicht das Ziel unserer Reise, wir mussten uns einer Kolonne anschließen, die einen 2-tägigen Marsch vor sich hatte ins Herz von Frankreich, Paris begab. Wir liefen zu Hunderten durch Städte und Dörfer, Felder und Wiesen. Lorenzo und Gloria ließen mich weiter hinten in der Gruppe zurück, so lief ich eine Weile alleine bis sich ein junger Mann zu mir gesellte. Erst bemerkte ich ihn nicht, doch ich fühlte aufdringliche Blicke auf meinem Rücken, ich drehte mich um und blickte in die grünen Augen eines sehr gutaussehenden Burschen. Ich drehte mich um, doch konnte fühlen das er mich immer noch musterte, ich lies mich davon nicht beeindrucken und ging weiter meinen Weg, doch dann stand er neben mir und blickte mich ohne die geringste Scheu direkt an. Ich fühlte mich geschmeichelt und doch etwas unwohl in meiner Haut „Wisst ihr nicht , dass es sich nicht gehört eine Dame so anzustarren?“ Er lachte „Ihr seid keine Dame!“ Ich war empört, was erlaubte sich dieser Bengel überhaupt, doch da viel mir ein, dass ich aussah wie eine 19-jährige und er war vielleicht 25. Er konnte ja nicht wissen das ich über 2000 Jahre alt war. „Was bin ich eurer Meinung nach?“ „Ihr seht nicht aus wie die anderen Frauen aus Frankreich, wo kommt ihr her?“ „Ich stamme aus Ägypten“ „Das erklärt eure Schönheit“. Ich fühlte mich sehr angetan von diesem nichtsahnenden jungen Taugenichts, es war eindeutig das er ein Landstreicher war und in seinem Leben noch nicht viel erreicht hatte, aber das war mir egal, für ein kleines Spielchen war ich immer zu haben. „Mit wem reist ihr? Doch sicher nicht alleine, es kann sehr gefährlich werden für eine Frau alleine zu reisen!“ „Wie aufmerksam das ihr euch um mein Wohlergehen sorgt, aber ich reise mit meinem Ehegatten und meiner Cousine“. Er lächelte mich an, so als ob er meine kleine Lüge durchschaut hätte, dann nahm er meine Hand und küsste sie „Ihr müsst einen törichten Ehegatten haben, der eine solche Lady auch nur eine Sekunde unbeaufsichtigt lässt“. Dann verschwand er zurück in die Gruppe, irgendwann verlor ich ihn aus den Augen. Ich hätte ihn gerne weiter um mich gehabt, doch kurze Zeit darauf gesellten sich Gloria und Lorenzo wieder zu mir.
Nach 2 Tagen endlosen Marsch waren wir entgültig in Paris angekommen, die Sterne waren noch heller als in all den anderen Städten in anderen Ländern, das Leben war noch pulsierender und die Menschen noch ausgelassener. Paris im Jahre 1876 , ein Ort der Sünde, besonders da in diesem Jahr ein neuer Nachtclub seine Pforten geöffnet hatte, das Moulin Rouge, ich wollte schon in der nächsten Nacht dorthin und mich an den hübschen Mädchen und reichen Männern gütlich tun. Ich lege meine schönste Robe an, bestickt aus feinsten Goldfäden mit der edelsten Seide und von Hand gefertigter Spitze. Lorenzo stritt in mein Zimmer und schaut mich an. Ich nehme mein Haar zur Seite und lege es auf die rechte Seite meiner Schulter. Er geht auf mich zu und schließt mir den Reißverschluss, seine kalten Finger fahren über meinen Rücken. Lorenzo holt aus seiner Manteltasche eine Kette hervor, er legt sie mir um. Es ist eine goldene Kette mit einem Anhänger der aussieht wie ein Gefäß. Oben ist sie verschraubt. „Was ist das?“ „Ein Geschenk“ „Aber was enthellt es?“ „Ein Stück von mir, es ist Blut, mein Blut, so ist ein Teil von mir immer bei dir“ „Denkst du das ich dich verlassen werde?“. Er blickt auf den Boden und flüstert „Du hast mich schon verlassen, seit einer Ewigkeit“.
Die Nacht ist über Paris hereingebrochen, eine kalte, klare Nacht. Endlich ist die Moment gekommen sich auf den Weg zu machen um Leben zu nehmen. Die lange Zeit der Entbehrung ist vorbei und ich kann wieder meinen tödlichen Charme ausspielen und nach Lust und Laune töten.
2 Stunden später vor dem Moulin Rouge. Ich stehe mit Gloria und Lorenzo vor der roten Windmühle, der Lärm der Musik hallt Hunderte von Metern weit hinaus, die Jubelschreie der Tänzerin und Männer hallt tausendfach in meinen empfindlichen Vampirohren wieder. Wir gehen durch den Eingang und vor uns erstreckt sich ein Meer von Farben, eine Pracht aus Stoffen, Tüll und Klängen wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Die leichten Mädchen schwingen ihre Beine und Hüften auf der riesigen Tanzfläche und die Männer klatschen und winken mit Kettchen, Ringen und Geldscheinen. Die Menschen, dicht an dicht gepresst, überall strecken sich mit zarte, weiße Hälse entgegen, wo sich die Adern leicht herausprägen. Lorenzo zieht mich zur Seite „Ich werde mich nach dem Clan umhören, wir treffen uns vor Morgengrauen in unserer Unterkunft“. Endlich frei, jetzt kann ich auf die Pirsch gehen, wie eine hungrige Löwenmutter die nach einem kleinen Rehkitz sucht, das sich ängstlich im Savannengras versteckt hält. Meine Augen durchsuchen die Menge, überall willige Opfer. Doch mein Blick bleibt bei einem gutaussehenden jungen Mann mit einem schwarzen Frack hängen. Auch er hat mich gesehen und kommt auf mich zu. Ich spiele die peinlich Berührte und fange an mit einer Haarsträhne zu spielen. Er küsst meine Hand „Wie schön, das wir uns sobald wieder begegnen“. Ich verstehe ihn zuerst nicht, doch dann sehe ich ihn mir genauer an und erkenne ihn „Der Landstreicher“. Er lächelt mich an „Sehr richtig, wie schön das ihr euch an mich erinnert“. Ich habe Hunger, Heißhunger, mein Magen zieht sich zusammen und ich fühle mich ganz schwach, ich bin zwar schon sehr alt für einen Vampir, aber ich traue es mich nicht zu versuchen ohne Blut zu leben. Lorenzo sagt das ich und er es könnten, wir sind schon so lange ein Teil dieser Erde das wir auch ohne je wieder einen Tropfen dieses köstlichen Gutes nicht dahinscheiden würden, doch ich habe Erfurcht davor, und Angst. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen und stelle mir vor wie es wäre den „Landstreicher“ auszusaugen, jetzt, sofort hier, vor allen Leuten, welch süße Vorstellung. In diesem Moment fragt er mich „Wollen wir nach draußen gehen auf die Terrasse?“. Ich funkle ihn mit meinen braunen Augen an, lächle und reiche ihm meine Hand. Er zieht mich nach draußen, wo der Mond direkt über uns scheint. Niemand ist dort außer uns. Wir gehen nach unten im Schloßeeigenen Park. Es ist ziemlich dunkel, ein Mensch würde seine eigene Hand vor Augen kaum erkennen, ich wende mich zu ihm und sehe ihn im Profil, ein wirklich hübscher Junge, ich mustere ihn von oben bis unten, meine Augen ruhen auf seinem Hals. Plötzlich strift es mich wie ein Schlag, Bilder von ihm und mir blitzen in meinem Geist auf, wir beide in einer fremden Stadt, auf einer Bank. Ich halte meine Hand vor mein Gesicht. Besorgt wendet er sich zu mir „Ist alles in Ordnung?“. Ich versuche mich zu fangen „Ja, ich ....mir wurde nur kurz schwindelig vor den Augen, ich setze mich nur einen Augenblick“. Ich lasse ich auf einer Bank nieder. Er steht vor mir und beugt sich leicht zu mir hinunter. Ich versuche mich abzulenken, doch der Geruch seines Blutes bringt mich um den Verstand, es ist so anders, es erinnert mich an etwas, etwas vergangenes, vielleicht aus meinem Leben als Mensch. Ich packe ihn am Kragen und ziehe ihn zu mir hinunter. Ich schaue in seine Augen, und dann sehe ich es, der Tod, seine Augen sind tot und kalt, wie meine und wie Lorenzos. Ich stumpe ihn von mir „Ihr seit ein Vampir....ich wollte einen Vampir aussaugen!“. Er scheint genauso überrascht. Ich schaue ihn mir genau an. Wieso ist mir das nicht vorher aufgefallen? Seine blasse Haut, die durchdringenden leeren Augen. „Wer seit ihr ? Sag es mir, gehörst du zum Clan?“ „Ich bin Damien“. Dieser Name, ich kenne ihn. Mein Kopf, er schmerzt, ich kann mich nicht erinnern, dieser Schmerz. „Wie ist euer Name? Ich will ihn wissen, mit wem habe ich es zu tun, ich kenne mich im Clan aus, aber ihr seid mir noch nie begegnet, seit ihr ein neues Mitglied? Oder eine Ausgestoßene, seit ihr .....mit Lorenzo unterwegs?“ „Woher kennt ihr Lorenzo?“ Er schüttelt mich an meinen Schulter und schaut mich an, doch dann wendet er sich gekränkt ab „ Warum seht ihr mich nicht an wenn ich mit euch rede? Ist mein Anblick so erschreckend oder gar widerlich für euch?“ „Es schmerzt mich in euer Gesicht zu sehen, zu sehr erinnert ihr mich an meine....einzige Liebe“ „Was ist mit ihr passiert und wie war ihr Name?“. Er kniet sich vor mich und streicht über mein Gesicht „Sie wurde ermordet, von eurem heißverehrten Lorenzo, er hat sie mir genommen, weil ich gegen eine unserer Regeln verstoßen habe“. Er fährt mit seinen Fingern durch mein Haar „Ihr seht aus wie sie, so unsagbar hübsch und stolz, auch umgibt derselbe Zauber den sie einst hatte“. Dann höre ich leise Schritte und eine starke Stimme erklingt „So, so Damien, schön das ich dich nach all diesen Jahren wiedersehe, mein Bruder“. Es ist Lorenzo der mit steinernem Blick auf mich und Damien heruntersieht. Damien erhebt sich „Ich bin nicht dein Bruder, du elender Verräter, hast mich und den Clan im Stich gelassen, dich davon gemacht, wie ein kleiner Feigling und Sinuhe getötet“. Mir wird schwarz vor Augen, er sagt meinen Namen, ich bin die Frau die er einst liebte, aber wie kann es sein, dass ich mich nicht erinnere. Lorenzo lacht schallend „Du Kleingeist von einem Vampir, siehst nicht das deine große Liebe direkt vor dir sitzt, Sinuhe ist nicht tot, ich habe sie vielmehr zu neuem Leben erweckt, sie ist jetzt meine Gefährtin. Sie kann sich überhaupt nicht an dich erinnern, sie weiß nicht wer du bist, all die schrecklichen Dinge die ich ihr über dich erzählt habe, haben sie dazu gebracht dich aus ihrem Gedächtnis zu streichen, verdrängt hat sie die Erinnerungen an euch“. Damien schaut mich an und fasst meine Hände „Sinuhe“. Ich verstehe nicht, ich versuche mich zu erinnern doch alles was ich sehe sind wilde Schatten vor meinem inneren Auge und dann dieser stechende Schmerz. Lorenzo packt Damien an seiner Schulter und knallt ihn an den nächsten Baum. Er fasst seinen Kopf und schlägt ihn gegen den Baum. Damien schreit immer und immer wieder meinen Namen. Ich halte es nicht aus und renne davon, durch den Park, die Straßen. Ich lasse mich auf den Boden des nassen Asphalts fallen und schreie. Rote Blutstränen rinnen aus meinen Augen. Da ertönt eine helle Stimme, wie die eines Engels „Bist du ein Engel, hat dich Gott geschickt um mich zu bestrafen?“. Das Mädchen kichert „Nein, ich bin Lola“. Das Mädchen schaut mich mit dem Kopf nach rechts geneigt an „Warum weinst du?“ Ich spüre das Bedürfnis ihr langes lockiges blondes Haar zu streicheln „Willst du dich auf meinen Schoss setzen, Lola“. Die Kleine zögert zuerst doch als ich sie freundlich anlächle setzt sie sich zu mir. Ich nehme sie in den Arm, wie ein Baby und wiege sie, sie ist so rein und hübsch. Sie erinnert mich an Minu. Ich streichle erst ganz sanft über ihr engelsgleiches Haar und dann fester und fester. Die kleine Lola fängt an zu schreien und zappelt mit ihren kleinen schwachen Beinchen wild herum. Ich halte sie fest in meinem Arm „Es wird nicht weh tun Lola, sei ein braves Mädchen und halt ganz still“. Meine Finger umfassen ihr Haar und reisen ihr Strähne um Strähne einzeln aus. Sie schreit, ich halte ihr den Mund zu und presse den kleinen ängstlichen Körper gegen den kalten Boden. Die eine Hand lege ich auf ihre Schulter, die andere auf ihren Kopf und drücke es auseinander, so das sich ihr Hals freilegt. Ich fahre meine Fangzähne aus und stoße sie direkt in ihr frisches, junges Fleisch, ein kurzer herzzerreisender Todesschrei, dann kann ich ungestört ihr köstliches Blut trinken. Nach so langer Zeit, endlich, ich bin wieder da!
In dieser Nacht werde ich nicht in unsere gemeinsame Bleibe zurückkehren. Ich muss mir über meine Gedanken klar werden. Früher konnte ich mir nicht erklären woher dieser unzähmbare Hass auf Lorenzo herkam, doch nun scheint alles klar vor mir zu liegen. Lorenzo war es der meine Familie auf dem Gewissen hatte. Meine Mutter, meine Schwestern und am schlimmsten mein von ganzen Herzen geliebter Vater, er hat sie verbrannt, im unserer Heim eingesperrt und sich nicht an ihren Todesschreien gestört. Die ganze Zeit über blitzen furchtbare Bilder vor meinem Geist auf und ich weiß nicht ob sie die Wahrheit widerspiegeln oder einfach nur ein Hirngespinst meines kranken Kopfes sind. Ich sehe Flammen, viele züngelnde haushohe Flammen die alles um mich herum einhüllen. Ich höre die Schreie meiner Lieben. Wie werde ich nur diese Bilder los, ich werde verrückt wenn ich sie nicht los werde. Ich setze mich in einen alten verwahrlosten Schuppen und hämmere mit meinen Händen gegen meine Stirn. Solche Schmerzen, seit ich in das Reich der Toten eingegangen bin habe ich nie gespürt, selbst als Sterbliche war mir eine solche Qual verschont geblieben. Ich bin müde, müde der dauernden Pein. Ich werde schlafen.
Ein lautes Geräusch weckt mich aus meinem unruhigen Schlaf. Ich schrecke hoch „Wer ist da?“ Ich sehe eine Gestalt die sich in der Dunkelheit der Hütte versteckt hält. „Gib dich zu erkennen, oder es wird euch leid tun!“. Die Gestalt kommt langsam aus der dunklen Ecke, es ist Damien. Ich schaue ihn lange an und er tut es mir gleich. Wie unglaublich hübsch er ist. Seine blonden, kurzen Haare. Seine grünen Augen, die mich treu anblicken, so als würde er sich jederzeit für mich in den Tod stürzen. Ich kann fühlen das ich ihm einst sehr nahe war, es fühlt sich warm und wohlig an auf meiner toten, kalten Haut. Ich stehe auf und versuche meine Schmerzen vor ihm zu verstecken und mein Haupt hoch zu tragen „Was willst du hier, verschwinde aus meinen Augen, ich kann dich und Lorenzo nicht mehr ertragen, ihr habt mich beide belogen“ „Nein, ich habe dich geliebt, erinnerst du dich, wir beide in Venedig, du warst mit deinem Vater auf Reisen und ich habe dich von einer Gondel aus gesehen wie du auf einer Bank saßt, schön und anmutig wie eh und je.“ Ich unterbreche ihn „Nein, hör auf damit“. Die Schmerzen zwingen mich in die Knie, mein Kopf hämmert und mein Körper zittert. Er fasst meine Arme und zieht mich nach oben an sich. Meine Arme ruhen auf seiner starken Brust. Ich lege meinen Kopf auf seiner Schulter nieder und umfasse seinen Hals, ganz fest „Sag mir warum ich mich so schwach fühle, es ist als ob ich zum 2 mal dem Tod ins Gesicht sehe, ich kann mich nicht erinnern, wenn ich es versuche spüre ich nur diesen unsagbaren Schmerz der mich innerlich zu zerreisen droht“ „Du hast jahrelang die Gedanken an uns verdrängt, die Erinnerungen sind unter Bergen von Trauer und Hass vergraben, Lorenzo hat dich Märchen glauben lassen, er hat dich benutzt und mich dir entrissen“. Ich schließe meine Augen, der Duft seines Blutes betäubt meine Sinne. „Ich will das du wieder meins bist Sinuhe“. Ich fahre mit meinen Händen über seinen Rücken, ich kann einfach nicht anders ich muss sein Blut kosten, nur ein wenig, einen kleinen Tropfen. Ich führe meine Mund ganz zart an seinen Hals, zuerst küsse ich ihn zart, dann stoße ich meine Zähne ganz leicht in sein Fleisch. Der erste Schluck, ich lasse das Blut ganz langsam meinen Rachen hinunterlaufen, es ist ungewöhnlich, nicht wie das Blut eines Menschen, es erinnert mich an die ersten Schlücke die ich von Lorenzo nahm, doch Damiens ist tausendmal süßer. Dann spüre ich einen zarten Stich, Damien hat mit seinem Fingernagel die Haut auf meinem Hals aufgerissen. Er schaut mich fragend an, als wolle er eine Erlaubnis für sein Vorhaben. Ich nehme seinen Kopf und drücke ihn gegen meinen Hals. Ich spüre seine Zähne in meinem Fleisch und den sanften Zug der das Blut aus meinem Körper transportiert. Mir wird wieder schwindelig, doch diesmal kommt der Schwindel von Damien, er schenkt mir Visionen von mir und ihm und es fühlt sich wunderbar an.
Ich stehe vor unserem Unterschlupft, an das erste an das ich mich erinnern konnte, war wie ich alleine aufwachte, in der alten Hütte am Stadtrand. Damien war nicht bei mir und ich befürchtete schon alles nur geträumt zu haben, welch schöner Traum muss das gewesen sein. Doch dann stand ich auf und sah das er mir ein Geschenk dagelassen hatte, ein Strauß Amonien, sie sind höchstgiftig wenn man sie nur anfasst, doch in ihrem Inneren tragen sie einen kostbaren Schatz, eine Perle, gefüllt mit einem schwarzen Pulver, nach dem die Menschen ganz verrückt sind. Sie wächst nur in tiefster Dunkelheit. Ich fasste den Strauß an und löste die Perlen aus der geschlossenen Knospe, ich kostete ein wenig. Ein Hochgenuss, selbst meinen toten Körper bringt dieses schwarze Gift in Wallung. Danach habe ich den Entschluss gefasst zu Lorenzo zurück zukehren, ich muss mit ihm reden, ich weiß noch nicht was ich ihm sagen werde, aber ich muss sehen wie es ihm geht. Er ist ohne mich verloren. Nun stehe ich also vor dem riesigen Eisentor, mit den Engelsfiguren. Ich öffne es mit Leichtigkeit und betrete den kleinen Garten, auf dem Teich wird der Mond niedergespiegelt der heute Nacht besonders hell zu strahlen scheint. Ich habe das Gefühl das heute etwas passieren wird, etwas das alles verändert, alles was ich weiß durcheinander wirbeln wird. Die Haustür steht offen und die edlen Seidenvorhänge wiegen sich im Wind. Alles ist dunkel, nur aus einem Raum dringt ein kleiner Lichtstrahl von einer Kerze, ich gehe hinein und sehe Lorenzo vor seinen Schreibtisch sitzen. Er rührt sich nicht, völlig bewegungslos verharrt er dort. Ich gehe langsam auf ihn zu, als ich direkt vor ihm stehe lege ich beschützend meine Hand auf seine Schulter. Doch er schaut nicht einmal zu mir auf und gibt sich weiter seinem Trancezustand hin. „Lorenzo ich bin zu Hause, bei dir“. Ich streichle sein Haar „Hörst du? Alles wird gut werden“. Dann höre ich hinter mir Schritte. Langsam drehe ich mich um, in diesem Moment stürzt sich jemand auf mich und drückt mich gegen die Wand. Es ist Gerard, Lorenzos langjähriger Freund und Verbündeter, jetzt Todfeind. Lorenzo ist dem ganzen Clan in den Rücken gefallen und somit auch Gerard. Hinter seinem Rücken kommt eine Frau hervor, ich kenne sie nicht, doch sie ist erst seit kurzem mit der dunklen Gabe betraut, ihr Gesicht weiß noch menschliche Züge auf. Er dreht sich zu ihr „Halt den Arm fest“. Sie fasst meine rechten Arm und er hält weiter meinem linken fest. Ich wehre mich und tobe „Gerard du Abschaum von einem Vampir, lass mich los, was hast du vor?“. Er lacht „Ich werde dich und Lorenzo das geben was ihr verdient, den entgültigen Tod, auf das ihr in der Hölle schmort“. Er zückt einen Holzpflock und peilt meine Brust an. Ich schreie so schrill das es den Sterblichen das Trommelfell zerrissen hätte nach Gloria. Die Frau lässt daraufhin meinen Arm los und hält sich ihre Ohren. Das ist meine Chance. Ich fasse Gerards Gewand an den Schultern und schleudere ihn von mir, gegen die nächste Wand. Er schlägt ein Loch hinein, steht jedoch sofort wieder auf und streicht sich den Staub von den Klamotten, er lacht mich aus „Sinuhe, du bist zwar schon eine der Ältesten, aber ich bin trotzdem tausendmal stärker als du es je sein wirst“ Mich schüttelt es vor Hass und Wut „Lassen wir es doch auf einen Versuch ankommen“. In diesem Moment kommt Gloria durch die Tür gerannt. Gerard wendet sich an die Frau „Noveen, kümmre dich um sie“. Mit einem lauten Schrei wirft sie sich auf Gloria, die gar nicht weiß wie ihr geschieht. Ich greife nach Noveen, bekomme nur ihre braunes Haar zu fassen, weil Gerard mich zurückzerrt und mich auf den Boden wirft. Wie ich auf dem Boden liege schaue ich voller Hoffnung auf Lorenzo der immer noch ohne Bewegung auf seinem Stuhl sitzt. Gerard schlägt mit seiner Faust nach mir und erwischt meinen Kopf, er hört nicht auf immer wieder auf mich einzuschlagen. Ich befreie meine Arme und kratze über sein Gesicht, die kleinen Wunden die ich ihm zufügen, schließen sich jedoch sofort wieder. Er ist viel zu alt um ihn noch ernsthaft zu verletzten. Er drückt meine Arme gegen den Boden „Gib doch auf die zu wehren, Sinuhe, der Eintritt in den Tod wird für dich viel angenehmer wenn du ihn zulässt“ „Eine
Achämenden wird niemals aufgeben”. Ich bäume mich auf und verbeiße mich in seiner Schulter. Vor Schreck lässt er mich los und ich kralle meine Fingernägel in seinen Rücken. Gerard nimmt mich und schleudert mich auf den Tisch. Als ich nach oben schaue, steht er direkt über mir, mit einem Pflock in der rechten und meiner Kette in der linken. Ich fasse mir an den Hals. Dann auf einmal öffnet sich unter einem Windstoß die Hintertür. Damien steht in ihr “Gerard”. Gerard lacht wieder “Da ist er ja unser Held. Wie schön das du dich auch noch zu unserem kleinen Gemetzel hinzugesellst, Damien. Keine Angst, gleich bist du dran sobald ich unsere Prinzessin zur ewigen Ruhe gebettet habe”. “Das werde ich nicht zulassen!”. Gerard schaut ihn herausfordernd an “Versuch doch mich daran zu hindern!”. Er nimmt meinen Kopf in seine Hände und küsst mich auf meine Stirn “Wie schade um dich, Sinuhe. Dann sammelt er all seine übernatürliche Kraft und will mir das Genick brechen. Ich höre schon die Knochen splittern, doch dazu kommt es nicht. Damien schmeißt sich unter einem lauten Schrei auf ihn und wirft ihn zu Boden. Damien und Gerard liefern sich einen erbbitterlichen Kampf. Damien schafft es ihn unschädlich zu machen, indem er ihn unter der Last eines riesigen Eisenaltars an die Wand zu drücken. Ich bekomme von dem Geschehen nicht sehr viel mit, ich wende mich sofort an Lorenzo und rede auf ihn ein. Das nächste was ich höre ist ein lauter Schrei und ich sehe gerade noch wie Gerard und Noveen das weite suchen. Damien stützt sich mit seinen Armen auf dem Boden ab und hält sich die Wange, aus der Blut trieft. Eine tiefe Wunde, sie wird Wochen brauchen um zu heilen. Er schaut mich enttäuscht an “Ist das deine Art von Liebe?”. Ich verstehe nicht worauf er hinaus will “Was meinst du damit, ich weiß nicht was du meinst”. Er zückt ein weißes Tuch aus seinem Mantel und wischt sich das Blut von der Wange “Du hast mich verraten, ich habe für dich gegen meinen Erzeuger gekämpft und du hintergehst mich, indem du zu Lorenzo hältst”. Ich fühle mich schuldig, er hat recht, ich war nicht für ihn da, ich hätte mit ihm diese Schlacht schlagen müssen, gemeinsam, bis das der Tod uns trennen möge. Ich halte immer noch Lorenzos Kopf gedrückt an meine Brust und streiche ihm sanft über die Wange “Er ist alleine, er braucht mich, ich muss ihm helfen”. Damien steht wankend auf und schreit mich an “Er war es der dir all das Leid zugefügt hat, er war es der deine Familie getötet hat, er hat dich wie seine Sklavin behandelt, und das eine halbe Ewigkeit, willst du das alles vergessen, ich bin der der dich liebt, er nicht, er benutzt dich nur, ich werde nicht zulassen das du ihm hilfst!” “Verhalte dich nicht wie ein weinerliches Kind!”. Er geht auf mich zu und packt mich an meinen Armen “Was sagst du zu mir?” Ich schaue ihm tief in die Augen, bis der dem Blick nachgibt und mich wieder los lässt. Gloria steht die ganze Zeit wie in einer Art Tagtraum hinter uns. Für sie war es zuviel, ein noch so junger Vampir. Ich empfinde plötzlich mitleidige Gefühle für sie, fast mütterlich. Ich laufe auf sie zu und schlinge meine Arme um sie, ich drücke ihren Kopf tröstend an meine Schulter “Sch, sch, es wir alles gut werden mein Kind”. Rote Blutstränen vergießt sie auf meinem Kleid. “Wer war das und was wollten sie?” Ich versuche ihr gut zuzureden “Hab keine Angst, das war niemand vor dem du dich fürchten müsstest, sie sind weg und kommen sicherlich nie wieder, dafür werde ich schon sorgen!”. Dabei schaue ich Damien an, der voller Abscheu auf Lorenzo hinunterblickt. Dann sehe ich den Pflock Gerards der noch auf dem alten Holztisch liegt. Damien schaut ihn lange an und nimmt ihn dann hoch um ihn von alle Seiten zu betrachten. Mich erfasst ein eisiger Schauer, er wird es doch nicht wagen….. Ich rufe seinen Namen. In seinen Augen erkenne ich was er vor hat und es lässt mir das Blut gefrieren. Ich muss ihn aufhalten. Ich reise mich von Gloria los und werfe mich vor Lorenzo. Damiens Hand ist erhoben und nun richtet er den Pflock gegen mich. Ich schüttle den Kopf . Er schaut mich an und fängt an ganz leise etwas vor sich hin zumurmeln, es wird lauter und schneller “Er oder ich, er oder ich, er oder ich….”. Ich halte mir die Ohren zu, Damien streckt mir den Pflock entgegen, die Entscheidung liegt bei mir. Er drückt ihn mir in die Hand und reist sich sein weißes Hemd auf, streckt mir seine nackt, makellose Brust entgegen. Ich umfasse den Pflock fest mit meiner Hand, ich zittere. Warum verlangt er so etwas barbarisches von mir? Wie soll ich mich zwischen dem Mann entscheiden den ich abgöttisch liebe und dem der mir ein langer Gefährte war und mir alles beigebracht hat was ein Vampir wissen muss. Ich liebe beide auf eine andere Art, eine Art und Weise die die Sterblichen nie verstehen würden, und die mich selbst in Verzweiflung bringt. Ich sehe nur die eine Möglichkeit. Ich steige auf den Altar und richte den Pflock gegen meine Brust. Ich schaue nach oben an die bemalte Decke, viele kleine Engel die nach mir rufen. Ich komme, jetzt , gleich bin ich bei euch. Ich schließe meine Augen und schließe mit allem ab. Kurz bevor ich die tödliche Spitze in mich ramme schlägt mir jemand mit einer solchen Wucht den Pflock aus der Hand das ich gegen den nächsten Pfosten knalle. Ich schaue nach oben und sehe Gloria die mit den Pflock in 2 Teile zerbrochen hat und mich und Damien ungläubig anblickt “Ihr beide bringt nur Unheil, verschwindet aus diesem Haus, verschwindet!”. Ich rapple mich auf “Nein, ich werde Lorenzo nicht alleine lassen”. “Du hast nichts mehr zu sagen, ein Vampir der sich selbst umbringen will, du wolltest eine unserer Regeln brechen, du gehörst nicht mehr zu uns, mach das du und dein Spielgefährte von hier verschwindet und wagt nicht vorher dieses Haus wieder zu betreten bis ihr die Heilung für Lorenzo gefunden habt, das seit ihr ihm schuldig, ihr beide seit es ihm schuldig, hört ihr!” Sie ist noch so jung und doch spricht sie weiser als mancher der “Ältesten”, ich war es die schuld hatte an Lorenzos Zustand, das konnte ich spüren, wegen mir kam die Unruhe in unsere Gruppe, oh hätte ich Damien doch nie getroffen! Damien und ich laufen geknickt wie zwei räudige Straßenhunde aus der Villa in die Nacht. Vor dem Tor bleiben wir kurz stehen. Ich weiß das er sich von mir verabschieden wird. Ich habe den Beweis den er von mir verlangte nicht erbracht, er wird mich verlassen! Ich fasse seine Hand, ganz fest, wenn er doch nur hier bei mir bleibt. Damien schaut mich ohne jedes Gefühl in seinen grünen, smaragdenen Augen an. Es bricht mir das Herz “Wo ist die Liebe für mich hin? Es kann doch nicht sein, das sie so schnell verschwunden ist!” Er sagt nicht, reist sich von mir los, als wolle er einen Ballast loswerden und geht ohne sich noch einmal umzudrehen in die dunkle Nacht hinein.
Viele unzählige Stunden später stehe ich noch immer am Tor, orientierungslos, verlassen und betrübt. Vor mir liegt eine Kreuzung, doch welchen Weg soll ich nehmen, welcher Weg führt mich zu meinem Ziel? Ich bin nicht die die ich selbst von mir glaubte zu sein, ich bin ein Nichts ohne die die ich liebe, ohne die Meinigen. Was habe ich jetzt auf dieser Welt noch verloren?
5 Tage später finde ich mich selbst in Begleitung der niederträchtigsten Vampirgruppierung wieder die ich mir vorstellen kann. Solche Vampire die ich verabscheue, in ihrem sterblichen Leben zu nichts nutze, Mörder, Spieler, Trinker, Vergewaltiger. Doch alleine komme ich nicht voran. Ich muss Damien finden und Lorenzo sein “Leben” wieder zurückgeben. Wenn ich die Ewigkeit darauf verwenden muss, ich werde es tun, koste es was es wolle. Wir sind in nahe der Grenze zu Spanien, in Toulouse machen wir halt und finden uns in einem dreckigen Pub ein. Der Anführer dieser Gruppe heißt “Nathan”. Er ist der Anführer weil der der älteste ist, er kommt aus Irland, einem kleinen verarmten Dorf an der Küste, der war eine Waise und wurde Ende 30 zu einem Vampir erschaffen. Den Namen seines Erzeugers weiß er nicht, da er sich ihm nicht offenbart hat und ihm die Kunst des Tötens nicht beibrachte. Er ließ ihn ihm stich, so erschaffte er sich seine eigenen Regeln. Diese Regeln bestanden daraus, dass es keine Regeln gibt. Jeder kann so leben und töten wie es ihm beliebt. Kein Mitleid mit niemanden. Sie nahmen mich in ihre Mitte auf, aber nur weil sie glauben ich könnte in einer Nacht mehr wie 20 Pfund ranschaffen. Diese Gruppe beschäftigte sich nicht nur mit dem aussagen ihrer Opfer sondern auch mit dem ausrauben. Da ich durch meine Schönheit mehr Erfolg darin hatte die reichen Gentlemans abzuschleppen kam ich ihnen wie gerufen. Natürlich musste ich mich zuerst beweisen und den gesamten Gewinn Nathan zuteil werden lassen, aber das sollte mir recht sein, was will ein Vampir mit all dem Reichtum. Was wir wollen das nehmen wir uns, so hat es mich Lorenzo gelehrt und so steht es in der “Weihe”, dem Buch nach dem sich alle Untoten zu richten haben. Noch nie hat es jemand von den noch auf der Erde weilenden zu Gesicht bekommen. Es ist ein Mythos, eine Legende. Sagenumwoben und geheimnisvoll. Man erzählt sich das der erste Vampir “Golom”, diese Schrift vom Teufel selbst mit auf den Weg bekommen hat. Er sagte ihm, wenn auch nur ein Untoter es wagen sollte, sich diesen Regeln je zu wiedersetzen würde er aus seinem heißen, feuerumragten Gefängnis steigen und ihn eigenhändig mit sich nehmen, auf das er für immer den Qualen der Feuersbrünste ausgesetzt sei. Ich glaube nicht an diese Geschichte, doch schon alleine wegen Lorenzo würde ich es nie wage die Vorschriften außer acht zu lassen. Es ist spät geworden, die Kneipe füllt sich mit jämmerlichen Trunkbolden, aber auch gutbürgerlichen Kaufleuten die hier ihr Glück für eine Nacht suchen. Ich trinke nichts, das mache ich später, sonder schaue mich genau nach einem passenden Opfer für mich um. Nathan beobachtet mich, er traut mir noch nicht, womit er auch recht hat. Ein Mann mittleren Alters fixiert mich mit seinen Blicken, auch Nathan bekommt das mit und flüstert mir zu “Du weißt was du zu tun hast!”. Ich stehe auf und setzte mich zu ihm. Es dauert nicht lange, ein paar sinnlose Gespräche, Schmeicheleinen die an mir abprallen, bis er glaubt mich für sich erobert zu haben. Er ist schon etwas angetrunken. Ich stütze ihn und schwanke mit ihm nach draußen auf den Marktplatz. Er ekelt mich an, sein Geruch, eine Mischung aus Alkohol und Schweiß. Ich werde kurzen Prozess mit ihm machen, damit ich diese Nacht Ruhe habe und mich meiner eigentlichen Aufgabe widmen kann, der Suche nach Damien. Kaum sind wir in eine stille Seitengasse eingebogen, glaubt er mich berühren zu dürfen. Ich lächle ihn finster an “Du weißt ja gar nicht auf was du dich da eingelassen hast”. Er hält das alles noch für ein krankes Spiel “Zeig es mir doch”. Ich fasse seine Hände und reise sie blitzschnell nach hinter, die Knochen zerbersten und er schreit. “Wie gefällt dir das Spiel”. Ich drehe die Arme noch weiter nach hinten. Sei Gesicht ist Scherzverzerrt und seine Beschimpfungen werden immer lauter “Du nichtsnutzige Straßenhure, lass mich los, oder ich werde …”. “Was wirst du?? Glaubst du etwa das du den geringsten Hauch einer Chance gegen mich hast? Ihr Menschen seit so vermessen, ihr glaubt an nichts außer an euch selbst, aber eure Leben sind nichts wert und deins ganz gewiss nicht”. Ich reiße mit meinen Fangzähnen seinen Hals auf, das Blut spritzt wie eine Fontäne in meinen Rachen. Endlich ist er still, Ruhe! Als ich fertig bin, klingt ein leises Klatschen aus der Dunkelheit, Nathan tritt hervor “Bravo, das hast du gut gemacht”. Ich wische mir den Mund ab und durchwühle die Leiche nach Wertsachen. Es kommen 3 Pfund und ein goldener Ring zum Vorschein. Ich drücke es Nathan in die Hand “Hier hast du was du wolltest und jetzt geh mir aus dem Weg”. Er macht keine Anstalten sich mit mir anzulegen, er weiß das ich Hunderte von Jahren älter und somit kräftiger bin als er.
Wie ich durch die Straßen laufe, die alle wie leergefegt sind überkommt mich das Gefühl, dass ich alles verloren habe, alles was mich einst ausmachte ist hinfort. Die Ausstrahlung, der Stolz. Ich gebe mich mit Abschaum ab und bin doch nicht besser als sie, töte Menschen auf brutalste Weise und habe keinerlei Respekt vor nichts und niemandem. Ich hasse mich selbst, das was ich geworden bin, ich kann mich nicht länger ertragen, nicht so. Tränen laufen mir über das Gesicht, ich weiß nicht für wen ich sie vergieße, für mich selbst oder für Lorenzo und Damien.
Nacht für Nacht bin ich in Städten und Ländern herumgeirrt. Wir waren in Spanien, Portugal, Brasilien, Ungarn der Türkei. In jedem dieser Länder haben wir eine Spur der Zerstörung hinter uns hergezogen. Doch nirgends fand ich nach was ich suchte. Es ist nur wenige Monate her seit wir uns im Streit getrennt haben. Eine lächerlicher Zeitraum für einen Vampir, ein Taubenschlag, nichts wert. Doch diese Zeit war das schlimmste was ich durchlebt habe, die Nächte kamen mir noch nie so lang vor und am Tage konnte ich nicht schlafen. Ich wusste, wenn ich noch länger ganz alleine war, würde ich mich selbst den Flammen übergeben. Jetzt sind wir Island, auf der kalten Insel Europas. Heute nacht werde ich mich von Nathan und seiner Gruppe trennen. Ich muss wieder zu mir selbst finden. Doch diese Nacht wollte ich noch mit ihnen verbringen, das letzte mal gemeinsam auf die Jagt gehen, am nächsten Abend dann wollte ich die nächste Fähre nach Amerika nehmen. Das neue und unberührte Land. Ich weiß das Damien diesen Kontinent liebt, er sagte das dort eine ganz neue Kultur entstehen würde, eine ganz neue Lebensart. Menschen aus allen Herrenländern kommen zusammen um friedlich miteinander zu leben. Ich hatte neuen Mut geschöpft denn all meine Hoffnung meine Liebe je wiederzusehen beruhten auf dem neuen Kontinent. Wir ziehen gegen Mitternacht auf um uns an den Isländer gütlich zu tun. Die Straßen sind voller Leben, Gesang und Straßenkünstlern. Ich schaue eine zeitlang den Musikanten zu. Auf der anderen Seite sitzt eine alte, verrunzelte Frau. Sie trägt alte Fetzen und viel goldenen Schmuck. Sie sieht aus wie eine Zigeunerin. Ich schaue sie an wie sie mit geschlossenen Augen zu meditieren scheint. Als ich fast an ihr vorübergegangen bin fängt sie an zu sprechen “Wo willst du so schnell hin, mein Kind?”. Ich drehe mich um und sehe das sie immer noch ihre Augen geschlossen hält “Bin ich nicht die die deine Fragen beantworten kann?”. Sie öffnet ihre Augen und schaut mich auffordernd an. Sie winkt mich zu sich. Von ihr geht eine unglaubliche Anziehungskraft aus, sie scheint sehr viel Macht und Wissen zu besitzen, ich fühle mich ihr gleichgestellt. Ich setze mich vor sie “Was wollt ihr von mir, alte Frau?” “Ich wusste das du kommen würdest, eines schönen Tages, ich weiß das du Fragen hast die nach Antworten verlagen”. Mir schießt nur ein Gedanke durch den Kopf “Lorenzo”. Die Frau führt mich in ein heruntergekommenes Haus, abseits von den lebendigen Straßen. Sie bittet mich Platz zu nehmen. Sie setzt sich vor mich “Ich weiß wer du bist und nach was du suchst, du bist in meinen Träumen erschienen, ich werde dir helfen”. Ich konnte keine Fragen stellen, ich lasse einfach alles geschehen. Sie schließt wieder ihre Augen und summt eine betörende Melodie, ich werde schläfrig, mein Körper und mein Geist scheinen sich zu trennen, ich bin leicht, ich schwebe. Die Frau scheint in meinen Kopf einzudringen, meine Gedanken, ich spüre ganz deutlich ihre Anwesenheit. Dann ist es plötzlich vorbei, ein gewaltiger Ruck und ich bin wieder in dem alten Haus. Sie öffnet ihre Augen und beginnt zu reden “Dein Freund ist vergiftet worden, von einem bösen Tyrannen, ich kann sein Gesicht sehen. Er wird wie eine Statue für alle Zeit dort sitzen. Sein Blut ist nicht mehr rein, es ist beschmutzt” “Aber wie kann ich ihn zurückholen?” “Es ist aussichtslos, die einzige Möglichkeit besteht darin, dass ihm sein eigenes reines Blut wieder zugeführt wird”. Das kann ich nicht glauben, sollte das des Rätsels Lösung sein? “Wie kann das sein, das ist unmöglich, sein gesamter Körper ist vergiftet, wie soll dort noch reines Blut vorhanden sein? Wo soll ich das herbekommen, bitte liebe alte Frau ich brauche mehr Antworten!”. Sie schüttelte den Kopf “Die Lösung wird sich dir eines Tages offenbaren, glaube mir!” Dann war sie verschwunden, weg, selbst für die Augen eines Vampirs zu schnell um zu sehen wohin sie gegangen ist.
Hier bin ich nun, am Hafen und warte auf die Reise, die mir Damien zurückbringen soll. Ich habe mich nicht von Nathan und seiner Gruppe verabschiedet, es hätte keinen Sinn gehabt, sie hätten wohl alles daran gesetzt das ich weiterhin für sie Geld eintreibe. Doch mein Ziel ist nun klar. New Orleans, das neue Orleane, ich glaube das Damien sicher unter den seinen weilen will, also werde ich ihn dort suchen.
Die Reise dauert nun schon 2 Wochen an und es wird noch eine weitere folgen, bis ich endlich in Amerika bin. Unter den Sterblichen auf dem Schiff geht die Angst um, sie glauben ein tödlicher Virus, vielleicht übertragbar durch Ratten hätte sich an Bord breit gemacht und rafft alle die Schwach sind dahin. 2 Kinder und 3 alte Leute sind schon tot. Sie stellen Fallen auf und trauen sich kaum noch aus ihren Kajüten. Es wird ihnen nichts bringen die Ratten zu fangen, der “Virus” wird weiter um sich greifen, bis er keinen Hunger mehr verspürt und sich bei Tag schlafen legt. Sie können von Glück reden, dass ich mich nur von den Kranken und Schwachen nähre. Jede Nacht stand ich an Deck und blickte auf das ruhige Meer hinaus. Ich erhoffte mir einen schwarzen Umriss zu sehen, Land. Auch an dieser Nacht stehe ich wieder dort, voller Hoffnung und Erwartungen. Natürlich weiß ich das es noch viel zu früh ist um schon Amerika zu erkennen, wir sind noch zu weit entfernt. Eine ältere, gutgekleidete Dame stellt sich neben mich “Darf ich mich zu Ihnen gesellen? In meinem Zimmer ist es so still!”. Ich lächle sie mit geschlossenen Lippen an, damit sie meine Zähne nicht sieht, heute Nacht will ich kein Opfer ich bin satt. “Natürlich”. Ich schaue weiter auf die kleinen Wellen die sich am Schiff brechen. “Familie?”. Ich blicke zu der älteren Dame “Haben sie Familie in Amerika?” “Nein, ich bin auf der Suche nach jemandem?”. Sie nickt “Darf ich fragen nach wem sie auf der Suche sind?”. Was soll ich ihr darauf Antworten? Was ist Damien jetzt noch für mich? Aus meiner Sicht ALLES, aber wie empfindet er, empfindet er überhaupt noch etwas für mich? “Ich suche nach…..meinem Leben!”. Die Dame lächelt mich an und legt ihre Hand auf meine “Ich verstehe schon”. Sie erschreckt etwas als sie spürt wie kalt mein Körper ist “Kindchen, sie sind ja eiskalt”. Sie nestelt in ihrer ledernen Handtasche herum “Hier, zieh die an”. Sie reicht mir schwarze mit Perlen bestickte Handschuhe. Ich lache nur in mich hinein und nehme sie an. Sie kann ja nicht wissen, das nichts, rein gar nichts es vermag mich zu erwärmen. Ich bin für den Rest der Ewigkeit kalt. Nach einer kleinen Ewigkeit der Stille wendet sich die liebreizende Dame wieder an mich “Wenn ich mir erlauben darf meine Meinung zu äußern, ich frage mich warum ihr nach ihm sucht, wenn er anscheinend aus freien Stücken gegangen ist? Glaubt ihr nicht das er genau wusste was er tat und das es einen Grund gehabt haben muss das er euch verließ?”. Sie sieht meine traurigen Augen und entschuldigt sich bei mir “Entschuldigung, das war sehr taktlos von mir, ich kenne ihre Lebensgeschichte ja überhaupt nicht um mir ein Urteil zu bilden, es tut mir leid!” Unter einer zittrigen Stimme antworte ich ihr “Ich werde ihn zwingen mich zu lieben!”. Sie schaut mich mitleidig an, mich die in der Nahrungskette ganz weit oben steht, mich eine Jahrtausende alte Frau mit der Schönheit einer ägyptischen Göttin. “Mein armer Schatz, er hat dir sehr weh getan.” “Für sind füreinander bestimmt!” “Manchmal ist es leider so, dass man mit dem Menschen den man am meisten liebt nicht leben kann. Seine bloße Gegenwart einen ganz verrückt macht und in den Wahnsinn treibt, bis er dann weg ist und man spürt das man ohne ihn auch nicht leben kann. Lass mich dir einen Rat geben, vergiss ihn, fang ein neues Leben an in Amerika. Du bist doch so hübsch und noch so jung, du hast dein Leben noch vor dir”. Sie hebt mein Kinn an “So hübsch, glaub mir….der Schmerz geht vorbei und wenn du alt und runzelig bis, so wie ich wirst du deinen Engelkindern von deiner ersten großen Liebe erzählen können”. Diese Worte treffen mich unvorbereitet. Es schnürt mir die Luft ab. Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet das Damien etwas anderes für mich empfinden könnte als Liebe. Es kann doch nicht sein, das er mich hasst. Wie schrecklich wäre das! Verschmäht von dem wiedergefundenen Teil meines Herzens das mir fehlte.
Ich bin angekommen! In einen tiefen dunklen Schleier voll Nebelschwaden liegt die neue Welt vor meinen Füßen. Voller Ehrfurcht betrete ich den feuchten Boden. Alles um mich herum ist noch im Aufbau. Damien hatte recht, dies ist eine ganz andere Welt als die die ich kennen gelernt habe. Es hat einen ganz anderen Flair, rustikaler, nicht mit diesen ganzen Schnörkel und Verzierungen wie ich sie in Paris gewöhnt war, nichts glamouröses oder mystisches, einfach. Ich glaube ich könnte hier nicht leben, zu stillos für eine wie mich. Aber nun gut, ich werde mich daran gewöhnen müssen, fürs erste. Es ist kurz vor Mitternacht, als ich die erste dürftige Dorf betrete. Ich brauche keine Unterkunft, aber so etwas wie ein Hotel scheint es in dieser ach so fortschrittlichen Welt nicht zu geben. Ich werde auf die alten Mittel zurückgreifen müssen.
Ein abgelegenes, schmuckes Holzhäuschen, ja, das wird reichen. Nicht ganz mein Geschmack, aber das beste was ich hier finden konnte. Ich gehe durch das kleine Gartentor, das quietschend in das Schloss zurück fällt. Sofort öffnet ein kleiner schwarzhaariger Junge von vielleicht 5 Jahren die Haustür. Er schaut mich spitzbübisch an “Was wollen Sie hier auf unserem Grundstück?”. Er spricht mit Waliser Akzent, ein Auswanderer also. Sofort danach kommt ein kleines Mädchen zu ihm, die nach ihrem Vater ruft. “Was ist denn Amy?”. Dann sieht er mich, keine 3 Meter von ihnen entfernt stehen “Miss? Kann ich ihnen helfen?!”. Ich komme näher “Ja, das können sie durchaus, ich bin sehr an ihrem Haus interessiert, verkaufen sie es?”. Er lacht “Tut mir leid, aber das Haus ist unverkäuflich, ich habe es mit meinen eigenen Händen gebaut!” “Da haben Sie aber gut gemacht, für eine Waliser!” Er wird langsam misstrauisch und schickt die Kinder zurück ins Haus “Was wollen sie wirklich, Lady?”. Ich gehe noch näher an ihn heran “Wie gesagt, ihr Haus” “Aber ich habe ihnen doch gesagt das es unverkäuflich ist und jetzt gehen sie bitte....meine Frau”. Ich habe es auf die nette Tour versucht, wirklich, aber langsam reicht es mir. Was erlaubt sich dieser Wicht mir etwas abzuschlagen?? Ich will sein Haus, ende der Diskussion. Ich schiebe ihn beiseite und gehe in das Haus, die Kinder fangen an zu schreien als sie mich sehen und rennen in die Küche zu ihrer Mutter “Mama, Mama, die böse Frau”. Die Mutter nimmt sie in den Arm und hat sichtlich Angst vor mir “Was...was wollen Sie? Sie bekommen alles nur lassen sie meine Kinder....” Ich entreise ihr die zwei Kleinen und schleife sie mit mir nach draußen, umfasse ihre beiden kleinen Kehlen, sie hecheln und keuchen, was mich nur dazu anhält sie noch fester in meiner tödlichen Umarmung zu drücken. Der Vater hat sich mittlerweile benommen wieder aufgerappelt. Er will mit einer Hake auf mich losgehen. Ich ermahne ihn das nicht zu tun, sonst wären seine beiden kleinen schneller im Reich der Toten als er Amen sagen könnte. Ich sehe die Angst und Verzweiflung in ihren Augen, wie sehr sie ihre Kinder lieben müssen. “Nehmt eure Bälger und verschwindet, kommt nie wieder hier her oder ich werde euch töten!”. Sie sind so eingeschüchtert das es eine Weile dauert bis sie aus ihrer Erstarrung aufwachen und schnell das Weite suchen. Ich hätte sie nicht umgebracht!
Ich wandere durch das neue Orleane. Meine Augen sind noch aufmerksamer als sonst, nichts entgeht mir. Mein Gefühl sagt mir das ich heute Nacht finden werde, mitten in den Sterblichen hält er sich versteckt, ohne das ihn einer der Menschen als Untoten erkennen könnte. Er hat es gelernt sich perfekt unter sie zu mischen. Niemand wird seinen blassen Teint erkennen, Nachts sind alle Katzen grau. Doch ich werde ihn erkennen, am bloßen Gang, seiner Art und Weise einen mit seinem Blick gefangen zu nehmen und einen nie wieder loszulassen. Ich würde ihn erkennen, selbst wenn man mir mein Augenlicht nehmen würde. Sein Geruch, die Wärme die er ausstrahlt, noch nach all den Jahren hat er diese menschliche Wärme die er stolz in sich trägt, mir ist sie verloren gegangen, schon in den ersten Jahren, dies wurde mir das erste mal bewusst als ich ohne mit der Wimper zu zucken einem jungen Knaben die Zunge aus dem Mund riss um ihn am lügen zu hindern. Ich war erschrocken vor mir selbst. Damien ist nicht so, er war nie so, er hat sich immer etwas menschliches bewahrt und das ist es was ich am ihm so liebe. Ich fühle mich so wohl bei ihm, so geborgen. Als wäre ich nach einer langen, nervenzerreibenden Reise nach Hause zurückgekehrt. Jetzt, ohne ihn, fühle ich mich meines Heimes, meines ruhenden Pols beraubt. Ich irre umher wie die Erde ohne Mond, kein Tag und keine Nacht, alles ein einziges Wirrwarr aus Minuten, Stunden und endlosen schlaflosen Tagen voller bangen und hoffen. Ich halte mich selbst für egoistisch, weil mich nicht interessiert was er will, ich bin stets darauf bedacht mich glücklich zu machen. Ich kann mich selbst kaum noch ertragen, vielleicht war das auch mit ein Grund warum es ein leichtes für mich gewesen wäre mich selbst umzubringen. Ich spüre Blicke auf meinem Rücken, sie haften an mir, unablässig. Ich weiß das er es ist, aber ich will das er mich findet, er soll mir folgen. Ich werde ihm nicht zulaufen wie ein Schoßhündchen, etwas stolz habe ich mir bewahrt. In einer dunklen, abgelegenen Gasse lasse ich mein weißes Taschentuch fallen. Es ist mir von meiner Mutter geschenkt worden. Eine sehr altes Leinentuch, mit einer längst vergangen Art zu sticken. Es zeigt verschiedene altertümliche Zeichen und Sprüche, Gebete, die den Träger des Tuches schützen sollen. Damien weiß was es mir wert ist. Ich tue so als hätte ich nichts davon mitbekommen ich gehe langsam weiter. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie er sich bückt und es aufhebt. Er streift den Schmutz an seinem Mantel ab und streckt es mir ohne ein Wort hin. Als ich es greife, streiche ich über seine Hand, die er sofort wieder wegzieht und an mir vorbeiläuft. Ich bleibe stehen, warte auf ein Zeichen ihm zu folgen. Mein Herz zieht sich zusammen, ich umfasse fest das Tuch. Kurz vor der Abzweigung sieht er zurück und schwenkt seinen Kopf, das ich ihm nachgehen soll. Erleichterung macht sich in mir breit. Wir sind schon eine kleine Ewigkeit unterwegs. Ich laufe immer noch in angemessenem Abstand hinter ihm, ich traue mich nicht gleichgestellt mit Damien zu laufen, ich möchte ihm mit dieser Geste zeigen das es an ihm liegt wie es weitergeht. Er hat die Fäden in der Hand. Nach einer kleinen Ewigkeit biegt Damien in ein Tor, ein prächtiger Eingang, umrangt von weißen Rosen. Ich tue es ihm gleich und finde mich vor einem Schloss wieder, das über und über mit Moos bewachsen ist. Welch schöner Anblick, wenn ich hier vorbeigekommen wäre, ohne zu ahnen wer der Besitzer ist, ich hätte sofort gewusst das es nur Damiens sein kann. Er liebt weiße Rosen. Er hatte noch nie etwas für modrige gruftähnliche Absteigen übrig. Wenn man schon auf Reisen geht dann wenigstens mit Stil. Sein Stil war eine Mischung aus Barock, Romantik und dem Neuen, etwas das anscheinend nicht zu dem Rest der Einrichtung passte, aber desto länger man es betrachtete sich perfekt in das Bild einfügte. Sein Auftreten und seine ganze Erscheinung, seine Art sich zu kleiden zu sprechen war nicht anders. Die meisten Vampire legen keine Wert auf ihr Aussehen, zerlumpt und unansehnlich fristen sie ihr Dasein. Doch nicht Damien, nicht mein Damien. Wie ich das Schloss betrete liegt vor mir ein riesiger Empfangssaal, mit weißen Marmorplatten und roten, mit Samt verkleideten Sitzgelegenheiten. In der Mitte steht ein riesiger, schwerer Eichentisch, auf diesem steht ein Strauß Amonien. Ich schaue instinktiv an die Decke, und finde genau das vor was ich erwartet habe. Das selbe Gemälde prangt dort wie in allen seinen Häusern. Der Kampf zwischen Gut und Böse, Himmel und Hölle und in der Mitte steht ein Mann, hin und hergerissen von seinen Gefühlen. Ich gehe weiter, in das Esszimmer. Damien hat sich vor den riesigen Kamin gesetzt. Das Feuer brennt lichterloh. Ich setzte mich neben ihn und schaue ihn an. Das Licht bricht sich an ihm, die Umrisse seines Körpers liegen in dunklen Schatten. In seinen Augen blitzt das Feuer. Seine Haut sieht aus wie Seide. Ich möchte so gerne mit ihm sprechen, seine Stimme hören, doch ich werde das Wort nicht ergreifen. Er muss den nächsten Schritt wagen, ich bin ihm gefolgt. Doch es tut sich nichts, quälende Stunden oder Tage sitzen wir ohne ein Wort, eine Bewegung vor dem Kamin. Ich habe die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, als er plötzlich zu reden beginnt. Kaum hörbar “Erzähl mir von dir und Lorenzo”. Mir fällt ein Stein vom Herzen und zugleich bürgt er mir eine nicht minder schwere Last auf. Was soll ich ihm erzählen? “Was willst du hören?” “Alles, jede Kleinigkeit, ich möchte wissen wie du mit ihm gelebt hast” “Ich glaube nicht das du das hören willst!”. Er schaut mich an “Wird es mich verletzen?”. Ich habe keine Wahl, ich muss ihm erzählen was er wissen will “Er hat mir vieles beigebracht, die Regeln zu achten und wie ich meine Opfer auswähle, er war mein Lehrmeister” “War das alles was er für dich war?”. Ich weiß nicht was er von mir hören will, was soll das sein, will er mich prüfen? “Warum fragst du mich sowas? Hier geht es nicht um Lorenzo, es ging nie um ihn, es geht um uns, um dich und mich, lass Lorenzo aus dem Spiel!”. “Meinst du das es ein “uns” gibt?”. Er will mir weh tun, so wie ich ihn verletzt habe indem ich zu Lorenzo stand “Deshalb bin ich hier, um zu erfahren, ob es noch ein “Uns” gibt”. Er steht auf und läuft weg, er scheint in Gedanken versunken “Verdammt, schließ mich nicht aus, ich möchte an deinen Gedanken teil haben, hier geht es nicht nur um dich, warum verweigerst du dich mir?” Er scheint geschockt “Ich würde dir nie etwas verweigern, du kannst von mir alles haben, das weißt du Sinuhe”. Ich schaue ihn flehend an “Dann verweigere mir nicht deine Liebe!”
Die folgenden Tage und Nächte waren eine sinnlose Aneinanderreihung von Rede, schreien, weinen, verzweifeln und schluchzen. Alles was ihm und mir auf der Seele lag wurde ohne Rücksicht auf Verluste ausgesprochen. Es war eine schmerzhafte Prozedur, es hatte sich mir noch nie so geöffnet. Viele Dinge von denen ich gehofft hatte sie nie zu erfahren kamen ans Tageslicht. Er hatte viele andere Frauen nach mir, ob Sterbliche oder Untote, das war ihm gleich. Er hoffte in einer von ihnen mich wieder zu finden. So sagte er es, ich weiß nicht ob ich ihm das glauben kann, denn ich war all die Jahrhunderte ohne einen Gefährten umhergestreift, außer natürlich Lorenzo mit dem ich aber nichts körperliches hatte. Lorenzo hat es sich sicher erhofft und es einige mal versucht, aber irgendetwas hat mich immer davon abgehalten. Nicht das ich nicht anziehend finde oder sogar einige male in Versuchung geraten wäre, aber es schien mir etwas verbotenes zu sein, außerdem fühlte ich nichts wenn er mich berührte. Es blieb einfach alles kalt und leblos, kein Kribbeln, kein kleines Feuerwerk das sich über meine Haut verteilt. Vielleicht hat es mich aber auch davon abgehalten weil er mich erschaffen hat. Ich bin auf eine gewisse Art und Weise sein Kind, sein Zögling, den er so erzogen hat, nach den Werten und Regeln die er für richtig hält. Lorenzo war ein sehr gutaussehder Sterblicher und als Vampir hat sich sein Charisma nur verstärkt. Ich weiß noch wie ihm die Weiber hinterher starrten und mich neidisch anblickten, weil sie dachten ich wäre seine Frau. Er hat ein sehr kantiges Gesicht, große, manchmal düstere blaue Augen. Er stellt den Herrscher in Person da, der zu Fleisch gewordene Anführer aller Herren Länder. Damien ist genau das Gegenteil vom ihm. Sein gütiges Herz und seine warme Ausstrahlung haben mich von Anfang an an ihn gefesselt und mich für all die anderen Männer, die bei mir Schlange standen und bei meinem Vater um meine Hand anhielten, verdorben. Mein Vater war wutentbrannt als ich mit meinen für diese Zeit schon fast zu alten 19 Jahren eröffnete das ich den 9 Heiratsanwärter ebenfalls wegschickte. Er hat getobt wie noch nie in seinem Leben. Alle meine Schwestern , außer Satine, die Jüngste mit ihren 12 Jahren waren schon längst vermählt. Sie lebten allesamt mit auf unserem großen Grundstück. Das Heiraten war mir eine Last, ein Dorn im Auge, denn ich wollte keine Verbindung die von meinen Eltern vorgeschrieben wurde. Die traurigen Augen meiner Schwestern zeigten mir nur zu deutlich wohin das führen würde. Soraya riss von zu Hause als, als sie im zarten Alter von 16 Jahren ihre große Liebe gefunden hatte. Mein Vater war damit nicht einverstanden, weil er ein armer Tagelöhner war, der kaum genug Geld besaß um sich durchzubringen. Wie gerne wäre ich mit ihr fort, auf in die Freiheit, auf mein eigenes Leben zu leben. Ich liebte Soraya am meisten von meinen Schwestern, sie war ein wunderbarer Mensch. Mir ist die Nacht in der sie mich für immer verlassen hat noch genau in Erinnerung. Ich wachte schweißgebadet auf, ich glaubte von einem bösen Traum, doch dann sah ich das Pergamentpapier das neben meinem Bett lag. Ich faltete es behutsam auf und begann die ägyptischen Zeichen zu entziffern. Des Lesens und Schreibens waren wir alle mächtig, mein Vater legte großen Wert auf die Bildung seiner Töchter, was in dieser Zeit, als höchst ungewöhnlich angesehen wurde. Nur ein Satz hat sich in mein Gedächtnis gebrannt, dieser eine Satz an dem ich mein restliches sterbliches Leben festhalten sollte “Wir sehen uns im Himmel wieder”. Diese Worte haben mich in schweren Zeiten über Wasser gehalten, diese Worte die aus einem reinen Herzen kamen und mir Hoffnung schenkten, doch diese Hoffnung begrub ich zuerst als ich mein “neues Leben” antrat. Wenn es wirklich einen Gott gibt, wovon ich überzeugt bin dann wird er es niemals zulassen das Menschen und Vampire, auch wenn sie von dem selben Blut sind wieder im Tode vereint sind. Wir sind die Ausgeburten der Hölle, Diener des Satans, auf immer verbannt mit dem Fluch des ewigen Lebens. Ich habe Geschichten gehört von meines gleichen, die nicht stark genug waren nur 1 Jahrhundert als Untote zu existieren. Nur die Stärksten überleben! Jedoch ist die Kraft, auch wenn sie noch so stark sein möge einmal aufgebracht. Ich habe noch Kraft, aber wer weiß für wie lange noch? Die Welt dreht sich auch ohne uns.
Jetzt bin ich müde! Ich will mich hinlegen, vielleicht für ein paar Tage und neue Kraft schöpfen für die große Aufgabe die mir bevorsteht. Dabei bin ich es leid! Ich würde mich so gerne wieder ein paar Jahrzehnte, oder sogar Jahrhunderte zum Schlafen legen. Den tiefen, ruhigen Schlaf eines Vampirs der dieser Ära nichts mehr zu sagen hat. Habe ich nicht schon viel gesehen? Reicht es nicht für mehrere unsterbliche Leben?! Ist mein Soll nicht erfüllt?! Diesen Fragen werde ich mich stellen, sobald ich Lorenzo aus dem seligen Traumzustand befreit habe. “Ich will mich hinlegen”. Damien führt mich durch sein riesiges Anwesen, in einen prächtigen Raum, mit einem französischen Himmelbett. Es ist ganz in weiß gehalten. Damien “Es ist aus Elfenbein geschnitzt, sehr alt, so wie wir”. An den 4 Stäben die die Decke des Bettes oben halten ragen sich Rosenbüsche empor. Sie schlingen sich um das gesamte Bett. Ein wunderschöner Anblick. Die Tagesdecke ist in einem sehr hellen, pastellfarbenen blau gehalten, viele Kissen liegen auf der Decke verteilt. Ich trete ein und setzte mich auf das Bett “Setz dich zu mir”. Er tut was ich sage “Ich muss mir dir über etwas sehr wichtiges sprechen, es geht um Lorenzo”. Ich spüre wie Damien innerlich verkrampft, er hat seine Hände ineinander gefaltet und sitzt äußerlich ganz ruhig da. “Bitte, du musst mir zuhören, du musst verstehen das ich ihn nicht in diesem Zustand belassen kann! Ich brauche deine Hilfe, Damien, ohne dich schaffe ich es nicht”. Er überlegt lange “Nun gut, ich werde dir helfen, unter einer Bedingung...”. Ich bin so von Glück erfüllt das ich alles tun würde was er von mir verlangt “Sprich aus was du willst, ich werde es erfüllen”. Damien schaut mich nicht an “Du musst bei mir bleiben, für immer!”. Ich antworte ohne nachzudenken “Sicher”. Er wendet sich an mich “Nein , du verstehst das nicht, du wirst Lorenzo nie wieder sehen und mit mir die Ewigkeit verbringen, glaubst du das du das kannst?” Vielleicht wird es dir irgendwann wie eine grausame Bestrafung vorkommen und das könnte ich nicht ertragen, also überlege gut und sag mir dann was du davon hältst!”. Ich muss lächeln “In meinen Ohren hört sich das nicht an wie ein Bestrafung, eher wie ein lang ersehnter Traum, Lorenzo wird mir wohl fehlen, ab und an, aber ohne dich...würde ich den Freitod wählen”. Damien sieht sehr fröhlich aus, obwohl er alles versucht um die kalte Vampirfassade aufrecht zu erhalten. Jetzt kann ich nicht mehr schlafen.
Das müssen wir feiern! Ich habe Lust auf ein Fest zu gehen. Damien und ich tragen unsere besten Roben auf. Ich habe ein schwarzes, enges Kleid mit Spitzen an. Damien sieht einfach umwerfend aus, er trägt eine schwarze Hose aus Leinen, schwarze Lederschuhe und ein enges weißes Hemd, wo er die oberen beiden Knöpfe offen lässt. Wir machen uns auf den Weg durch die engen Gassen, heute findet ein Volksfest statt, zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria. Ironie des Schicksals das gerade Damien und ich dieses Fest für uns auserwählt haben. Ich könnte schwören das wir vom Blitz getroffen werden wenn das die ach so heilige Maria mitbekommt. Ich bin gespannt was der Abend bringt.
Der Marktplatz von New Orleans ist schon voller Leben als wir kurz vor Mitternacht dort ankommen. Die Musiker spielen ausgelassen. Die Menschen tanzen zu der wiederhallenden Musik.
Nichts kann mich noch auf der Stelle halten. Mein Blut pulsiert, rauscht in meinen Adern. Ein Rhythmus durchflutet meinen gesamten Körper und bindet sich in meiner Hüfte und meinen Armen. In der Mitte des Trubels, der Massen fange ich an zu tanzen. Langsam kreisen meine Arme, Talje und Hüfte zum Takt der Musik. So geschmeidig wie die Bewegungen einer Katze. Ich greife mir einen jungen gutaussehenden Knaben. Der gar nicht weiß wie ihm geschieht. Ich schmiege mich an ihn, drehe ihm den Rücken zu und lasse meine Hände über sein Gesicht gleiten. Die verblüfften Gesichter der Sterblichen interessieren mich nicht. Ihre Blicke zeigen Verachtung, wie kann eine Frau aus gutem Hause solch einen verdorbenen, verruchten Tanz vollführen und diesen armen Jungen so in Verlegenheit bringen. Bei diesem Gedanken muss ich lachen. Was wisst ihr schon? Ich wende mich wieder dem “armen Jungen”, dem der Schweiß auf der Stirn steht zu. Ich werde sein köstliches Blut zum Kochen bringen. Sein und mein Gesicht kommen sich immer näher, ich lasse kurz meine Fanzähne aufblitzen. Er erschrickt, aber ist schon zu gefangen von mir, als das ihn irgendetwas davon abhalten könnte, sich auf mich einzulassen. Weiter kann ich diese kleine Liaison nicht spinnen, denn zwei kalte Hände umfassen meine Talje und drehen mich schnell an eine ebenso kalte Brust. Damien streicht mein Haar zu Seite und flüstert in mein Ohr “Willst du mich eifersüchtig machen?”. Seine Lippen sind von den meinigen nur einen Hauch entfernt, tief schaut er mir in die Augen. Ich beuge mich ein wenig nach vorne und schließe die Augen, doch er dreht seinen Kopf zu meinem anderen Ohr “Das ist dir gelungen”. Ich öffne sie wieder “Wer spielt hier mit wem?”. Der Druck seiner Umarmung wird fester, unsere Körper heften aneinander und seine Beckenknochen “reiben” an meinen. Damien schaut mich mit einem Blick an, auf den ich so lange gehofft habe. Heute Nacht werden wir eins sein, nach mehr als 2000 Jahren hat meine Sehnsucht nach ihm ein Ende. Er nimmt meine Hand, küsst die Fingerspitzen “Lass uns spielen”.
Schon in der nächsten Nach fühlte ich, dass sich für uns alles verändert hat. Wir sind wie früher, unzertrennlich. Wir liegen auf dem riesigen Rosenbett und schauen uns einfach nur an. Ich streiche ihm über die Wange “Die Wunde ist fast verheilt”. Damien nickt “Ja, der Schnitt war sehr tief....ich werde Gerard dafür umbringen wenn ich ihn wieder sehe!”. Das erschreckt mich! “Du hast noch nie einen der unserigen umgebracht!” “Dann wird es ja höchste Zeit”. Ich setzte mich auf “Sprich nicht so, bitte”. Er setzt sich neben mich “Warum?? Gerard ist wie eine Krankheit, die Welt wird uns dankbar sein wenn wir sie davon befreien!”. Ich kann ihn jetzt nicht in meiner Nähe haben, was erzählt er da für wirres Zeug, das ist doch nicht mein Damien. “Du hast dich anscheinend mehr verändert als ich dachte”. Er lacht, ich habe das Gefühl als mache er sich über meine Ehrfurcht vor dem Leben lustig “Ich bin der Selbe, vielleicht hast du mich früher nur mit anderen Augen gesehen, mit denen einer Sterblichen” “Dann will ich diese Augen wieder!”. “Was machst du so ein Theater? Du tötest doch auch fast jeden Abend um dich zu nähren, wo ist da der Unterschied?”. Plötzlich erinnert er mich unweigerlich an Lorenzo mit dem ich tausendfach solche Diskussionen geführt habe und ihnen schlichtweg müde wurde “Hör auf damit! Ich will das nicht hören, Lorenzo sein still”. Oh nein was habe ich gesagt?? Sein Gesicht verdunkelt sich und seine Gesichtszüge werden steinern, er scheint ihn wie ein Schlag mitten ins Gesicht getroffen zu haben “Warum?? Warum ist das alles so schwer mit uns? Es kommt mir wie ein endloser Kampf vor und ich ziehe immer den Kürzeren, du hast mich voll und ganz unter deiner Gewalt, ich könnte gehen und du würdest mich doch wieder finden und ich würde bei dir bleiben....weil ich bin wie ein Schoßhündchen....so einfach ist das”. Ich knie mich vor ihn und halte seine Hände “Nein, so ist es nicht, ich liebe dich, bitte vergiss was ich gesagt habe, das hat keine Bedeutung für mich....du hast mich nur so an ihn erinnert als du davon sprachst Gerard umzubringen, du bist nicht so ich weiß das, dafür liebe ich dich doch, dafür das du anders bist!”. Er blickt mich an “Ich habe nur Angst das wir gar nicht wissen wie der andere ist, wir uns ein falsches Bild machen und dann maßlos enttäuscht sind von dem was wir vorfinden......als Sterbliche kannte ich dich doch nur ein paar Monate, was ist das schon?”. “Diese Monate mit dir waren die schönste Zeit in meinem menschlichen Dasein die ich hatte ....ich fühlte mich das erste mal zu Hause, als wüsste ich wo ich hingehöre, zu dir”.
Später an diesem Abend gehen wir zum ersten mal zusammen jagen. Wir suchen uns am Hafen ein jung vermähltes Paar aus, das mit einem ausländischen Dialekt uns nach dem Weg zum nächsten Hotel fragt. Wieder solche Dummköpfe die hier ihr Glück suchen. Ich nehme mich den beiden sofort an “Kommen Sie mit uns, wir werde sie dort hinführen”. Freudestrahlend begleiten sie mich und Damien ohne auch nur ein wenig Misstrauen zu verspüren. Wir führen sie abseits der Stadt, als sich Damien vor mich drängt und mich anlächelt, er hat etwas vor, ich weiß nur nicht was. Ich überlasse ihm die Führung. Weiter laufen wir durch die dunkle Nacht, keine Menschenseele weit und breit. Ich versuche die zwei totgeweihten Sterblichen so gut es geht abzulenken, doch langsam lässt sich Angst und Misstrauen in ihren Gesichtern erkennen “Wo sind wir”. Ich drehe mich um und sehe direkt vor mir das Ziel das Damien angesteuert hat. Ich muss anfangen zu lachen “Euer Hotel meine Hübschen”. Der Mann putzt seine Brille und schaut mit verkniffenen Augen auf das Objekt “Aber das ist.....eine Kirche”. Damien packt die Frau und wirft sie sich über die Schulter “Das stimmt wohl, aber ich dachte ihr wolltet noch einmal zu eurem Heiland beten, bevor ihr das zeitliche segnet!”. Der junge Mann wird panisch “Was, was seit ihr??”. Ich fasse ihm von hinten über die Schulter und hauche ihm ins Ohr “Hungrig!”
Als ich die kleine Kirche betrete ruht mein Blick sofort auf dem gekreuzigten Jesus, wie er mich anstarrt, widerlich. Ich schiebe den Mann nach vorne und umklammere seine Hals, sein Blut trieft mir über die Finger “Siehst du was ich hier habe??? Erretter der Juden, Götzenbild?? Eins deiner Schäfchen bettelt um Hilfe, willst du es nicht erhören??”. Damien hat die völlig verängstigte Frau in die Beichtkammer geführt. Sie sitzt auf dem Stuhl und Damien hält ihren Kopf fest “Das ist deine letzte Chance dich von deinen Sünden reinzuwaschen, mein Liebling, nutze sie gut!”. Ich kann nur hören wie sie schreit und Damien kurz darauf ohne sie den Beichtstuhl verlässt. Er wischt sich den Mund “Beeil dich Sinuhe, dieser Ort ist mir unheimlich”. Diese Gefühl habe ich nicht, ich fühle mich wohl hier, es ist wie eine Herausforderung die es zu bestehen gilt. Überall die heiligen Statuen die mich anblicken. Ich lege dem zitternden Mann den Hals frei und sauge ihn in einem Ruck aus, dabei schaue ich provozierend auf Jesus am Kreuz, ach, was ist das für ein Gott der zulässt das seine “Kinder” dahinraffen? Ich werfe die schwere Leiche von mir, direkt vor den Füßen des Jesuskindes in den Armen seiner Mutter Marie bleibt er liegen. Es sieht fast so aus als wolle das Jesuskind mit seinen ausgestreckten Armen die toten Körper, die Seele dieses armen Teufels in Empfang nehmen. Ich richte meine Worte in die stille Leere der Kirche “Ja, werdet glücklich miteinander!”. Damien erwartet mich schon am Eingang. Das Weihwasser steht direkt an dieser Stelle, so klar und bewegungslos. Ich würde gerne wissen was passiert wenn ich hineinfasse.
Ich strecke meine Arm aus und will meine Hand in das geheiligte Wasser tunken, Damien fasst ihn “Was machst du?”. Ich stemme mich gegen seinen Griff “Ich will sehen ob es stimmt was in der “Weihe” steht!”. Er lässt meinen Arm nicht los “Das wirst du nicht tun!” “Damien, ich bin zu alt um durch den Hungertod zu sterben, ich bin zu alt um durch die Sonne zu sterben und ich bin zu alt durch das Feuer zu sterben, glaubst das mir Wasser etwas anhaben kann?” “Aber es ist geheiligtes Wasser!”. Ich lache ihn aus “Von wem? Dem einen Gott? Sag mir was hat dieser Gott getan als die Pest über die Menschen kam, was hat er getan als Krieg und Hungersnöte die Sterblichen heimsuchten?? Nichts! Verstehe meine Worte nicht falsch, ich glaube das es ihn gibt, irgendwo? Aber er ist ein selbstgefälliger Narr dem alles egal ist! Was kümmert es mich ob sein Wasser geheiligt ist!”. Damien will mich nicht verstehen “Du kennst die Kraft des Teufels, sie ist in dir, sie ist in jedem von uns, glaubst du denn nicht das Gott die selbe Kraft besitzt wie er? Wenn nicht sogar mehr?” Ich schreie in die Kirche hinein “Dann soll er sie mir zeigen! Zeig mir deine Kraft!! Was ist das für ein Gott der meine Familie hat sterben lassen???”. Es trifft mich völlig unvorbereitet, darum ging es die ganze Zeit? Um meine Familie! Ich kenne mich selbst nicht! Damien nimmt mich in seine Arme und streicht über mein Haar “Vielleicht sind sie Engel?!”. Ich stoße ihn von mir “Das ist widerlich wenn du das sagst!”. Damien geht aus der Kirche, ich schaue noch einmal in das Weihwasser und spucke Blut meines letzten Opfers hinein. Ich weiß das ich eines Tages wieder hierher kommen werde, allein und ich werde meinen Arm in das Wasser tauchen! Eines schönen Tages!
Die Nächte vergingen und ich wurde langsam nervös. Lorenzo wartet auf meine Hilfe, die einzige Hilfe die er bekommen wird. Doch Damien macht kein Bemühungen sein Versprechen einzuhalten. Tag und Nacht denkt er nur an sein Vergnügen, nicht das ich etwas dagegen hätte, denn dies Art von Vergnügen hängt maßgeblich mit mir zusammen, aber die Zeit rennt mir davon! Ich muss diese Schuld loswerden, die auf meinen Schultern weilt. Doch ich weiß nicht wie!
Irgendwann halte ich es nicht mehr aus und packe meine Sachen zusammen. Damien steht daneben “Wo willst du hin?” “Irgendwo hin, ich muss herausfinden wie ich Lorenzo heilen kann!”. Ohne mit der Wimper zu zucken steht Damien mir bei “Ich komme mir dir!”. Ich bin völlig erstaunt. Eigentlich hatte ich mich schon auf eine längere Auseinandersetzung mit ihm eingestellt, die dann wieder im Sinn des Lebens enden würde, doch dieses mal. Ich streiche ihm über die Wange, wo nur noch ein kleiner Strich die Narbe erkennen lässt “Danke”.
Ich laufe voraus, ich weiß selbst nicht wohin, aber wir müssen weg aus diesem für mich schrecklichen New Orleans, länger hätte ich es hier nicht ausgehalten, mir fehlt die Kunst, das Flair, die Gaukler und Musikanten. Ich muss zurück auf das nächste Schiff und mein Europa, den alten Kontinent unter meinen Füßen spüren. Die Erde ist dort voller Geschichte, sie richt nach Heimat, hier ist es nur ein unförmiger klumpen Schlamm, bewuchert mit Moos. Verstehen kann ich es nicht, wie Damien sich hier so wohlfühlt, doch das werde ich ihm nicht sagen, er wird eh nur versuchen mich umzustimmen. Am Hafen angekommen liegt die “Annabelle” vor Anker. Ein Zeichen, mit ihr müssen wir reisen, egal wohin ihr Weg sie führen mag. Wir gehen an Bord und sogleich legt das prachtvolle alte Schiff ab. Mit einem lauten Hornblasen sticht sie in See. Damien und ich bleiben auf unserer Kajüte, ich erzähle ihm von meinen Erlebnisse der vergangen Monate ohne ihn, von Nathan und seiner Gruppe und von der alten Kräuterhexe. Damien ist skeptisch “Diese alte Frau war sicher nur eine zerlumpfte Betrügerin, nichts weiter” “Das glaube ich nicht, sie wusste soviel und sie hat mir gesagt das ich Lorenzo nur helfen kann indem ich ihm sein eigenes reines Blut zuführe” “Ach, du glaubst einer Sterblichen, Menschen sind fehlerhaft, sie reden zuviel und denken zu wenig!” “Menschen denken mit ihrem Herzen und das ist manches mal viel wichtiger”. Er wird leiser und seine Stimme hat etwas verletzliches “Und wenn das stimmen sollte? Sag mir, wie willst du sein reines Blut finden? Sein ganzer Körper ist verseucht, eine bewegungslose Hülle”. Ich werde wütend, mein Hals ist ganz trocken und meine Muskeln verspannen sich “Es gibt einen Weg, das weiß ich, es muss einen geben.....ich könnte mir der Schuld einfach nicht leben......es muss einen Weg geben”. Mir fällt plötzlich Gerard ein, wie ich auf dem Tisch liege und er über mir, meine Kette in der Hand. Dann muss ich daran denken wie Lorenzo sie mir in Paris geschenkt hat und was er gesagt hat “ Ein Stück von mir, es ist Blut, mein Blut, so ist ein Teil von mir immer bei dir“ hallt es in meinen Kopf wieder. Könnte dies die Lösung sein?
Wir müssen Gerard finden, er hat meine Kette”. Damien versteht nicht “Welche Kette, von was sprichst du?” “Erinnerst du dich an die Nacht, in der wir uns im Moulin Rouge trafen”. Er lächelt mich an “Natürlich erinnere ich mich” “In dieser Nacht hat mir Lorenzo eine Kette mit einem silbernen Gefäß als Anhänger geschenkt, es birgt sein Blut…verstehst du, das war bevor Gerard ihn vergiftet hat, es ist rein”. Damien schaut auf den Boden “Er hat dir sein Blut geschenkt?”. Bedrückung klingt in seinen Worten “Ja”. “Weißt du nicht was das bedeutet? Er liebt dich, ein Liebesbeweis, es soll dich für immer an ihn binden”. Davon habe ich noch nie gehört “Wer sagt das” “Die Weihe, es steht in ihr geschrieben” “Ach, wer weiß überhaupt so genau was in der Weihe steht? Noch nie ein Vampir hat sie zu Gesicht bekommen, es sind Erzählungen, Überlieferungen, sie könnte verfälscht sein, über die Jahretausende neue Einzelheiten hinzugedichtet worden sein….genau wie in der Bibel” “Vielleicht hast du Recht, aber für Lorenzo bedeutet es was ich sagte….er wird dich nicht mit mir gehen lassen”. Warum vertraut er mir nicht? Er verschließt sich vor mir und gibt nichts von sich preis. Ich kann seine Gedanken nicht lesen, wie es andere Vampire beherrschen, doch wie gerne wüsste ich was in seinem Kopf vor geht “Das wird er!”
Unser Vorhaben ist klar. Wir müssen den Clan aufspüren. Gerard gehört immer noch dazu. Er ist ihr Anführer und wird dementsprechend gut beschützt werden. Es wird schwer sein ihn alleine aufzusuchen, erst müssen wir uns der vielen “Frischling” die er zu Hunderten um sich scharrt erledigen. Sie sind noch so jung und sterblich. Ein junger Vampir ist nicht schwerer zu töten wie ein Mensch. Sicher, seine Kraft ist um einiges gewaltiger, aber unser, meine und Damiens ist konkurrenzlos. Ich habe mir vorgenommen mich an dieser kleinen Hexe Noveen zu rächen. Diese einfältige Göre, die mich mit Hilfe Gerards töten wollte. Mir wird es höllischen Spaß bereiten ihre Schädelknochen unter dem Druck meiner Füße knacken zu hören. Ach, wie sehr habe ich einen guten Kampf vermisst, ich freue mich auf die Herausforderung und auf Gerards leblose Augen, wenn ich meine Zähne in sein Fleisch senke und ihn bis zum letzen kostbaren Tropfen aussauge. Ich werde ihm keine Visionen schenken, er soll leiden, ja, schmerzhaft soll es werden. Dann werde ich seine Asche, die letzten Überreste von ihm in einer Schatulle verwaren bis Lorenzo wieder unter uns weilt und es ihm schenken, als Ablöse für meine Freiheit, eine Art Pfand. Damien glaubt zu wissen wo sich der Clan aufhält “Als ich noch dazugehört weilte Gerard am liebsten in Barcelona, dort gibt es die meisten von uns, Tausende und Abertausende, gut getarnt im dunkel der Nacht. Er hat eine riesige unterirdische Kirche erbauen lassen wo Messen zu Ehren des ersten “Golom” abgehalten werden. Sie haben prächtige Statuen errichtet und bringen Menschenopfer da.” “Was für Menschenopfer?” “Ich habe gehört das sie sie nach dem Aussehen wählen” Ich lache laut auf “Armer Gerard, lässt sich nur zu gerne von Äußerlichkeiten blenden, das sieht ihm ähnlich “ “Nein, so meinte ich das nicht….sie suchen welche die aussehen wie wir!…….Da wir Abtrünnige sind, uns vom Clan getrennt haben, ist es jedem Vampir erlaubt uns auf der Stelle zu töten, für unseren symbolischen Tod verwenden sie junge Frauen und Männer die uns im Aussehen gleichen und getötet werden”. Nun verstehe ich warum Lorenzo immer so darauf bedacht war, das Gloria und ich keinem anderen Vampir über den Weg laufen, er hatte Angst, Angst das sie uns finden könnten uns foltern und quälen bis uns der entgültige Tod ereilen sollte. Das macht mir erst den Ernst der Lage bewusst, wenn Lorenzo schon solche Vorsicht walten lies, kann ich es dann verantworten das Damien sich mit mir in diese Gefahr begibt? In die Höhle der hungrigen Löwen? Ich bin verwirrt, mein Kopf dröhnt, doch als könne er durch mich hindurch sehen spricht er mir leise Mut zu “Ich werde an deiner Seite bleiben, ob du willst oder nicht! Nichts soll mich mehr von dir trennen, nichts!”. Seine starke Hand ruht auf meiner Schulter, ich fasse sie und küsse den Handrücken. Er kann mir die Furcht nicht nehmen und das ist es was mich zittern lässt.
“Annabelle” führte uns direkt an einen belebten Hafen in der Nähe der Stadt Madrid. Wir sind also unserem Ziel schon erschreckend nahe. Wie ich aus dem Schiff steige überkommt mich wieder diese unzähmbare Angst, dieses Gefühl ist mir weitgehend fremd, zumindest hatte ich vergessen wie es sich anfühlt. Wir werden uns mit blutrünstigen Vampiren herumschlagen müssen die gerne für Gerard ihr Leben lassen werden. Es wird nicht so einfach werden wie ich es mir gedacht habe! Damien scheint das nicht zu spüren, oder er will es mir nicht zeigen, er ist guter Dinge wie immer. Spanien ist ein wunderbares Fleckchen Erde, doch der Grund für unser kommen verleiht ihm einen herben Beigeschmack. Ich kann die Natur und das wilde Treiben nicht recht genießen, zu viel schwiert mir im Kopf herum. Ich bin gespannt was die Zeit hier bringt!
Da wir keine Zeit verlieren wollen werde wir schon in dieser Nacht unseren Weg nach Barcelona fortsetzen. Mein Gesicht verberge ich hinter einem dunkelroten Umhang, wer weiß ob nicht Vampir in irgendwelchen vermoderten Ecken auf uns lauern! Und schließlich wollen wir keine Aufmerksamkeit erregen – zumindest jetzt noch nicht.
Barcelona – die prachtvollste Stadt Spaniens. Eine Beleidigung für die ungeschulten Augen der Sterblichen. Nur ein Untoter kann seine wahre Schönheit erkennen, selbst in der dunkelsten Nacht geht ein Glanz von ihr aus der mir fast schon in den Augen brennt. Ich kann es mehr als gut verstehen das es Gerard ausgerechnet hierher verschlagen hat. Auch wenn er ein Bastard ist, er hat Geschmack. Den Sommer den Soraya und ich hier verbrachten werde ich nie vergessen. Es war ein halbes Jahr bevor sie verschwunden ist. Wir waren wie zwei unschuldige Engelskinder. Damals war die Welt für uns noch in Ordnung. Schöne vergangene Zeit, wie oft sehen ich mich dorthin zurück, wie oft wünschte ich das alles anders gekommen wäre. In meinen Hirngespinsten verstrickt habe ich nicht bemerkt das wir mittlerweile tief in Barcelona vorgedrungen sind. Die Straßen sind wie leergefegt – seltsame Stille liegt über den Dächern. Doch dann schneidet ein heller, kurzer Schrei das Schweigen. Wenige Meter von uns entfernt rennt ein völlig aufgelöstes Mädchen über die Straße. Sie fällt auf ihre Knie und blickt sich mit angsterfüllten Augen nach hinten um. Ihr Verfolger biegen sogleich auch um die Ecke. Unter gehässigem Lachen und Kichern kreisen sie die Kleine ein. Ich möchte mich nach vorne wagen, doch Damien hält mich zurück. Wir verhalten uns ruhig und beobachten das Geschehen. Es sind 4. Eine Frau, die ich sofort als Noveen ausmachen kann und 3 Männer. Alles Vampire, grün hinter den Ohren und verspielt! Lausige Mörder, viel zu ungeschickt, ach, mir dreht sich das äußerste nach innen wenn ich mitansehen muss wie sie wie ein kleines Kätzchen das mit einer wehrlosen Maus spielt herumalbern. Das Mädchen bettelt sie von Weinkrämpfen geschüttelt an, sie doch am Leben zu lassen. Widerliches Volk! Noveen beugt sich hinunter und fasst das Kinn des Mädchens “Sag bitte bitte, dann lassen wir dich vielleicht gehen”. Die anderen Beugen sich vor Lachen. Ich kann nicht warten, ich möchte ihr sofort den Brustkorb zertrümmern und das Blut trinken. Ich schaue Damien an “Hast du Lust auf ein bisschen Katz und Maus?”. Seine Antwort warte ich nicht ab, sondern begebe mich sogleich in die Lachende Gruppe. Bevor sie überhaupt reagieren können ziehe ich das Mädchen vom Boden und stumpe es Damien zu. Nun stehe ich in der Mitte, die wütenden und verblüfften Augenpaare auf mich gerichtet. Einer der Vampire bemerkt kleinlaut “Das ist Sinuhe – die Verstoßene”. Ich lasse meine Zähne aufblitzen und er zuckt zusammen “Ihr kennt mich, das ist gut, dann wisst ihr auch wer euch umgebracht hat”. Ich ziehe ihn an mich und zerquetsche ihn in meiner Umarmung. In den Gesichtern der anderen steigt Wut aber auch Erstaunen darüber das meine Kraft so gewaltig ist auf. Ich schaue zu Damien hinüber der sich an der Kleinen gütlich tut. Das ist mein Damien, anstatt sie laufen zu lassen, bedient er sich an ihr. Durch eine Handbewegung fordere ich den Rest der Gruppe auf sich mit mir anzulegen. Sofort folgen sie meinem Ruf und stürzen sich zu zweit auf mich. Für einen kurzen Moment bin ich unter ihren schweren Körpern begraben, doch mit nur einen Hieb meiner Arme schleudere ich sie von mir. Mit Entsetzen schauen sie zu mir auf “Ja, schaut mich genau an, ihr seht dem Tod in die Augen”. Ich zertrete ihre schmächtigen Körper mit meinen Füßen. Knackende Knochen, splitternde Stücke, all um mich herum. Ich liebe es, ich könnte baden in einem Fluss von ihrem Blut. Köstliche Vorstellung, wenn da nicht noch Noveen wäre, die wie versteinert vor mir steht und versucht ihren Stolz zu wahren, indem sie ihre Zähne “fletscht” und wilde Geräusche macht. Sie ruft mir zu “Nimm dich in Acht, Sinuhe, ich werde dich in Stücke zerreisen”. Sie ist so töricht “Ich werde dich nicht töten – jetzt noch nicht, ich werde warten bis ich es richtig genießen kann, du hast noch eine Aufgabe die du erledigen musst”. Durch lautes Schreien versucht sie mich einzuschüchtern “Hast du nicht verstanden, ich werde dich umbringen, jetzt, hier, sofort!”. Ich öffne meine Arme ganz weit “Oh, wenn das so ist.....bitte”. Ich wusste es, sie traut sich nicht, sie hat mit ihren eigenen Augen gesehen was ich mit den anderen gemacht habe und nun steht sie da....wie ein kleines Kind, das Angst vor der Dunkelheit hat. Blitzschnell fasse ich ihre Kehle und drücke sie zu “Was ist? Töte mich, erlöse mich von meinem Dasein, Noveen, trau dich!”. Sie zappelt, ein kleiner Käfer in der Umarmung der Gottesahnbeterin. Ich füge ihr mit meinen Zähnen eine tiefe Wunde überhalb der Brust zu “So und nun verschwinde, geh zu Gerard und erzähl ihm das wir hier sind! Sag ihm ich hole mir das was mir gehört und das ich darauf warte seine Asche in alle vier Windrichtungen zu zerstreuen”. Ich lasse ihre zarte Kehle los. Sofort rennt sie davon. Damien schaut mich fragend an “Warum hast du verraten das wir hier sind?” “Soll er nur vor Angst dahingehen....das wird ihm nichts nützen”.
Damien hält es für besser, das wir uns etwas außerhalb von Barcelona niederlassen. Aus meiner Sicht wäre ich gerne dort geblieben, doch jetzt wo sie wissen das wir drauf und dran sind Gerard dem Erdboden gleich zu machen, ist es schwierig für uns unerkannt durch die Dunkelheit zu gehen. Wir haben uns in einem kleinen Dörfchen dessen Name ich nicht kenne niedergelassen. Es kribbelt mir in den Finger, jeden Tag den wir hier nichtstuend vergeuden, ist ein Tag mehr an dem Gerard schon unter der Erde liegen könnte. Doch Damien ist auf Vorsicht bedacht, er möchte das sich die ganze Sache beruhigt und wir dann unerwartet zuschlagen. Heute Abend möchte er mich überraschen hat er gesagt, um mir die Zeit hier angenehmer zu gestalten, ich bin gespannt was er sich einfallen gelassen hat.
Später am Abend, ich sitze auf der Terrasse und schaue ins Nichts, stellt sich Damien hinter mich flüstert mir zu “Willst du nun deine Überraschung sehen?”. Ich versuche gleichgültig zu tun, obwohl ich innerlich schon bis aufs äußerste gespannt bin, was es ist. Ich erinnere mich noch wie er früher mir immer Geschenke gebracht hat. Als wir uns gerade kennerlernten hat er mir einen wunderschönen Ringe geschenkt, den ich immer noch an meinem Finger trage. Wie weiß nicht wo er ihn her hatte, obwohl ich es mir denken kann. Er zieht ein seidenes Taschentuch aus seiner Hosentasche und verbindet mir die Augen. Dann geht er zurück ins Haus “Du darfst nicht schauen, hörst du?!”. Nach kurzer Zeit betritt er wieder die Terrasse. Er entfernt mir das Taschentuch vor den Augen. Ich blinzle und schaue mich um. Dann sehe ich es und fange an verknückt zu quietschen “Sie sind so niedlich”. Ich springe auf und knie mich vor sie “Zwillinge....wie originelle”. Vor mir liegen zwei vielleicht 5 jährige Knaben mit lockigem Haar, in tiefem Schlaf versunken. Sie sind so entzückend, das ich dem einen einfach in den Backen kneifen muss. Damien lacht “Wusste ich doch das sie dir gefallen, ich habe sie gesehen, wie sie an einem Süßigkeitenstand standen. Ich musste nicht einmal Gewalt anwenden, ich habe sie einfach mit etwas Schokolade gelockt.” “Du hast sie doch nicht etwa vergiftet?” “Nein, sie schlafen nur”. Wie ich die beiden so ansehe, bekomme ich ein komisches Gefühl, so als müsste ich sie beschützen vor der bösen Welt dort draußen. An jeder Ecke lauern Gefahren, besonders für diese Winzlinge. Ich wende mich an Damien und drücke mein Gesicht gegen seine Brust “Lass uns so tun als wären es unsere, ja?!”. Damien atmet schwer, er ist irritiert “Von was sprichst du?”. “Ich will sie behalten...zumindest für eine Weile...oder wir könnten sie auch zu Vampiren machen und ......" Damien nimmt mich ganz fest in den Arm “Ach, Sinuhe, das geht nicht und du weißt es, es ist verboten solch junge Geschöpfe zu uns zu holen und was willst du denn mit ihnen anfangen?” “Ich will sie pflegen und hegen und ihnen alles beibringen, ich will ihre Lehrerin sein!”. “Nein....das geht nicht, mach mit ihnen was du willst, lass ihnen ihr Leben oder nähre dich von ihnen, aber.....behalten, das geht nicht, das sind Kinder und keine kleinen Schoßhündchen....du würdest sie mit deiner Liebe nur erdrücken”. Ich lasse ihn los “Erdrücke ich dich?”
Natürlich habe ich sie nicht in meine Obhut genommen. Doch als Damien eines Nachts alleine auf der Jagt war habe ich die Kleinen aufgesucht und sie zu Vampiren gemacht. Damit wollte ich mir nur beweisen das ich mich nicht unterkriegen lassen. So hatte ich meinen Willen wenn auch nur teilweise. Mir ist durchaus bewusst das es die zwei wohl nicht einmal ein Jahrzehnt alleine schaffen werden, doch das soll nicht meine Sorge sein. Ich habe ihnen ein Geschenk gemacht, was sie damit anfangen ist ihre Sache. Damien denkt ich hätte sie, wie es sich gehört ausgesaugt, ja, habe ich auch, nur danach habe ich ihnen mein Blut gegeben. Eigentlich hatte ich nie vor ihn zu belügen, doch das gibt mir das Gefühl das ich noch Herr der Lage bin und meine eigenen Entscheidungen treffen kann. Ich will nie wieder von jemandem abhängig sein, so wie zu Lorenzos Zeiten, nie wieder.
Nun ist es endlich soweit. Wir brechen auf Gerard zu vernichten. Die Wogen haben sich geglättet und das ist unsere Chance. Es ist eine klare Vollmondnacht. Seit Wochen eifere ich dieser Nacht entgegen und jetzt wo ich ihr so nahe bin, ängstigt es mich. Tausende Gedanken gehen mir durch den Kopf, doch die Lust am töten überwiegt. Die Lust ihn, Gerard zu töten, es ist unbeschreiblich. Als wäre mein ganzes unsterbliches Leben nur für diese eine alles entscheidende Nacht nütze gewesen. Ich könnte sofort danach ins Nichts aufgehen und doch, ich hätte meine Aufgabe erfüllt. Viel zu sehr wünsche ich mir ihn winselnd am Boden zu sehen, als das es jetzt noch ein zurück gebe. Damien hat Erkundigungen über den Standort der “Kirche” eingeholt. Wir haben entschlossen uns erst zu Erkennen zu geben, sobald wir in dem unterirdischen Gebäude sind. Als wir kurz vor den Toren der Gebetsstätte angekommen sind, spricht Damien einen Satz aus der meine Zweifel nur noch verstärkt. Ich drehe mich zu ihm “Das wird nicht passieren! Das darfst du nicht einmal denken!” “Und auch wenn es passiert, was macht es schon” “Nein, jetzt wo wir uns gerade wieder gefunden haben, das ist Schicksal, alles wird so verlaufen wie wir uns das erdacht haben. Wir sind nicht die Verlierer! Die werden es sein, zu Staub zerfallene kleine Aschehügel wird alles sein was uns noch an den Clan erinnern wird.” “Was ist mir der Regel?”. Ich schaue ihm tief in die Augen um ihm die Worte klar zu machen “Es gibt nur wenige Sachen auf dieser Welt die ich über die Weihe und ihre Gebote stellen, doch wenn es darum geht meinen Lehrmeister zu retten ….oder meinen Geliebten, dann soll der Teufel mich holen und mich dafür bestrafen das ich mit meinem versteinerten Herzen denke”. In Wirklichkeit habe ich solche Angst, dass ich Damien verlieren könnte. Das könnte ich nicht ertragen. In dieser Nacht bin ich das erst mal froh das er es nicht vermag meine Gedanken zu lesen.
Ein riesiges Eisentor mit einer lateinischen Inschrift, die all zu verräterisch ist für Vampirgruppierungen. “Carpe noctem” – Nutze die Nacht. Und wie wir sie nutzen werden! Die Tür ist bewacht von 2 männlichen Vampiren. Sie halten uns auf, als wir an ihnen vorbeigehen wollen “Halt! Wie heißt der Trinkspruch”. Sein Atem riecht widerlich verwest, er scheint schon lange kein frisches Blut mehr abbekommen zu haben, auch sein Teint ist weißer wie es normal ist. Es dürfte eine Leichtigkeit sein den beiden den Gar aus zu machen. Ich winke Damien zu mir, verkrieche mich in seiner Umarmung, so wie es die Frauen von heute gerne tun “Liebster, weißt du wie der Trinkspruch lautet?”. “Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es lautete so”. Er geht auf den einen zu, bleibt ganz nahe vor ihm stehen “Lass uns da rein: Sofort!”. Die beiden Vampire lachen, sie wiegen sich in Sicherheit, eine zierliche Frau und ein schlanker Mann, was wollen die schon ausrichten. “Ich sag euch was, wenn ihr jetzt ganz schnell verschwindet dann lassen wir euch noch einmal laufen”. Oh, töricht, töricht diese Äußerung, ich kann Damiens Zornesstirn von hier erkennen, gleich werde die beiden sich wünschen uns sofort die Pforte geöffnet zu haben. Ich werde mich raushalten, lieber schaue ich Damien zu wie er den letzen Lebenstropfen aus ihnen herausquetscht. Nach dem Selbsttöten ist mir das das liebste, ihm zuzusehen wie er seine Opfer umbringt. Die meiste Freude bereitet es mir allerdings noch wenn es Frauen sind, da ich genau weiß wie sein Charme und sein Aussehen wirkt! Wie sie weiche Knie bekommen und einige schon im 7 Himmel schweben wenn er sie in eine dunkle Ecke drängt. Es ist so wundervoll weil ich genau weiß das sie nie das kriegen werden was ich habe! Ihn. Schon als Sterbliche war mir bewusst wie außergewöhnlich er doch ist. Noch nie hatte mich jemand mit solcher Geduld und Ausdauer umgarnt wie er. Damals wusste ich ja noch nicht das er alle Zeit der Welt hat um an sein Ziel zu kommen. Selbst als er mir die Wahrheit über sein makelloses Gesicht und die weisen, nahezu durchsichtigen Fingernägel offenbarte konnte ich nicht aufhören ihn zu lieben. Innerlich bin ich zerbrochen, ich suchte die Schuld bei mir. Was habe ich schlimmes oder falsches getan in meinem Leben das ich so bestraft werde? Das der Mann den ich liebe tot ist! Mir kam es plötzlich so dumm vor das ich schon daran dachte ihn meinem Vater vorzustellen, ich sogar in voller Erwartung Pläne für unsere Hochzeit schmiedete. Das war damals zuviel für mich, ein einfaches Mädchen das darum bittet von jemandem geliebt zu werden, muss sich mit der düsteren Seite des Lebens befassen. Als ich Damien kennerlernte war er für mich wie mein Beschützer vor all dem Bösen das dort draußen lauert - doch wie konnte ich ahnen das er ein Teil dieses Bösen war! Natürlich wurde ich religiös erzogen. Ich spürte den Zorn hunderter unserer Götter auf mir lasten, weil ich des Satans Brut liebe. Und obwohl ich genau den Ausmaß meiner Entscheidung verstand, bat ich ihn mich ihn bei einem seiner nächtlichen Streifzüge zu begleiten. Genau dies war der Augenblick wo ich für mich entschied das ich niemals zu dem werden wollte was Damien ist – ein Vampir, doch damals wusste ich noch nichts von Lorenzo und das er Damien und mich schon länger beobachtet hatte. Für Lorenzo war es schon beschlossen das er mich zu einer Untoten machen wollte, bevor ich überhaupt wusste das es solche Wesen gibt.
Ein langer mit flimmernden Fackeln umgebener Gang erstreckt sich vor uns. Die weißen Kalksteinmauer sind eisig kalt und kein Licht dringt hinein. Langsam tasten wir uns voran, durch die endlosen Verzweigungen der Gänge. Umso weiter wir gehen, desto lauter wird ein dröhnendes Summen in meinen Ohren. Damien dreht sich zu mir “Hörst du das?”. Er legt sein Ohr an die Wand und tastet diese mit seinen Händen ab “Man spürt eine Vibrationen, was kann das sein?”. Ich blicke mich überall um “Komm, lass uns weitergehen!”. Ich will mir keine Gedanken darum machen, es könnte mich nur dazu bringen Zweifel zu hegen und da kann ich mir nicht erlauben. Wir gehen immer tiefer in das Gewölbe hinein, die Luft wird stickig und staubig. An den Wänden hängen riesige Spinnenweben und anderes Krabbelgetrier. Dann ertönt ein herzzerreisender Schrei, es folgt Stille. Damien flüstert “Sie haben sich ein Opfer genommen!”. Diese widerlichen Bastarde, ich werde sie einen nach dem anderen das Fürchten lehren, trauen sich nicht alleine auf die Jagt, treten nur in Gruppen auf. Sie sind doch alle miteinander eine Schande für unsere Spezies. Keiner von Ihnen wurde mit bedacht zum Vampir ausgewählt, jeder dahergelaufene Straßenpenner wird heute zum Untoten gemacht. Früher wurden nur die intelligente und die hübschen für die Ewigkeit auserwählt, die dummen und hässlichen waren zum Durst löschen da. Die gute alte Zeit, manches mal wünsche ich sie mir zurück. Sicher kennt keiner von Ihnen unsere Gesichte, keiner von den “Frischlingen” wird je etwas von der Weihe gehört haben, sie werden dumm bleiben bis an ihr baldiges Ende.
Die Stille verbreitet sich wie ein Lauffeuer, alles ist in ohrenbetäubende Ruhe getaucht. Wir biegen um die nächste Ecke des Ganges, einige Meter vor uns brennt ein heller Strahl, hier muss es sein! Leise nähern wir uns dem eigentlichen Eingang. Ich bin auf alles gefasst, doch was ich schließlich erblicke raubt mir den Atem. Damien geht es nicht anders, er steht mit weit geöffneten Augen vor dem Schauspiel das sich uns bietet. Hunderte in schwarze Kutten gehüllte Vampire knien auf dem Boden nieder, sie huldigen einem Vampirpaar, ebenfalls in schwarze Gewänder gekleidet. Ein leiser Singsang geht von ihnen aus. Sie murmeln lateinische Worte in wirrer Zusammensetzunge, ich kann ihre Bedeutung nicht heraushören. Die Gebetsstätte selbst ist eine in schwaches Licht versunkene, steinerne Gruft. Überall prangen Gemälde von alten und bedeutenden Vampiren. Mein Blick schweift durch die Reihen der Bilder, alle führen zu drei besonders wertvoll aussehenden. Das größte mit Goldrand verzierrte stellt den Ersten, Golom da. Die die neber ihm hängen kann ich nicht erkennen, ein Schatten legt sich über ihre Gesichter. Ganz vorne ist eine Art Altar aufgebaut, auf dem eine Leiche liegt. Ein schwarzhaariges, hübsches Mädchen, die mir im Aussehen sehr gleicht war ihr Opfer. Hinter dem Altar steht eine riesige massive Steinstatue, die niemanden ander darstellt als Luzifer selbst. Eine Figur aus Stein geschlafen, mit Flügeln, einer verzerrten Fratze und langen Klauen. So stellen sie sich den Allmächtigen vor? Mit seinen meterlangen Schwingen kommt er mir eher vor wie ein gefallener Engel. Damien und ich gehen langsam nach unten und mischen uns in ihre Reihen. Keiner nimmt Notiz von uns, auch wir haben unsere Gesichter durch schwarzen Stoff bedeckt. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen tuen wir es ihnen gleich und knien uns vor dem Vampirpaar nieder. Von den beiden geht eine Anziehungskraft auf mich über. Ich kann meine Augen nicht von ihnen wenden. Dann ohne Vorwarnung zieht der eine Vampir seine Mütze vom Kopf. Ich wusste es – Gerard. Sogleich überkommt mich unglaubliche Wut, der Zorn strömt durch meine Adern. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Doch was dann geschieht wirft mich aus der Bahn. Seine Begleiterin nimmt ebenfalls ihre Kopfbedeckung ab. Ich bin versteinert, das erste mal fühle ich mich wirklich innerlich tot. Kann es sein das mir meine Augen einen üblen Streich spielen? Ich senke meinen Kopf und sammle meine Gedanken. Ich versuche mir einzureden das mir meine Augen einen Streich spielen, doch als ich meinen Blick wieder auf sie wende, die die so unsagbar anmutig und auch schön ist, die die ich für tot hielt, die die mich verlassen hat, die die ich so sehr liebte, mehr wie mein eigenes Leben, die die mein Fleisch und Blut ist! (na wer ist das wohl??. Soraya, sie ist es, darin besteht kein Zweifel! Ich packe Damiens Hand und gebe ihm zu verstehen, dass wir uns nach draußen begeben sollen. Da stehen wir gescheitert an unserem Plan wegen eines unvorhersehbarem Ereignis. Ich habe meine Schwester gefunden und sie ist ein Vampir! “Was ist los? Warum bist du so schnell verschwunden?”. Jetzt kann ich ihm das nicht erklären, ich muss erst meinen Kopf frei bekommen und das alleine! Ich schicke Damien etwas geknickt weg. Er versteht es nicht aber tut worum ich ihn bitte. Ich sitze auf kaltem Stein, als mir eine Hand auf der Schulter aufliegt. Ich weiß sofort wer es ist. “Soraya – Schwester”. Kleine Bluttränen bahnen sich ihren Weg über mein Gesicht. Ohne etwas zu sagen schließt sie mich in ihre Arme. Welch wunderbares Gefühl, ich habe wieder eine Familie. Ich fasse ihre Gesicht und küsse ihre Wangen “Du bist es , du bist es wirklich, wie ist das.....”. “Man hat mich zum Vampir gemacht, genau wie dich”. “Aber warum hast du dich Gerard angeschlossen, weißt du nicht das wir ihn ....”. Sie lässt mich los und geht ein paar Schritte von mir “Ich weiß den Grund eures Besuches”. Ich bekomme ihre Hand zu fassen “Schließ dich uns an”. Sie schütttelt nur mit dem Kopf “Nein, ich gehöre zum Clan, ich will keine Aussetzige sein wie du, Sinuhe, stell dich uns nicht in den Weg”. Was sagt sie da zu mir? “Weißt du nicht was er Lorenzo und mir angetan hat, hat er dir nichts davon erzählt, dein Gerard??”. Sie wendet ihr Gesicht ab und hebt die Hand, so als wolle sie mir Einhalt gebieten “Er hat mir gesagt das du versuchen würdest mich auf deine Seite zu schlagen, ich glaube dir nicht!”. “Wem kannst du vertrauen wenn du deiner eigenen Familie nicht vertrauen kanns??” “Der Clan ist jetzt meine Familie – und jetzt geh, bevor sie dich finden!”. “Erlaube mir noch eine Frage bevor du gehst, wer hat dich zum Vampir gemacht?”
Wutentbrannt schlage ich die Tür ein. Ich renne durch die unzähligen Räume. Stoße Türen auf und werfe Möbel um, zerschmettere Spiele und Vasen. “Damien – zeig dich!”. Ich öffne die Tür zum Schlafraum. Es sieht aus als wäre er nicht hier gewesen. Alles steht unberührt an seinem Platz. Die seidenen Vorhänge sind zugezogen und das französiche Bett ist gemacht. Ich laufe umher, schaue hinter allen Schlupfwinkeln, spirnge schließlich auf das Bett und zerwühle es. Ich werfe die Decke und Kissen hinter mich. Meine Schreie hallen so laut im ganzen Haus wieder, mein ganzer Zorn liegt in ihnen “Damien”. Da steht er, in der Tür, angelehnt am Holzrahmen und sieht mich fragend an. Ich hasse es das er immer so ruhig und vernüfntig ist. Bei seinem bloßen Anblick könnte ich ihn in Stücke reißen. Ich stehe auf und gehe auf ihn zu, als ich vor ihm stehe schlage ich mit meinen Händen auf ihn ein. Er hält meine Handgelenke fest. Unter verzweifelten Bewegungen versuche ich mich aus seinem Griff zu befreien.”Warum hast du das getan? Du hast meine Schwester zu einem Vampir gemacht! Wieso hast du ihr das angetan? Ich hoffte für sie auf ein erfülltes Leben. Sie sollte sterben dürfen!”. Leise und gefasst antwortet er auf meine Frage “Ich wusste nicht das sie deine Schwester war”. Ich höre auf mich zu wehren, ich muss wissen was er zu sagen hat “Ich hatte solche Sehnsucht nach dir und als ich dachte ich müsse verrückt werden, traf ich sie, so schön wie du, sie ähnelt dir und das war der Grund warum ich sie als Gefährtin wollte”. Erstauen macht sich in mir breit, geradezu geschockt bin ich “Du warst selbssüchtig!” “Ja, das war ich”. Nie hätte ich gedacht, er würde so egoistisch sein, er ist nicht so perfekt wie ich zu glauben dachte, doch dafür kann ich ihn nur noch mehr lieben. Meine Knie werden wieder wakelig, ich wanke, kann ihn nicht hassen und das macht mich schwach. Ich falle vor seine Füße. Wie soll es jetzt weitergehen? Soraya hat sich Gerard angeschlossen, den Mann den ich umbringen werde! Damien beugt sich hinunter zu mir. Ich kann seine Nähe, seine Zärtlichkeit jetzt nicht ertragen. Sanft fahren seine Lippen über mein Gesicht. “Hör auf…..hör auf damit”. Er lässte es nicht sein. Geistesabwesend umfasse ich meinen mit Rubinen besetzen Dolch.. Kurz lasse ich ihn in meiner Hand wandern und steche dann so tief ich kann in Damiens Rücken. Er stumpt mich von sich, Unverständnis liegt in seinen Augen. Ich bleibe auf dem kalten Mamorboden liegen und schaue an die Decke, bewegungslos. Damien zieht sich den Dolch aus seinem Fleisch, Blut klebt daran. Natürlich ist er alles andere als erfreut über meine Tat. Er schlägt Löcher in die Wand und zerschmettert die Dinge die ich nicht schon zerstört habe. Nur wenige Male habe ich ihn so wütend erlebt. Er schlägt ein Fenster ein und zerschneidet sich dabei den Arm, der jedoch sofort wieder heilt. Immer noch liege ich wie versteinert auf dem Boden, dann beugt er sich über mich, sein Gesicht erscheint über meinem. Die Spannung zwischen uns ist zum Greifen, unerträglich. Sein toter Atem, kurz und kalt berührt mein Gesicht. In einem aufgewühlten Tonfall spricht er zu mir “Sag es Sinuhe, sag es!”. Kein Ton kommt über meinen Mund. Er geht. Ich rappele mich auf und laufe ihm hinterher “Damien bleib”. Ohne sich zu rühren wartet er. Meine Stimme fängt an zu zittern, ich versuche mich zu sammeln, aber es gelingt mir nicht. Mehr flehend als bestimmend kommen die Worte aus mir heraus “Ich will dich…..Jetzt”. Damien dreht sich zu mir und geht mit schnellen Schritten auf mich zu. Wie er vor mir steht umfasst er meine Hüfte und drängt mich gegen die Wand. Ich schlinge meine Beine um ihn. Wir tauschen blutige Küsse aus. Mein Mund ist gefüllt mit seinem süßen Blut, es rinnt mir den Körper hinunter und gibt mir ein wunderbar warmes Gefühl auf der Haut. Mit meinem Dolch öffenet er die Fäden meines Kleides, dabei fügt er mir kleine Schnittwunden am Rücken zu. Ich umklammere fest seinen Hals und schaue ihm tief in die Augen, mit meinen Finger fahre ich seine Lippen nach die mit Blut verschmirrt sind. Wir lösen uns von der Wand und schwanken ins Schlafzimmer woch ich mich auf dem Bett wiederfinde. Damien scheint kurz zu zögern, er steht am Rande des Bettes. Ich setze mich auf, gleite mit meinen Händen an seiner Brust hinauf, umfasse sein Hemd und ziehe ihn zu mir hinunter “Mach weiter”.
Wie ich meine Augen öffene, liegt er neben mir und schläft den Schlaf eines Engels. Seine Haare trägt er auf meinen Wunsch wieder länger, ich spiele mit den kleinen Löckchen. Sie huschen durch meine Finger. Langsam erwacht er aus seinem tiefen, seeligen Schlaf. Die Realität hat uns wieder, viele Gedanken nagen an mir, doch ich will sie nicht ausgesprochen wissen. Diesen Moment des Friedens, des inneren Friedens möchte ich festhalten.
Die Entscheidung ist gefallen! Ich kann Soraya nicht erretten, wenn sie sich nicht retten lassen will. Sie hat mir unmissverständlich klar gemacht das sie bis zum bitteren Ende an Gerards Seite stehen wird, auch wenn das heißen könnte, das sie sterben wird. Es bricht mir das Herz wenn ich auch nur daran denke ihr ein Leid zufügen zu müssen. Ich liebe sie, immernoch und ich werde sie immer lieben. Sie ist ein Teil von mir, wenn ich sie töten muss, wird dieser Teil sterben. Ich weiß nicht ob Soraya es Gerard berichtet hat das wir es waren, die in der Nacht fluchtartig die Gebetsstätte verlassen haben, ich befürchte jedoch ja. Nun wird es sehr viel schwieriger für uns werden unerkannt unseren Weg zu gehen. Ich wünsche mir nur das sie nicht so törricht ist sich mir in den Weg zu stellen!
Damien hat Angst das ich es nicht schaffen werde! Gerard zu töten, geschweige denn meine Schwester. Ich zweifle ja an mir selbst, aber was bleibt mir anderes übrig. Wieder sind wir in der Kirche, doch diesesmal ohne Verkleidung, ohne Vorsicht, was bringt die Maskerade noch?! Es ist alles aufgeflogen, nun sollen sie sehen das wir keine Angst vor ihnen haben! Sollen sie sehen, wie stolz und anmutig wir den Gang entlang schreiten, ohne die geringste Sorgenfalte auf der so klatten Stirn. Lasst sie gaffen! Wir werden ihren Blicken stand halten. Ihr werdet sehen! Solange Damien in meiner Nähe ist, kann kommen was wolle. Wir stehen vor Gerard uns Soraya. Meine Schwester schaut mich nicht an, ihr Blick ist gesenkt, doch Gerard Augen sprechen Bände, der pure Hass lässt sich in ihnen Erkennen. Er läuft um uns herum “Ist es tapfer oder einfach nur dumm...das ihr euch hier her traut?” “Gib mir was mir gehört!” “Was soll das sein?”. Ich schaue ihm in die Augen “Du weiß von was ich rede, gib es mir!”. Seine Stimme ist ruhig und doch zittrig vor aufschäumendem Zorn “Dir gehört überhaupt nichts mehr!”. Am liebsten würde ich ihm jetzt an die Kehle springen, seine Eingeweide aus seinem toten Körper ziehen und ihn in die ewigen Jagdgründe verbannen. Er hat mir meine Schwester genommen, sie mit Schmeichelein und Aufmerksamkeiten in seinen Bann gezogen. Schlimm genug, dass Damien Sie zu dem gemacht hat was Sie ist, aber ein Mitglied des Clans? Meine Schwester, nein! Er schleicht um uns herum, jede Bewegung die wir machen wir analysiert und missbilligend beäugt. Immer enger schließt sich der Kreis um uns. Angeschlichen von allen Seiten und mit dürstenden Grimassen kommen sie auf uns zu. Noveen, die alte Hexe starrt mich schelmisch grinsend an, zu sicher ist sie sich dem Sieg ,sie führt etwas im Schilde das kann ich spüren. Sie fängt an auf Damien zu starren, ihn von oben bis unten zu mustern und sich ihre Zähne zu lecken. So tat ich es früher wenn ich mir ein Opfer suchte. Ich strecke meinen Arm aus und zeige auf sie “Noch bevor diese Stadt den nächsten Tag erlebt, wirst du Geschichte sein!”. Ich weißt das sie eingeschüchtert ist, obwohl sie ihre kalte, starre Maske aufbehält, eine gute Schauspielerin, nur nicht gut genug! Gerard steigt wieder auf seinen Podest hinauf und umarmt Soraya “Ist das nicht schön? Die Familie wieder vereint?! Wie ist es wenn die eigene Schwester sich auf die Seite des Feindes stellt?”. Kurz blicke ich in ihr zartes Gesicht “Ich habe keine Familie mehr!”. Es macht ihn rasend das er mich nicht verletzen kann, nicht den Schmerz in meinen Augen sieht, die Verzweiflung die er sich wünscht, wann hat dieser Hass auf mich angefangen? Was habe ich ihm in ferner Vergangenheit angetan das ihn so verletzt hat? Doch nun spielt das alles keine Rolle mehr, jemand wird in dieser Nacht sterben und ich werde es nicht sein! Gerard packt Soraya am Kinn und dreht mir ihr Gesicht in meine Richtung “Sieh hin, sieh dir dieses Gesicht an und sage mir noch einmal das du keine Familie hast!”. Mir ruhiger, besonnener Stimme sage ich ihm was er hören will und es treibt ihn zur Weißglut “Ich will dich am Boden sehen, winselnd, schreiend, am Ende! Ich will sehen wie du mich anflehst, bettelst. Was muss ich tun!?” Er ist wahnsinnig, völlig geisteskrank. Meine Wut, ich muss sie loswerden.
Blitzschnell gehe ich auf ihn zu und packe ihn am Genick. Mit aller Kraft drücke ich seinen Kopf auf die mittelalterliche Geotine, die wie für mein Vorhaben dort bereit steht. Gerard hat nur ein müdes Lächeln für mich übrig “Es wird mich nicht töten” “Aber es wird höllisch weh tun” “Ich habe keine Angst vor Schmerzen” “Du hälst dich für unverwundbar! Lass uns sehen ob das der Wahrheit entspricht!”. Ich fasse das Seil welches die messerscharfe Klinge oben hält. Immer noch höre ich ein leises, schelmisches Kichern das mich langsam in den Wahnsinn treibt “Hör auf zu lachen, du wirst gleich deinen Kopf verlieren, was ist so belustigend daran?” “Du hast vergessen das ich noch einen Wunsch frei habe”. Was ist das wieder für ein Spielchen das er mit mir spielt, was soll das heißen? “Sprich jetzt oder halt für immer deine spitze Zunge” “Schau hinüber, schau dir Damien an und dann kannst du mich köpfen”. Fest umklammert halte ich das Seil und blicke Damien an aus dessen Augen nur Enttäuschung widerspiegelt. Ich hasse es wenn er das tut! Tot will ich ihn sehen, sein Haupt abgetrennt von seinem Körper, zuckende Nervenstränge am Boden, das ist es was ich will. Mein Kopf hat schon längst entschieden, ich kann es nicht und das wusste Gerard. Ausgetrickst hat er mich, hinterhältiger Bastard. Plötzlich löst sich wie von selbst meine Hand, das Seil rutscht mir durch die Finger und die Klinge saust nach unten. Damien reist die Augen auf, ein lautes Geschreie geht durch den Saal, doch zu spät.
Mit einem schnellen Zischen ist die spitze Klinge an ihrem Ziel angekommen. Ich kann es nicht glauben und drehe mich um um mich zu vergewissern, das er wirklich seinen Kopf verloren hat. Das einzige was ich höre ist Damien der mich mit einem gequälten Ruf warnt “Pass auf”. Doch schon spüre ich seine Umklammerung an meinem Hals, er legt seine ganze Kraft in diesen Würgegriff und drückt mich nach unten. Gerards Gesicht weisen geisteskranke Gesichtszüge auf. Seine Augen blitzen und sein Mund zuckt unter einem widerlichen Grinsen “Tot will ich dich sehen, euch beide”. Und wie aus dem Nichts stürzen sich die hässlichen Anhänger von Gerard auf meinen Damien. Furchtbare Laute geben sie von sich, wie Hyänen die seit Tagen auf ihr verwundetes Opfer lauern und nun endlich die Chance ergreifen. Nach und nach schwindet mir die Kraft und ich muss mir eingestehen das ich gegen ihn nicht ankomme, er ist älter und ein männlicher Vampir was durchaus einen Unterschied macht. Doch, ich versuche ihm das nicht zu zeigen, wehre mich so gut es geht. Was mich die größte Anstrengung kostet ist für ihn nur ein Spiel, mit Leichtigkeit wehrt er meine Schläge und Bisse ab, doch seine treffen mich umso unvorbereiteter. Ich will an ihm vorbei und Damien helfen. Er wird dem Kampf mit 100 nicht lange stand halten. Schließlich kann ich nur sehen wie sie ihn wegtragen, ich weiß nicht wohin und auch nicht was sie vorhaben, nur soviel ist mir klar, er wird leiden müssen. Noveen bleibt als einzige bei uns. Wo ist Soraya? Meine Schwester ich will wenigstens ihr in die Augen sehen wenn ich von hier gehe. Noveen legt ihre Hand auf Gerards Schulter “Sie ist erschöpft, lass mich sie umbringen!”. Sie hat recht, meine Kräfte sind fast aufgebraucht, aber für sie wird es allemal reichen! Lass sie es ruhig versuchen Gerard, mach dich darauf gefasst das ihr Blut die Wände zieren wird. Endlich lässt er meinen Hals los. Noveen greift mich sofort an, ich packe ihren Kopf und donnere ihn gegen die Wand. Das ist der Augenblick! Ich renne schnell durch das unterirdische Gebäude und suche jeden Winkel nach Damien ab. Hinter mir höre ich die wütenden Schreie von Gerard und Noveens leises Winseln. Verzweiflung macht sich in mir breit, unzählige Räume, ausgeschmückt mit wertvollen Kostbarkeiten aber kein Damien. Was haben sie nur mit ihm gemacht?
Ewigkeit! Solange renne ich wie ein aufgescheuchtes Huhn umher, doch nichts. Kein Schrei, keine Rufe, nicht einmal das leiseste Wispern ist zu vernehmen, alles ist so unerträglich ruhig! Schließlich finde ich mich in einem riesigen Saal mit Hunderten, tausender brennender Kerzen. Es nimmt mir fast das Augenlicht, so hell erstrahlt der Raum. Es riecht nach verbranntem Fleisch und getrocknetem Blut. Ein Geruch der mich in anderen Situationen durchaus entzückt hätte, doch in diesem Moment schwammt mir nur böses. Langsam gewöhnen sich meine empfindlichen Augen an das grelle Licht, ich schreite durch den langen Gang, an seinem Ende werde ich Damien finden, ein Gefühl sagt mir das er dort ist und auf mich wartet. Ich werde dich retten, mein Geliebter, so wie du mich gerettet hast vor einem ewigen Leben in Ketten. Dann stehe ich vor einer kalten, grauen Wand, zuerst verstehe ich nicht was macht diese Wand auf meinem Weg, soll sie mir den Zutritt erschweren, ich sehe mich um und begreife das dies das Ende ist! Nein, wo ist er??? Ein kleines Grüppchen von Vampiren hat sich schelmisch grinsend um mich verbreitet. Wie eine Irre wende und drehe ich mich „Wo ist er??? Sagt es mir!!!“. Antwortet! So antwortet doch!!! Aus der Gruppe setzt sich Gerard ab, der hinzu gekommen ist, seine Hände sind voller Blut. „Du willst wissen wo Damien ist? Dann koste das Blut!“ Ich gehe einige Schritte zurück „Nein!“ „Koste es oder ich sage dir nicht wo er ist, du wirst ihn nie alleine finden, sieh es doch ein das wir gewonnen haben, unterwirf dich mir, bleib bei uns.....es wird dir an nichts mangeln!“ „Nein“. Genüsslich leckt er sich die Finger „Mhh, solch gutes Blut hast du sicher noch nie getrunken, versuch es, es ist nicht vergiftet“. Was soll ich tun? Ich sehe mich nach einem Fluchtweg um, doch nichts, der einzige Eingang ist versperrt von seinem Gefolge. Zu viele sind es, das muss ich mir eingestehen, zu viele! „Versprichst du mir das du mir zeigst wo er ist, wenn ich es versuche?“. Er nickt nur leicht mit dem Kopf, seine Augen blitzen, die Flammen der Kerzen spiegeln sich in ihnen wieder, so stelle ich mir Satan vor.
Die ganze Zeit über hält er mir seine Hände entgegen. Dieses Blut, es sieht wirklich köstlich aus, was soll ich tun, ich habe keine Wahl. Kurz entschlossen greife ich seine Hand. Kurz schaue ich Gerard an, sein Augen sprechen „Sieg“. Ich lecke den süßen Saft von seinem Handrücken und sogleich ist es mir klar. Sofort lasse ich von ihm ab „Du-du hast nicht....!“. Er kommt wieder näher und packt mich an den Schultern,„Oh, doch!“. Er neigt seinen Kopf und flüstert mir ins Ohr „Baden könnte ich darin, baden“. Zeig Stärke, ich kann ihn nicht ansehen, mein Kopf ist geneigt, mein Blick haftet auf seinen mit Blut verschmierten Händen, die meine Schultern beflecken. Er soll mich loslassen, lass mich los! Schwäche macht sich in mir breit, ich bin willenlos und fühle mich geistig von meinem Körper getrennt, alles ist von einem Nebelfeld überzogen, die Stimmen hallen in meinen Kopf dumpf. Etwas tropft auf meine Wange und läuft meinen Hals hinunter. Wie in Trance schaue ich nach oben und der Nebel verschwindet mit einem mal, alles ist wieder klar. An der Decke über mir ca. 15 Meter erhöht, ist Damien. An ein Kreuz genagelt mit alten, rostigen Nägeln ins morsche Holz geschlagen. Auf seinem Haupt trägt er wie einst der Judenkönig eine Dornenkrone, geronnenes Blut klebt an seinem Körper. Seine Augen sind geschlossen und seine Haut sieht vertrocknet und schrumpelig aus. Unter lautem Geschrei falle ich auf die Knie und halte mir den Mund zu, eine typisch menschliche Eigenschaft, die mir nicht verloren ging, eine der wenigen. Alles in mir zieht sich zusammen, ein einziger Klumpen Wut und Mordgelüste. Ich spüre einen so tiefen Schmerz das ich glaube es zerreist mich wenn ich ihn nicht sofort von dort herunterhole. Gerards Stimme ertönt „Er ist tot, zum zweiten mal“. Er lacht, ein gehässiges und siegessicheres Gelächter geht durch den Saal. Meinen Blick kann ich nicht von ihm wenden, wie ein schutzbedürftiges Kind hängt er dort oben, soweit weg von mir. Ich will ihm mein Blut geben. „Holt ihn da herunter, sofort“. Gerard legt seine Hand auf meine Schulter „Ich verstehe deinen Schmerz aber sieh der Wahrheit ins Auge, er war schwach und nur die Starken überleben“ „Fass mich nicht an!“ Ich fasse seine Hand und reise ihm einen Finger aus. Er schreit auf und sofort ist sein Gefolge um ihn versammelt. Die Wunde blutet, sie wird heilen, aber seinen Finger hat er für immer verloren.
Sie wollen sich auf mich stürzen doch Gerard gebietet ihnen Einhalt „Lasst, ich werde mich um sie kümmern....geht jetzt!“. Mit schleichenden Bewegungen verlassen sie den Saal. Ich schaue Soraya hinterher. Sie würdigt mich keines Blickes, ein Aufschauen von ihr, eine kleine Geste hätte mir meine Kraft zu Kämpfen wieder zurückgebracht, aber nichts. Den Rücken mir zugewendet geht sie mit den anderen. Nur Noveens Augen haften auf mir. Als letzte verlässt sie nach Aufforderung von Gerard den Raum. Nun sind wir alleine, Gerard, ich und Damien, dem nicht einmal mehr Blut aus den unzähligen Wunden rinnt. Ausgetrocknet ist er. Ich schaue um mich, nach einer Möglichkeiten ihn von seinem Kreuz zu befreien. „Du weißt das ich dich umbringen werde“. Dafür habe ich keine Zeit, entweder jetzt oder nie, aber keine großen Reden „Dann tu es, jetzt!...Erlöse mich von der Qual ein ewiges Dasein ohne Damien zu fristen, du tust mir einen Gefallen“ „Du bist so dumm, merkst nicht einmal das ich dich schon getötet habe!“ „Was meinst du damit?“ „Ich habe lange nach der Richtigen Bestrafung für dich gesucht, und das einzige was dich berührt, zerstört ist der Tod deines Lieblings, ich brauche nichts mehr zu tun, du wirst dich selbst irgendwann hassen und dich nicht mehr ertragen können. Zu Anfang wollte ich um jeden Preis dich leblos am Boden sehen, doch jetzt bereitet es mir viel größere Lust zu sehen wie du dich selbst dahinraffst. Wir beide wissen das du ohne ihn nicht leben kannst, wie absurd das auch klingen mag, es ist so!“ „Ich darf mich nicht einmal von ihm verabschieden“ „Tu es, dort oben ist er.....aber danach verschwinde, keine Angst ich werde dich wiederfinden bevor du an deinem Schmerz verrückt wirst. In deinem Nacken werde ich sitzen und jeden Schritt von dir beobachten“. Er wirft mir meine Kette vor die Füße „Nimm sie......und rette Lorenzos erbärmliches Leben“. Alleine, von jedem der mir lieb und teuer war verlassen. Ich hebe die Kette auf, für Lorenzos Heilung musste Damien sterben. Gerards Worte sprechen die Wahrheit ohne ihn werde ich das nächste Jahr nicht erleben, ich fühle mich ausgebrannt, eine leere Hülle, deren einziges Verlangen darin liegt ihn noch einmal im Arm halten zu dürfen. Kniend sitze ich vor ihm, rote Tränen füllen meine Augen, ich will sterben! Wenn es einen Gott gibt dann lass mich sterben!
Die Zeit verrinnt. Ich weiß nicht wie lange ich hier schon sitze, und worauf ich warte. Vielleicht auf ein Wunder oder auf eine baldige Erlösung unseres Schöpfers, soll Golom aus der Erde emporsteigen und mich zu sich holen, es ist mir gleich. Spielend gleitet die Kette zwischen meinen Fingern umher, ich habe was ich wollte, sein Blut, sein reines Blut. Vollkommen. Es wird ihn heilen und dann werde ich alleine sein. Ihm anschließen kann ich mich nicht mehr. Und in Wahrheit ist es nur das vor dem ich mich fürchte, dem allein sein! Über 2000 Jahre fühlte ich mich alleine und verloren, ausgeliefert und geliebt, so furchtbar geliebt das es mir die Luft zum Atmen nahm. Keinen Schritt ohne misstrauische Blicke in meinem Nacken, keine Nacht ohne seine Anwesenheit. Damien hat mich befreit aus diesem Gefängnis aus dem ich aus eigener Kraft nie entkommen wäre. Laufe ich nun wieder Gefahr dort zu enden, soll es enden wie es begonnen hat? Es gibt immer eine Wahl, die Wahl zwischen Leben und Tod, und ich habe mich in der Sekunde als ich ihn dort oben hängen sah für das erste entschieden, doch zuerst muss ich meine Pflicht tun.
Wie ich das Gemäuer verlasse sprengt es mir das Herz, weit und breit kein Vampir zu sehen, doch ich weiß , ich fühle das sie mich beobachten und sich die Hände reiben. Stolz halte ich die Kette nach oben „Ich habe für was ich gekommen bin!“. Nie werde ich sie an meinem Schmerz teilhaben lassen, zeig keine Furcht und keinen Zorn, kein Mitgefühl und keine Trauer – sehe aus als seiest du tot, doch trage das Leben in dir. Diese Worte stammen von meiner Mutter, sie war eine weise und gute Frau. Sie hat mich viel gelehrt in meinen kurzen sterblichen Dasein. Manchmal sehne ich mich nach ihren Ratschlägen und ihrer Unterstützung. In Momenten wie diesen würde ich meine Seele verkaufen, wenn ich noch eine hätte um einen kurzen Augenblick ihr Gesicht zu sehen. Hat sie mich doch auch in ihre Arme geschlossen als ich weinend nach Hause kam in der Nacht wo ich Damiens schreckliches Geheimnis erfahren habe. Ohne Fragen zu stellen hat sie mich, ihre älteste Tochter an sich gedrückt und mir wieder Mut gemacht. Natürlich war ich außer Stande ihr zu erzählen was geschehen war und als sie mich danach fragte musste ich ihr ausweichen um ihr nicht weh zu tun, nein, eher um sie nicht in den Wahnsinn zu treiben. Leise setzte sie sich neben mich und fasste meine Hände „Meine Sinuhe, du bist viel zu hübsch um dein Gesicht mit Tränen der Trauer zu bedecken. Was ist geschehen?“ „Liebe Mutter, bitte frage mich nicht danach, ich will dich nicht belügen müssen und erzählen kann ich es dir nicht!“ „Glaubst ich verstehe deinen Schmerz nicht?! Ich möchte dir helfen die Tränen zu trockenen“ „Das kann niemand“. Diese Worte bereue ich heute noch, sicherlich fühlte sie sich abgewiesen von mir. Sie ist aufgestanden und als sie fast die Türe geschlossen hatte sagt sie etwas das mein Schicksal verändert hat „Er könnte es“. Ertappt fühlte ich mich, wie konnte sie von uns wissen? Natürlich war sie meine Mutter aber ich glaubte immer das sie es missbilligen würde, wenn sie erführe das ich mich mit Damien treffe. Ein Mädchen darf sich nicht mit jungen Männern umgeben, mit ihnen reden oder noch schlimmer sich in sie verlieben. Die Familie bestimmt den Mann, wie es auch meine Familie versucht hatte seit ich 15 Jahre war. Auch die Ehe meiner Eltern war arrangiert von deren Eltern. Sie versuchten so gut es ging uns das Bild der Liebenden vorzugaukeln, doch Kinder sind nicht so dumm wie manche Erwachsene glauben. Mir war immer klar gewesen das zwischen meiner Mutter und meinem Vater etwas war – Respekt, aber niemals Liebe! Und ich empfand es als völlig normal weil in dieser Zeit es nie zu einer Liebeshochzeit kam. So verschieden waren sie wie zwei Menschen nur sein konnten. Er war aufbrausend und manches mal überheblich, interessierte sich für fremde Kulturen und Sprachen, Reisen und rauschende Feste. Meine Mutter war glücklich wenn sie im Arm ihrer Kinder zu Hause einschlafen durfte. Eine so in sich gekehrte Person das es keine Seltenheit war tagelang ihre Stimme nicht zu hören. Und dabei hatte sie eine Stimme, die einem Engel gleichkam, so sanft und beruhigend. Ich liebte sie beide. Nur für mich wollte ich einen solchen Ehevertrag nicht, ich wollte mehr, alles und als ich Damien traf wollte ich es mit ihm. Die Worte meiner Mutter verführten mich dazu ihn aufzusuchen. Noch heute frage ich mich was geschehen wäre wenn ich bei ihnen geblieben wäre, sie nicht alleine gelassen hätte in der Stunde ihres Todes. Es war das letzte mal das ich meine Familie lebend sah, in der selben Nacht wurde unser Haus bis auf seine Grundmauern niedergebrannt und ich zu einer Unsterblichen gemacht. Das wird die Bestrafung dafür sein das ich nicht bei ihnen war als es passierte. Wegen mir mussten sie ihr Leben lassen. Damien hat mir zu liebe die Regeln der „Weihe“ gebrochen und ich musste dafür büßen. Der Hass des Clans lag auf uns wie ein Fluch und die begierigen Augen Lorenzos hafteten schon als Sterbliche auf mir. Blind vor Liebe bekamen wir aber nichts mit von dem Aufruhr der durch unsere Runden ging. Gerard fühlte sich von Damien verraten und hatte Angst ihn als Schüler und treuen Weggefährten zu verlieren, Lorenzo hingegen wollte uns trennen, wegen krankhaften, eifersüchtigen Gefühlen zu mir. Gefühle ist das falsche Wort, ich weiß nicht was es ist, das ihn dazu bewogen hat Damien glauben zu machen ich seihe ebenfalls vom Feuer verschluckt worden. Danach war es lange Zeit dunkel und leer. Vielleicht habe ich auch so schnell meine menschlichen Züge verloren, weil ich dachte es wäre das beste nichts mehr an mich heran zulassen. Die beste Möglichkeit nicht verletzt zu werden ist niemanden mehr an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen. Es hat mich nicht wirklich glücklicher gemacht, aber ich wurde nie wieder verletzt, keiner soll mir mehr weh tun. Aber Damien hat diese Schutzmauer wieder durchbrochen obwohl ich das nie mehr wollte und ich wusste das auch er mich früher oder später enttäuschen wird, er hat eine riesige offene Wunde hinterlassen und diese wird nie wieder heilen – soviel ist sicher. Doch ist es nicht besser Schluss zu machen wenn man innerlich tot ist?!
Auf dem Weg nach Hause, nach endloslangen Monaten werde ich Gloria und Lorenzo wiedersehen. Die Reise ist beschwerlich und lange aber genau wie bei der Fahrt nach New Orleans macht es mir nichts aus, weil ich weiß was mein Ziel ist – das Ziel das ich mir gesetzt habe als letztes zu tun. Das was ich schuldig bin, mir selbst als auch Lorenzo. Alleine durch Städte und Länder zu reisen ist ein komisches Gefühl, du wirst von allen angestarrt, von Frauen die sich fragen was du alleine in der Nacht hier draußen treibst, von Männern die dich von oben bis unten anstarren weil ihre Gedanken schon wieder im Bett sind. Es ist nur natürlich das alle Blicke auf mir haften, ich spiegele nicht die Lady wieder, die man in dieser Epoche gewöhnt ist, keine Spitzenhandschuhe, keine feinverzierten Hüte mit seidenen Schleifen und bunten Federn, keine teueren französischen Lackschuhe und kein kostbarer Schmuck, nur ich und mein einfache meist schwarzes Kleid, einfach und körperbetont geschnitten mit ein paar Rüschen und Spitzen, aber sehr dezent. In der Zeit in der ich lebte war dies die Art sich zu kleiden einfach, elegant und praktisch was soll ich mit dem ganzen Zeug, mit einem Korsett das mich einschnürt oder einem Hut in dem ich wirke wie ein Clown? Das wäre nur eine billige Verkleidung. Die alten unsere Sorte erkennt man meist an ihrer Kleidung jeder lebt weiter in dem Stil wie er das Sterbliche hinter sich gelassen hat, ich habe nur sehr wenige gesehen die Gewänder tragen wie ich. Die jungen hingeben sind fast kaum von den Menschen heute zu unterscheiden, perfekt haben sie sich angepasst, nur das gierige Funkeln, das dürsten nach Leben und Blut in ihren Augen verrät sie und natürlich ihre Fingernägel. Meine schneide ich jede Nacht doch sie wachsen stets wieder nach, ich hasse sie, so durchsichtig und krank sehen sie aus. Wie die Achillesferse meines Körper, als würden sie mich verraten oder verwundbar machen. Mit einer Zange habe ich sie sogar schon aus dem Nagelbeet herausgerissen, ein sehr befreiendes Gefühl das leider wieder nur bis zum Abend hielt. Die Erfindung des Nagellacks vor wenigen Jahren hat mich daher doch sehr glücklich gemacht. Wenn man es so sieht benutze ich doch eine Art Verkleidung, rot. Ein wunderbares, kräftiges Rot ziert meine Achillesferse. Ich weiß das Gloria ihr Land liebt und um sie zu besänftigen werde ich ihr ein kleines Geschenk mitbringen. Einen kleinen englischen Knaben werde ich auf meiner Fahrt ihr suchen. Eigentlich hasse ich England, die Leute sind kalt und ihr Blut auch, das Wetter ist nicht viel besser. Ich bin nur froh das ich nicht auf Nahrung angewiesen bin sonst würde ich dort sicher am Ende der Reise meine Rippen einzeln zählen können. Wie mein Schiff dort Anker legt ist es wie zu erwarten eine regnerische und kalte Nacht. Beeil dich Sinuhe sage ich zu mir selbst, mach das du hier wieder schleunigst verschwindest, dieses Land ist komisch. Wo finde ich jetzt einen Knaben der freiwillig mit mir gehen wird, ohne das sich die Leute gleich nach ihm umdrehen weil er schreit wie ein Baby. Ich entscheide mich das es ein Straßenkind sein soll, solche Kinder sind nicht so leicht zu erschrecken weil ihre jungen Augen schon vieles gesehen haben und mit einem Stück Brot und ein paar Münzen kann man sie fast überall hinlocken. Also setze ich mich auf eine Bank am Hafen und warte. Nicht viele Menschen sind mehr unterwegs, ich habe kein Zeitgefühl aber ich weiß das ich noch mehr als genug Zeit habe bis die Sonne aufgehen wird, dann höre ich einen Glockenschlag, kräftig und dumpf. Ich drehe mich kurz um und erkenne das es Punkt Mitternacht ist. Wie ich mich wieder nach vorne drehe steht er vor mir. Perfekt! Ein kleiner blauäugiger Lausbub mit strohblondem Haar und zerschlissenen Klamotten. Seine Hände streckt er mir geöffnet entgegen und seine Unterlippe schiebt er schmollend nach vorne „Miss, etwas Geld bitte!“. Er ist genau der den ich gesucht habe, entzückend, fast zu schade zum Töten. Ich muss ihm einfach in seine eingefallenen Backen kneifen „Du bist aber ein süßer Bursche, ...wo sind deine Eltern.....deine Schwestern und Brüder?“. Ich muss mich vergewissern das er wirklich alleine hier ist „Miss, Geld bitte!“. Etwas drängelnd und zugleich flehend schaut er mich an „Ich habe kein Geld“. Er seufzt und will sich schon davon machen, doch ich packe ihn an seinem mageren Arm „Ich habe etwas viel besseres – komm mit mir“. Zwanghaft versuche ich ein freundliches Gesicht zu machen und es scheint zu funktionieren, er sieht mich fragend und neugierig an „Was ....?“. Er wird unterbrochen von einer lauten Stimme „William, komm sofort hier her – oder sie wird dich beißen“. Er rennt in die Arme eines Mannes, soviel kann ich sehen aber er steht im Dunkeln, nur wage Umrisse geben sich mir zu erkennen. Aber diese Stimme und seine Worte die er an die Knaben gerichtet hat, er muss mich kennen. Er weiß was ich bin. „Gib dich mir zu erkennen“ fordere ich ihn auf. Mit dem Jungen im Arm kommt er auf mich zu. Mein Körper entkrampft sich wieder, vor ihm habe ich nichts zu fürchten „Sinuhe, man sieht sich immer zweimal im Leben, nicht wahr?!“ „Bei der Dauer unseres Lebens auch manches mal öfter“. Ich schaue William an und zeige ihm meine Zähne, er zuckt zurück dann lächle ich ihn an „Wie ich sehe lässt du jetzt Kinder für dich arbeiten! Keine Kneipengänge mehr? Wo ist der Rest deiner Truppe?“ „Sie sind tot, alle“ „Was ist passiert?“ „Sagen wir einfach sie waren unachtsam....Aber was willst du von William ?“ „Ich will ihn verschenken“. Nathan lacht mich aus „An wen? Und wie kommst du darauf das ich ihn gehen lasse“ „Du musst ihn nicht gehen lassen – ich werde ihn einfach mit mir nehmen“. Ich beuge mich zu ihm hinunter „Du willst doch mit mir kommen, oder?“. Der kleine Junge sieht mich eingeschüchtert an und nickt leicht mit dem Kopf. Ich tätschle seine Kopf „Ein guter Junge bist du – sieht’s du er will mit mir kommen“. Nathan wird wütend „Ach, du bist eine Hexe, verwirrt hast du ihn“ „Es ist schade aber ich bin keine Hexe aber ich bin äußert gut darin das Dasein mancher unser Art zu verkürzen“. Sein Oberkörper weicht leicht zurück, so als wolle er sich schützen, doch seine Füße bleiben felsenfest auf dem Boden stehen „Ich habe keine Angst vor dir!“. Vielmehr sagt er das zu sich selbst als wolle er sich Mut zusprechen „Doch du hast Angst!“. William fasse ich am Arm und ziehe ihn mit mir. Nathan tobt zwar wie ein Irrer aber wie ich es mir dachte ist er zu feige sich mir in den Weg zu stellen „Einen schönen Tages bist du dran, ich werde dich kriegen“. Ja, eines Tages, nur warum warten?!
Ich habe mich umentschieden, was den kleinen William angeht. Gut werde ich ihn behandeln, er ist wirklich ein Schatz, so aufgeweckt und voller Wissensdurst, seine Augen suchen ständig die Gegend nach etwas ihm unbekannten ab und er ist schlau, das hätte ich nicht gedacht. Außerdem hält er mir die Männer vom Hals und die Frauen beglückwünschen mich zu meinen Sohn, er wird noch großes vollbringen. Ob als Dessert zu landen etwas großes ist?! Und so hübsch ist er, sicher wäre er ein Herzensbrecher geworden, ich stelle mir vor ihn aufwachsen zu sehen, er könnte von mir so vieles lernen und ich hätte wieder jemandem mit dem ich mein Jahrhunderte altes Wissen teilen könnte. Doch dann fällt mir wieder ein, für was ich ihn von Nathan befreit habe. Er ist für Gloria, sie wird entscheiden was mit ihm zu tun ist. Wenn sie ihn nur mit meinen Augen sehen könnte, dann würde sie ihn zu uns holen. Da bin ich mir sicher.
Die Tage verrinnen und ich bin um jedes Unwetter das über uns hereinbricht dankbar. So verlängert sich unsere Reise und ich kann weiterhin Williams Kindlichen Spielen beiwohnen. Wie ich schläft er am Tag und weilt an meiner Seite in der Nacht. Er stellt keine Fragen deswegen, manchmal glaube ich er wüste über mich bescheid und doch tritt er mir so ganz ohne Furcht gegenüber. Die anderen Passagiere jedoch tuscheln heimlich hinter unseren Rücken, wenn ich mit ihm erst abends aus der Kajüte komme. Ich habe eine Frau gehört die leise zu einer anderen sagte „Der arme Junge, sieh dir an wie bleich er ist, ganz wie seine Mutter“ und die andere antwortete „Kein Wunder, sie halten sich den ganzen Tag nur in ihren Zimmern auf“. William aber drückte an diesem Abend ganz fest meine Hand und das hat mich erschreckt, weil es mir Kraft gegeben hat und es mir das erste mal klar wurde das er mir nicht gleichgültig ist und das ist gefährlich. Nun ist die Sonne schon fünfmal unter gegangen seit wir hier sind. Wir sitzen auf dem Deck und William beobachtet das ruhige Meer. Ich trage mich mit dem Gedanken herum dem ersten Sterblichen, nach mir, einem Kind zu beichten was ich bin, eine Untote. Der Gedanke entzückt mich sein kleines Gesichtchen erschrocken zu sehen, aber ich glaube sogar das er es besser verstehen würde als irgendein Erwachsener. Wir sind fast alleine hier oben, lediglich ein paar Mann der Besatzung unterhalten sich lautstark. Ich rufe ihn zu mir und sage ihm er solle sich auf meine Schoß setzen. Ohne auch nur einen Moment zu zögern tut er es und umschlingt meinen Hals mit seinen kleinen dürren Armen. Mein Kopf ist geneigt und ich frage ihn mit leiser Stimme „Was glaubst du warum ich dich mit mir nehme?“. Er schaut mich so penetrant an, als wolle er in meinen Augen die Wahrheit finden und schüttelt den blonden Kopf . „Das glaube ich dir nicht, so ein gewitzter Knabe wie du!?“. Jetzt sieht er verschämt auf den Holzboden und baumelt mit seinen Füßen „Sie sind nicht wie du Ladys aus England“. Seine kleinen Hände spielen ohne Furcht mit meiner Kette „Wie bin ich dann?“ „So wie Nathan“. Das macht mich wütend. Unsanft hebe ich ihn von meinem Schoß „So bin ich bestimmt nicht!“. Sicher er ist nur ein kleiner Junge der keine Ahnung hat was die weite Welt für Überraschungen und Gefahren für ihn bereit hält, aber das hat meinen Stolz verletzt. Doch mehr noch ärgert es mich das ein so kleines Häufchen Elend es schafft mich so zu verunsichern. Was ist er schon, ein dummer Junge. Nichts weiß er – rein gar nichts! Und dann überkommt mich wieder die Trauer um Damien, warum gerade jetzt ?! Spüren kann ich wie sich die Blutstränen ihren Weg nach oben bahnen, aber William darf sie nicht sehen, ich drehe mich um und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Verschwinde Kleiner. Doch als ich schon dachte er wäre fort spüre ich eine kleine Hand auf meinem Rücken und eine dünne, weiche Stimme „Warum sind sie so traurig?“. Das einzige was mir durch den Kopf geht ist: Er darf sie nicht sehen. In einem gebieterischen Ton befehle ich ihm sofort in unsere Kajüte zurückzugehen. Williams Entdeckerdrang jedoch hindert ihn daran, er stellt sich vor mich und nimmt mein Hände vor meinen Gesicht. Oh, nein wie schrecklich muss ich für ihn aussehen, mein Gesicht in ein dunkles rot getaucht. William jedoch bleibt ruhig vor mir stehen und streckt seine Hand aus. Sein Finger streift über mein Gesicht und er kostet es, völlig erstaunt und mit großen Augen richtet er das Wort an mich „Madame, ihr weint Blut“. Ich muss ihn umbringen, er wird mich verraten, schreiend davonlaufen und die Menschen auf mich hetzten. Doch nichts von all dem geschieht. Williams Gesicht erhellt sich und ein kleines Lächeln ist zu sehen. Er wirft sich mir in die Arme „Ihr seid eine Heilige“.
Wir sind da. Es ist ein komisches und beengendes Gefühl, den selben Boden unter den Füßen zu spüren wie die meinen. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit seit ich ihnen den Rücken gekehrt habe, sicher erwartet niemand das ich mich hier wieder sehen lasse und auch noch mit einem Menschenkind. Es ist stockdunkle Nacht, ich nehme William bei der Hand und ein innerer Instinkt weist mir den Weg. Eingebrannt in meinen Kopf, selbst blind würde ich zu ihnen zurückfinden. Nichts hat sich verändert. Das riesige Eingangstor ist immer noch mit Efeu umwuchert und die vielen kleinen Fenster sind wie schon damals mit bunten Mosaiksteinen, wie in einer Kapelle bestückt. Eine angenehme oder aber trügerische Ruhe liegt über dem Anwesen. Ich weiß nicht genau was mich erwartet. Sind sie überhaupt noch hier? Wenn nicht was mache ich dann? Wie kann ich sie finden. Doch die Frage die mich am meisten quält ist die wie es Lorenzo ergangen ist. Es wird mir das Herz brechen ihn immer noch in der sitzenden Pose an diesem alten Holztisch verweilen zu sehen. Aber ich komme nicht mittellos, die Heilung ist nahe. Gloria, sie wird mich hassen, ach ich kann es nicht ertragen von ihnen gehasst zu werden. Sicher werde ich sie verlassen, aber sie dürfen mich nicht hassen. Ich kann nicht von ihnen gehen wenn sie auch nur einen Funken Abneigung gegen meine mich empfinden. Nun ist es also soweit, wir stehen direkt vor der Eingangstür. Ich drehe mich zu William und legen ihm meine Hände auf seine kleinen, zarten Schultern. Seine Augen sind etwas hübscher, wie Augen normal sein dürften „Warte hier auf mich!“. Wenn er schlau ist wird er das Weite suchen, im Inneren wünsche ich mir das. So leise und vorsichtig wie eine Fremde gehe ich in den Empfangssaal. Leise klimpern meine Füße auf dem Boden. Leise Musik hallt wie ein Echo wieder. Ein Klavier – Lorenzo spielt wieder, schnellt durch meinen Gedanken. Ohne weitere Überlegungen stürme ich in den nächsten Raum, lauter wird die Musik, ich öffne Tür um Tür und die Musik weist mir den Weg. Gleich bin ich bei dir und du wirst mich in deine Arm schließen und über meine Kopf streicheln und mir sagen das alles gut wird. In diese perfekte Illusion eingehüllt erkenne ich zu spät das die Person nicht Lorenzo ist. Gloria sitzt am Flügel und haut in die Tasten, lauter, lauter. Ihre Haare hängen ihr tief ins Gesicht und ihre Augen sehen sogar aus der Entfernung sehr müde aus. Blass wirkt sie, wer weiß wir lange sie nichts getrunken hat. Dann hebt sich müde ihr Kopf. Ihre Augen erkennen wer zu Besuch gekommen ist. Keine Regung, keine Mimik, sie spielt nur noch aggressiver und lauter das Stück. Ich kann mich nicht bewegen, der Anstand befiehlt es zu warten bis sie das Wort an mich richtet...sprich zu mir! Als sie nach 2 weiteren und noch traurigeren Stücken fertig ist, klappt sie leise den „Deckel“ herunter und legt ihre Hände in den Schoß „Die verlorene Tochter ist heimgekehrt“. „Wo ist Lorenzo, Gloria?“. Als ich diesen Satz aussprechen tut mir mein schärfer Tonfall auch schon wieder leit, wie viel muss sie mitgemacht haben. „Deine ersten Worte gelten ihm, hast du nicht soviel Zeit zu fragen wie es mir geht? Du hast mich hier gelassen mit ihm. Alleine bin ich gewesen – ganz alleine, hier in diesem Gefängnis.“ Ihre Augen sehen noch verschlafener aus, ein zarter Schleier liegt über ihnen, ein Schleier der sie so müde wirken lässt und kränklich. Zerbrechlich streckt sie ihre dürren Arme nach mir aus und winkt mich mit einer kleinen Bewegung an sich heran. Schon früher ähnelte sie in ihrer Gestalt einem Kind das sich in deiner Umarmung verstecken will, dieser Eindruck wird durch ihre Erscheinung nur noch verstärkt. Wünsche ich doch durch ein paar nette Worte, ein paar helfende Hände ihr Leid zu mindern. Alles aus dem Weg zu schaffen was sich zwischen uns gestellt hat. Einfach das was war zu vergessen und den Blick auf die Zukunft zu richten. Mit langsamen Schritten gehen wir auf einander zu als müssten wir uns erst noch bewusst machen wer da vor uns steht. Dann umarmt sie mich, jedoch mit einem Abstand der Fremden gebührt. Ihre Arme fassen nur leicht meinen Rücken und sie haucht mir zwei Küsse auf die Wange. Bin ich ihr so fremd geworden?!
Dann lässt sie mich wieder los und schaut mich lange an, so als müsse sie sich erst wieder an meinen Anblick gewöhnen „Natürlich hast du dich nicht verändert“ Ein leichtes Grinsen huscht über ihre blassrosa Lippen „Aber ich sehe furchtbar aus!“ Unter Erschöpfung setzt sie sich wieder und stützt ihre Arme auf ihren Knien ab. „Dir fehlt nur ein bisschen Blut, dann geht es dir wieder besser“. Meine Worte scheinen sie nicht zu erreichen, denn keine Regung geht von ihr aus, nur der sture, müde Blick auf den Boden. Ich knie mich vor ihren Schoss und schaue von unten in ihr Gesicht „Ich habe dir etwas mitgebracht....ein Geschenk“. Ein kleines Funkeln kann ich sehen das über ihre Augen huscht, angestachelt von dem bisschen Freude das sie zeigt rufe ich William herein. Der Junge blinzelt spitzbübisch um die Ecke und ich reiche ihm meine Hand. Gloria ist sofort angetan von ihm. Das wusste ich!
Gloria Gesicht füllt sich mit Leben, ihre Wangen nehmen einen leicht glänzenden frischen Ton an wie ein Pfirsich . Sie atmet tief ein und schließt dabei unter dem flachen zittern ihrer Lieder die Augen. Ihr Brustkorb wölbt sich und ihre ganzer Körper scheint wie aus der Winterstarre zu erwachen. Ein leichtes Strahlen umgibt sie völlig. Sie hat die Witterung seines Blutes aufgenommen. Ein leiser Seufzer entrinnt ihr „Er ist wunderschön“. Sie kniet sich vor ihn um in die Augen zu sehen und um irgendetwas in ihm zu erkennen. Ganz nahe kommt sie ihm und William schreckt kein bisschen zurück, lediglich einmal dreht er sich kurz zu mir um und ich nicke ihm zu. „Wie heißt du mein Hübscher?“ „William“. Gloria lacht laut auf „Er ist Engländer....du hast mir einen kleinen, zuckersüßen Engländer gesucht.....du kannst mich nicht hassen!“. Ich schaue aus dem Fenster, leise entgegne ich ihr „Ich habe dich doch nie gehasst!“ Sie ist voll und ganz in William vernarrt, streicht über seine Backen, küsst seine weizenblonden Haare. Wer ist hier wem verfallen? Ein unbehagliches Gefühl macht sich in mir breit, wenn ich die beiden so sehe. Es wird mir klar das ich ihn ihr gebracht habe, ich habe ihn mit der Absicht das sie ihn haben kann hier her gebracht und natürlich weiß ich was sie mit ihm machen wird. Doch das wird mir erst jetzt richtig klar, jetzt ist es zu spät. Verschwindet ihr Gedanken, ein Mensch sollte niemals solche Gefühle in mir wecken und schon gar nicht ein noch so junger, unvollkommener Sterblicher. Da fällt mir Lorenzo wieder ein. Wie konnte ich ihn vergessen? Wegen ihm bin ich doch hier, doch ich ertappe mich selbst dabei wie ich weiterhin auf Gloria und William über meine Schulter herabblicke. Er sitzt auf ihrem Schoß und sie bürstet mit einem goldverzierten Kamm sein verwuscheltes Haar. Hätte ich ihr doch William erst gezeigt wenn sie mich zu Lorenzo gebracht hätte, jetzt ist sie sicher nicht mehr bereit mich zu ihm zu führen. Sie hat ein neues, aufregendes Spielzeug. Lieblich und mit sanfter Behutsamkeit muss ich vorgehen, etwas das mir nicht wirklich liegt. Mit federnden Schritten und leichtem knacken des alten Holzbodens gehe ich auf sie zu, ein leises Liedchen trällert sie vor sich hin, ich beuge mich zu ihr hinunter und lege meinen Kopf seitlich auf ihr noch freies Bein „Habe ich meiner unsterblichen Schwester eine Freude machen können?“. Kurz heftet sie ihren Blick auf mich und nickt „Ja, aber ich kann dir nicht geben was du suchst!“ „Warum?“ „Er ist nicht hier“. Ungestüm werde ich wieder, obwohl es mir gleich leid tun wird „Wo ist er? Erzähl mir alles!“. Nie funktioniert etwas wenn ich versuche nett zu sein, also mache ich es auf die Art die mir liegt. Mit einem Ruck reise ich William von ihr los und sofort beginnt ein ohrenbetäubendes Geschrei den Raum zu erfüllen „Gib ihn mir!“. Sie streckt ihre Arme aus, doch bewegt sich nicht von ihrem Stuhl. „Sag mir wo Lorenzo ist! Sag mir wo was du mit ihm gemacht hast!“. Wieder faltet sie ihre Hände auf ihrem Schoß zusammen und streift ihr Kleid glatt. Ihr Kopf liegt schwer auf ihrer Brust und ihre Haare verbergen ihr blasses Gesicht, leise Töne die sich nur langsam in meinen Ohren zu Worten zusammensetzen kommen aus ihrem Mund „Er ist bei Hayden“. Was? Wer um alles in der Welt ist Hayden? Ich könnte sie auf der Stelle umbringen, das macht mich wütend. Sie gibt Lorenzo einfach weg?! Ich versuche mich einigermaßen unter Kontrolle zu halten, meine Arme sind verschränkt und meine Hände umklammern diese fest „Was soll das heißen!“ Die Worte sind aus zittriger Wut „Wer ist Hayden?“. Mit ein wenig eingebildetem Stolz schaut sie mich an „Er ist mein Zögling“. Ein lautes Lachen entrinnt meiner Kehle „Dein Zögling? Du traust dich einen neuen Vampir zu erschaffen, was erlaubst du dir eigentlich? Wo ist er?“. Ihre Augen weit aufgerissen, klammert sie sich an mich „Du wirst ihm doch nichts antun?!“. Ich reise sie an den Haare nach oben und packe sie an ihrer Kehle „Ich werde dir gleich etwas antun wenn du mir nicht sagst wo ich ihn finde!“. Ein Krächzen kommt nur von ihr und ich lasse sie auf den Boden fallen. Sie fasst sich an ihren Hals „Im alten Theater“. Ohne weitere Fragen stürme ich mit William nach draußen, sie ruft mir hinterher „Du musst mir glauben, ich habe ihn doch nur zu ihm gegeben weil ich nicht mehr an seine Heilung geglaubt habe, ich habe es nicht ertragen ihn so zu sehen – versteh mich doch“. Wie konnte ich nur Mitleid mit ihr haben. Zu einfach hat sie es sich gemacht, Lorenzo einfach entsorgt. Hat sie kein bisschen Ehrgefühl? Er ist ihr Schöpfer. Nicht einmal die unterentwickelte Rasse der Menschen geben ihre Eltern fort wenn sie alt und krank sind. Mit schnellen Schritte und unter Anspannung meines ganzen Körpers laufe ich auf dem kürzesten Weg zum „Alten Theater“. Kurz vor dem Ziel steuere ich den Stadtfriedhof an, William zieht an meinem Ärmel „Das ist ein Friedhof“. Innerlich breche ich in schallendes Gelächter aus, er hat Angst vor einer harmlosen Ruhestätte für tote Sterbliche und vor mir nicht die geringste Scheu, er ist ein besonderer Bursche. Ich nehme ihn hoch und drücke ihn an mich. Seine kleinen Ärmchen umklammern meinen Hals und sein Gesicht drückt er auf meine Schulter. Im Dunkel der Nacht liegt das Alte Theater, heruntergekommen, mit Moos und anderem Unkraut überwuchert und verlassen. Die Fenster sind zerbrochen. Die morsche, alte Tür ist längst aus den Angeln gefallen so das jederzeit Eintritt gewährt ist, jedoch wird sich kaum ein Sterblicher hier her verirren, da sich zahllose Legenden um dieses alte Gemäuer ranken, selbst einige der jungen Vampire meiden diesen Ort. Ich habe diesen Ort seither gemieden weil es dreckig und kaputt ist, als Unterschlupf nicht zu empfehlen, aber gut wenn du auf ungeliebten Besuch verzichten willst. Ein riesiges Feuer hat das Theater vor mehr als 50 Jahren dahingerafft, seither wurde es nicht wieder aufgebaut. Ich habe es gesehen als es noch in Takt war, ein prachtvolles Gebäude, wirklich. Mit William im Arm stehe ich mitten im Empfangssaal, immer noch liegen verkohlte Holzpfosten überall auf dem Boden herum, es sieht aus als wäre erst gestern das Feuer gewesen, selbst der Geruch von verbranntem Fleisch weht durch die Luft. Mit jedem Schritt den ich gehe knarrt das Holz unter meinen Füßen. Ich setze William ab und befehle ihm hier auf mich zu warten und sich nicht von der Stelle zu rühren. Langsam darauf bedacht nicht durch das Holz zu brechen laufe ich durch die letzten Räume wo man nur noch erahnen kann was ihre Bestimmung war. Ein alter Kronleuchter mit Kristalltropfen liegt am Boden in tausend Stücke zersplittert. Dann komme ich in einen Raum der mit neuen Balken gestützt ist. Da liegt er! Bewegungslos mit offenen Augen die an die Decke starren. Ich gehe zu ihm aber traue mich nicht ihn zu berühren, er so sieht so zerbrechlich aus in seinem „Schlaf“. Wie angewurzelt stehe ich da, dumm komme ich mir vor, Monate habe ich mich nach diesem Augenblick gesehnt, ihn endlich heilen zu können und jetzt, stehe ich da wie eine steinerne Statue. Eine leicht rauchige und doch noch sehr klare, junge Stimme ertönt „Sicher ist er endgültig tot.“ Ohne zu wissen wer dort steht möchte ich dieser Persona sofort das Leben aushauchen für diese Äußerung. Ein Vampir ist es, gewiss, ein Mensch traut sich hier nicht her, langsam drehe ich mich zu ihm „Hayden, nehme ich an?!“. Er grinst und drückt seine Zigarre neben mir am Pfosten aus „Mein Name spricht sich also rum“. Auf seine paar unbedeutenden Monate als Vampir bildet er sich wohl was ein „Ich werde dich am leben lassen wenn du mir Lorenzo gibst“. Unbeeindruckt lehnt er an einer Wand „Bitte nimm ihn mit“. Ich laufe auf ihn zu, doch Hayden versperrt mir den Weg „Machen wir ein kleines Tauschgeschäft – ich möchte etwas dafür das ich ihn dir gebe!“. Ich schaue in seine schwarzumrandeten Augen, die starr durch mich hindurchblicken, seine Haare sind glatt und schwarz. Sie sind strähnig und reichen ihm bis über die Schultern. Wie es aussieht hat er seinem Teint mit Puder nachgeholfen. Man erkennt nicht ihn, sondern nur eine Maske. Sicher sollte ich ihn sofort dem Erdboden gleich machen aber ich bin neugierig was er verlangt, ich nicke ihm zu um zu signalisieren das er weitersprechen soll „Deinen Namen“. Da er so penetrant danach fragt kommt mir mein Name als etwas wertvolles vor das es vor ihm zu verstecken gilt. Er soll nicht wissen wer ich bin, sein Blick der auf mir haftet ist mir unangenehm „Was willst du von mir?“. Mit leiser, heißerer Stimme wiederholt er seinen Wunsch. Wen hat Gloria da nur auserwählt? Ich kann ihn nicht umbringen, ich weiß nicht warum aber es geht nicht. In diesem Moment hasse ich mich selbst, darüber das ich eingeschüchtert bin und nicht einmal weiß von was. Er ist jung, er ist unerfahren. Was hat er nur das mich so nervös macht? Leider scheint er mein Unwohlsein zu merken denn er geht ein Stück beiseite, ich husche schnell zu Lorenzo ans Bett und spreche leise zu ihm, aber mehr um mich selbst zu beruhigen als ihn, ich weiß ja nicht einmal ob er mich hört. Über meine Schulter schaue ich ihn an, seine längeren Haare glänzen und fallen ihm in wilden Strähnen ins Gesicht. Seine Augen sind so tief schwarz wie ich es noch nie gesehen habe, seine Haut ist kalkweiß und sieht so weich aus. Es gibt mir kein gutes Gefühl ihn anzusehen, aber irgendwie kann ich meinen Blick nicht von ihm wenden. Seine Fingernägel glänzen auch und sie sehen gefeilt aus, angespitzt und durchsichtig. Er ist groß und schlank, seine Kleidung ist eindeutig zu klein für ihn, das schwarze Leinenhemd verdeckt seine Arme nicht ganz. Ich richte Lorenzo auf und lege seinen schlaffen Arm um meine Schulter. Ich versuche ihn hinter mir herzuschleifen, aus dem Alten Theater. Anstrengung kostet es mich ihn nicht die ganze Zeit über anzustarren. Hayden läuft mir hinterher, aus der Tür bis auf den Friedhof, dann setzt er sich mit einem Schwung auf einen gemeißelten Grabstein. Er beobachtet mich, wie ich mit Lorenzo und William den schmalen Kiesweg entlang gehe, nun verschwinde schon! Dann ruft er in die Nacht hinein „Morgen Nacht“ „Was?“ „Du willst mich doch wiedersehen, Sinuhe!“. Ich werde mich nicht umdrehen und ihn ansehen, obwohl ich es will. Ja, ich will ihn wiedersehen, ich will es wirklich.
Er liegt wie ein Engel vor mir. Völlig entspannt, keine Sorgen, er sieht glücklich aus. Vielleicht ist er ja zufrieden da wo er jetzt ist?! Vielleicht will er nicht geweckt werden von mir?! Ich streiche ganz sanft über seinen Kopf und küsse seine Stirn „Sei nicht böse mit mir“. Dann öffne ich den Verschluss der Kette und verschließe sie fest in meiner zu einer Faust geballten Hand. So ein kleines Ding und das einzige was ihm helfen wird. Die Macht in meiner Handfläche, ein schöner Gedanke. Ganz langsam hebe ich den Deckel des Anhängers, sofort strömt der Geruch des Blutes mir in die Nase. Ich tauche meinen Finger ein wenig hinein und beträufle damit seine Lippen. Zusehens werden sie rosiger und voller. Als hätten sie ein Eigenleben. Schön sehen sie aus. Ich öffne leicht seinen Mund und kippe mit einem Schwung des wertvollen Inhalt der Ampulle in seinen Rachen. Den Weg der der lebensspendende Saft einschlägt kann man beobachten, denn von seinem Hals über seinen Brustkorb bis zu seinen Füßen verändert sich die Haut. Sein Körper zuckt, wird von Krämpfen geschüttelt, als würde er nun wieder den Kampf gegen das Gift aufnehmen. Seine Haare gewinnen ihre Farbe zurück, wie eine Wiedergeburt. Dann, schlagartig macht er die Augen auf und setzt sich aufrecht hin. Er schaut hin und her und schließlich sieht er mich. Er entkrampft und seine Augen werden sanft, er nimmt meine Hände die ich ohne es zu merken vor meinen Mund gelegt habe. Wie zuvor er bin ich innerlich zu Stein erstarrt. Er ist tatsächlich wach. Wach. Lorenzo nimmt mich in seine Arme und haucht mir ein kleines Dankeschön in mein Ohr.
Stunden vielleicht aber auch Tage sitzen wir zusammen bis wir uns entschließen jagen zu gehen. Gemeinsam mit ihm die Nacht durchstreifen, ein letztes Mal. Ich werde ihm sagen müssen das ich nicht bei ihm bleiben kann, auch wenn er so glücklich scheint das ich bei ihm bin, er hat noch nicht einmal nach Gloria gefragt und was passiert ist. Sehr schweigsam verhält er sich. Geändert hat er sich, das ist klar. Seine Bewegungen und seine wenigen Worte sind gut gewählt und etwas in seiner Mimik ist anders, eine ganz andere Aura umgibt ihn, und dennoch ist er mehr als zuvor mein Lorenzo, mein Schöpfer, mein Vater. Nachdem wir uns an einigen gut situierten Herrschaften gelabt haben ergreife ich das Wort „Ich muss fort gehen, für immer“. Getroffen wirkt er nicht, nur ein leises und kränkliches warum ist zu vernehmen „Nach all dem was geschehen ist, bin ich es nicht mehr würdig in deiner Gegenwart zu sein, nicht einmal mehr in deinem Schatten zu stehen“ „Wenn du dich nicht für würdig hälst wer ist es dann? Etwa Gloria, die mich an einen jungen Vampir verschachert hat?“ „Woher weißt du das?“ „Mein Körper war starr aber mein Geist nicht, die Zeit wo du weg warst kam mir so entgültig vor, ich dachte schon es wäre ein Abschied auf Ewig, aber jetzt bist du wieder da und ich werde dich nicht noch einmal gehen lassen!“ „Wenn du mich liebst dann lässt du mich gehen“. Er lacht kurz auf „Liebe? Verrückt, gefangen, verliebt – das alles bin ich, aber zu meiner Schande muss ich dir und mir eingestehen das es eine egoistische Liebe ist, ich weiß nur das ich ohne dich nicht leben kann!“. „Hör mir zu, so geht das nicht! Ich habe mir geschworen dich nicht im gegenseitigem Hass zu verlassen, mach es mir nicht so schwer“ „Siehst du nicht das dein Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist....für was lohnt es sich denn zu leben wenn du nicht an meiner Seite weilst“. Es ist genug „Hör auf, hör auf, hör auf! Es ist mir egal was du willst! Das erste mal will ich nur an mich denken! Um dein erbärmliches Leben zu retten musste ich Damiens opfern....ich liebte ihn und er wird der einzige sein, mit dir habe ich nur Mitleid. Ich kann dich niemals lieben, auch wenn ich mich noch so bemühe. Tief in mir hasse ich dich, ja das tue ich, du hast mir alles genommen und nichts gegeben, ich habe nichts und bin ein nichts und wenn ich mich nicht von dir losreise wird das auch so bleiben“. „Warum sagst du so etwas!“. Ich schaue in sein zornverzerrtes Gesicht „Weil es die Wahrheit ist, und das war das einzige was ich dir schuldig war!“. So sollte es nicht enden, aber wenigstens hatte ich was ich wollte, die Freiheit.
In den nächsten 11 Jahren wuchs William zu einem Gentleman heran. Nur zu gut verstand er sich auf die höfischen Manieren und das feine Getue. Ein wirklich äußerst gelehriger Schüler sollte er mir sein. Und nicht nur alleine sein Verhalten änderte sich, von Jahr zu Jahr konnte ich sehe wie er von einem kleinen, aufgeweckten Straßenjungen in einen stattlichen jungen, gutaussehenden Mann heranreifte. Nur ich blieb das junge Mädchen das ich war und schon bald ging ich nicht mehr als seine Mutter durch. Als seine Schwester verkaufte ich mich und keiner schöpfte Verdacht. Schämen sollte ich mich das ich ihm und seiner Rosalinda eines Nachts beim Liebesspiel zusah, doch genau ich wie ich es mir dachte, war er auch darin geradezu unmenschlich perfekt. Er hatte viel von mir gelernt.
Wir haben uns in Frankreich nahe Lyon in einer kleinen, abgelegenen Villa niedergelassen, zu der nur ein schmaler Feldweg führt. Kaum eine Menschenseele kreuzt hier unseren Weg, weshalb es mich auch jede Nacht in die Stadt zieht um mich zu nähren. Um möglichst wenig Aufsehen zu erregen schaffe ich die Leichen so gut es geht weg, meistens beschränke ich mich auf den Abschaum der Bevölkerung, wie Straßenbettler, Kranke oder Prostituierte, solche Menschen vermisst niemand. Da ich nicht dem Schutz einer Gruppe im Rücken weis muss ich vorsichtig sein. Ein einzelner Vampir muss mit Verstand und stets wie ein unsichtbarer Schatten die Welt der Sterblichen betreten. Doch langsam spüre ich wie mich das von Innen auffrisst. Das ständige Verstecken hat nie ein Ende, nicht einmal William weiß was ich bin und was ich jede Nacht in der Stadt zu suchen habe. Seine Fragen muss ich vertrösten, aber sein Wissensdurst wird immer größer und irgendwann wird das Versteckspiel aufhören müssen. Wenn er die Spuren der Zeit in seinem Gesicht trägt und ich unverändert jung bleibe.
„Wie kann ich eine Frau glücklich machen?“ Die Frage erstaunt mich und ich tätschele seine Wange „Glaube mir William, darin brauchst du keinen Rat – du beherrscht es wie kein Zweiter“. Lächelnd stehen wir uns gegenüber. Ich widme mich weiter meinem Buch und kümmere mich nicht weiter um ihn, doch ich kann spüren das er noch hinter mir steht. Ein komisches Gefühl breitet sich in mir aus, ein Gefühl das ich schon vor Jahren verloren glaubte. Langsam lege ich mein Buch auf meinen Schoss – der dünne Duft seines Blutes weht mir in die Nase. Leicht neige ich meinen Kopf nach rechts und spreche mit sanfter Stimme „William?! – Du kannst dich entfernen“. Zuerst reagiert er nicht auf mich, Spannung liegt in der Luft. Mit schweren Schritten unter denen das morsche Eichenholz knarrt kommt er auf mich zu. Nun steht er ganz nah hinter mir. Sein Körper drückt sich an die Lehne des Schaukelstuhls, seine Wärme erfasst mich und der Geruch weht noch stärker in meiner Nase. Ein Zittern geht durch mich hindurch als er mit seinen Fingern in meine Haare fährt. Langsam löst er die unzähligen goldenen Haarspangen und beginnt mit ihnen zu spielen. Was macht er da? Nur einen verbotenen Moment möchte ich es genießen. Seine warmen Hände bahnen sich den Weg von meinem Hals zu meiner Brust. Ich schließe meine Augen und Damiens Gesicht erscheint, sofort greife ich seine Hand und gebiete ihm Einhalt. Meine Fingernägel so fest in sein Fleisch gebohrt das es aus kleinen Wunden blutet. Das Blut tropft auf mein Dekoltee und lässt es rosig wirken. Unser Blicke gehe sich aus dem Weg, er entfernt sich von mir. Dann bleibt er abrupt stehen „Es tut mir nicht leid – um mich davon abzuhalten es wieder zu versuchen musst du mich schon rauswerfen und das kannst du nicht!“. Wütend macht mich das, ein kleiner Bengel erteilt mir Vorschriften „Warum? Warum solltest du es wieder versuchen, geh zu deinen Huren, zu deiner Rosalinda und ....“. Wie dumm von mir ihm zu zeigen das die Eifersucht in mir brodelt. Was für ein Eingebildeter Flegel er doch geworden ist. Anscheinend lacht er mich nur aus „Soll ich dir sagen warum?! – Weil ich dich haben will. Ich will das du mir gehörst, alleine! Und du warst es die mir gezeigt hat solange zu kämpfen bis ich das was ich will habe! Also glaube nicht das ich mich mit einem Nein zufrieden geben.“ „Sei kein dummer Junge und hör auf dich wie ein Kleinkind aufzuführen. Du weißt das ich wie eine Sohn aufgezogen habe“ „Aber du bist nicht meine Mutter und auch wenn, wäre es mir egal. Ich will dich in meinem Bett, lieber jetzt als morgen, mit Haut und Haaren“. Ein Bastard ist er! „Verschwinde aus meinem Haus!“ Wieder grienst er schelmisch über sein ganzes Gesicht „Ich habe genau gespürt wie du gezittert hast als ich dich berührt habe“. Noch nie habe ich ihm wehgetan oder ihn meine unmenschliche Macht spüren lassen, doch in diesem Augenblick fällt es mir schwer meine Kraft zu zügeln und ihn nicht das fürchten zu lehren.
Die nächsten Nächste verwendet William darauf mich um den Verstand zu bringen, Stunde um Stunde sind die Räume und Gänge von wolllustigem Stöhnen und Kichern, Schreien und Lachen erfüllt. Das helle, fast lärchenartige Stimmchen von dieser kleinen Bauerntochter Rosalinda schlägt mir aufs Gemüt. Wie kann er sich nur mit ihr abgeben, eine dumme, schnatternde Gans ist sie! 2 lange Tage geht es nun schon so, nur wenige Male habe ich die beiden aus Williams Gemach kommen sehen und dann auch nur um wieder in inniger Umarmung in diesem zu verschwinden. Sie essen nicht und sie schlafen nicht. Ich sitze an meinem riesigen Fenster und sehe hinaus auf den tiefschwarzen Wald der die Sonne hinter sich verschlingt, gleich kann ich aus diesem Freudenhaus verschwinden und mir etwas gutes tun, noch wenige Minuten. Dann ist es soweit, ich lege meinen langen purpurnen Mantel an, der mir bis zu den Knöcheln reicht und gehe die lange Wendeltreppe zum Eingang hinunter. William und Rosalinda kommen mir schwankend entgegen. Sie hält eine Flasche unseres besten Rotweins in der Hand und er ein edles Kristallglas, das noch halb gefüllt ist. Seinen Arm hält er um ihre Hüften weil sie anscheinend sonst droht umzufallen. Ihr Blick ist glasig und ihre Wangen sind von einem zarten Rotstich gezeichnet, das lange schwerer rote Haar fällt ungeordnet und in wilden Strähnen auf ihre Schultern. Als sie mich sieht versucht sie sich zu fange und verbeugt sich leicht vor mir. Ohne Notiz von ihnen zu nehmen öffne ich die Tür in die Freiheit. William lässt Rosalinda los, woraufhin sie auf den Boden plumpst und in schallendes Gelächter ausbricht. Er fasst ebenfalls den Türrahme an und mustert mich „Wo gehst du hin?“ „Ich glaube nicht das ich dir Rechenschaft ablegen muss!“ „Jede Nacht verschwindest du und ich weiß nicht was du tust, ich will es wissen! Du hast ein Geheimnis das du vor mir versteckst“. „Lass mich durch William“. Keinen Zentimeter bewegt er sich und schließlich bricht der angestaute Zorn aus mir heraus. Im nächsten Augenblick findet er sich auf dem Fußboden, er fasst seinen Kopf, es ist Blut an seine Händen. Was habe ich getan? Rennend verlasse ich das Haus, nicht weil ich vor ihn davonlaufe, wäre ich nicht sofort gegangen hätte er sein Leben verloren.
Gebt mir Leben! Ich bin so aufgebracht, gebt mir sofort frisches Leben. Ich will das mein Körper warm wird und ich mich lebendig fühlen kann, wenigstens für ein paar unbedeutende Minuten. Die Vorsicht habe ich hinter mir gelassen, mir ist nach einer jungen hübschen Lady zumute. Zum Teufel mit den Bettelmännern, ihr Blut genügt mir nicht. Es hat nicht den Geschmack von Hochmut und Ehre, Falschheit und Tugend. Eine berauschende Mischung. Heute keine Schmeichelein und Verführungsversuche. Heute nur der Dämon in mir der seinen Tribut verlangt. Suchen, finden und töten, suchen, finden und töten. Da ist sie. Mit einem dunkelblauen Fächer in ihrer blassen Hand und einem riesigen Hut aus blauem Tüll steht sie da. Sie wartet auf etwas. Dann wendet sie ihren Blick in die andere Richtung und ihre Augen erstrahlen, ihre blassrosa Lippen formen sich zu einem kleinen Lächeln. Ah, ich sehe, ein in schwarz gekleideter Edelmann wirft ihr auffordernde Blicke zu. Er verlässt die kleine Feier. Nur wenige Minuten später macht ich auch die Lady davon. Nervös schaut sie sich um, ob auch niemand ihr weggehen bemerkt, kurz treffen sich unsere Blicke. Ich habe meine Wahl getroffen.
Als ich die Tür zu unserer Villa öffne habe ich damit gerechnet ihn wartend vorzufinden, doch das riesige Anwesen ist in einer gespenstischen Stille umhüllt. Ich laufe leisen Fußes an seinen Gemächern vorbei und auch von dort ertönt kein Geräusch. Ruhe! Endlich die Ruhe die ich brauche. Mein Mantel und mein Kleid, welches beides mit Blut und Erde verschmutzt ist, habe ich abgelegt und schlüpfe in ein dunkelrotes Abendgewand aus Seide, das sich wie eine zweite Haut an mich schmiegt. Leise öffne ich die Tür zu meinem Schlafzimmer. Ein sanfter Lufthauch umweht mich, das Fenster ist weit geöffnet. Umrisse einer dunklen Gestalt sind zu erkennen, die am Balkongeländer steht. Wie ich die Tür in Schloss fallen lasse dreht er sich um, wendet sich aber sofort wieder von mir, mit dem Blick auf den Vollmond gerichtet. Schon von weitem kann ich seine Wunde am Hinterkopf erkennen, die noch den süßen Duft seines Blutes in den Abendwind trägt. Ich gehe auf ihn zu und lege meine Hand auf den noch frischen Schorf. „Es wird bald geheilt sein“. „Sicher“. Er sieht mich nicht an „Du bist wütend auf mich!“ „Nein“ „Was ist es dann? Irgendetwas hat sich verändert zwischen uns“ „Ich verstehe dich einfach nicht, ich will nur wissen wer du bist“. Ach er ist so jung und so naiv. Ich setzte mich mit einem kleinen Lächeln auf die Balkonmauer. Ich schaue mich um „Wo ist Rosalinda?“. “Es geht nicht um sie, ich brauche Antworten! Du hast mich aufgezogen und hier hergebracht, seit ich denken kann verschwindest du sobald sich die Nacht über die Stadt legt und du gibst mir keine Antworten...ich tappe im Dunkel. Ich weiß nichts von dir. Ich bin nicht dumm, doch so behandelst du mich. Wie ein Kind“ „Aber du bist ein Kind, du...“. Er wird aufbrausend „Nein – das ist es, du willst es nur nicht sehen!“. Und ob ich es sehe. Er ist ein Mann geworden, aber das darf ich mir nicht zu bewusst werden lassen, sonst weiß ich nicht was passiert. Der Moment vor dem ich mich solange gefürchtet habe ist gekommen, viel zu früh, aber er steht vor mir und wenn ich ihm jetzt nicht gebe was er will, wird etwas geschehen das uns beide trennt. „Gut“. Überrascht ist er und gespannt wartet William auf das was er jetzt glaubt zu hören zu kriegen. Ich fasse seine Hand und führe sie zu meiner Brust den toten Klumpen in meiner linken Brust, der schon so lange nicht mehr geschlagen hat. Sein Atem ist tief und schwer und sein Gesichtsausruck wandelt von Verwirrung zu Ekel. Er zieht seine Hand weg und traut seinen Gefühlen nicht. „Was bist du?“ „Alles werde ich dir erklären, aber zuvor musst du mir etwas schwören!“. Mit zugekniffenen Augen sieht er mich an „Versprich mir das du niemals jemandem davon erzählen wirst was ich dir gleich sagen werde!“. Keine Regung, oder ein leichtes Nicken, nicht ein Anzeichen dafür das er einverstanden ist. „Versprich es!“. Kurz zuckt er zusammen als wäre er geweckt wurde und leise sagt er mir was ich hören will "Kein Wort wird über meine Lippen kommen, das schwöre ich bei meinem Leben“. „Bei deinem Leben?!“ „Ja“ „Und genau hier fängt meine Geschichte an.......“. Alles lege ich vor ihm nieder, jede schmutzige Kleinigkeit, jedes kleinste unbedeutende Detail, keine Geheimnisse mehr und keine Lügen. William hört die ganze Zeit über geduldig zu, ab und zu schüttelt er seinen Kopf aber sein Mund bleibt verschlossen. Bis kurz vor Sonnenaufgang verweilen wir. Sogar als ich schon längst am Ende bin mit meiner Beichte bleiben wir sitzen. Dann blickt er zum Fenster hinaus „Willst du dich nicht schlafen legen? – Es wird Tag“. Ohne ein Wort zu erwidern stehe ich langsam auf und lege ihm kurz meine Hand auf seine Schulter „Hasst du mich jetzt?“. Er nimmt meine Hand uns fährt über die meinen Handrücken „Nein, aber gib mir Zeit mich daran zu gewöhnen“ „Wie viel Zeit brauchst du?“ „Spielt das denn für dich eine Rolle?“. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen „Nein“.
Die Wahrheit ist durchaus sehr dehnbar. Einer Schuld bin ich mir nicht bewusst. Gelogen habe ich nicht nur etwas nicht erzählt, über eine winzige Kleinigkeit geschwiegen. Zu seinem Verständnis hätte es nicht beigetragen, nur zu Zorn, Verwirrung und zu Eifersucht. Eine Frage bleibt unbeantwortet, nämlich die wo ich nachts hingehe. Ich kann nichts dafür, es ist wie eine Sucht. Schon wieder bin ich gefangen und willenlos. Es macht mich wahnsinnig und glücklich zur selben Zeit. Kann sein das es in Wirklichkeit das ist was ich suche, den Wahnsinn, der mich endlich und endgültig von diesem Dasein hier erlöst. Süßer Wahnsinn, breite deine schwarzen Schwingen um mich und gib mir ein Gefühl der Geborgenheit. Lass mich deine Muse sein, dein Licht oder deine Dunkelheit, wie du es willst. Führe mich, denn ich bin allein und verlassen. Was macht es noch aus, ich lebe doch schon seit Ewigkeiten in meiner eigenen Welt, vielleicht bin ich auch schon in dein Reich getreten und habe es nur nicht gemerkt? Ein langer böser Traum könnte es sein, Wahnvorstellungen, oder einfach nur der süße Wahnsinn nach dem ich durste. Vampire? Gibt es sie überhaupt? Gibt es mich, wenn keiner an uns glaubt wie können wir dann existieren. Erzähl keinem wer du bist, verhalte dich wie ein Schatten, immer da und von keinem wahrgenommen. Wozu bin ich hier wenn niemand Notiz von mir nimmt, wozu diese Schönheit wenn keiner sie sieht, wozu diese weiche Haut wenn keiner sie berührt?! Mein Geist verstrickt sich in Widersprüche und tiefdepressive Wirrungen von Gedanken die man nicht einmal denken sollte. Verschwindet aus meinem Kopf, ihr seit Gift für mich. Ach, ich bin so müde, meine einzige Freude sind die Illusion die mir die Nacht bringt, jeden Tag warte ich das sie sich über das Land legt und es regelrecht verschluckt. Dann wird es Zeit für meine ganz persönliche Dosis eines Rausches der mich wegträgt. Nicht einmal der Tod wollte mich, zwischen den Welten gefangen.
Das selbe Schauspiel, wieder und wieder und wieder. Das Warten auf „meinen Tag“ und verschwunden bin ich. Jedes Mal laufe ich mit einem beklemmenden Gefühl davon und doch muss ich einfach diesen Weg gehen. Ich bin einfach schon zu weit gegangen um jetzt noch aufhören zu können. Viel zu weit!
Ein gleichmäßiges Tropfen erklingt, feuchte Luft umgibt die Höhle, nach Moos riecht es und kleine Rinnsäle führen durch das Gestein. Bis tief hinein, in das dunkle Innere führt der kleine Pfad, ab einer gewissen Tiefe sind kleine Kerzen aufgestellt und die leisen Rufe der Fledermäuse sind zu hören. Das Tropfen wird lauter und entwickelt sich schließlich zu einem Plätschern. Dieser Geruch, eine Mischung aus Verwesung und nassen Kellergewölben. Der Duft von toten Körpern entwickelt sich zu einem penetranten Gestank. Widerlich ist das! Wieso kann er nicht einmal die Leichen wegräumen? Durch zahllose Gebeine steige ich hinüber. Überall der Tod. Um die nächste Ecke scheint ein wenig schummriges Licht. Da sitzt er, in seinen Armen eine junge Frau, die sich mit letzter Kraft gegen ihn stemmt bis ihre Arme wie Äste wegknicken und ihr Kopf nach hinten sackt. Ihre schwarzen, gelockten Haare fallen ihm über seine Hand, die um ihren Kopf geschlungen ist. Ein paar letzte kräftige Schlücke und ein Seufzer entrinnt ihr, dann ist sie tot, so wie alle hier. Langsam legt ihr sie auf dem nassen Steinboden nieder und leckt das letzte Blut von ihren Lippen und seinen Fingern. So war ich auch einmal. Als ich noch jung war, gerade erst zu einem Vampir gemacht, war Blut das einzige was zählte. Egal welches, ob von Mann oder Frau, Kind oder Baby, sogar das von Tieren kam mir unter, allerdings nur selten, denn es hat einen komischen Eigengeschmack und wird viel zu schnell kalt. Es ist doch auch viel schöner einen Menschen zu hetzen und in seine Augen zu sehen wenn er versteht das er sterben wird. Wenn sie langsam zu Wachs in deinen Händen werden und sich nicht mehr wehren, sondern sich damit abfinden das ihr Leben vorbei ist. Die ersten Lebensjahre hatte ich eine Art Ritual. Von jedem meiner Opfer habe ich ein Stück der Haare mitgenommen. Allein der Duft der verschiedenen Strähnen vermochte es mich wieder an die Art des Tötungsaktes zu erinnern, als würde ich es noch einmal erleben, als würde noch einmal meine Gier mit mir durch gehen. Aber das habe ich abgelegt. Irgendwann wollte ich mich gar nicht mehr erinnern. Das Töten wurde mir zuwider, aber es ist kein Entkommen. Zu sehr das Verlangen danach, die Lust, der Rausch, das Gefühl schwerelos zu sein und das Gefühl das Leben in einen fährt wenn der warme Saft einem die Kehle runterrinnt und kurze Zeit den ganzen Körper erwärmt. Die Wahrheit ist doch das wir abhängig sind von den Sterblichen. Wir lieben sie. Alle von meiner Sorte lieben sie. Immer geben wir uns so haushoch überlegen aber sie haben uns in der Hand. Wenn wir einen Menschen sehen, dann sehen wir das Leben das in ihm pulsiert, das pure Leben. Wir wollen es haben, es festhalten, es an uns binden. Nähern wir uns ihnen aus verschiedenen Gründen? Es geht nicht nur um das Leben das sie uns geben, mir geht es auch darum ob sie mich für eine von ihnen halten, das tun sie. Und das ist schön. Das ist mit ein wichtiger Grund, sie haben zu wollen. Alle wollen doch so sein wie sie! Das ist eine Tatsache. Kein Unsterblicher würde das je zugeben, viel zu Stolz sind sie. Doch ich maße mir an das zu beurteilen. Das Katz und Maus Spiel wird weitergehen bis einer von beiden „Rassen“ hinüber ist. Eigentlich bin ich der festen Überzeugung das uns die Menschen mindestens genauso brauchen. Schließlich sucht er nach Aufmerksamkeit, Leidenschaft und das ist das was wir ihm geben. Kann sein das es ein wenig hochgestochen ist zu behaupten, sie wollten den Tod, aber einige tun es. Er hat mich noch nicht bemerkt und ich möchte es noch eine Weile dabei belassen, es wäre besser für mich nicht mehr hier her zu kommen. Bei William hätte ich bleiben sollen, jetzt wo er versucht meine Geschichte zu verarbeiten. Gern würde ich ihn einfach nur ansehen, wie er die junge Frau hoch nimmt und sie auf den Haufen zu den anderen legt. Die toten Körper stapeln sich und früher oder später wird er sie hier wegschaffen müssen, spätestens wenn er droht in den Leichen zu versinken. Nur Frauen oder Mädchen sehe ich hier. „Willst du nicht einmal einen jungen Mann kosten?“. Er blickt nach oben zu mir und kommt mir entgegen, dabei schüttelt er den Kopf und reicht mir seine Hand „Frauen schmecken tausendmal süßer“. Ich habe Mühe mich mit meinem engen Kleid durch die Toten zu arbeiten. "Ich hasse es das du sie nicht wegräumst!“. Er hebt mich hoch und trägt mich über die Körper „Du kommst spät heute“ „Ich hatte zu tun“. Er zündet sich eine Zigarre an „Anscheinend kostet dich dein kleines Menschenkind zuviel Zeit“ „Zeit hat keine Bedeutung“. Leicht nickt er und setzt sich dann auf einen schweren, alten Sarg. Seine langen, dürren Finger gleiten über den samtausgekleideten Überzug des Sargs. Ich schaue ihn an „Ich fühle mich hier nicht wohl, ich will hier nicht mehr her kommen“. Ruhig genießt er seine Zigarre „Dann komm nicht mehr“. Ich beiße mir auf die Zähne „Du weißt das ich das nicht kann!“. Er lächelt und drückt den halbabgebrannten Zigarettenstumpf auf der Samtverkleidung aus „Ich weiß“ „Ich hasse dich!“. Wut schäumt in mir aus. Er steht auf und stellt sich vor mich „Gut“. Dann läuft er eilig hin und her und schleift die toten Mädchen aus seiner Höhle. Einige wirft er sich über die Schulter, andere fasst er nur am Arm und zerrt sie nach draußen. Knochen zerbersten und kleine Blutspuren zeichnen den Weg. Wie er wieder zurück kommt in die nun völlig leergefegte Höhle, soll er nicht denken das mir das etwas bedeutet „Trotzdem hasse ich dich!“. Seine schwarzen Augen funkeln „Noch mehr?“
Es gibt Tage in denen wache ich ruckartig auf. Dann zittert mein ganzer Leib und für einen kurzen Moment fühle ich mich durch etwas aufgeschreckt, als schleicht etwas hier umher oder als liegt etwas verborgenes, geheimnisvolles in der Luft. Es ist dann überall, ich spüre es wie es sich durch die Gänge windet, leise, in der Form eines Windhauchs oder eines Knarren im Holz. Immer öfter fühle ich es. Die Kraft dieser „Energie“ misst sich mit meiner und das ist selten. Und sie kommt mir so bekannt und vertraut vor. Was ist das nur? Bilde ich mir das schon ein?
Es kommt einer Selbstbestrafung gleich! Wieder bin bei ihm obwohl sich alles in mir dagegen sträubt. Aber eine innere Stimme sagt mir „Du musst“ „Geh zu ihm!“. Nicht einmal seinen Namen möchte ich aussprechen, oder denken. Wenn jemand die Fähigkeit hätte meine Gedanken zu lesen und darin erkennen würde das ich Hayden aufsuche, das wäre furchtbar. Leider ist er der einzige der mir von meiner Sorte geblieben ist. Die Gesellschaft von William reicht mir nicht aus, nur ein anderer Vampir vermag die Gedanken und Sehnsüchte von mir richtig zu deuten und zu verstehen. Zwischen uns ist nichts außer diesem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Kein gegenseitiger Respekt, kein Vertrauen, nichts körperliches und nichts geistiges. Einfach nur das Wissen das der andere das selbe Durchgemacht hat, den selben unstillbaren Durst verspürt. Was würde wohl Damien dazu sagen, das ich mich mit Hayden abgebe? Sicher würde er den Kopf schütteln und mich mit seinen treuherzigen Augen ansehen. Bitte sieh mich noch einmal so an! Du bist schuld daran das alles so gekommen ist! Warum hast du mich alleine gelassen? Ohne dich zu sein ist schlimmer als tausend Tode zu sterben. Soviel Schmerz lastet auf meinen Schultern das ich manchmal glaube ihm nicht Stand zu halten. Du bist nicht mehr hier und doch überall, in meinen Gedanken, meinen Träumen, meinen verrückten Wahnvorstellungen. Verschwinde endlich aus mir! Nein, nein so habe ich das nicht gemeint. Komm zurück! Oh bitte, komm zurück und sei es nur um meines Willen. Nicht einmal in meinen Armen durfte ich dich zur ewigen Ruhe betten, nicht einen Moment hatte ich mit dir bevor du entgültig diese Welt verlassen hast. Ohne Beistand bist du gegangen, ich glaube die Schmerzen die ich empfunden habe als du dort oben an diesem Kreuz hingst waren tausendmal schlimmer als die Wunden an deinem Körper. Innerlich hat es mich zerrissen, in tausend kleine Stücke. Bis in mein innerstes Mark hat es mich getroffen und erst da habe ich gemerkt das ich dich mehr als mein eigenes mickriges Dasein liebe! Was haben sie wohl mit deinem toten Körper gemacht? Schreckliche Bilder blitzen vor mir auf. Könnte ich doch wenigstens deinen Leichnam bei mir aufbewahren, ich würde dich in einen gläsernen Sarg betten mit Amonien, die du so sehr liebtest und dich in deinem Dornröschenschlaf beschützen. Keiner würde dir ein Haar krümmen. Für immer würde ich auf dich Acht geben. Und jede Nacht würde ich deinen kalten, ausgebluteten Körper mit frisches, warmen Lebenssaft einseifen, damit deine Haut wieder aufblüht, vielleicht würdest du sogar.......nein, das kann wird wohl nicht passieren.
Seit einigen Wochen komme ich nicht mehr zur Ruhe. Ich traue mich nicht meine Augen zu schließen oder einzuschlafen, denn wenn das passiert sehe ich ihn vor mir. Alles scheint mir dann so real und ich will ihm in die Arme rennen aber er zeigt mit dem Finger auf mich und schaut mich niederschmetternd an und dann sagt er nur ein Wort, nach dem ich schreiend aufwache „Hayden!“. Ich habe das Zeitgefühl vollends verloren, kann sein das ich schon seit Tagen hier auf dem Schaukelstuhl vor dem Kamin sitze und aus dem Fenster starre, kann sein das es erst Stunden sind, ich weiß es nicht. William macht sich Sorgen, das kann ich an seinen Augen und seiner verzerrten Stirn sehen.
Er setzt sich neben mich und nimmt meine Hand in die seine. Ein gequältes Lächeln erzwinge ich mir damit ich seine Angst wenigstens ein bisschen lindern kann, doch in seine Spiegeln der Seele ist echter Trübsal zu erkenne. Ich lege meine Hand auf seine Wange „Es geht mir gut!“ „Das denke ich nicht. Seit Wochen gehst du nicht mehr vor die Tür, bei Tag und Nacht sitzt du hier und grübelst über irgendetwas. Ich möchte dir so gerne helfen, du musst mir nur sagen wie!“. Gern würde ich seine Hilfe annehmen, doch ich weiß ja nicht einmal selbst was los ist. Dieses Gefühl beobachtet zu werden und dieses „Fremde“ in meinen vier Wänden wird immer stärker, selbst William schreckt ab und an hoch und fragt mich ob ich etwas gehört habe. Wenigstens habe ich so den Beweis das ich nicht verrückt werde, aber gleichzeitig ist es auch erschreckend, weil „ES“ eine unglaubliche Kraft haben muss damit ein Sterblicher es spürt. Zu Hayden bin ich ebenfalls schon länger nicht mehr gegangen. Ich weiß nicht was er davon hält das ich ihn ohne Vorwarnung habe sitzen lassen. Auf eine kranke Art und Weise fehlt er mir, aber ich werde hier nicht verschwinden bis „ES“ sich gezeigt hat und ich habe auch Angst um William, um nichts in der Welt könnte ich es mir verzeihen, wenn ihm etwas geschehen würde. In den letzten Tagen hatte ich mehr als genug Zeit um über Lorenzo und Gloria nachzudenken. Es sind schmerzliche Gedanken und Erinnerungen und am Ende jedes melancholischen Zeitsprungs ist mir klar das es mir besser ging, als ich unfrei war. Ich bin nur in Gefangenschaft frei. Ist das nicht lächerlich ?! Seit ich denken kann habe ich darum gekämpft für mich selbst sprechen zu dürfen und meine eigenen Entscheidungen zu fällen. Jetzt ist es seit geraumer Zeit so und das erste was ich tat war mir unnötigen Ballast in Form eines Menschenbengels anzuschaffen. Und dabei ist es so traurig, denn William ist der einzige Lichtstrahl in meinen Dasein. Lange habe ich es geschafft Damien zu verdrängen, aber der Schmerz kann nicht versiegen wenn ich von ihm träume und sobald ich meine Augen schließe sein Gesicht vor mir erscheint. Es ist meine Strafe für seinen Tod.
William ist vor ein paar Stunden in die Stadt verschwunden. Jetzt ist es schon tiefste Nacht und ich habe die Befürchtung das er wieder zu Rosalinda gegangen ist. Ich kann es ihm nicht verdenken. Bei ihr findet er das Verständnis, die Zuneigung und Freude die er sucht und die ihm zusteht. Zu sehr mit meinen eigenen Sorgen bin ich verstrickt, als das ich ihm die nötige Aufmerksamkeit schenken kann. Unter einen lauten, dumpfen Schlag fällt die Tür zurück ins Schloss „William.....komm bitte zu mir“. Ich kann Fußtritte hören, aber keine Antwort bekomme ich. Ich stehe auf und merke erst jetzt wie schwach ich bin, meine Hände hängen dünn und zerbrechlich an mir herunter, nur noch eine hauchdünne Hautschicht überzieht sie. Sie sehen aus wie die Gliedmaßen einer alten Frau, eingefallen und die Adern haben sich unnatürlich weit herausgeprägt. Dann steht der Bursche vor mir „Wie siehst du nur aus?“. Kraftlos und fiebrig kommt meine Stimme aus meiner Kehle „Hayden, was machst du hier?“ Woher weißt du....?“ „Ich bringe dir etwas zu trinken, du hast es äußerst nötig!“. Hinter sich zieht er ein junges Mädchen her und wirft sie mir direkt vor die Füße. Das Mädchen kauert sich auf den Boden und richtet ein Stoßgebet in den Himmel. Dann kommt sie auf mich zugekrochen und klammert sich an meine Füßen fest „Madame, bitte, rette mich vor diesem Monster“. Hayden grinst bei diesem Ausdruck zufrieden. Ich ziehe sie an den Haaren nach oben und erkenne sie. Es ist Rosalinda! Ich lasse sie zu Boden fallen und steige über sie hinweg. Plötzlich taucht hinter Hayden William auf. Verwirrung macht sich in mir breit, was hat William im Teufels Namen mit Hayden zu schaffen? Als könnte er meine Gedanken lesen ergreift er das Wort. „Ich habe ihn geholt, damit es dir besser geht“. Ich verstehe nichts mehr, ich spüre einfach nur diese Schwäche in mir die sich unaufhaltsam in meinem ganzen Körper ausbreitet. Sie steckt in meinen Armen und in meinen Beinen. William redet unaufhaltsam weiter, doch ich bekomme nur bruchstückhaft etwas davon mit. Er hat mich eines Nachts verfolgt und gesehen wie ich zu Hayden gegangen bin. Wütend bin ich, dass er ihn in mein Haus gebracht hat! Das wollte ich nie! Nie sollte er so ein Teil meines Lebens werden. Mein Zorn schlägt sich auf Rosalinda nieder, ich gehe zurück zu ihr und schleife sie über den Fußboden vor Haydens Füße „Was hat sie hier verloren?“ „Frag diesen kleinen Menschenjungen dort, er wollte das ich sie mitnehme....als kleiner Leckerbissen“. Oh, nein, ich habe William so sehr verzogen, dass er keine Achtung vor dem Leben hat. Es verschlägt mir die Sprache, mein hübscher, unschuldiger Junge bietet mir seine kleine Gespielin zum Verzehr? Doch gleichzeitig schmeichelt es mir unglaublich. Er opfert mir die, die immer zwischen uns stand, die ich bis aufs innerste hasse und verachte. Aber egal wie sehr es mich entzückt, kann ich doch nicht Rosalinda nehmen! Es widerspricht grundlegend meinen Prinzipien, sie kennt mich. Weinend und schluchzend sitzt sie wie ein Häufchen Elend da, sie will gar nicht mehr aufhören, das dumme Ding. „Schafft sie weg!“. Hayden zuckt mit den Schulter und geht auf sie zu, doch William stellt sich ihm in den Weg „Überleg doch, was ist sie schon? Eine Hure, nur eine Hure!“ Der gleichgültige Ausdruck in seinem Gesicht entsetzt mich „Ach, mein lieber William, die Zeit mit mir hat dich kalt und gefühllos gemacht“ „Nein, ganz im Gegenteil, gerade weil ich solche Empfindungen für dich habe und sehe wie du langsam zerfällst, will ich das du von ihr trinkst. Nimm mein Geschenk an und erlaube mir als Gegenleistung zusehen zu dürfen, was deine Art ausmacht. Ich will dich verstehen. Schau sie dir doch an, sie ist ein Nichts!“ Mein Blick haftet auf der sich windenden Rosalinda. Er hat ja Recht, ihr Gesicht ist ganz verquollen und jämmerlich beklagt sie ihr Schicksal. Erbärmlich, ich hasse sie. Wer weiß mit wem sie schon alles ihr Bett geteilt hat. Ein verbrauchtest Gesicht, passend zu ihren zerschlissenen Kleidern.
Jetzt spüre ich diesen unsagbaren Hunger, es zerreist mich förmlich von Innen. Kaum einen klaren Gedanken kann ich fassen, wenn ich auf ihren Hals starre. Bestimmt schmeckt sie köstlich, ein Teil von mir möchte sie leben lassen, doch der andere ist zu stark. Das Verlangen nach diesem zarten Hals und dem darunter verborgenen Schatz ist zu groß. Doch zu meinem unbändigen Durst mischt sich immer noch diese Schwäche. Diese beiden Gefühle in mir, scheinen miteinander zu kämpfen, denn für jeden Schritt den ich in ihre Richtung tue, durchströmt mich ein furchtbarer Schmerz. Ich sacke auf dem Boden nieder, William kommt sofort auf mich zu und will mir auf helfen, aber ich mit meinen Blicken zeigen ich ihm das ich das nicht möchte. Hayden steht mit einem angespannten Gesichtsausdruck in der Ecke, mit seinem starren Blick sucht er jeden noch so entlegenen Winkel meines Hauses ab. Was sucht er? Doch das interessiert mich in diesem Augenblick nicht weiter, ich muss trinken! Aus eigener, mit noch verbleibender Kraft versuche ich mich nach vorne zu schleppen, aber meine Arme knicken wie Streichhölzer in sich zusammen und der kalte Marmor streichelt meine Wange. Oh, Gott, ich werde es alleine nicht schaffen. Nun bin ich soweit das ich meine Prinzipien völlig außer Acht lassen, ich will Rosalinda, jetzt, ich muss von ihr trinken, ich habe gar keine andere Wahl mehr. Mein Körper zwingt mich dazu, der Dämon in mir zwingt mich dazu. Wie habe ich es nur so lange ohne Blut ausgehalten, ohne William zu nahe zu kommen? Nochmals versuche ich mich aufzuraffen, einen kurzen Augenblick sieht es so aus, als würde es mir gelingen, aber dann falle ich zurück auf meine Knie. Meine Arme stützen mich unter kleinen Zitterkrämpfen und langsam wie ein Hundewelpe krieche ich nach vorne. William sieht das ich es nicht schaffen werde die Strecke von mir bis zu Rosalinda zurückzulegen. Er packt sie am Arm und zerrt sie mit aller Gewalt und unter lautem Potestschreien mir entgegen. Nun hat sie wohl verstanden das sie von mir keine Hilfe erwarten kann, sonder das ich die bin vor der sie Hilfe braucht. Als sie merkt das alles Schreien, kratzen und beißen nichts bringt, bettelt sie William verzweifelt an „Bitte, bitte, lass mich los William, lass mich doch gehen, ja?!“. Kurz bleibt er stehen und fasst in ihr volles Haar, mit leiser Stimme spricht er zu ihr „Das kann ich nicht! Sinuhe braucht dich“. Leise fängt sie wieder zu schluchzen an, doch kein Wort kommt mehr über ihre Lippen, ein stilles, in sich gekehrtest Weinen ist alles was den Raum erfüllt. Dann wirft er sie mir direkt in meine Arme, ich dachte es würde schwierig werden sie fest zu halten, aber sie bewegt sich nicht, nur ihre Augen starren mich an. Nicht einmal das stört mich mehr, ich bin nur auf ihr Blut fixiert, ihr kleines Herz pocht so laut und so kräftig. Ich lege mein Ohr auf ihre Brust., dieses Geräusch, so rhythmisch, ich liebe es.
Ihr Atem wird kurz und flach. Mit einem meiner Fingernägel ritze ich einen kleinen Schlitz in ihren Unterarm, ein kaum hörbarerer Laut kommt von Rosalinda, dann fahre ich meine Fangzähne aus und schlage sie schnell in ihren Arm. Jetzt windet sie sich und versucht ihre Hand aus meinem Griff zu befreien. Sie zappelt , aber ich merke das kaum, nun spüre ich nur die neugewonnene Kraft die mich durchströmt. Herrlich warm und lebendig. Kurz lasse ich von ihr ab und schaue nach oben. William steht wie geband da, Neugier und Bewunderung spiegelt sich in seinen Augen wieder. Ich winke ihn heran „Komm näher“. Er tut was ich ihm sage und kniet sich zu uns herunter. Leicht betastet er die zwei Einstiche die meine Zähne in ihr hinterlassen haben. Ich beuge mich wieder zu ihr hinunter und verbeiße mich in ihrem Hals, kurz bewegt sich der Körper, dann entweicht ihr die Kraft sich zu wehren. Bis zum letzten Tropfen koste ich sie aus, dann bleibt schließlich ihr Herz stehen und ich gebe sie für den Tod frei. Das Blut läuft mir die Lippen herunter, William ist immer noch fasziniert. Ich fasse ihn am Hinterkopf und drücke ihm einen Kuss auf die Lippen. Einen Moment sieht er erschrocken aus, er fährt mit seine Finger über seinen Mund und kostet das daran hängende Blut. Er verzieht das Gesicht und wischt sich den Rest des an ihm haftenden Blutes mit seinem Ärmel ab. Ich lache „Weißt du jetzt was meine Art ausmacht?“. Dann fällt auch er in mein Lachen mit ein.
„Etwas merkwürdiges geht hier vor“. Hayden läuft leise hin und her „Ich spüre die Anwesenheit von etwas, etwas starkem“. Sofort durchfährt es mich wie ein Blitz. Mein Lachen stirbt auf meinen Lippen. Mit einem verschwörerischen Tonfall spricht er weiter „Es könnte einer von uns sein.....einer der Ältesten“. Ein anderer Vampir – geht es mir durch den Kopf und sofort spiele ich alle nur erdenklichen Möglichkeiten durch. Wer weiß das ich hier bin? Niemand! Hayden muss sich irren, ein anderer Vampir, das ist unmöglich. Seit ich hier in dieser verlassenen Gegend hause, habe ich keinen meiner Rasse, außer Hayden, gesehen. Trotzdem ist mir unbehaglich zumute „William, ich glaube du solltest besser für eine Weile von hier fortgehen, bis sich alles aufgeklärt hat“. Sofort entgegnet er mir Widerspruch „Nein, ich bleibe hier bei dir! Was oder wer auch immer es ist, es kann uns nicht trennen“. Um seine Loyalität mir gegenüber zu verstärken stellt er sich auf und ruft in den Raum hinein „Komm und zeig dich uns, warum versteckst du dich? Längst haben wir deine Anwesenheit bemerkt..........Komm hervor aus deinem Versteck.“
Und dann steht er da, aus dem Nichts. Kann ich meinen Augen trauen, oder ist es nur mein Wunschdenken das sich vor mir widerspiegelt. Wie kann das sein? Ich blicke zu Boden und schüttle meinen Kopf. Ich kämpfe gegen meine Tränen an, doch als diese vertraute, samtweiche Stimme meinen Namen spricht, bricht alles über mir zusammen. Ein lautes Schluchzen kann ich nicht unterdrücken. Ich traue mich nicht nach oben zu schauen, was ist wenn ich erkenne das er es nicht ist, das würde ich nicht überleben. Leise Schritte kommen mir entgegen und bleiben direkt vor mir stehen. Ich zittere am ganzen Leib. Oh, was spielt mir mein Kopf für einen bösen Streich. Seine Hand greift nach meiner und zieht mich nach oben. Diese Berührung ist so täuschend echt, immer noch halte ich den Blick gesenkt und mit leisen Protest wehre ich mich dagegen das er mich an sich zieht. „Warum siehst du mich nicht an, ich bin es, ich lebe!“. Er hebt mein Kinn an so das ich in sein Gesicht sehen muss. Ein leichter Schleier meiner Tränen liegt über meinen Augen „Wie kann das Wirklichkeit sein? Du bist tot!“. Er schüttelt den Kopf, er will etwas sagen, aber ich komme ihm zu vor „Sprich jetzt nicht.....“ Ich traue mich nicht seinen Namen laut auszusprechen, als hätte ich Angst das er dann so aus dem Nichts verschwindet wie er kam. Zaghaft tasten meine Hände sein Gesicht ab und unweigerlich steigen neue Tränen in mir auf „Bist du es wirklich?“
Es war ein Traum! Es muss ein Traum gewesen sein, das der Satz der mir selbst jetzt dann als wir nebeneinander sitzen durch den Kopf geht. Aber da ist er, kein Zweifel und so als wäre er nie fortgewesen. Es waren immerhin fast 12 Jahre die ich im falschen Glauben an seinen Tod verschwendet habe, jetzt macht das nichts mehr. Sofort ist er wieder in meinen Herzen, ich frage mich wie ich es überhaupt ohne meinen Damien ausgehalten habe. Unvorstellbar. Nie wieder will ich ihn verlieren und ich werde alles dafür tun das dies auch nicht noch einmal geschieht. Wir haben eine zweite Chance bekommen, die es gilt zu nutzen. Ich könnte nur da sitzen und in ansehen, er ist so wunderschön in meinen Augen „Erzähl mir alles!“. Er lehnt sich zurück in den samtenen Sessel „Man hat mich errettet Sinuhe“ „Wer? Was ist passiert?“ „Ich hatte schon mit allem abgeschlossen und ich war bereit in den entgültigen Tod zu gehen – ich meine, es war mir gleich, ich habe mich endlich frei und schmerzlos gefühlt nach der stundenlangen Tortur die ich hinter mir hatte. Mein Geist war bereit sich von diesem toten Körper zu lösen aber....“. Ich will ihn nicht drängen in seiner Erzählung aber ich kann einfach nicht anders „Fahr fort“ „Ich konnte nur noch fühlen das ich irgendwann auf dem Boden lag und nicht mehr an das Kreuz genagelt. Ich dachte sie hätten mich von dort oben herabgeholt um mir entgültig den Rest zu geben, eine helle und samtweiche Stimme sprach zu mir, ich weiß nicht was sie sagte, aber der melodische Klang ließ mich nur noch tiefer in diesen Trancezustand gleiten. Für mich hörte es sich an wie der Gesang von Engeln oder Feen . Sie war es die sich für mich geopfert hat, damit ich an ihrer Stelle weiter auf Erden weilen kann. Ihr Blut fließt jetzt in meinen Adern. Wie der erste Tropfen durch mich hindurch floss war das ein Schmerz der mit nichts zu vergleichen ist, mein Körper wehrte sich schon gegen das „Leben“, aber ich wollte sehen wer das war der sich für mich dem Teufel hingab, nur war ich noch zu schwach meine Augen zu öffnen und so trank ich von ihr, zu spät bemerkte ich wer sie war“. Eine furchtbare Vorahnung macht sich in mir breit „Bitte sag mir nicht das .....“. Er nickt mir zu „Deine Schwester“. Ihr Name explodiert in meinem Kopf ‚Soraya‘. Sofort fällt mir eine längst vergessene Episode aus unseren Kindertagen ein. Soraya hatte sich ihr Bein verletzt und es blutete. Sie weinte und wollte sich gar nicht mehr beruhigen, dann habe ich ihr ein Lied vorgesungen, das mich damals unsere Mutter gelehrt hatte. Ein altes längst vergessenes Ägyptisches Lied. Irgendwann hört sie dann auf zu weinen und seither hat sie es immer gesungen. Die Melodie dieses Lied liegt mir plötzlich in den Ohren und auch der Text fällt mir wieder ein. Wie eine verschüttete Erinnerung die nun wieder an die Oberfläche drängt. Leise summe ich in mich hinein. Damien nimmt meine Hand „Das ist das Lied“ „Ich habe es ihr beigebracht, als sie noch ein kleines Mädchen war“ „Deine Schwester hat dich bestimmt geliebt“ „Warum ist sie dann nicht mit uns gekommen und hat sich auf die Seite Gerards gestellt?“ „Jetzt ist es zu spät für Schuldzuweisungen, sie hat mich gerettet um mit dir Frieden zu schließen. Es ging nicht um mich, ich habe ihr nichts bedeutet, alleine deinetwegen wollte sie das ich lebe“. Ich schaue in Damiens Gesicht und bin zutiefst Dankbar für das was Soraya für mich aufgegeben hat. Meine geliebte Schwester.
Wieder liegen wir neben einander, ich bin so glücklich wie schon sehr lange nicht mehr. Alles ist wie früher und wir haben gegen den Clan gesiegt. Nichts konnte uns seither trennen und so wird es auch sein bis in alle Ewigkeit. Ich fürchte mich nun nicht mehr vor der Zukunft, denn ich habe meinen Liebsten an meiner Seite und gemeinsam können wir alles erreichen. Ich bin glücklich. Das erste mal seit ich ein Vampir bin, bin ich wirklich rund um glücklich. Was sollte jetzt noch schlimmes geschehen. Nichts kann mir mehr etwas anhaben, die die ich liebe sind bei mir und es wird alles gut werden!
Es ist kurz vor Sonnenaufgang, das riesige Haus ist still. Sonderbar diese Ruhe. Irgendwie gespenstisch kommen mir die leeren Räume vor. Ich öffne die Terrassentür, noch einmal bevor einer neuer Tag hereinbricht will ich diese klare, reine Nacht genießen. Diese Nacht wird mir immer als etwas besonderes in Erinnerung bleiben. Die Nacht in der ich alles wiederbekam was ich ersehnte. Ein böser, flüchtiger Gedanke überkommt mich. Was ist wenn man mir dieses Glück nicht gönnt? Womit habe ich es verdient ein Gefühl der absoluten Zufriedenheit zu empfinden wo ich doch eine Mörderin bin und das auch noch aus niederen Instinkten? In diesem Moment durchfährt mich ein unglaublicher Schmerz, ein Stich und vor meinen Augen zucken hellen Blitze. Was ist das? Ich schaue hinunter und sehe nur etwas das durch mich hindurch ragt. Eine Art Stab. Geistesgegenwärtig versuche ich ihn aus meiner Brust zu ziehen, gleichzeitig schreie ich laut auf. Es geht nicht, er sitzt zu fest. Es riecht nach alter verbrannter Haut. Ich rümpfe die Nase. Wo kommt das her? Was ist das? Meine Füße werden ganz heiß und durch mich prickelt ein Gefühl als würde ich innerlich in Flammen aufgehen. Das bin ich! Ich verbrenne! Ich werde sterben! Ich drehe mich um und sehe ihn. Er steht vor mir und schaut gebannt auf mein brennendes Gewand. Ich kann es nicht fassen „Du?“.
Nachwort:
Nie wirst du diese Worte lesen, du bist gegangen und hast mich hier alleine zurückgelassen. Gerade als sich für uns alles zum Guten wenden sollte, schlug das Schicksal erbarmungslos zu. Die Nächte werde ich durchstreifen in Gedanken immer bei dir. Ich wünsch so sehr das es dir gut geht und das die Überreste deiner menschlichen Seele sich aus den Klauen des Dämons in dir befreien konnten. Möge sie ihre ewige Ruhe bekommen die sie verdient. Deine über alles geliebte Familie soll dich in ihren Armen wiegen und dich beschützen, so wie ich es tun würde. Mit jeder Faser meines Körpers und meines Geistes sehne ich mich nach dir. Erst jetzt kann ich verstehen was das Wort Sehnsucht bedeutet. Was ich jetzt tun werde ist ungewiss. Ich werde mich um den jungen William kümmern, weil es sicher dein Wunsch gewesen wäre. Er hat dich geliebt, so wie ich dich geliebt habe und es immer noch tue, ich kann es ihm nicht verdenken, du warst der wunderbarste Mensch und der anmutigste Vampir den ich je kennen lernen durfte. Die wenigen Augenblicke mit dir werden mir für immer in Erinnerung bleiben. Nie werde ich vergessen wie mich deine braunen Augen angesehen haben und wie deine Haare nach Rosenwasser dufteten. Erst an dem Tag als ich dich das erste mal traf, begann ich zu leben. Durch dich habe ich gelernt was es heißt zu lieben und das über den Tod hinaus. Die Leere die sich seither in mir ausgebreitet hat ist kaum zum Aushalten, nur meine Tagträume von dir retten mir die endlosen Nächte. Blutige Rache werde ich an des Teufels Rechter Hand verüben. Er soll leiden für das was er dir angetan hat und für die Schmerzen die nun seither in mir wüten. Und wenn ich dafür das Opfer meines unsterblichen Lebens lassen muss, werde ich es tun, niemals werde ich eher zur Ruhe kommen bis dieser Bastard um Gnade winselt und in seinem eigenen Blut dahinvegetiert. Büßen wird er dafür, das verspreche ich dir ! Wenn es einen Gott gibt, danke ich ihm für das Geschenk das er mir gemacht hat – Dich – mein gefallener Engel, meine einzige Liebe, mögest du nun für immer in Frieden ruhen.
Der ewig deine
Damien
The End