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SIMON Says

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29.06.2001
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SIMON Says

Die alte Uhr in der Küche beobachtete das selbe wie jeden Morgen. Ein alter Mann, um die sechzig, saß am Tisch und las seine Morgenzeitung. Seine Frau versorgte ihn mit hartgekochten Eiern mit Speck. Sie waren seit beinahe vierzig Jahren verheiratet, und immer noch glücklich. Maria und Salvadore DiVitti waren im Krieg gemeinsam aus Italien geflüchtet.
"Magst du noch Eier?", ihre Stimme
klang rau und verlebt, "nein danke Mama, gibst du mir noch Speck?".
Salvadore nannte seine Frau Mama, obwohl sie nie Kinder hatten. Sehr ungewöhnlich für eine italienische Familie, aber Maria konnte keine bekommen. Sie gab ihm, ohne ein Wort zu sagen noch Speck, und bedachte ihn mit einem Blick den man sonst nur von frisch verliebten kennt. Sie schwiegen noch weitere fünf Minuten. Wie jeden Morgen. Die alte Uhr tickte im Rhytmus der Zeit. Hätte sie es besser gewusst, wäre sie an diesem Tag stehen geblieben. Aber sie wusste es nicht besser, und so spielte sie weiter die Melodie der Vergänglichkeit, und das Fühstück näherte sich dem Ende.

Das Telefon hatte bei den DiVittis schon eine Ewigkeit nicht mehr geklingelt. Als Salvadore zu arbeiten aufhörte, hatten sie auf einmal zu niemandem mehr Kontakt. Dennoch erschraken die beiden nicht als das schwarze Telefon begann den einzigen Ton zu spielen den es kannte.

"Sal DiVitti, wer stört beim Frühstück!?"
"Ich bin´s, Tino, Simon hat einen Job für dich."
"Simon weiß, dass ich nicht mehr für ihn arbeite."
"Erzähl keine Bullenscheiße, du weißt genau, wer einmal für die Familie arbeitet bleibt dabei. Also: unser alter Freund Tony Paccio gibt heute eine Party. Er will unsere Familien zusammenbringen,...dummes Schwein. Du wirst ihn kalt machen."
"Wenn ich es nicht tue?", noch bevor Sal diese Frage zu Ende stellte wusste er die Antwort.
"Nimm deine Frau mit Salvadore,...es wird ein schönes Fest. Der alten Zeiten willen. Wir sehen uns um acht."

Er hielt den Hörer noch einige Minuten in der Hand. Salvadore wünschte sich einfach ohnmächtig zu werden, in ein Loch zu fallen und in hundert Jahren wieder aufzuwachen. Aber er blieb wach. Hellwach. Er hatte schon eine Ewigkeit nicht mehr für Simon gearbeitet. Er wollte auch nicht mehr. Sal war ein alter Mann. Ein alter Mann der irgendwann in seiner grauen Vergangenheit der gefürchtetste Killer der Genovese Familie war. Er hatte Simon unzählige Probleme aus dem Weg geräumt. Und vor fünf Jahren hatte er damit aufgehört. Simon selbst bekam er nie zu Gesicht. Niemand den Sal kannte hatte den Boss je gesehen. Maria wusste nichts vom Job ihres Mannes. Sie hatten eine kleine Pizzaria, in der Sal selbst jede einzelne Pizza machte. und jetzt würde der alte Mann wieder arbeiten.

"Wer war das am Telefon?", die Stimme klang Kilometer weit weg für Sal.
"Das war Tino, er hat uns zu einer kleinen Party eingeladen. Du weißt doch noch,...der junge Kellner den wir am Anfang in unserem Lokal hatten...wenn du nicht willst bleiben wir zu Hause"
"Natürlich gehen wir hin. Ich dachte schon ich würde nie wieder ausgehen."

Es war ein riesiges Haus. Der Eingangsbereich war eine große Halle, in der eine Band spielte. Tino hatte schon auf die DiVittis gewartet.
"Da seit ihr endlich, ich dachte schon ihr würdet es nicht schaffen. Mrs. DiVitti, sie sehen bezaubernd aus."
"Danke, wem gehört dises Haus?"
"Oh, sie werden den Hausherrn sicher bald kennenlernen. Ich mach sie mit seiner Gattin bekannt...darf ich bitten?"
Er stellte Maria Stella Paccio vor und ging sofort wieder zu Sal.
Der alte Mann war blass. Sehr blass. Was ihn selbst erschrak: er war eigentlich nicht nervös. Er hatte seit langer Zeit niemanden mehr getötet, aber er wusste er könnte es wieder tun. Er hatte schon oft auf Parties bei denen seine Frau anwesend war einen Job erledigt. Danach würde er gleich sagen er wäre müde und auf der Stelle nach Hause fahren.

"Hör zu Sal. Im ersten Stock neben dem Badezimmer ist alles was du brauchst. Warte bis punkt neun Uhr. Tony wird draussen neben dem Pool stehen und den jungen Mädchen an den Arsch fassen. Du machst das Fenster auf, jagst ihm eine Kugel durch den Kopf und machst, dass du hier weg kommst. Alles klar? Hier ist verdammt viel Blei in der Luft. Das wird eine riesen Sauerei wenn die Idioten kapieren, dass ihr Oberidiot tod ist."

"Tino..."
"Was ist Salvadore?"
"Bringst du meine Frau raus?"
"Klar. Sie wird in der Küche auf dich warten."
"Danke".

Zum erstem mal seit fünf Jahren sah Salvadore DiVitti einen Körper durch ein Fadenkreuz. Einen warmen lebenden Körper. Der alte Mann würde ihn kalt machen. Er würde mit einer Bewegung seines Zeigefingers das Leben aus seinem Körper nehmen. Er drückte ab.

Als der Luftballon neben ihm platzte, klang es als hätte jemand auf ihn geschossen. Tony zog seine Pistole und begann wie wild um sich zu feuern. Der zweite Knall war noch lauter. Er traf Tony genau zwischen den Augen. Zwei Sekunden. So lange waren die beiden Schüsse auseinander. Zwei Sekunden reichten Tony Paccio vier Menschen zu töten. Was nach dem zweiten Schuß passierte, ist in Worte kaum zu fassen. Körper flogen durch die Luft. Blut spritzte überall. Jeder hatte eine Waffe, und jeder benutzte sie. Es schien als schossen alle einfach in die Menge.

Der alte Mann war nicht mehr am Fenster.
Er lief durchs Haus. Vorbei an flehenden Verwundeten, vorbei an leblosen Körpern. Ein Schuss traf ihn im Bein. Ein zweiter in den Rücken.
Salvadore schliff sich in die Küche. Es roch nach Schiesspulver und Blut. Überall hörte man Schreie. Maria war nicht da. Salvadore DiVitti brach neben der blutigen Handtasche seiner Frau zusammen. Ein dritter Schuss traf ihn am Hinterkopf. Der alte Mann verließ die Erde im Wissen seine Frau gleich wieder zu sehen. Diesmal für die Ewigkeit.
Die alte Uhr in der Küche tickte.
Sie spielte weiter das Lied der Vergänglichkeit. Ohne Pause. Ohne Gnade. Und ihr Rhytmus war der Tod.

Der Fahrer der schwarzen Limosine drehte sich um. Er lächelte.
"Tony ist tot Simon."
Der Wagen setze sich in Bewegung.
Maria DiVitti starrte aus dem Fenster.
"Ich weiß Tino....ich weiß."

 

Eine spannende Geschichte.
Ich finde auch gut geschrieben.
Nur auf den Schluß hätte ich verzichtet.
Ein Mafiaboss lebt doch im Luxus und brät keine Eier.(glaube ich jedenfalls)
Trotzdem lesenswert

 

Kann mich dem nur anschließen; liest sich super, die Geschichte. Ist auch recht spannend.

Gruß
stephy

 

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