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silk condition: Bericht

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10.12.2013
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silk condition: Bericht

Das Gesicht habe ich verloren, nachdem ich es gezeigt hatte. Niemand hat damals applaudiert, dort zwischen den Autos. Die Wächterin vor meiner Tür hatte gelächelt, die Staatsschützer haben am Folgetag mit Litauen telefoniert und schließlich hat ein unvollkommener Fötus sein natürliches Bett verlassen müssen um mit klopfendem Herzchen als organischer Abfall mit geschlossenen Liedern, so zart wie dünnste Seide, in Mullbinden gewickelt, den Weg in die Biotonne zu finden. Ein Irrtum von Seiten Litauens. Ein Wort der Entschuldigung im Raucherbereich - Pardon, dann ein nicht sorgfältig ausgedrückter Zigarillo, welcher den an die Wand geschraubten Ascheimer in Brand setzte.
Die Fahrt sollte auf dem Rücksitz eines Ladas über mehrere Staatsgrenzen führen, aber die Familie griff in letztem Moment ein: Man brauche den eigenen Sohn, hieß es nun auf einmal, wo der Nachwuchs dezimiert und die Gebärmütter heraus gekratzt worden waren. Der sterilisierte Clan brauchte seinen Nachkommen. Darum war schlussendlich das Geheul von Polizeisirenen erschollen, aber das letzte Wort in dieser Sache hatte nun mal der Staatsschutz. Ein Haufen rechtskonservativer Sadisten hatte sich auf der Station eingenistet. Einer von denen hieß Armin, lag mit mir im selben Raum und gab abends über das ruckartige Auf und Zuziehen der Gardine vorm Fenster Nachricht an seine Schergen, die draußen Wache hielten. „Weil Sie ihm auf den Kopf gekackt haben“, darum war ich Kronzeuge im NSU Prozess: ein Schlaffi, den man in einer Psychiatrie eingelagert hatte, um ihn bis zum Prozessauftritt zu schützen. Und Anna hätte mich nie als den erkannt, der ich war.

Sie hatten sogar Jule aufgespürt um endlich das Gegenteil zu beweisen, aber der Staatsschutz, wusste besser Bescheid. Die Falle war zugeschnappt und es ging schon lange nicht mehr um Hundertausende Euro Schulden bei einer litauischen Pornoseite. Da war kein Ausweg außer das Big Brother Duell mit Bushido, dessen kleiner Bruder mir im Vorfeld hinter der roten Flora seelenruhig Gras vertickt hatte. Und ich hatte bloß Armin als Backup. Das war so gut wie niemand, wussten die Produzenten von Endemol. Bushido und sein kleiner Bruder gegen den chronisch schnaufenden Armin und mich - ein aussichtsloser Kampf. Das war ihre Rache für den offenen Brief, den irgendjemand aus der Familie in unlauterer Absicht auf Facebook gepostet hatte – vielleicht sogar Johannes selbst? Die Station leerte sich jedenfalls erschreckend bis eines Tages niemand mehr zu sehen war und Bushidos Einzug bevorstand.

Und als Spielpfand hatte ich unfreiwillig meine Wohnung in den Pott getan. Irgendetwas mit der Steuer hatte ich falsch gemacht, der Kaufvertrag von 2009 war somit ungültig und sasbau sauer. Die Verkäufer sahen ihre Chance es mir heimzuzahlen. Kameras waren die ganze Zeit über auf mich gerichtet. Big brother in der Klapsmühle. Wer kommt raus? Bushido oder Aaden? Personal und Patienten – alle nur Statisten. Zwei Teller hatten sie schon abgedreht, darüber konnte ich sie nachts auf dem Flur murmeln hören, und als ich aus dem Bett sprang und die Zimmertür aufriss, stand da die Wächterin. Dann hatten sie mit Litauen telefoniert. Es ging schließlich um das Duell BRD gegen DDR. Ein Stockwerk tiefer war eine identische Station aufgebaut, geleitet nach den Vorstellungen der DDR und ich würde das Zünglein an der Waage sein. Welches System wird letztendlich siegen? Nachts, wenn ich auf dem Stuhl in der Dusche saß und die Badezimmertür zuhielt würde der Fahrstuhl sich in Bewegung setzen und mich illegaler Weise und gegen die Regeln auf die DDR-Psychiatriestation senken, wo es in den Sternen stand, wann ich wieder rauskommen würde und sie mich ganz nach Orwell mit den größten Schrecken traktierten und folterten. Doch das war zum Glück nur ein Albtraum gewesen.
Der Stuhl in der Dusche, ganz aus Plastik, mit den Seitengriffen war für die Kastration da. Es gab Löcher in der Sitzfläche, damit das Blut rascher abfließen konnte. Man sollte die Dusche aufdrehen, sich nackt draufsetzen und auf den Spezialisten warten, den Litauer mit den Zigarillos, der extra eingeflogen worden war. Aber nachdem der Litauer den Ascher in Brand gesetzt hatte, würde die Stationsärztin die OP übernehmen. Das konnte ich eines Nachmittags mithören, als Armin, der Staatsschützer seine schwere Weste mit der Knarre aus dem Spind geholt hatte, um vor der Tür auf und ab zu patroullieren. Dabei hatte er sich mit der Ärztin verquatscht und ich konnte alles hören. Betäubung ginge bei dem Eingriff nicht. Das einzige mögliche Mittel sei nun Mal Opium und das wäre illegal. Also – ohne Betäubung. Entfernung der Hoden und Nebenhoden. „ Was? Ohne Betäubung?“ fragte meine Mutter erschöpft und ungläubig, draußen vor der Klinik einen der Staatsschützer. Ich konnte es durchs gekippte Fenster hören. Ich konnte auch hören, wie sie daraufhin zusammenbrach. Ein paar Mal knallte noch der Dephribrillator, aber die Reanimation hatte keinen Erfolg. Ich war ein Staatsgeheimnis. Kronzeuge, Entlastungszeuge für Beate Zschäpe, die eigentlich Anna hieß und die ich von früher aus meiner Kindheit kannte. Niemand mochte mich, aber es musste mich geben. Darum auch der Staatsschutz. Es ging um den Fortbestand der BRD.
Ein Stockwerk tiefer war die DDR Station, wo eine alte Frau den Flur entlang schlurfte und nicht merkte, dass sie unterm Leibchen ihre Windel nebst Inhalt verlor. Und Endemol brachte die Entscheidung, die Joachim Gauck i.A. am Ende würde treffen müssen, als Fernsehshow. Aber als es soweit war, als ich durch die Tür des Krankenzimmers ins Studio treten sollte, hatte Gauck noch ein Ass im Ärmel gehabt. Mehrere junge Frauen im Studio hatten auf einmal Erbarmen mit mir und brachten das Ganze ins Wanken. Ich konnte durch die Tür hören, wie sie nacheinander vereidigt wurden, mit zitternden Stimmen auf die Verfassung schworen und die Aufzeichnung daraufhin gestoppt wurde. Ein genialer Schachzug war gelungen. Ich durfte in meinem Bett bleiben. Jene Nacht kamen sie nicht um mich zu holen. Tags darauf begann das Olanzapin zu wirken. Sie hatten mich über Pornoseiten aufgespürt.

 
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Hallo aaden

Ich habe den „Bericht“ gelesen und versucht aus dem wirren Knäuel an Sätzen einen roten Faden herauszulesen, der es mich einerseits als K…geschichte fassen lässt und mir anderseits den Sinn des Inhalts näher bringt. Ich befürchte, dies ist mir nicht zufriedenstellend gelungen, es verknotete sich, Zeiten und Handlungen gerieten in Widerspruch, zumindest waren Personennamen klar Zuordnungsbar. Mag sein, dass es daran liegt, da das Krankenblatt zu Schlaffi nicht vorliegt, das klarere Fakten enthalten könnte.

Ich versuchte es auch als Experiment zu deuten, dies ist ein Stichwort, das Du setztest. Nur darin bin ich kein Hirsch, wenn ich auch einzelne Beispiele der Moderne und Postmoderne kenne. Ein Kenner dieser Materie formulierte deren Gehalt mal folgend: „Experimente in Literatur und Kunst signalisieren einen gesellschaftlichen Umbruch. Den politischen Gewissheiten stellen sie den ungewissen Ausgang ästhetischer Versuche gegenüber. Im Spiel mit grammatischen Mustern und semantischen Konventionen lösen sich Bedeutungen auf.“ [Zitiert nach Christoph Zeller, Literarische Experimente: Medien, Kunst, Texte seit 1950.]
Diese Ästhetik blieb mir hier vorliegend verborgen, die gesellschaftlichen Umbrüche mit den genannten Personen nicht authentisch belegt und das Spiel mit Sprachelementen nicht derart.

So bleibt mir Dein Text denn weitgehend kryptisch, was nicht falsch sein muss. Was ich konkret dennoch vermisse, ist ein gewisses Mass an literarischer Unterhaltung, die ich in Geschichten erwarte. Wäre es Klartext, hätte sich dies mir vielleicht erfüllt.

Wenn Du denn Text nochmals durchgehst, solltest du auf erforderliche Kommas achten, ein paar fehlen. Auch meinte ich beim Lesen in zwei oder drei Sätzen getrennt geschriebene Worte gelesen zu haben, die sich zu einem Wort fügen lassen. Titelbezeichnungen wie NSU-Prozess krönt wie hier im Beispiel ein Bindestrich und Big Brother darf einheitlich grossgeschrieben sein.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Aaden,

natürlich ist die Welt ein irdisches Jammertal, und sich hinzusetzen und Sequenz an Sequenz zu reihen ist ein Weg der Verarbeitung, besser als die Flasche, die Gorbatschow damals verbot, doch denke ich, dass Du für die Aktion hier maximal drei Stunden Beschäftigung eingesetzt hast, und das ist meiner Meinung nach nicht genug, denn mit ein wenig Mühe bekommst Du aus dem Traumschutt sicher einige brauchbare Stories gezogen, und die Zeit dafür hast Du sicher, weil die BRD trotz DDR gewonnen hat und Kohle für alle auf Knochen dritter Welten da ist, eine trockene Bude und Strom für den PC findet sich auch, und weil die NSU nicht gewonnen hat, wird auch niemand arbeiten geschickt und kann durchaus ein paar gelungene Dinge in die Tasten knallen und auf die freut sich mit sozialreaktionärem Gruß Svenson.

 

Hi aaden!

Eine Handlung im Sinne eines Spannungsbogens ist das wohl nicht, was du präsentierst, eher ein Ausschnitt aus dem Alltag eines Klapsmühleninsassen, der auch beliebig länger werden könnte, ohne dass sich an der Spannung etwas ändert.

Dennoch ist es aber interessant, sich zu überlegen, warum er gerade diese Wahnvorstellungen hat. Warum gerade Litauen, getöteter Fötus, der Zigarillo, der den Ascheeimer in Brand setzt, Verfassungsschutz, DDR, Bushido, Big Brother?
Wenn du dir etwas dabei gedacht hast, ist es zumindest schwierig, auf die Lösung zu kommen.
Es hat zunächst wohl damit zu tun, dass er Informationen, die er aus dem Fernsehen bekommt, auf sich persönlich bezieht, wobei er die Themen wild durcheinandermixt und seine Fantasie Szenen und Bilder hinzufügt, bei denen er nicht anwesend ist - als wäre seine Realität ein Film.
Er sieht sich selbst im Mittelpunkt von allem, was er als bedeutend einstuft - und bedeutend ist das, was im Fernsehen läuft ( das mit der DDR könnte z. B. aus einer Dokutainmentsendung kommen ). Das wiederum nimmt paranoide Formen an. Er nimmt alles als gegen ihn gerichtet wahr. Er ist der Mittelpunkt und das Objekt einer allumfassenden Verschwörung.

Man könnte sagen, sein Wahnsinn hängt damit zusammen, dass er zuviel ferngesehen hat und die Informationen nicht richtig einordnen konnte.
Dann wäre dein Text eine Medienkritik. Primär am Fernsehen, das unsere Köpfe mit Schwachsinn zumüllt, anstatt sinnvolle, reflexive Inhalte zu bieten.
Eine Kritik, die ich, nebenbei bemerkt, voll und ganz teile. :D
Andererseits bringst du ja auch Internetelemente rein. Und alle Fernsehsendungen kann man auch im Internet sehen. Dann willst du vielleicht auf die Reizüberflutung der heutigen Zeit aufmerksam machen, mit der wir überfordert sind, ohne es zu merken.

Als Kritikpunkt am Text könnte ich anführen, dass er, wie gesagt, ausschnitthaft rüberkommt und damit keine Geschichte im eigentlichen Sinne ist.
Auf jeden Fall solltest du noch ein paar Absätze mehr einfügen, um den Text leserfreundlicher zu machen. Dann wirst du vielleicht auch etwas mehr Feedback erhalten.

Tschüss, Megabjörnie

 

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