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Sieben Störche oder die Geschichte vom unnützen Mädchen
Es war mal wieder soweit. Kichernd standen die Mädchen zusammen.
„Wen werden sie wohl diesmal auswählen? Hoffentlich bin ich dabei! Sie sind ja soooo toll. Diese schwarzen Mäntel, diese tollen Rösser... Hach!“
„Ich möchte den Jüngsten. Er hat dieses gewisse etwas.“
„Nein, der Drittälteste ist der beste von allen. Ich bin sicher, dass er mich zur Frau nehmen wird.“
„Wer wohl den Ältesten abbekommen wird? Er ist der unheimlichste von allen. Aber zweifelsohne auch der Mächtigste. Er soll sogar schon eine Prinzessin betört haben.“
„So ein Unsinn. Bisher sind diese Storchensöhne noch nicht weit von dieser Stadt weggegangen. Wo soll denn hier plötzlich ne Prinzessin herkommen?“
„Sieh mal, wer da drüben steht.“
„Das unnütze Mädchen.“
„Na, die wird bestimmt keinen abkriegen.“
„Stimmt. Die ganz sicher nicht. Sie ist aber auch so furchtbar spröde und hat bisher alle Verehrer in den Wind geschlagen. Dabei hat sie ja sogar den Huberbauernsohn abgewiesen!“
„Der hatte es ja auch nur auf den Hof ihres Vaters abgesehen!“
„Ist natürlich auch wieder war. Aber eine gute Partie wäre er trotzdem gewesen!“
„Ich verstehe die Männer nicht, die ihr einen Antrag machen! Ich meine, sie hat aber auch überhaupt gar nichts. Sie ist spröde und schrecklich ungeschickt und hübsch ist sie auch nicht.“
„Aber ihr Vater ist reich!“
„Das schon. Aber würdest du dein ganzes Leben mit einer kalten Bohnenstange verbringen wollen?“
„Das ist natürlich auch wieder war.“
„Hört auf zu gackern, Kinder! Sie kommen!“
Tatsächlich, da kamen sie aus dem Wald und gallopierten die Dorfstraße entlang. Sieben junge Männer auf prachtvollen Rapphengsten. Ihre langen Mäntel wehten im Wind, ihre langen schwarzen Haare flatterten hinter ihnen her wie eine Schleppe, die Pferde warfen stolz den Kopf hoch, die Mähnen wehten im Wind, die Hufe donnerten auf das Pflaster. Sie boten schon einen tollen Anblick.
„Ich will die Feder!“ flüsterte ein Mädchen.
„Ich will das Zeichen des Ältesten!“ flüsterte ein anderes.
Da kamen sie, dicht ritten sie an den Mädchen vorbei und waren auch schon wieder verschwunden.
„Wer hat die Feder? Wer hat die Feder?“ riefen alle durcheinander.
„Seht dort!“ Einem ausgestreckten Finger folgend, sahen alle auf die andere Seite der Straße. Und dort stand das unnütze Mädchen und hatte eine schwarze Feder in der Hand.
Sie war verwirrt. Wieso sie? Wieso ausgerechnet sie? Er hatte doch etwas viel besseres verdient. Er, der Älteste hatte sie zu seiner Braut gemacht. Völlig fassungslos starrte sie auf die Feder in ihrer Hand. Sie war wunderschön. Schwarz wie die Nacht, leicht, fast ohne Gewicht und so weich...
Warum sie? Sie war nicht hübsch und galt überall weit und breit als schrecklich ungeschickt – mit Grausen erinnerte sie sich an den Gehrock ihres Vaters, den sie hatte flicken sollen - sie hatte eigentlich gar nichts, was ein Mann anziehend finden konnte. Außer dem Geld ihres Vaters.
Darauf hatten es zwar in der Vergangenheit immer wieder diverse Kerle abgesehen gahabt, aber so was brauchten die sieben Söhne sicher nicht. Schließlich hatten sie selbst große Ländereien.
Sie war noch immer ganz geschockt und blickte zur Burg hin, in der die sieben Söhne verschwunden waren. Unwillkürlich wandte sich ihr Blick dem Burgdach zu. Dort oben befand sich ein gewaltiges Nest und auf diesem befanden sich zwei Störche, gewaltige große schwarze Störche.
Ob sie wohl wirklich, wie man erzählte, die Eltern der sieben Söhne waren, die in der Burg wohnten? Und waren die sieben Störche, die man manchmal in der Dämmerung um die Burg fliegen sah, wirklich jene schwarzen Brüder, deren Ältester sie zu seiner Braut auserkoren hatte?
Erneut drang Hufgeklapper an ihre Ohren. Ja, tatsächlich, da kamen sie wieder die Straße entlang geprescht, vorneweg der Älteste. Irrte sie sich oder waren seine glühenden Augen wirklich auf sie gerichtet? Da war er auch schon herangekommen, im Vorbeireiten griffen zwei starke Arme nach ihr und ehe sie sich's versah, saß sie auch schon auf dem Pferderücken. Er packte sie in seinen Mantel ein, dass sie nichts mehr sehen konnte und drückte sie behutsam an seine Brust.
Es war ein tolles Gefühl. Diesen Mann würde sie heiraten und keinen anderen!
Sie hätte ewig so weiterreiten mögen. Aber die meisten Dinge finden irgandwann einmal ein Ende und so auch dieses. Das Pferd blieb stehen und er stieg ab und hob sie behutsam aus dem Sattel.
Sie befanden sich mitten im dunklen düsteren Wald. „Wenn er verschwindet, sitz ich hier ganz allein!“ durchfuhr sie ein schrecklicher Gedanke. Aber sofort beruhigte sie sich wieder etwas. „Das wird er schon nicht tun. Schließlich will er mich heiraten! MICH heiraten!“
Und sie strahlte ihn an. Er lächelte zurück. Ach, er sah einfach umwerfend aus. Dieses Lächeln, dieser leichte Hauch von Verruchtheit... Sie war hin und weg.
„Nun?“ fragte er, dieser gutaussehende Bursche, und strich sich höhnisch lächelnd über das Haar. „Ich war mir ziemlich sicher, dass du mich nicht ablehnen würdest wie die anderen alle auch.“
„Wie kann man dich auch ablehnen?“ dachte sie, war aber zu sprachlos ob der ganzen Ereignisse und blickte ihn nur völlig schwachsinnig – liebeskrank an.
Er lachte noch mehr, packte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen.
„Ich muss zugeben, ich habe dich überschätzt!“ sagte er plötzlich und drehte ihr den Rücken zu.
“Ich dachte, eine Frau wie du, die jeden gutaussehenden und reichen Mann in den Wind schlägt, würde sich auch nicht in mich verlieben. Aber scheinbar hast du das doch getan. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich nicht auserwählt. Aber bei allem Respekt – ich glaube nicht, dass du diejenige bist, welche den Fluch brechen kann. So stark kann deine Liebe niemals sein! Nein, du bist und bleibst ein unnüztes Mädchen. Aber zweifelsohne wirst du eine hübsche Störchin abgeben!“
Sie fühlte sich, als hätte er sie in einen eiskalten Fluss geworfen. Solche bösen Worte hatte dieser verruchte Kerl gesprochen!
„Gott, bist du ein Idiot!“ entfuhr es ihr. Erstaunt fuhr er herum und sah sie durchdringend und überrascht an. Plötzlich warf er den Kopf in den Nacken und lachte schallend los.
„So gefällst du mir schon wesentlich besser. Genau das habe ich erwartet. Du bist ganz bestimmt nicht die Erlöserin. Ganz bestimmt nicht! Du bist und bleibst ein unnützes Mädchen!“
Etwas begann in ihr zu brodeln und zu kochen, ihre Augen sprühten Funken und sie sah ihn giftig an und fasste einen Entschluss:
„Für dich lass ich mich ganz bestimmt nicht in so einen blöden Storch verwandeln. Für dich nicht, mein Freund. Ganz bestimmt nicht.“
Er sah ihren bösen Blick und lachte noch mehr und packte sie, hob sie wieder auf sein Pferd, schwang sich hinter ihr in den Sattel und sie ritten zurück in die Stadt.
Am Marktplatz ließ er sie vom Pferd gleiten, und rief ihr noch zu, als er davongaloppierte:
„Leb wohl, du unnützes Mädchen! Bis Mittwoch! Dann mache ich dich zu meiner Braut und du wirst der hübscheste Storch in meiner Burg!“
„Das werden wir sehen, mein Freund!“ murmelte sie. „Das werden wir sehen!“
„Wo warst du denn solange?“ fragte ihr Vater äußerst unwillig, als sie nach Hause zurückkam. „Hast du wieder vor dich hin geträumt? Es wartet ein gewaltiger Stapel Arbeit auf dich!“
„Der Älteste der Storchensöhne will mich zur Frau nehmen, Vater.“
„Was? Wirklich? Ich hätte nie gedacht, dass er einen so schlechten Geschmack hat!“
„Er will mich heiraten, weil er sich sicher ist, das ich ganz bestimmt nicht die Auserwählte bin!“
„Ach so, dann ist er gar nicht so dumm, wie ich zuerst dachte. Denn da muss ich ihm recht geben, das bist ganz bestimmt nicht.“
Die Tage vergingen und es wurde Mittwoch. Sie zog ihr schönstes Kleid an und ließ sich von ihrer Tante Blumen ins Haar winden und die Lippen anmalen.
„Du siehst sogar ganz annehmbar aus!“ urteilte sie am Schluss.
Der Vater kam herein. „Tatsächlich, ich hätte nie gedacht, dass du so aussehen könntest“, brummte er, nahm die Mistgabel und machte Anstalten, in den Kuhstall zu gehen.
„Vater!“ rief sie da aus.
„Was ist denn?“
„Stell dir mal vor, ich könnte sie tatsächlich alle erlösen...“
„Du ganz bestimmt nicht.“
„Aber wenn...“
„Red dir nichts ein, mein Kind. In einer Stunde wirst du eine hübsche schwarze Störchin sein.“
„Aber stell dir mal vor, wenn es so wäre... Das ganze Gold, was der Bürgermeister versprochen hat...“
„Ich würde keinen Taler davon wollen. Und jetzt verschwinde endlich. Dein Gemahl wartet.“
Also ging sie hinaus auf die Straße. Viel Volk war unterwegs, die Straßen waren geschmückt und alle Leute waren festlich gekleidet. Sie versammelten sich am Marktplatz. Der Bürgermeister hielt eine Rede.
„Wieder besteht heute die Chance, dass eine der sechs Mädchen endlich die Erlösung über unsere schöne Stadt bringen kann. Wie ihr alle wisst, liegt ein furchtbarer Fluch über der Stadt. Die sieben Söhne der beiden Störche auf dem Dach verlangen jedes Jahr am heutigen Tage, am ersten Mai nämlich, sieben Frauen, um sich mit ihnen zu vermählen. Und jedesmal, wenn diese jungen Frauen die Treppenstufen zur Burg emporsteigen, werden sie in Störche verwandelt! Das kann so nicht weitergehen, liebe Gemeinde! Uns ist prophezeiht worden, dass eines Tages ein Mädchen, unschuldig und rein, diese schöne Stadt erlösen wird und dass all die jungen Bräute wieder ihre richtige Gestalt zurückerhalten und die Storchensöhne endlich aus unserer Stadt vertrieben werden. Und vielleicht ist heute dieser Tag!“
„Ja, vielleicht ist heute der Tag!“
„Vielleicht schafft es eine der sechs Frauen, uns zu erlösen!“
„Es sind doch sieben Frauen!“
„Du willst doch nicht etwa das unnütze Mädchen mitzählen!“
Plöltzlich ging das Schlosstor auf und sieben Reiter kamen aus dem Burghof geritten, der Älteste an der Spitze. Sie boten einen prächtigen Anblick auf ihren herrlichen Rappen. In ihren schwarzen Gewändern und ihrem langen schwarzen Haar und geschmückt mit weißen Blüten kamen sie langsam auf den Marktplatz geritten. Ruhig und feierlich waren ihre Gesichter, als sie abstiegen und ein jeder zu seiner Dame trat und sie hob aufs Pferd hob. Dann ritten sie langsam wieder zur Burg zurück.
Aufgeregt war sie, dass musste sie zugeben. Ihr schug das Herz bis zum Hals. „Ich lass mich von dir nicht in einen Storch verwandeln!“ bekräftigte sie noch einmal innerlich ihren Entschluss. Da ritten sie auch schon in den Burghof ein. Die ganze Menge war gefolgt. Die Storchensöhne hoben ihre Bräute von den Pferden, stiegen selber ab und die Pferde trabten gemächlich in ihren Stall. Jetzt wurde es ernst. Da waren die Treppen. Alle blickten auf den Ältesten, doch der winkte dem Jüngsten.
Dieser ergriff seine prächtig geschmückte Braut an der Hand und führte sie die Treppe hinauf. Eine Stufe, zwei Stufen, drei Stufen, vier Stufen, fünf Stufen, sechs Stufen. Tief blickte sie ihrem Storchensohn in die Augen und dachte: „Ich liebe ihn mehr als alles andere auf der Welt. Ganz bestimmt ist meine Liebe stark genug und ich bin die Erlöserin aller.“ Da stieg auch noch die letzte Stufe hoch. Doch – oh weh! Ein grünes Licht flammte auf und hüllte sie für einen Moment ein. Und als das Licht wieder verschwunden war, stand oben auf der Treppe ein Storch.
Die ganze Anwesende Menge seufzte laut und tragisch auf. Der jüngste Sohn aber lachte, packte seine Gemahlin und zerrte sie ins Schloss.
Der zweitjüngste Storchensohn führte seine Gemahlin die Treppe hinauf. Auch sie sah ihm tief in die Augen und dachte: „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt, bitte, lieber Gott, ich weiß, dass meine Liebe stark genug ist. Sicher ist meine Liebe stark genug, um alle zu erlösen.“ Und vertrauensvoll setzte sie ihren Fuß auf die oberste Stufe. Aber oh – weh – ihr erging es nicht anders als ihrer Vorgängerin.
Der drittjüngste Storchensohn führte seine Braut die Treppe hinauf. Auf der sechsten Stufe verharrten sie kurz. Die Braut sah ihrem Storchensohn ins Gesicht und fühlte eine solch tiefe Sehnsucht nach ihm und solche Liebe, dass sie glaubte, daran zugrunde gehen zu müssen. „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt! Sicher ist meine Liebe stark genug, um alle zu erlösen.“ flüsterte sie und schritt dann auf die letzte Stufe. Doch wieder erschien das grüne Licht und eine weitere Störchin betrat das Schloss.
Der viertälteste Sohn ergriff die Hand seiner Braut, um sie die Treppe hinaufzugeleiten. Plötzlich strauchelte sie und sicher wäre sie gefallen, wenn sich nicht blitzschnell ein schwarzgewandeter Arm um sie geschlungen und vor dem sicheren Fall bewahrt hätte. Sie blickte ihm in die dunklen Augen, die schwärzer waren als die Nacht und hatte das Gefühl zu fallen und nie wieder festen Boden unter den Füßen spüren zu können. Sanft hob er sie auf und trug sie die Treppe hinauf. „Ich liebe dich! Sicher ist meine Liebe stark genug, um alle zu erlösen“, hauchte sie. Da waren sie auch schon oben angekommen. Plötzlich waren beide einen Moment in grünes Licht getaucht – und schon war wieder der Storchensohn zu sehen, der eine schwarze Störchin in seinen Armen hielt. Mit einem Hohnlachen verschwand er mit ihr im Schloss, wieder unter dem Aufstöhnen der Menge.
Der drittälteste Storchensohn und seine Gemahlin schritten nach oben. „Ich liebe dich!“ flüsterte sie die ganze Zeit. „Oh, wie ich dich liebe! Sicher ist meine Liebe stark genug, um alle zu erlösen.“ Doch auch sie ward am Ende der Treppe in grünes Licht getaucht und als schwarzer Storch ins Schloss geschleppt.
Als der Zweitälteste endlich seine Gemahlin unter ihren Liebesschwüren die Treppe hinaufgeführt hatte und sie ebenfalls unter viel Geseufze und Gestöhne in einen Storch verwandelt war, begann die Menge sich zu verlaufen.
„Wieder ist nichts passiert!“ klagte der Bürgermeister und all die weisen Ratsherren schüttelten betrübt ihre Köpfe und die Kinder und die Männer und die Frauen gingen alle zurück zum Marktplatz, um sich noch ein wenig über die den Fluch zu unterhalten und Mutmaßungen anzustellen, wann wohl der Spuk vorbeisein würde und wie beschaffen denn die Erlöserin sein müsste.
Am Fuße der Treppe aber stand noch immer der Älteste mit seiner Gemahlin.
„Bist du bereit?“ fragte er.
Sie nickte nur. Er ergriff ihre Hand und führte er sie zur Treppe. Eine Stufe. Die zweite Stufe. Die dritte Stufe. Die vierte Stufe. Die fünfte Stufe. Die sechste Stufe.
Sie sah ihm tief in die Augen. „Für dich verwandle ich mich ganz bestimmt nicht in einen Storch“, dachte sie. Und oben stand sie. Seltsam starrte er sie an. Und immer seltsamer. Plötzlich war es totenstill auf dem Platz. Sie zuckte mit den Achseln und betrat das Schloss. Vor ihr – eine riesige Eingangshalle. Doch diese war nicht etwa leer, oh nein. Darin befanden sich Störche, Störche, jede Menge Störche. Weibliche Störche. Storchinnen.
Plötzlich erglühte die Störchin, die ihr am nächste war, in jenem seltsamen grünen Licht – und dann war das Licht plötzlich verschwunden. Und da stand – die Braut des Zweitältesten. Und schon wurde die nächste Storchin einen Moment in grünes Licht getaucht – und da stand die Braut des Drittältesten. Ganz plötzlich flammte überall grünes Licht auf und die Halle war auf einmal gefüllt mit jungen Frauen, die sich alle ganz fassungslos anstarrten.
An der Tür aber stand noch immer der Älteste. Sein Gesicht, schon immer unnatürlich bleich, war plötzlich weiß wie eine Wand, er hielt sich krampfhaft am Türrahmen fest. Jetzt tat er ihr irgendwie leid. Sie wollte etwas sagen – da ward er plötzlich in grünes Licht getaucht und es stand auf einmal ein schwarzer Storch vor ihr.
Die Schar der jungen Frauen drängte jetzt nach draußen und sie ließ sich von ihrem Strom mitreißen, das Gesicht immernoch auf den Ältesten der Störche gerichtet.
Sie stand unten vor dem Schloss in Mitten der Schar Frauen und das ganze Dorf hatte sich ebenfalls versammelt und alle sahen einander völlig fassungslos an. Und dann sahen sie hoch zum Burgturm. Dort auf dem Horst standen zwei Menschen, ein älteres Ehepaar, das sich aneinanderklammerte und angsterfüllt nach unten blickte.
Plötzlich war ein seltsamer Klagelaut zu hören und aus einem Fenster der Burg kamen sieben schwarze Störche geflogen. Sie umrundeten einmal die Burg, wobei sie seltsame Laute ausstießen und dann flogen sie davon, in Richtung Wald und keiner hat sie je wieder gesehen.
Man half dem Ehepaar vom dach und jagte sie mit Schimpf und Schande aus der Stadt. Alle feierten das unnütze Mädchen. Und schließlich kam der Bürgermeister und überreichte ihr einen großen Beutel voller blanker goldener Taler.
Ihr Vater stand auf einmal neben ihr. „Gib mir nur schnell den Beutel, liebe Tocher!“ rief er. „Nur schnell her damit! Was soll denn ein Mädchen auch mit dem vielen Gold anfangen! Jetzt wirst du einen Fürsten heiraten können!“
Doch sie rief aus: „He da! Was da! Nix da! Dieses Gold gehört mir, ich habe die Stadt erlöst. Und ich mache damit, was ich will. Du hast gesagt, du nähmest nichts von dem Gold geschenkt. Dein Wille geschehe! Keinen roten Heller werde ich dir überlassen!“
Plötzlich ertönte Hufgetrappel und aus dem Schloss kamen – die sieben prachtvollen Pferde der Störche. Sie aber schwang sich auf das Prächtigste von ihnen, das Tier, das dem Ältesten gehört hatte und ritt davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Und auch sie hat man nie wieder gesehen.