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Sie waren die besten Freunde

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06.04.2010
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Sie waren die besten Freunde

Alles begann an einem normalen Tag unter zwei Freundinnen…

Sie hatten viel Spaß zusammen, doch irgendwann geht jeder gute Tag zu Ende und am Abend wollten sie den Freund der einen Freundin besuchen gehen. Er war ebenfalls bei zwei Freunden. Sie hatten im Garten eine Feuertonne aufgebaut und tranken gemütlich ein Bier zusammen. Dort sah sie ihn zum ersten Mal.
Fragt nicht warum aber wenn sie jemanden mag, dann wird sie total verschlossen und abweisend. So auch bei ihm. Verstärkend dazu erzählte ihr ihre Freundin auch noch, dass sie perfekt zusammen passen würden.

Und so nahm die Geschichte ihren Lauf…

Die Gruppe traf sich des Öfteren, oft weinte sie danach und machte sich Vorwürfe, warum sie denn nicht einfach zu ihm gehen könnte und ganz normal mit ihm reden könnte.
Eines Tages kam ein neues Gesicht in die Runde. Sie brachte nämlich eine Freundin mit, da sie ihr den Jungen vorstellen wollte und ihre Meinung zu ihm hören wollte. Doch es kam alles anders…
Der Junge verliebte sich in die neu mitgebrachte Freundin und machte daraus auch kein Geheimnis. Sie hatte einen Verdacht, wollte es aber nicht wahr haben. Bis sie schließlich von der Freundin, die ihr den Jungen vorgestellt hatte einen Brief von ihm in die Hand drückte. Sie lasen ihn gemeinsam… alle drei Freundinnen zusammen, auch die, in die der Junge verliebt war. Der Brief war wirklich süß. Er schrieb, dass er um ihre Gefühle wüsste und nicht wolle, dass sie sich weiter Hoffnungen macht. Auch bestätigte er ihren Verdacht, er war wirklich in das Mädchen verliebt. Doch er hoffte auch, dass sich eine Freundschaft zwischen den beiden entwickeln könne und wenn sie noch mal darüber reden wolle, stünde er zu ihrer Verfügung.
Die beiden Freundinnen schauten sie bemitleidend an. Sie wussten davon. Sie wussten davon schon seit längerer Zeit und nun waren beide darauf gefasst sie in die Arme zu nehmen und ihre Tränen zu trocknen. Doch dies geschah nicht. Sie war erleichtert, aus Gründen die sie selbst nicht verstand. Am gleichen Abend gingen sie noch auf eine Party und sie feierte und hatte Spaß. Niemand verstand, warum sie sich so verhielt. Aber es kam ihr vor als hätte sie nie wirklich was von ihm gewollt.
In der nächsten Zeit war sie wie ausgewechselt. Sie sprach mit ihm und hatte wieder Freude am Leben, sie versuchte sogar ihre Freundin und den Jungen zusammen zu bringen. Diesen Umstand fanden die Freundinnen sehr seltsam, normal war das nicht.
Eines Tages, als die Gruppe unterwegs war, drängten die Freundinnen sie noch mal mit ihm zu reden. Wie oft hatte sie schon davon geträumt. Sie wollte nämlich nicht, dass er glaubt sie würde immer noch etwas von ihm wollen und deswegen Rücksicht nehmen. Sie wollte einfach nur noch eine normale Freundschaft. Also redeten sie. Die anderen gingen etwas vor, um ihnen Zeit zum reden zu geben.
Sie blieben stehen. Ohne ihn anzuschauen sagte sie: „Ich möchte gerne eine Freundschaft mit dir.“ Etwas überrascht, aber auch erleichtert antwortete er: „Ich habe gehofft, dass du das sagst. Ich wollte mich nämlich nie zwischen dich und deine Freundin drängen und es wäre auch schade um eure gute Freundschaft.“ Sie nickte und erwiderte: „Ja, das wäre es. Ich glaube ich wollte auch nie etwas von dir… Ich glaube ich hab mir das einfach nur eingeredet.“ Damit war die Sache auch beendet.

Die Zeit verging und die beiden waren nun schon fast ein Paar, da kam sie zu ihr und fragte: „Stört es dich wirklich nicht, wenn ich etwas mit ihm anfangen würde?“ Sie musste nicht lange überlegen und antwortete: „Nein, es macht mir nichts aus. Schließlich will ich nichts von ihm.“ „Oh gut! Weißt du es ist wirklich schön mit ihm. Ich kann ihm alles erzählen und er ist so nett. Ich fühle mich so geborgen und beschützt wenn ich bei ihm bin…“ Sie erzählte ihr viel von ihm. Was sie alles gemacht haben und wie wunderbar er zu ihr wäre. Sie hörte ihr zu, doch irgendwie wurde sie traurig.
Sie erzählte ihr von nun an immer alles über die beiden und nebenbei noch etwas von ihrem Ex. Aus diesem Grund waren sie auch noch nicht zusammen, da sie immer noch Gefühle für ihren Ex hegte. Böse Gedanken durchzuckten ihren Geist. Warum um Himmels Willen gehst du nicht einfach zurück zu diesem Arsch und lässt ihn in Frieden? Wenn du wirklich zu dumm bist, um zu sehen wie wunderbar er ist, dann geh zurück zu deinem Ex-Freund, der dich geschlagen hat!
Sie war erschrocken von ihren eigenen Gedanken. Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass sie so über ihre Freunde denken würde. Sie wollte nicht, dass ihre Freundin je wieder geschlagen wurde und doch… wollte ein anderer Teil in ihr, dass sie wieder mit ihrem Ex zusammen kam.
Immer wieder saß die Freundin weinend vor ihr und berichtete vom neuen Terror, den ihr Ex gegen sie startete. Doch dann erzählte sie ihr auch wieder wie schön doch die Zeit war, wenn sie sich nicht gestritten hatten. Es ging eine ganze Weile so. Hin und her gerissen, zwischen den Gefühlen zu ihrem Ex und dem neuen Gentleman in ihrem Leben, entschied sie sich für den Gentleman. Doch auch noch nicht richtig. Sie hielten Händchen und küssten sich ab und zu, doch hielt sie ihn auch noch auf Distanz.

Immer wieder wurde sie gefragt, ob es ihr weh tun würde die beiden zu sehen, doch sie antwortete nur mit klarer Stimme: „Es tut mir nicht mehr weh, als jedes andere glückliche Pärchen zu sehen.“ Das reichte den meisten als Antwort, da jeder wusste, dass sie noch nie einen Freund hatte. Wenn man achtzehn Jahre damit zubrachte andere bei ihrem Glück zu beobachten und selbst die beste Freundin nie ohne Freund anzutreffen war, konnte das schmerzen, doch sie hatte sich daran gewöhnt, an den ewigen Schmerz.

Als wirklich jeder dachte, sie seien zusammen, geschah etwas, was niemand erwartet hatte. Sie stieß ihn weg und kaum eine Woche später war sie wieder mit ihrem Ex zusammen. Niemand verstand das, niemand glaubte es und alle waren sauer auf sie. Sie hatte ihm schöne Augen gemacht und ihn dann fallen lassen, wie eine heiße Kartoffel.
Sie verschwand aus der Gruppe und zog sich mit ihrem Ex zurück. Keiner wollte mehr etwas mit ihr zu tun haben, außer den beiden Freundinnen. Eigentlich war sie auch sauer auf ihre Freundin, dass sie wieder mit ihrem Ex zusammen war, doch sie zeigte eine große Toleranz und blieb weiterhin mit ihr befreundet. Auch die andere Freundin entschloss sich, zwar erst nach einer Weile dazu, weiterhin mit ihr befreundet zu bleiben, doch ihr Freund wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben, weil sie einem guten Kumpel von ihm das Herz gebrochen hatte.
Einmal fragte sie ihre Freundin, warum sie wieder mit ihrem Ex zusammen sei. Die Freundin zählte die Vorzüge von ihm auf, erzählte jedoch auch, dass es mit dem anderen auch ganz schön war, jedoch nie das empfunden habe, was sie für ihren Ex empfand. Auch sagte sie, dass er eine Aggressionstherapie machen wolle, doch die hat er bis heute nie begonnen…

Die Verbindung des Jungen und des Mädchens festigte sich, da sie ihm ein guter Halt in der kommenden Zeit sein würde. Er rutschte nämlich ab…

Zu Anfang jedoch schien alles noch normal zu sein. Klar, er war traurig, aber wer konnte es ihm verübeln? Doch ein gutes hatte die Sache: die Freundschaften der Gruppe festigten sich. Auch die, des Jungen und des Mädchen selbst.
Sie schrieben jeden Tag miteinander, manchmal auch mehrere Male am Tag. Jeder aus der Gruppe bekam täglich eine „Guten Morgen SMS“ von ihm. Meist mit frechen Sprüchen, da er immer schon morgens gut gelaunt war, sorgten die SMS für ein Lächeln auf dem Gesicht des Mädchens. Sie freute sich sogar morgens aufzustehen, obwohl sie eigentlich ein ziemlicher Morgenmuffel ist.
Doch glaubt nicht, sie sei immer noch verliebt in ihn. Denn so oft sie auch beieinander waren, hatte sie nie das Verlangen danach sich an ihn zu lehnen oder sonst irgendwie in seiner direkten Nähe zu sein. Es war seltsam. Sie wartete zwar immer sehnsüchtig auf eine SMS von ihm und schrieb lieber mit ihm, als in der Schule aufzupassen, doch nie hatte sie das Gefühl gehabt ihn zu wollen, bei ihm zu sein. Das alles was sie wollte nur er wäre. Das alles wollte sie gar nicht. Sie wollte einfach nur wissen, dass es ihm gut geht, sie wollte einfach den Kontakt zu ihm halten.

Doch nun kam die Zeit, wo sie sich alle um ihn sorgten, nicht nur das Mädchen, auch der Rest der Gruppe, denn irgendwann verebbten die „Guten Morgen SMS“. Das Mädchen schrieb ihm trotzdem jeden Morgen eine SMS, immer dann, wenn von ihm keine kam. Sie machte sich große Sorgen, da er immer wieder, wenn er traurig war Motorrad fuhr. Täglich schossen ihr Gedanken durch den Kopf, er könnte sich vor einen Baum gefahren haben, doch am Abend bekam sie meist eine knappe Antwort - SMS: Ihm ginge es gut und sie brauche sich keine Sorgen zu machen.

Nach einer Weile häuften sich seine „Guten Morgen SMS“ wieder, waren zwar immer noch selten, aber sie freute sich von ihm zu hören. Es hatte jedoch den Anschein, dass meistens nur noch das Mädchen diese SMS bekam. Dann, eines Nachts hinterließ er ihr im Internet eine Nachricht…
„So, dann schreib ich dir jetzt mal hier, weil du schläfst glaube ich schon. Also ich danke dir, dass du so für mich da warst. Das werde ich dir nicht vergessen! Es ist einfach schön solche Freunde wie dich zu haben. Du und noch wenige andere seid der Grund, warum es noch richtig gute Freundschaften gibt. Auch wenn manche es erst merken kurz bevor es zu spät ist…
Hey weißt du was? DANKE, DASS DU DA BIST!!!“
Sie war gerührt von seiner Nachricht. Sie wusste gar nicht, wie wichtig sie ihm mit der Zeit geworden war, dass sie ihm solch ein Halt gewesen war. Das beruhigte sie etwas.

Es verging die Zeit und wie sich zeigte, war sie nicht sein einziger Halt…

Sie sorgte sich immer noch sehr, vor allem jetzt, da das Gerücht aufkam, dass er Drogen nehmen würde. Sie wollte es anfangs nicht wahr haben, da er eigentlich Drogen verachtete, aber eines Abends, als sie telefoniert hatten, fragte sie ihn nach dem Gerücht. Er wich der Frage aus, sagte aber indirekt er würde keine Drogen nehmen. Kaum fünf Minuten, nachdem er aufgelegt hatte bekam sie eine SMS. „Hey du. Tut mir Leid, habe dich gerade angelogen, weil ich dir nicht sagen konnte, dass ich es doch mache, aber ach keine Ahnung! Es hilft mir gerade echt, aber ich schwöre dir, dass ich das jetzt lasse, bitte verzeih mir. Aber es tat einfach zu weh und ich bin auch zu stur, um darüber zu reden. Ich hoffe du gibst mich jetzt nicht auf. Sag das bitte keinem… Bitte… Hab dich echt voll lieb.“ Ein Gefühl, was sie nicht direkt einordnen konnte übermannte sie. Es nahm ihren gesamten Geist ein und ließ ihre Hände zittern. Sie wusste nicht, ob es Enttäuschung war oder eher tiefes Mitleid, sie wusste nur, dass sie ihn nicht im Stich lassen konnte.

Es verging eine ganze Weile, in der er sich kaum noch meldete, selten auf SMS antwortete und genauso selten an sein Handy ging, wenn jemand anrief. Plötzlich war sein Handy aus und keiner konnte ihn mehr erreichen. In der Hoffnung er würde es bald wieder an machen, schrieb sie ihm ab und zu eine SMS, unter anderem „Guten Morgen SMS“. Doch sie kamen nicht an. Kein Zustellungsbericht. Nichts. Irgendwann verlor sie die Hoffnung und schrieb nicht mehr.
Es herrschte vollkommene Funkstille zwischen der Gruppe und ihm. Doch trotzdem schossen ihr weiterhin täglich Erinnerungen an ihn durch den Kopf. Keine konkreten Gedanken, sondern einfach nur Erinnerungen und sie vermisste ihn. Sie vermisste seine morgendlichen SMS und seine lustige Person, die schon seit längerem abhanden gekommen war. Sie wusste auch nicht, wie sie ihn wieder erreichen sollte.
Es vergingen einige Tage, als sie plötzlich eine SMS von ihm bekam. Ihre SMS waren doch irgendwann angekommen und, so glaubte sie, hat er wohl gesehen, dass sie ihn nicht aufgeben wollte und ihr daraufhin geschrieben. Doch es war nicht so wie früher…

Sie schrieb selten mit ihm, genau wie der Rest der Gruppe. Niemand wusste ob man ihm glauben konnte, ob man wirklich seinen Worten Vertrauen schenken konnte, dass er keine Drogen mehr nehmen würde. Die Freundschaften zerbrachen, wurden nur noch von dünnen Fäden zusammengehalten, die bald jedoch auch zu reißen begannen. Nur selten schrieb man sich, noch seltener sah man sich. Immer wieder versuchte sie ihn aus ihren Gedanken zu verdrängen, doch immer wieder schlich er sich erneut hinein und durchzuckte ihren Geist.
Sie wollte nicht mehr. Sie hatte keine Lust mehr auf das ewige hin und her. Mal meldete er sich dann konnte man sich auf den Kopf stellen und er antwortete doch nicht. Am Ende war sie froh, als sie endlich mit ihrer Klasse nach Frankreich fuhr. Endlich Abstand zu ihm, zu der ganzen Sache.
Immer wieder hatte sie an ihn gedacht. Jedoch mit gemischten Gefühlen. Einerseits vermisste sie ihn immer noch, doch auf der anderen Seite war sie mit den Nerven am Ende. Sie fühlte sich wie ein Spielball, den er ab und zu mal herausholte und ihn benutze. Vor allem an die Mail von ihm, dass sie ihm solch eine gute Freundin war erinnerte sie sich mit bitterem Geschmack im Mund. Behandelt man so gute Freunde?

Wenige Tage bevor sie nach Frankreich fuhr meldete er sich mal wieder. Er kam zu ihr und sie redeten, wenn man das so nennen kann. Es kam ihr vor, als hielte er Sicherheitsabstand, denn normalerweise umarmte er sie immer recht lange zur Begrüßung und auch zum Abschied. Doch an diesem Tag spürte sie gerade mal den Lufthauch den er verursachte, um sie zu Umarmen, so eilig hatte er es sie wieder los zu lassen.
Kurz bevor er nun wieder aufbrechen wollte hielt sie ihn noch einmal auf. Sie wollte ihm in die Augen sehen, schaffte es jedoch nicht ihren Blick aufrecht zu erhalten. „Kleiner… ich hoffe sehr, dass du mich nicht anlügst. Denn das ist eine Sache die ich am wenigsten leiden kann.“ Eigentlich wollte sie ihm noch mehr sagen, wie: ‚Ich finde eine Freundschaft muss auf Vertrauen basieren, doch ich merke, dass ich dir nicht mehr Vertrauen kann‘. Doch sie konnte es nicht. Sie brachte keinen Ton mehr heraus und wartete nun einfach auf seine Antwort.
Es dauerte lange bis eine kam. Es kam ihr vor, als ob er ganz wo anders wäre und sie gar nicht gehört hatte. Kurz bevor sie die Hoffnung aufgab, sagte er vorsichtig: „Nein, ich lüge dich nicht an.“
Doch da wusste sie, dass er sie genau in diesem Moment angelogen hatte.
Es traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Enttäuschung machte sich in ihr breit und am liebsten wäre sie einfach davongelaufen. Als er dann endlich fuhr kamen ihr fast die Tränen.

Ein paar Tage später fragte er per SMS wie es ihr so gehen würde und sie antwortete ihm: „Es geht mir gut. Ich fahre ja bald nach Frankreich, also würde ich mir nicht mehr schreiben, wenn ich du wäre.“ Sie hoffte auf eine Zustimmung seinerseits, doch das Gegenteil traf ein. „Das ist mir egal. Ich werde dir trotzdem schreiben und wenn es mich eben mehr kostet, dann ist es eben so.“

Es zerriss ihr das Herz, als er ihr nicht ein einziges Mal schrieb. Nur als sie ihm kurz berichtete, wie es ihr gehen würde, kam eine knappe SMS zurück. Was hatte sie auch groß erwartet?
Sie war total verwirrt. Eigentlich wollte sie auf der Fahrt alles vergessen, was mit ihm zu tun hatte, doch das ging nicht so einfach, vor allem nicht mehr, nachdem eine Freundin von ihr, nämlich die, die sie ihm vorgestellt hatte ihr etwas anvertraut hatte. Sie war der Meinung, er würde etwas von ihr wollen, doch das war eher unwahrscheinlich. Sie kannte ihn mittlerweile gut genug um zu wissen, dass wenn er etwas oder jemanden toll findet kein Geheimnis daraus machte. Und wenn er sich wirklich in sie verguckt hätte, dann würde er sie nicht so seltsam behandeln. Sie hätte ihren Worten zu einem anderen, früheren Zeitpunkt mehr Glauben geschenkt, nämlich als sie jeden Tag mit ihm geschrieben hatte, doch im Moment… Im Moment wünschte sie sich einfach nur, er wäre nie in ihr Leben getreten. Denn langsam aber sicher fing sie an ihn zu hassen. Sie hasste ihn dafür, dass er sie traurig machte, dass er immer in ihren Gedanken war. Selbst bei ihrem ersten Kuss, den sie endlich bekam musste sie an ihn denken. Aber es war kein „Ach, wäre er doch hier.“ Sondern es war eher ein „Was macht er wohl gerade?“ Gedanke.
Sie verbrachte viel Zeit damit an ihn zu denken, vor allem auf den langen Busfahrten. Es gab nur ein Mädchen aus ihrer Klasse, was wirklich wusste, was mit ihr los war. Sie wusste von allem, von dem Brief, den Drogen und ihrer inneren Zerrissenheit. Das Mädchen hatte sie anfangs ermahnt sie nicht auf das Thema anzusprechen, da sie ihn eigentlich auf der Fahrt vergessen wollte. Die Freundin sah sie also nur mit einem Blick voller Mitleid an, während ihr Blick zunehmend trauriger wurde.
Irgendwann stellten zwei andere Freundinnen, denen es ebenfalls aufgefallen war sie zur Rede. Zuerst wollte sie nichts sagen, doch die beiden ließen nicht locker. Also berichtete sie knapp von ihm, ließ jedoch das meiste weg. „Ich habe einfach Angst um ihn. Ich habe Angst, dass er nicht mehr von den Drogen weg kommt und alles verliert, seinen Job, seine Freunde… und ich weiß nicht mehr ob ich ihm vertrauen kann…“ Die beiden ließen sie zwar in Ruhe, waren sich aber unschlüssig, ob da nicht noch mehr hinter steckte.

Zurück in Deutschland ging das Spiel weiter. Mal schrieb er, mal nicht.

Als ein Teil der übriggebliebenen Gruppe einmal zusammen saß, schmiedeten sie einen Plan. Kaum ein paar Tage später wurde er in die Tat umgesetzt. Sie fuhren kurzerhand zu ihm an die Arbeit und „besuchten“ ihn. Indirekt warfen ihn die beiden Freundinnen und der Freund der einen vor, dass er sich nie meldete und so seltsam geworden sei. Er antwortete knapp doch anscheinend war es die Wahrheit, denn auf die SMS konnte er nicht antworten, weil sein Handy kaputt war. Trotzdem empfand das Mädchen das alles immer noch als sehr seltsam.
Eines Tages ließ er sich wieder herab und schrieb ihr eine SMS: „Hey Kleines, na alles klar bei dir? Wollte mich dann doch mal wieder melden. Ich muss dann auch mal mit dir reden, aber keine Sorge nichts Schlimmes.“
Sie starrte lange auf ihr Handy. Tausend Gedanken jagten gleichzeitig durch ihren Kopf. Was wollte er denn bereden? Wollte er mal wieder zugeben, dass er sie angelogen hatte? Wollte er sich entschuldigen, für den Mist, den er in letzter Zeit veranstaltet hatte? Was war mit seiner Wortwahl? Was sollte das bedeuten „wollte mich dann doch mal wieder melden“? Wollte er den Kontakt abbrechen und hat es sich dann doch anders überlegt? Wollte er…
Mehrere Minuten saß sie regungslos auf ihrem Bett, bis sie endlich schrieb: „Aha gut… Und wann?“ Doch bereits kurze Zeit danach bereute sie es ihm zurück geschrieben zu haben. Einerseits empfand sie ihre karge Wortwahl als zu hart und andererseits empfand sie sie wiederrum als verdient, denn er antwortete nicht, den ganzen Tag nicht. Nach drei oder vier Tagen des Schweigens rief sie ihn an.
„Ja?“
„Hey, ich wollte fragen wann du reden wolltest.“
„Achso, ja. Äh, eigentlich diese Woche irgendwann.“
„Ah ok. Dann melde dich einfach, wenn du Zeit hast.“
Das war das gesamte Gespräch. So kühl und… Sie fühlte sich einfach von ihm… Sie wusste selbst nicht was das für ein Gefühl war. Einerseits wusste sie, dass er sich sowieso nicht melden würde, doch andererseits hoffte sie, auf eine SMS von ihm. Doch diesmal sollte es anders kommen, als sie geglaubt hatte.
Am gleichen Abend schrieb er ihr eine SMS. „Es ist wirklich nichts schlimmes. Es sagen nur alle, ich wäre anders geworden, seit ich aus O. weggezogen bin und da du die einzige bist, die immer unparteiisch war, fand ich es besser mit dir zu reden. Ist das wirklich so?“ Ohne lange zu überlegen antwortete sie: „Na ja, O. ist der falsche Zeitpunkt. Der Zeitpunkt an dem du angefangen hast Drogen zu nehmen wäre besser gewählt. Aber ja, du bist anders geworden, obwohl es manchmal Minuten gibt, in denen du wie früher bist.“ Nach einiger Zeit kam dann auch von ihm eine Antwort: „Aha, ok.“ Ein bitteres Lachen kam aus ihrer Kehle. Sie legte das Handy auf ihr Bett und ließ es den Tag über dort liegen.

Ein paar Tage später hatten sie sich aber doch noch zu einem Treffen verabredet. Doch mit jedem Tag, an dem das Treffen näher rückte, glaubte sie fester daran, dass er es noch absagen würde.
Als sie dann, an besagtem Tag von der Schule nach Hause fuhr, bekam sie eine SMS. Sie war tatsächlich von ihm, doch auf den Inhalt war sie nicht gefasst: „Hey Süße, schlechte Nachricht… Ich kann nicht kommen, liege im Krankenhaus und werde morgen operiert. Ich weiß noch nicht, wann ich hier raus komme, aber ich rufe dich dann nachher noch mal an. Hab dich lieb, bis nachher.“ Sofort durchzuckten sie eine Menge Gedanken. Was war wohl passiert? Hatte er einen Unfall? War vielleicht etwas Schlimmeres passiert? Doch dann kamen ihr auch andere Gedanken, wie: War das wirklich die Wahrheit? Aber warum sollte er lügen? So schätze sie ihn nicht ein! Er würde niemals nur wegen einem Treffen solch eine Lüge erfinden… oder doch?
Lange zermarterte sie sich das Hirn über diese Fragen. Abends traf sie dann zum Glück einen seiner Arbeitskollegen. Sie kamen ins Gespräch und irgendwann sagte der Kollege: „Weißt du eigentlich, dass er im Krankenhaus ist? Er hatte plötzlich höllische Schmerzen an der Arbeit und wir haben ihn dann da hin gefahren. Und weißt du was dabei raus kam? Der Arme hat Nierensteine.“
Also Wahrheit. Nun fühlte sie sich ziemlich schäbig. Wie konnte sie nur wirklich geglaubt haben, er würde sie so dreist anlügen? Sie bekam ein ziemlich schlechtes Gewissen. Als er sie dann noch anrief, war sie froh seine Stimme zu hören und von ihm bestätigt zu bekommen, dass es ihm gut geht und dass die Schmerzen nachgelassen hatten. Sie nahm sich fest vor ihn die nächsten Tage mal zu besuchen, doch das geschah nie. Nicht, weil der Kontakt wieder abbrach, sondern, weil er so schnell entlassen wurde. Es wunderte alle, denn gleich nachdem er aus der Narkose aufwachte, lief er herum und die Schwestern entließen ihn auf sein Drängen hin früher.
Am Wochenende wollte sie jedoch trotzdem einen Krankenbesuch machen. Sie war noch nie in seiner neuen Wohnung gewesen und wusste auch nicht, wie sie dorthin gelangen sollte. Sie wollte nach ihrem Navi fahren, doch er rief sie mitten auf der Fahrt an und sie trafen sich in einem ihr bekannten Ort, wo er sie abholte. Doch bis die beiden sich gefunden hatten verging eine Ewigkeit. Zuerst hatte sie ihn falsch verstanden und stand an einer vollkommen falschen Stelle. Nach einer Weile rief er an. Sie fragte mit gespielt, übertrieben trauriger Stimme: „Wo bist du?“ Und er antwortete mit einem Lachen: „Ich bin da wo ich dich abholen wollte, aber du bist nicht da.“ Sie beschrieb ihm, wo sie sich befand und kurz darauf fuhr er auch schon an ihr vorbei. Doch er übersah sie und fuhr weiter. Schnell fuhr sie ihm hinterher, verlor ihn jedoch nach einer Abzweigung relativ schnell wieder.
Nun rief sie ihn an und er fragte, wo er sei. Wieder ein Missverständnis und wieder riefen sie einander an, doch diesmal sagte er: „So, und jetzt bleibst du am Telefon, bis ich dich gefunden habe!“ In den nächsten fünf Minuten tauchte er dann auch schon auf. Es war irgendwie ein seltsames Gefühl ihn zu sehen. Sie erinnerte sich an die mittlerweile schon oft gesagten Worte ihrer Freundin, dass er etwas von ihr wollen würde und irgendwo fing sie langsam an es zu glauben.
Sie fuhren in seine Wohnung, er mit dem Motorrad vor weg und sie mit dem Auto hinter her. Da bereute sie es plötzlich ihn besuchen zu wollen. Wenn es ihm schon so gut ging, dass er wieder Motorrad fuhr, hätte sie eigentlich auch keinen „Krankenbesuch“ machen brauchen.
In seiner Wohnung angekommen sah sie sich ein wenig um. Es war eine schöne Wohnung, klein aber fein. Sie kam in sein Schlafzimmer, ihr Blick fiel aufs Bett. Plötzlich kam ihr ein Bild vor Augen: Sie sah sich und ihn auf dem Bett liegen, doch nicht als Paar sondern als Freunde. Sie wünschte sie hätten solch eine Freundschaft.
Im Wohnzimmer setzte sie sich auf den freien Sessel und er saß SMS schreibend auf dem Sofa. Sie kamen nicht wirklich ins Gespräch, immer wieder wurden sie von einer SMS unterbrochen, woraufhin er 5 Minuten lang eine Antwort schrieb.
Irgendwann bohrten sie Fragen. Es waren die Fragen, die sie ihm schon lange stellen wollte, seitdem alle dachten er würde nur noch lügen. Er hatte ihr so viel erzählt, wo sie sich nicht sicher war ob das alles stimmte. Doch irgendwie traute sie sich nicht richtig nachzufragen. Sie atmete tief durch. Jetzt oder nie! sagte sie sich und schon begann ihr Mund Worte zu formen.
„Hör mal, Kleiner.“
„Ja?“
„Wie ist das eigentlich mit den Drogen…“
„Ich nehme sie nicht mehr“, fiel er ihr ins Wort. Seine Stimme war ernst und seine Mimik eisern. In den folgenden Sätzen räumte er vollkommen mit den ungeklärten Dingen auf, die sie belasteten. Dazu musste sie nicht mal mehr etwas sagen.
„Weißt du was ich an dir mag?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich mag es, dass du nicht voreingenommen bist. Alle anderen sprechen mich die ganze Zeit darauf an. Das nervt! Es war ein Fehler, ja aber wenn ich sage ich nehme sie nicht mehr, dann tue ich das auch nicht mehr!“
Sie musste lächeln. „Sag mal, sagen eigentlich immer noch alle, dass du anders geworden wärst?“
„Keine Ahnung. Ich hab eigentlich nur noch mit dir zu tun.“
„Hm, na ja, also jetzt bist du wieder so wie früher.“
Sie schwiegen beide, bis eine neuerliche SMS die Stille durchbrach. Sie schaute etwas fern. Diese SMS war wohl deutlich länger als die letzten, denn er brauchte fast eine viertel Stunde um sie zu beantworten. Nachdem er endlich fertig war sagte er: „Komm mal her.“ Sie setzte sich zu ihm aufs Sofa. Er zeigte ihr etwas auf dem Rechner. „Verstehst du das?“ Sie schüttelte stumm den Kopf, da lachte er. „Das wird in deiner Ausbildung dran kommen. Irgendwann wirst du das verstehen.“ Etwas ungläubig schaute sie wieder auf die komplizierte Zeichnung. Doch nun konnten sich die beiden unterhalten. Sie redeten mehr, auch waren ihre Themen nicht mehr ganz so oberflächlich. Zwar wurden sie immer noch von SMS unterbrochen, doch dadurch entstand nicht mehr so eine lange Pause, wie zuvor.
Irgendwann wurde sie doch neugierig und fragte: „Mit wem schreibst du dir eigentlich andauernd diese Romane?“
Er musste lächeln.
„Na ja“, antwortete er vorsichtig, „es gibt da was, was ich dir erzählen möchte. Ich hab da ein Mädchen kennen gelernt. Sie ist wirklich nett und will auch ein Motorradführerschein machen. Dann wollen wir zusammen durch die Gegend fahren.“ Sein Tonfall änderte sich, als er weiter sprach: „Eigentlich wollte ich keine Beziehung.“
Eine lange Pause entstand zwischen den beiden. Viele Gedanken stürmten auf sie ein doch sie vermochte nicht sie zu ordnen.
Endlich fand sie die richtigen Worte, um die Stille zu durchbrechen: „Aber bei ihr ist es anders?“ Sie war froh, dass ihr die Stimme nicht versagte und auch ein wenig stolz auf sich, dass ihre Stimme nicht zitterte.
Er antwortete nicht, doch sein Lächeln sprach Bände.
Es war, als ob er ein Brett genommen hätte und es ihr mit voller Wucht vor den Kopf geschlagen hätte. Plötzlich spürte sie, wie sich Tränen in ihre Augen schlichen. Sie schaute in eine andere Richtung und schluckte sie runter. Inständig hoffte sie, er habe nichts bemerkt. Sie blinzelte stark und nach kurzer Zeit waren die Tränen versiegt. Kurz blieb sie noch neben ihm sitzen, doch dann musste sie einfach aufstehen. Sie suchte sich den Vorwand nicht mehr sitzen zu können und lief etwas durch den Raum. Er hatte nichts bemerkt, ganz im Gegenteil. Er war bereits wieder am SMS schreiben.

Sie blieb noch relativ lange bei ihm. Schließlich, als sie nach Hause wollte kam er mit zur Tür. Er nahm sie in den Arm, so wie früher. Es war ein schönes Gefühl, seine Nähe zu spüren. Doch da kam das Geräusch, was sie an dem Abend hassen gelernt hatte. Er bekam eine SMS und ohne groß darüber nachzudenken, stieß sie ihn mit den Worten weg: „Na das passt ja.“ Für den Moment bemerkte sie gar nicht, dass er sie eigentlich noch etwas im Arm halten wollte. Sie konnte ihn nicht ansehen, seine braunen Augen. Sie konnte nicht mehr bleiben. Sie wollte einfach nur noch weg, denn sie spürte, wie die Tränen sich einen neuerlichen Weg zu ihren Augen kämpften.
Schnell ging sie aus der Tür und flog die Treppe fast hinunter. Sie war bereits eine Etage tiefer, als sie seine Stimme hörte: „Schreib mir wenn du zu Hause bist, ja?“ „Ja“, rief sie ihm knapp zu.
Endlich war sie draußen. Endlich an ihrem Auto. Sie stieg ein und da überkam es sie. Die Tränen stürzten in richtigen Bächen über ihre Wangen. Nun wurde sie sich auch der Tatsache bewusst, dass er sie auch weiter in seinen Armen gehalten hätte, trotz der SMS von dem Mädchen. Immer und immer wieder durchlebte sie den Abschied. Immer mehr Tränen rollten über ihre Wangen. Immer dieselbe Szene. Doch plötzlich begann sie an sich zu zweifeln. Hatte er sie wirklich noch weiter umarmen wollen? Bildete sie sich das ein? War es vielleicht eine Trugerinnerung, um etwas zu haben, an dem sie fest halten konnte? Sie wusste es nicht. Doch plötzlich legte sich in ihrem Inneren ein Schalter um. „Bist du eigentlich total bescheuert?“, fragte sie sich laut. „Warum heulst du jetzt? Ihr seid Freunde und mehr nicht! Er kann sich verlieben in wen er will. Das geht dich nichts an! Gott, wie kann man nur so blöd sein?“
Mit einem Mal kam sie sich ziemlich lächerlich vor, deswegen zu weinen. Sie wollte nichts von ihm. Sie wollte nicht mal bei ihm sein. Auch bei der Umarmung spürte sie nicht mehr. Natürlich war es schön, aber war es nicht immer schön umarmt zu werden?
Als sie zu Hause war, ließ sie den Abend noch einmal Revue passieren. Sie hatte sich beruhigt und verstand nun selbst nicht mehr, warum sie in den beiden Situationen weinen musste.

In den nächsten Tagen meldete sich keiner von beiden bei dem jeweils anderen. Darüber war sie eigentlich auch ganz froh.

Er saß in seinem Firmenwagen und fuhr auf einer Straße, direkt am Berg. Im nächsten Moment stürzte er ab und das Auto verschwand. Sie konnte ihn sehen, wie er verletzt auf einem Vorsprung lag. Er wurde vermisst. Niemand wusste was los war.
Sie schreckte aus dem Schlaf auf. Nur ein Traum. Doch irgendwie hatte sie ein seltsames Gefühl im Bauch. Sie beschloss es zu ignorieren, vielleicht war ihr einfach nur schlecht? Das Gefühl verschwand nicht, doch es gelang ihr es zu ignorieren, zumindest, bis sie in die Schule fuhr. Auf dem Weg dorthin musste sie ständig an ihn denken und an ihren Traum. Was wenn vielleicht doch etwas passiert ist? Nein es ist alles ok. Oder?
Vor der Schule angekommen hielt sie es nicht mehr aus. Sie musste ihm schreiben! „Hey Kleiner, geht’s dir gut? Ich hab gerade ein ziemlich seltsames Gefühl im Bauch… Schreib bitte zurück.“
Sie ging in die Schule, um festzustellen, dass sie nur die 5. Stunde hatte, da der Rest ausfiel. Also redete sie noch etwas mit ihren Freundinnen und ging dann zurück zu ihrem Auto, um nach Hause zu fahren. Aus Reflex schaute sie kurz bevor sie den Motor anmachte auf ihr Handy. Sie hatte irgendwie nicht mit einer Antwort gerechnet, doch er hatte ihr eine geschrieben: „Mir geht’s nicht so gut und gleich geht es ins Krankenhaus. Wie geht es dir so?“
Fassungslos starrte sie auf ihr Handy. Ihr Traum schoss ihr durch den Kopf. Doch es war alles ok. Er musste nur noch einmal hin, um sich die Nierensteine raus operieren zu lassen. Die erste Operation, für die er im Krankenhaus lag war nur zur Vorbereitung gewesen.
„Mein armer Kleiner… Wo bist du im Moment, soll ich zu dir kommen? Oder willst du lieber keinen sehen?“
„Ich bin in W.“
„Also willst du keinen sehen?“, schlussfolgerte sie aus der knappen Antwort.
„Das habe ich nicht gesagt… Aber würdest du wirklich so weit fahren?“
„Natürlich, wenn es dir nicht gut geht…“
„Du bist ja toll, danke…“

Also fuhr sie nach W.

Sie blieb fast den ganzen Tag bei ihm. Sie redeten über alles. Sie redeten darüber, dass er ihr Tanzen beibringen würde, für ihren Abi-Ball und darüber, dass seine Schwerster bald heiratete und er überlegt nicht hin zu gehen, denn er wolle seinem Vater nicht begegnen.
Er sah hinaus, in das Schneegestöber und sagte mit nachdenklicher Mine: „Also, wenn das so weiter geht, dann lasse ich dich nicht mehr fahren!“
„Ach“, erwiderte sie höhnisch, „und wie soll ich deiner Meinung nach, nach Hause kommen? Oder soll ich vielleicht hier schlafen?“
Er lächelte sie mit seinem Hundeblick an und sagte einfach: „Ja. Und wenn die das freie Bett noch belegen, dann schläfst du heut Nacht mit mir in einem Bett. Dann kuscheln wir zusammen.“
„Äh, nein danke“, sagte sie lachend. Das war wieder solch ein Moment, wo sie sich sicher war, dass sie nichts von ihm will. Sie wollte wirklich nicht in diesem Krankenhaus schlafen. Und erst recht nicht mit ihm in so einem schmalen Bett!
Aber sie redeten auch über das Mädchen und darüber, dass sich nie etwas zwischen den beiden entwickeln könne. Sie ist nämlich eine Türkin und ihre Eltern hingen sehr an der Vorstellung ihre Tochter dürfe nur einen Türken heiraten. Leider hatte sich ihre Freundschaft schon so weit entwickelt, dass sie sich beide ihre Gefühle füreinander eingestanden hatten. Wäre ihre Familie nicht, säße nun nicht sie bei ihm, sondern das türkische Mädchen, als seine Freundin.
Doch wenn ihr nun glaubt, dass sie dieses Gespräch wieder aus der Bahn geworfen hätte, täuscht ihr euch gewaltig. Es machte ihr nichts aus. Sie gab ihm sogar ein paar Tipps, weil er manchmal ihre Reaktionen nicht verstand.
„Was ist eigentlich los mit euch Frauen? Den einen Tag wollt ihr keinen Kontakt mehr und dann kommt sowas!“ Er warf ihr sein Handy zu und sie las die geöffnete SMS: „Hey mein Schatz. Wie ist es so im Krankenhaus? Flirtest du fleißig mit den heißen Krankenschwestern?“
„Soll ich es dir erklären?“, fragte sie. Nach dem Nicken seinerseits führ sie fort. „Sie will dich vor ihrem Vater schützen. Du weißt, dass solche Menschen auch Morde begehen? Sie will nicht, dass dir etwas passiert, also will sie den Kontakt zu dir abbrechen, damit dir nichts mehr passieren kann. Aber gleichzeitig sind ihre Gefühle für dich so stark, dass sie dich nicht verlieren will. So ist sie hin und her gerissen zwischen dir und ihrer Familie, bzw. deinem Schutz vor ihrer Familie.“
Seufzend sah er aus dem Fenster, aber er verstand es.
Eine Krankenschwester kam herein und bat ihn sich um zu ziehen, da seine Operation bald begann. Sie blieb noch, bis er abgeholt wurde. Dann fragte er mit den verzweifelten Augen eines Kindes, was zum ersten Mal in seinem Leben eine Spritze sah: „Wartest du auf mich?“ Lächelnd schüttelte sie den Kopf und erwiderte: „Ich kann nicht, ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Aber du kannst mich anrufen, dann bist du nicht so allein in dem bösen Krankenhaus.“

Sie war fast zu Hause angekommen, als sie angerufen wurde: „Ja?“
„Hey, äh wo bist du?“
„Fast zu Hause warum? Haben die dich schon Operiert?“
„Na ja… Also der Stein ist weg.“
„Wie? Der kann doch nicht einfach so verschwinden.“
„Die Ärzte meinten, dass ich ihn wohl schon ausgeschieden haben muss. Weißt du noch? Ich hatte doch so furchtbare Schmerzen und außerdem auch geblutet. Da muss er wohl raus gekommen sein.“
„Ah, ok. Und was ist jetzt mit dir? Soll ich dich abholen?“
„Würdest du das machen? Du bist so toll! Meine Mutter ist nämlich schon arbeiten…“
„Ja, kein Problem.“

Und wieder fuhr sie nach W. Sie holte ihn ab und brachte ihn zu seiner Wohnung. Er war ziemlich aufgeregt, weil er den Abend noch „Damenbesuch“ bekommen sollte. Das türkische Mädchen hatte sogar noch eine Überraschung für ihn.
Bei seiner Wohnung angekommen stieg er aus und sie wollte wieder fahren, als er um ihr Auto herum kam und die Tür öffnete. Er lehnte sich hinein und wollte sie Umarmen, stieß sich dabei aber den Kopf. Lachend und voller Mitleid stieg sie nun extra für ihn aus. Er nahm sie in den Arm und wiegte sie hin und her. „Nimm dir für Morgen nichts vor. Ich will mit dir etwas machen, als Dankeschön für heute.“
„Ach, und was hast du vor?“
„Ich weiß nicht Eis essen gehen?“
Sie sah ihm in die Augen und musste grinsen. „Ein Eis, bei der Kälte? Kleiner es ist Winter!“
„Egal. Nimm dir einfach nichts vor!“

Später am Abend bekam sie eine SMS von ihm: „Hey Kleines! Danke nochmal für heute und guck, dass du morgen wirklich Zeit hast. Ich muss mal mit dir reden. Du bist echt so eine wirklich gute Freundin, das will ich dir jetzt immer zeigen! Ich hab dich voll lieb!“
„Wie süß du manchmal bist. Ist doch klar, dass ich das gemacht habe! Wir sind doch Freunde.“
„Ich habe aber leider bis heute nie richtig kapiert, was du schon alles für mich gemacht hast. Oh Gott! Ich werde dich von heute an nur noch nerven, bis du mich schlägst. Du bist toll!“
Sobald sie die SMS gelesen hatte, kamen ihr die Tränen und ihr schoss nur noch ein Gedanke durch den Kopf: „Ich will keinen Kontakt mehr!“
Immer und immer wieder schoss er ihr durch den Kopf. Keinen Kontakt mehr! Aber warum wollte sie keinen Kontakt mehr? Jeder andere normale Mensch würde sich freuen, wenn er solche SMS bekäme. Doch sie erinnerte sich an die Mail von damals, als er ihr schon einmal geschrieben hatte, dass er froh war sie zu haben. Doch danach hatten sie eher, mal wieder keinen Kontakt, als dass sie gespürt hätte, wie glücklich er war, dass sie da war. Irgendwie wollte sie nicht mehr. Sie wollte nicht jedes Mal auf eine Antwort warten um nie eine zu bekommen. Sie wollte nicht mehr, dass sie für ihn 50 Kilometer fährt und das gleich zwei Mal an einem Tag.
Aber, als sie genauer darüber nachdachte, was kein Kontakt mehr bedeutete, wurde sie traurig. Sie erinnerte sich an die guten Zeiten, die sie miteinander hatten und auch daran, dass es immer schön war, wenn er in ihrer Nähe war. Sie wollte ihn nicht verlieren… Sie wollte ihn nicht als Freund missen. Doch, auch wollte sie nicht, dass er verletzt wurde. Sie wusste schließlich selbst, wie es ist jemanden zu verlieren der einem wichtig ist. Sie konnte und wollte ihm diesen Schmerz nicht antun.
Am nächsten Tag kam es, über einige Umstände, dass sich die alte Gruppe wieder traf. Eigentlich wollte er zu ihr kommen, aber die Freundin, in die der Junge am Anfang dieser Geschichte verliebt war kam zu dem Mädchen. Sie fuhren gemeinsam zu dem Mädchen, was ihr damals den Jungen erst vorgestellt hatte und dessen Freund. Aufgrund starken Regens, fragte das Mädchen ob sie nicht lieber zu ihm kommen solle. Die anderen aus der Gruppe bekamen das mit und plötzlich standen alle vier vor seiner Tür.
Es war das erste Mal, seit der Drogensache, dass sich der Hauptteil der Gruppe wiedersah. Jedoch war alles wie früher. Die Jungs alberten gleich zusammen rum und die Mädchen schauten amüsiert den beiden zu. Sie war glücklich, dass sich alle so gut verstanden. Vielleicht würden sie jetzt öfter wieder was gemeinsam unternehmen.

Der Tag verging und irgendwann schaute sie gedankenverloren in Richtung Fernseher. Sie war vollkommen weggetreten und hatte alles ausgeblendet, bis sie plötzlich eine SMS bekam. Die beiden anderen Freundinnen waren ganz aufgeregt und rissen ihr das Handy aus der Hand. Doch sie hatte schon gesehen, von wem sie war.
Normalerweise hasste sie es, wenn jemand zu ihr sagte: „Lach mal“. Wenn sie nicht lachen wollte, dann wollte sie nicht lachen. Manchmal wurde sie sogar richtig aggressiv, wenn jemand das in einem unpassenden Augenblick von sich gab. Aber die SMS, in der stand: „Lach mal.“… Da musste sie lächeln. Es war kein aufgesetztes Lächeln, sondern ein wirklich echtes, was von Herzen kam. Sie sah den Jungen an, der sie ebenfalls anlächelte. Er hatte ihr geschrieben, obwohl er kaum zwei Meter von ihr entfernt saß. In diesem Moment empfand sie ein seltsames Gefühl und sie wusste, sie mochte es nicht.

Sie fragte sich lange Zeit nach diesem Tag, was er eigentlich besprechen wollte, denn an dem Tag, als sie alle bei ihm waren, hatte er nicht über irgendwas Bestimmtes mit ihr geredet. Doch sie sollte nie eine Antwort darauf bekommen…

Sie sollte sich auch in der Vorstellung irren, dass sie nun mehr gemeinsam unternahmen. Es war wieder alles anders. Er meldete sich einen Tag, schrieb eine SMS und wenn sie ihm antwortete und sogar eine Frage gestellt hatte, kam nichts zurück. Nach diesen zwei bis drei Tagen, in denen man nur eine SMS am Tag von ihm bekam, kam wieder ein bis zwei Wochen kein Lebenszeichen. Er antwortete nicht auf SMS und schrieb auch selbst keine.

Irgendwann war er ihr endlich egal. Es war ihr egal, ob er ihr schrieb oder nicht. Sie gab auch nichts mehr auf sein Wort, wenn er etwas versprach. Diese Entwicklung stimmte sie schon ziemlich traurig. Doch es war am besten so, denn ihre Freunde, die wussten was geschehen war, hassten ihn mittlerweile. Doch so wirklich wissen was zwischen den beiden alles passiert war, wussten nur diejenigen, die ihn nicht kannten. Das heißt also, dass zum Beispiel das Mädchen, was ihr ihn vorgestellt hatte, nichts von den Tränen wusste, die sie schon oft wegen ihm vergossen hatte. Sie wusste nicht, was in dem Krankenhaus gesprochen wurde und auch nicht, dass sie täglich mindestens einmal an ihn denken musste. Doch dies alles wussten einige wenige aus ihrer Schule…

„Es geht nicht! So kann er nicht mit dir umgehen!“
„Aber er macht das doch nicht absichtlich. Schließlich weiß er nicht, dass es mir irgendwo weh tat, als er mir das mit dem türkischen Mädchen erzählt hat.“
„Na und? Es ist trotzdem scheiße von ihm! Das kann doch nicht gehen, dass du ihm so wichtig bist und er sich dann wochenlang wieder nicht meldet! Ich sehe doch wie es dich kaputt macht!“
„Das macht es nicht. Glaub mir, ich schaffe das schon.“
„Ach komm schon! So behandelt man Freunde nicht! Entweder man meldet sich oder wenn es mal nicht geht, dann schreibt man sowas wie: ‚Tut mir leid, aber im Moment habe ich so viel zu tun, da kann es eine Weile dauern bis ich mich mal wieder melden kann“. Vor allem, wenn ER dir schreibt. Dann nicht mehr zurück zu schreiben ist wirklich unter aller Sau! Warum sagst du denn nichts dagegen?!“
„Was soll ich denn deiner Meinung nach sagen? ‚Oh, du tust mir ständig weh, wenn du dich nicht meldest und dass du dich in ein Mädchen verliebt hast… wie konntest du nur‘? Das ist Schwachsinn! Wir sind weder zusammen, noch will ich was von ihm. Von daher ist es vollkommen Ok, wenn er sich verliebt.“
„Na, wenn du meinst… Aber trotzdem, dass er sich fast nie meldet geht dir doch auch auf die Nerven?!“
„Ja schon, aber soll ich mich deswegen heulend vor ihn stellen und ihn dafür anschnauzen, dass er sich kaum meldet? Er ist ein freier Mensch…“
„Du bist wirklich unverbesserlich. Du beschützt ihn, obwohl er so ein Arsch ist. Und das sagst du selber.“
„Ja das schon, aber deswegen ist er noch kein schlechter Mensch. Er ist so lieb und sein Charakter ist wirklich toll.“
„Und trotzdem spielt er mit deinen Gefühlen!“
„Ich habe keine Gefühle für ihn!“
„Schön, wenn du das selber glaubst.“

Am gleichen Abend, wie das Gespräch bekam sie nachts um halb elf eine SMS. „Hey Schnuckel, bist du noch wach?“ Eigentlich hatte sie am nächsten Tag Schule und schrieb dazu auch noch eine Klausur. Also legte sie das Handy aus der Hand und drehte sich wieder um. Doch kaum eine Minute später schrieb sie: „Ja, warum?“
„Dann komme ich grad noch mal vorbei hehe, oder nicht? Hab dich lieb.“
„Äh, mit dem Motorrad? Wenn dann aber leise, meine Eltern schlafen schon. Ich bin aber schon halb in Schlafsachen. Wann bist du denn ca. hier?“
„Nee, mit dem Auto und ich würde dann jetzt bald kommen.“
Sie zog sich schnell einen ihrer besten Pullis an, was ihr ziemlich dämlich vorkam. Aber sie wollte sich auch nicht etwas anderes anziehen. Sie schlich die Treppe hinunter und wartete. Sie spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug und sie fragte sich, was er wohl wolle. Die wildesten Gedanken schossen ihr durch den Kopf, von einfach nur mal vorbei kommen bis hin zu einer mehr oder weniger romantischen Aktion von ihm. Je später es wurde, desto nervöser wurde sie. Doch sie fragte sich warum. Sie hasste auch die Gedanken an einen romantischen Grund für seinen Besuch, doch sie ließen sich einfach nicht vertreiben. Aber was sollte er, in der Woche, nachts bei ihr wollen?
Endlich fuhr ein Auto auf den Hof. Sie lief zur Tür und dann standen sie sich gegenüber. Er nahm sie in den Arm. Er hielt sie lange fest. Länger als jemals zuvor. Es war schön, es war wirklich schön. Plötzlich wollte sie, dass dieser Moment niemals wieder verging. „Tut mir leid, aber ich brauche das mal“, hauchte er ihr zwischendurch ins Ohr.
Als er dann die Umarmung löste sah sie, wie fertig er aussah. Sie gingen hinein, vor den warmen Ofen. Lange sagte keiner ein Wort. Doch dann durchbrach sie die Stille und fragte: „Wo kommst du denn um diese Uhrzeit her?“
„Von einem Freund von mir. Da habe ich mich erst mal ausgeheult.“
„Ach, und jetzt geht es hier weiter?“, fragte sie in einem sanften Ton, mit einem leichten Lächeln.
„Nein“, lachte er leise, „ich wollte einfach nur bei jemandem sein, bei dem ich mich wohl fühle und da bist nur du mir eingefallen.“
Das war unerwartet. Doch sie blieb erstaunlich gefasst und musste weder weinen, noch mit den Tränen kämpfen.
„Weißt du“, fuhr er fort, „es ist ganz schön schwierig, so von Angesicht zu Angesicht zu sagen, was einen bedrückt.“
„Ja das kenne ich.“
„Würden wir jetzt schreiben, wäre das alles kein Problem.“
Es entstand eine lange Stille zwischen den beiden. Sie musste stark gegen den Impuls ankämpfen ihn zu Löchern und zu fragen, was mit dem türkischen Mädchen sei. Sie sah wie schlecht es ihm ging und wollte dann nicht noch in der Wunde bohren. Er solle ihr sagen was er wollte und wann er es wollte. Und das tat er auch. Er erzählte ihr, dass er im Moment Schulden hatte und dass er zwei Jobs hatte. Doch er ging nicht auf das türkische Mädchen ein.
Schnell hatte er das Thema gewechselt und war zu dem Thema übergegangen, was sie denn den Tag über alles gemacht hätte. Sie gingen auch den Rest der Nacht nicht mehr auf das ein, was ihn bedrückte. Irgendwann frage er, wann sie am nächsten Tag wieder aufstehen müsse, als sie antwortete: in 5 ein halb Stunden, sagte er: „Oh dann werde ich mal so langsam wieder fahren. Was mache ich denn jetzt noch? Ich könnte zu meiner Schwester und die wach machen, oder zu meiner Mutter an die Arbeit.“
„Hat sie Nachtschicht?“
Er nickte. Es war seltsam für sie. Wenn sie sich das alles Mal genauer überlegte hieß das, was er gerade gesagt hatte, dass er lieber bei ihr war, als bei seiner Familie. Hatte das etwas zu bedeuten? Sie wusste schließlich, wie wichtig ihm seine Mutter war. Er hatte ihr sogar von den Drogen erzählt. Aber sie schlug sich das alles aus dem Kopf. Sie interpretierte bestimmt zu viel in die Situation hinein, oder?
Er blieb noch etwas bis er sie schließlich fragte: „Hast du morgen Zeit?“
„Nein, leider nicht. Ich muss lernen, schreibe Donnerstag Mathe.“
„Ah, ok… Wann musst du nicht lernen?“
„Am Donnerstag, da ist alles vorbei.“
„Gut. Nimm dir Donnerstag nichts vor. Ich versuche mir auch nichts vor zu nehmen.“
„Was hast du denn vor?“
„Ich weiß noch nicht. Aber ich komme Donnerstag einfach vorbei und hole dich ab. Dann fahren wir mit dem Auto weg.“
„Und was ist mit meiner Schule und deiner Arbeit?“
„Hm, wir nehmen einfach Schlafsäcke mit und dann bringe ich dich Freitagmorgen zur Schule und hole dich auch wieder ab. Dann fahren wir weiter.“
Sie musste Lächeln. Als er weg war, verblasste ihr Lächeln wieder. Er würde das niemals tun. Er würde sich wahrscheinlich die nächsten Tage nicht mal mehr melden, geschweige denn Donnerstag wirklich vor ihrer Tür stehen.

Wie das Schicksal es wollte schrieb er ihr am darauffolgenden Tag. Und auch den Tag darauf. Dann war Donnerstag. Normalerweise schrieb er ihr Morgens schon, doch an diesem Tag nicht. Sie kam nach Hause und wusste mit einem Gefühl der Enttäuschung, dass er sich den ganzen Tag nicht mehr melden würde. Doch die Freundin, die ihn mittlerweile hasste war der festen Überzeugung, dass er sich ganz sicher noch melden würde. Doch das Mädchen war eher pessimistisch, oder eher realistisch? Sie glaubte auch nicht wirklich, dass er ihr die Tage dazwischen geschrieben hatte. Es kam ihr eher so vor, als hätte sie das alles geträumt.
Um sich die Zeit zu vertreiben fing sie an ihr Zimmer umzuräumen.
Abends um 18 Uhr war ihre Enttäuschung über seinen wiedermaligen Wortbruch so groß, dass sie den Tränen nahe war. Doch sie schluckte sie herunter und redete sich ein, dass es ok sei. Er habe es bestimmt vergessen. Außerdem hatten sie keine richtige Abmachung gehabt. Er hatte es zwar gesagt aber sie hätten darüber noch mal reden sollen, wann er sie zum Beispiel abholen würde. Solche Sachen, die ein Treffen erst fest machten. So war es eigentlich ein paar leere Worte gewesen, die man aus Scherz sagt, wie: „Komm, wir fahren im Sommer nach Paris und kaufen uns das teuerste Kleid, was wir finden können.“ Doch ihre Freundin sah das anders. Sie war Feuer und Flamme und Fluchte wie wild auf ihn. Doch das Mädchen hatte nur ein kraftloses Lächeln übrig und sagte kaum etwas dazu. Doch sie gestand es sich endlich ein. Dieser Junge hatte eine große Gewalt über sie. Diese Gewalt kam daher, dass wenn er es wollte, er sehr schnell bei ihr starke Gefühle wecken konnte. Im Moment jedoch wünschte sie sich einfach nur, sie hätte ihn nie kennen gelernt.

Bis hier hin konnte ich euch die Wahrheit erzählen, doch was nun kommt liegt noch im ungewissen.

Es ging eine ganze Weile so weiter. Er meldete sich selten, doch wenn er sich meldete kam wieder ein Satz oder ein Blick, der ihr Herz höher schlagen ließ und gleichzeitig den Dolch noch tiefer trieb. Sie konnte nicht mehr ohne ihn, aber auch nicht mehr mit ihm. Bis er sie schließlich zu sich einlud. Er hatte etwas zu feiern. Er hatte nämlich eine neue Stelle bekommen und darauf wollte er jetzt mit ihr anstoßen.
Sie hatten zu zweit anderthalb Sektflaschen getrunken und waren beide gut dabei. Lachend lehnte sie sich an ihn. Beide sahen sich lächelnd in die Augen. Seine wundervollen, dunklen braunen Augen. Sein Geruch stieg ihr in die Nase und ließ ihre Nackenhaare sich aufstellen. Sie wandte den Blick ab und setzte sich wieder gerade auf. Doch da zog er sie nahe an sich heran und legte ihr den Finger unter ihr Kinn. Er hob es ein wenig an und… Er küsste sie. Sie verstand die Welt nicht mehr. Alles begann sich zu drehen. Was war da gerade passiert? Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen und da spürte sie wieder seine weichen Lippen auf den ihren. Was geschah da bloß? Was machte er mit ihr?
Er stand auf, doch ging er nicht weg, sondern hob sie auf und trug sie in sein Schlafzimmer. Sie vergaß in diesem Moment alles. Sie vergaß, was er ihr für Schmerzen bereitet hatte und auch die Warnungen der Freunde schlug sie in den Wind. In diesem Moment gab es nur noch ihn und sie.
Vorsichtig legte er sie auf sein Bett. Er stieg über sie und drückte sie leicht zu Boden. Ihre Lippen berührten sich abermals. Dann spürte sie plötzlich, wie seine Hand unter ihr Oberteil glitt. Sie war warm und angenehm auf ihrer Haut zu spüren. Zärtlich zog er ihr das Oberteil aus. Er warf es zu Boden und gleich darauf, lag seines daneben. Sie öffnete seinen Gürtel und kurze Zeit später lag seine Hose ebenfalls, wie die ihre auf dem Boden.
Sie zeichnete mit dem Finger die Konturen seiner Muskeln nach. Fasziniert von seinem Körper bemerkte sie nicht, dass sein Blick auf ihr ruhte. Er bedachte sie mit einem zärtlichen Lächeln, doch irgendwann begann er ihren Hals zu küssen, bis er bei ihrem Mund angekommen war. Seine Hand strich kaum merklich ihr Bein aufwärts. Sie bekam eine Gänsehaut von diesem Gefühl.

Es war ihr erstes Mal. Und es war wirklich schön gewesen.
Als die Sonne sie weckte, fand sie sich in seinen Armen wieder. Er war wirklich süß, wenn er so schlief. Lange sah sie ihn an, bis sie endlich eine Entscheidung traf.
Schweren Herzens wand sie sich aus seinen Armen. Sie suchte ihre Sachen zusammen und begann sich anzuziehen. In der Zwischenzeit war er aufgewacht und sah ihr lächelnd bei ihrem treiben zu. Als sie fertig war fragte er noch etwas schläfrig: „Wo willst du hin?“ Sie antwortete ihm nicht. Regungslos blieb sie dort stehen wo sie war. Sein Lächeln verblasste und wich einem Ausdruck der Trauer.
Endlich drehte sie sich um und kniete sich auf sein Bett. Mit einem schmerzlichen Lächeln sah sie ihn an. Sie küsste ihn noch ein letztes Mal, dann sagte sie: „Ich werde dich vermissen, mein Kleiner.“ Sie drehte sich um und ging zu seiner Wohnungstür. Als sie seine Wohnung verließ hatte sie Tränen in den Augen…

Wenn ihr euch nun fragt, warum sie gerade jetzt geht, obwohl sie endlich an ihrem Ziel zu sein scheint… Tja, ich weiß nicht genau warum ich gehen würde. Tatsache ist: ich würde gehen, denn ich weiß, dass wenn ich das Spiel der Liebe mit ihm eingehen würde, würde ich es verlieren. Ich weiß nicht, ob mein Herz das überleben würde.
Ich weiß nicht ob es jemals so weit kommen wird, ich weiß nicht wann oder ob er sich noch einmal bei mir meldet, ich weiß gar nichts. Das einzige, was ich weiß ist, dass mir dieser Junge etwas bedeutet… Ich will ihn nicht verlieren, egal was er manchmal für ein Arsch sein kann. Ich will ihn einfach nicht los lassen. Deswegen habe ich diesen Text geschrieben. Ich will nicht, dass es soweit kommt. Meine Hände haben gezittert, bei dem letzten Abschnitt, aber es musste sein. Nur so kann ich hoffentlich verhindern, dass ich mehr für ihn empfinde als es gut für mich ist… Obwohl ich glaube, dass es manchmal dafür zu spät ist.
Dies soll mir als Warnung dienen und mir immer wieder vor Augen führen, dass ich keine Beziehung mit ihm will, sondern nur eine Freundschaft. Sie ist mir wichtiger, als eine Beziehung, denn diese Beziehung würde nie halten.

 

Vorab: Vielleicht ist das am Anfang etwas verwirrend ohne Namen, aber ich find das ohne Namen irgendwie besser... weiß auch nicht so ganz warum :-) viel spaß

 

Hey Kairi,

Vorab: Vielleicht ist das am Anfang etwas verwirrend ohne Namen, aber ich find das ohne Namen irgendwie besser... weiß auch nicht so ganz warum :-) viel spaß

Ja, das ist es. Verwirrend. Und das ist auch der Grund, warum ich drei Mal versucht habe, mich in Deinen Text einzulesen und wieder abgebrochen habe. Weil ich bei jedem Satz sortieren musste. Die Freundin der Freundin und der Freund einer anderen Freundin und Freund, Freundin, Freund, Freundin und noch mehr davon. Und ich nie so genau wusste, äh, wer jetzt ... und dann hab ich den Satz wiederholt gelesen und versucht das hinzupuzzeln. Mir macht das Lesen so leider keinen Spaß. Das Du das eventuell spannend und besser findest, mag ich nicht abstreiten, aber Du als Autorin weißt auch ganz genau in Deinem Kopf, wer da jetzt mit wem und wie die Beziehungen zwischen denen aussehen. Du hast Deinem Leser da eine Menge voraus. Deshalb kann ich auch nicht recht was zum Inhalt sagen, aber schon was zum Stil :).


Sie hatten viel Spaß zusammen, doch irgendwann geht jeder gute Tag zu Ende und am Abend wollten sie den Freund der einen Freundin besuchen gehen. Er war ebenfalls bei zwei Freunden. Sie hatten im Garten eine Feuertonne aufgebaut und tranken gemütlich ein Bier zusammen. Dort sah sie ihn zum ersten Mal.

Alleine hier stecken so viele Mitwirkende drin. Sie selbst, eine Freundin und deren Freund, der wiederum Freunde hat und da sah sie ihn. Fünf Leute, die Freunde sind, aber nicht immer ihre.

"doch irgendwann geht jeder gute Tag zu Ende" - ja, das weiß ich, das weiß jeder, das ist halt so - das musst Du Deinen Lesern nicht erklären ;).
Und wer hatte Spaß zusammen? Sie und die Freundin oder sie und ganz wer anderes? Ist aber auch egal. Weil ich nicht weiß, worin dieser Spaß besteht und warum er wichtig ist, ist es überflüssig, das zu erwähnen. Fange doch mit der Gartenparty an. Und berichte nicht nur einfach was passiert, sondern vermittle Atmosphäre ... So könnte es aussehen:

Als ich kam, standen schon einige Leute um eine verbeulte Feuertonne, aus der dicker Qualm emporstieg.
"Das stinkt!", hustete jemand.
"Genau du Depp. Hör auf da ständig Zweige mit Blättern reinzuschmeißen!"
"Boh ihr Stadtkinder. Das hier ist Natur. Genießt sie! Und, kann mal wer Bier holen? Meins ist ... so leer." Dabei hielt er sich die leere Flasche vors Auge und spähte hinein oder hindurch, als wäre sie ein Fernglas.

Ist jetzt nicht toll, aber hier habe ich Bilder vor Augen. Ich stecke mehr oder weniger mittendrin und bin dabei - während es bei Dir eher so klingt, als erzähle mir wer seine Geschichte, als würdest Du sie für Dein Tagebuch schreiben, damit Du Dich später daran erinnern kannst. Aber es sind dann Deine Erinnerungen, für mich als Leser müssen diese Bilder (Erinnerungen) erst gemalt werden. Ich war ja nicht dabei. Verstehst Du, was ich meine?

So damit soll erst mal genug sein an Kritik.
Vielleicht finden sich aber auch Leser, die diese Art mögen.

Beste Grüße Fliege

 

Danke :-) Ja da hast du recht ist ziemlich trocken. Ich schreibe sie noch mal um und lade sie dann neu hoch :-)

 

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