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Sie, nur sie.

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08.11.2008
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Sie, nur sie.

"Ich muss dir was sagen.", spreche ich verlegen.
"Was ist es?". Ihr Lächeln.
"Ähm... Ich... Du... Einige Zeit...", stottere ich herum.
Ich bin völlig fertig. Wie oft habe ich mir diesen Moment vorgestellt, wie oft war er einfach unvorstellbar schön, eben so wie es sein sollte. Aber nun vermassle ich es. Das darf ich nicht. Ich starte einen erneuten Versuch: "Als ich dich das erste Mal sah, stachst du sofort aus der Menge, in der du dich befandest heraus. Ich wusste sofort...".
"Ja.", sagt sie.
"Ja? Wie "ja"?", ich bin noch perplexer als vorher.
"Ich weis, was du mich fragen möchtest, und die Antwort ist "Ja"", das sagt sie mit diesem Lächeln, das ich bisher nur sehen, nie aber berühren durfte. Auch wenn das Verlangen noch so groß war.
"Also... Du sagst "ja"...", stammle ich noch immer verlegen, kann ihre Antwort kaum glauben.
"Jaha", sagt sie lachend.
Dieser Augenblick war in meiner Vorsgellung so viel spektakulärer, so viel emotionaler, so viel größer gewesen. Ich kann kaum sagen, ob ich überhaupt etwas empfinde. Wir küssen uns. Mein erster Kuss. Und auch er ist anders, als in meiner Vorstellung. Sie sieht mich an. Sie sagt nichts, aber ihre Augen erzählen mir so viel Dinge, die ich bisher nie hören konnte. Wir setzten uns auf Sofa und sie lehnt ihren Kopf gegen den meinen. Einfach so, stumm, vielleicht ja sprachlos, sitzen wir da und genießen die Gegenwart des Anderen. Ich berühre ihr Wange. Es ist der beste Moment meines ganzen Lebens.

 

Hallo Quallinator,

und auch von mir ein Willkommen im Forum.

Du scheinst Dich ja auf Momentaufnahmen spezialisiert zu haben. Kurz und knackig möchtest Du ein Gefühl im Leser erwecken, ein Blitzlicht setzen und den Rest kann der Leser dann selbst mit seinen Erfahrungen ausfüllen.
Und genau da fängt es an schwierig zu werden. Es ist verdammt schwer und es bedarf sehr viel literarisches Gefühl für derartige Kürzsestgeschichten, damit der Leser dem Autor das Aussparren von Informationen verzeiht. Denn er will sich nicht seine Geschichte zusammenreimen, er will eine lesen.
Deshalb muss man all die Sachen, für die man eben sonst mehrere Zeilen nutzt, auf den Punkt bringen. Da müssen Figuren gezeichnet werden, die der Leser vor Augen hat, mit ihren Vor- und Nachteilen, da muss Handlung und Spannung rein und im Idealfall sollte sich der Prot. auch noch entwickeln. Und all das in ein paar Zeilen, das ist schwer ;).

Du hast ein interessantes Thema gewählt, die Erfahrung des ersten Kuss. Eine, die man nicht so schnell vergisst. Aber ich sehe Deine Figuren nicht vor mir. Okay, er fragt sie vorher, ist aufgeregt und dann fühlt es sich anders an, als wie gedacht. Aber wie denn anders? Klar kann ich es jetzt mit meinem vergleichen - aber meinen ersten Kuss kenne ich doch - das ist doch nichts spannendes für mich. Warum sollte ich darüber was lesen wollen? Viel eher will ich doch wissen, wie es sich für jemand anderen anfühlt.


"Ich muss dir was sagen.", spreche ich verlegen.

Wenn der Satz, indem wörtliche Rede vorkommt weitergeht, dann endet sie nicht mit einem Punkt. ? oder ! ja, aber kein Punkt. Und spreche ich, klingt komisch, findest Du nicht?

Vorschlag: "Ich muss dir was sagen", stammele ich.
In diesem stammele ist das verlegen schon drin. Das bringt es viel mehr auf den Punkt.

"Was ist es?". Ihr Lächeln.

Hier ist die wörtliche Rede abgeschlossen. Da kommt dann kein Punkt mehr hinter. Und : Ihr Lächeln, dass ist kein Satz. Entweder sie lächelt, dann weiß ich als Leser, wie sie reagiert, oder und besser, Du beschreibst dieses Lächeln kurz, was macht die Faszination ihres Lächelns aus? Ist doch ein guter Moment, den man zur Figurenzeichnung nutzen könnte.

"Ähm... Ich... Du... Einige Zeit...", stottere ich herum.

Vor und nach drei Punkten kommt je ein Leerzeichen. Das ist für die Augen des Lesers :bib:. Und stottere ich - ja, das merkt man, das ist eine Information die der Leser nicht benötigt. Könnte man ersetzen durch: meine Wangen glühen; ich verkrampfe, sitze da wie ein Stock; spiele an den Fingernägeln. Durch ein körperliches Merkmal. Wieder - zeig dem Leser die Figur.

"Als ich dich das erste Mal sah, stachst du sofort aus der Menge, in der du dich befandest (Komma) heraus. Ich wusste sofort...".

Wer redet denn so? So ... umständlich?

"Als ich dich das erste Mal sah ... gleich aufgefallen ... ich hab gewusst ...".

"Ja? Wie "ja"?", ich bin noch perplexer als vorher.

"Ja?" Wie, einfach ja? Das zweite ja nicht in "", gehört zu seinen Gedanken.

"Ich weis(s), was du mich fragen möchtest, und die Antwort ist "Ja"",

"Ich weiss, was du mich fragen möchtest und die Antwort ist ja",

"Also... D(d)u sagst (")ja(")...", stammle ich noch immer verlegen, kann ihre Antwort kaum glauben.

Ah, da hast Du ja das stammeln :). Aber man erkennt es ja auch an der Zeichensetzung. Da benötigt es eigentlich die ganze Nachrede nicht, wenn Du die wörtliche mit einem Fragezeichen abschließen würdest. Und wieder hast Du Zeilen gewonnen, den Prot. körperlich zu zeigen ;).

Dieser Augenblick war in meiner Vorsgellung so viel spektakulärer, ...

Vorstellung

Wir küssen uns. Mein erster Kuss. Und auch er ist anders, als in meiner Vorstellung.

Jetzt hast Du dem Leser so lang die Information vorenthalten, worüber sie eigentlich reden - soll ein Element der Spannung sein, nehme ich an, hat bei mir aber nicht funktioniert. Ist wie, wenn sich Ärzte unterhalten und ich nicht weiß, worum es geht. Da hör ich nicht mehr zu, der Autor läuft Gefahr das seine Leser aussteigen.

Wie anders? Deshalb lese ich die Geschichte, genau das will ich lesen. "Anders" ist alles und nix. Ist beliebig.
Der Leser wärs zufriedener mit Details, z.B. ich hab mich immer gefragt, ob sich die Zungen rechts oder links rum drehen. Eine Frage, die keiner Antwort bedarf. Irgendwas konkretes. Ich glaubte, die Spucke sammelt sich in Mengen und man muss immerzu schlucken, damit man dabei nicht sabbert ... Irgendeine konkrete Vorstellung, die sich ins Gegenteil verkehrt.

Sie sagt nichts, aber ihre Augen erzählen mir so viel Dinge, die ich bisher nie hören konnte.

Was? Was sagen ihre Augen? Das ist eine Phrase, die so gar nichts aussagt.

Wir setzten uns auf Sofa und sie lehnt ihren Kopf gegen den meinen.

Achtung Zeitformenfalle. Präteritum uns Präsens in einem Satz!

Ich berühre ihre Wange.

Es ist der beste Moment meines ganzen Lebens.

Und wenn er dann Sex hat? Vater wird? Heiratet? Im Lotto gewinnt?
Solche Sätze sind fragwürdig. Besser wäre es, ihn in seiner Glückseeligkeit noch mal zu zeigen. Wie die Aufregung abfällt, wie er entspannt. Meinetwegen, wie er sein Herz schlagen hört.

Jetzt hab ich Dir eine Menge Sachen herausgesucht, warum Deine Geschichte für mich nicht funktioniert. Bis dato lese ich - darf ich dich küssen? - ja - sie küssen sich - es ist toll. Dabei hat es so viel Potential. Aber du verschenkst.

Kannst ja mal drüber schauen, ob Du an der ein oder anderen Stelle nachlegen möchtest. Die RS und Grammatik, das ist ja fix in Ordnung gebracht.

Viel Freude Dir hier. Mach da mal was draus ;).

Beste Grüße Fliege

 

Hey Fliege,
danke für die vielen Tipps! Ich kann kaum glauben wie viel man hier lernt :D
Ich muss ganz dringend an meinem Schreibstil arbeiten... Du bist ja schon der(die) Dritte, der(die) mich darauf hinweist^^
Ich werd mein bestes geben, euch bald eine "gute" Geschichte zu liefern ;-)

 

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