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Sie hat Angst, er nicht

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20.09.2016
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Sie hat Angst, er nicht

Sie rennt. So schnell, wie ihre Füße sie tragen, solange, wie ihr Herz noch Blut pumpen kann. Immer weiter.
Da sind Schritte hinter ihr, sie kann sie hören, aber ihr Gehirn ist nicht in der Lage, die Information zu verarbeiten. Ihr gesamter Fokus liegt auf der Strecke vor ihr. Alles andere ist unwichtig, nein, mehr noch, alles andere hört auf zu existieren, sobald sie anfängt zu laufen. Es ist Freiheit.
Nur widerwillig entschleunigt sie, bis sie letztendlich stehen bleibt. Ihre Lungen gieren nach Luft und sie hat das Bedürfnis, sich einfach fallen zu lassen, dabei ist das die falsche Reaktion. Langsames Auslaufen ist besser für den Kreislauf.
„Lea!“
Sie dreht ihren Kopf zu ihrem Trainer, auf seinen Lippen ist ein breites Grinsen und als er den Daumen hochhebt, da weiß sie, sie hat nicht nur die Anderen überholt - wie immer - sondern auch sich selbst. Zum ersten Mal seit drei Jahren.

Er kämpft. Das Schwert liegt schwer in seinen Händen, sein Körper ist es nicht gewohnt ein derartiges Gewicht zu stemmen. Doch er kann nicht aufgeben, zumindest nicht, wenn er sein Leben wertschätzt, und das tut er, sehr sogar.
Heißer Atem schlägt ihm entgegen. Er schluckt und blickt der Bestie direkt in die rot glühenden Augen. Jetzt oder nie.
Die Götter um Kraft anflehend, zieht er das Schwert über seinen Kopf und schlägt mit einem lauten Kampfschrei zu.
„Marlon?“
Überrascht tritt er aus der fantastischen Welt seines Buches. Kurz blinzelt er, um sich daran zu erinnern, wo er sich befindet. Vergessen sind die menschenfressenden Drachen und die mutigen Helden, die sie in die Flucht schlagen.
Vor ihm steht seine Ärztin, ein mitfühlendes Lächeln umspielt ihre Lippen. In ihren Händen hält sie sein Medikament.
Er sieht zu seinem Nachttisch, auf dem sich Bücher stapeln. Obwohl ihm vorher bewusst war, dass er sie unmöglich alle hier lesen kann – insbesondere weil er in nur wenigen Stunden sich zu schlecht fühlen wird, um irgendetwas zu tun – hatte dennoch der Optimismus gesiegt.

Sie warten. Unruhig schwingt Lea ihre Beine hin und her, Marlon sitzt ihr gegenüber in ein Buch vertieft. Beide sind die einzigen ohne Eltern, mit ihren sechzehn Jahren fühlen sie sich zu alt, um noch zum Arzt begleitet zu werden.
Genervt stöhnt Lea, genau in dem Augenblick liest Marlon den letzten Satz und sieht auf. In seinem Rucksack befinden sich weitere Bücher, er geht nie ohne mindestens drei Exemplare aus dem Haus. Aber sie hat seine Aufmerksamkeit erregt.
Ihr blondes Haar reicht ihr beinahe bis zum Kinn, die Augen sind braun und wandern ziellos durch den Raum. Es ist diese Rastlosigkeit, die ihn an die Piratenkönigin aus seinem Buch erinnert.
„Wohin setzen wir unsere Segel, mein Kapitän?“
Irritiert runzelt sie die Stirn, dann mustert sie ihn eindringlich. Auffällig an ihm sind nur die unzähligen Sommersprossen, früher auch seine feuerroten Haare, aber die sind schon vor Wochen ausgefallen. Jetzt trägt er schwarze Mützen.
„Norden, immer weiter in den Norden. Bis zum Ende der Welt“, antwortet sie schließlich abenteuerlustig.
„Das klingt nach einer langen Fahrt. Haben wir genug Lebensmittel geladen?“
„Höre ich da Zweifel? Muss ich dich daran erinnern, was ich mit dem letzten Matrosen gemacht habe, der meinte es besser zu wissen?“
Angsterfüllt hebt er die Hände. „Nein, mein Kapitän. Verzeiht. Ich wollte doch nur wissen, was der Plan ist.“
Wütend funkeln ihre Augen ihn an.
„Wenn ich wollen würde, dass du den Plan kennst. Dann würde ich ihn dir verraten. Ich glaube, ein wenig Kielholen könnte dir nicht schaden.“
Sie sehen sich an, ihre Mundwinkel zucken, dann brechen sie gleichzeitig in schallendes Gelächter aus.

Ihr Chatverlauf könnte mehrere Bücher füllen, nicht, dass er es wert ist. Eigentlich besteht er nur aus dummen Witzen, gelegentlichen Absprachen zu Verabredungen und manchmal, aber wirklich nur manchmal, da besprechen sie den Ernst des Lebens – meist mit einem Augenzwinkern.
Trotzdem schlagen ihre Herzen schneller, wenn sie ihr Handy vibrieren spüren und plötzlich sind sie nicht mehr nur er und sie, sondern ein wir.
Nervös spielt sie mit dem Tragegurt ihrer Umhängetasche und liest den Warnhinweis, der an der Eingangstür der Station hängt. Sie kennt ihn.
Es ist die Bitte, nur gesund die Patienten zu besuchen, zu schwach ist ihr Immunsystem, um eine simple Infektion verkraften zu können.
Gesund ist sie, zur Sicherheit ist sie am Morgen noch beim Arzt gewesen. Was sie zurückhält, sind Erinnerungen.
Der Geruch, die Übelkeit, die Medikamente und vor allem die Furcht.
Die Angst ist überall, gleich wohin sie geht, gleich wie schnell sie rennt, ihr kann sie nicht entkommen. Aber sie versucht es, immer wieder.
Und so betritt sie schwungvoll – Flucht nach vorne – die Station.
Im Gegensatz zu anderen Krankenstation bemüht man sich hier einen liebevollen Ort zu kreieren. Die Wände sind bunt und mit Comicfiguren verziert, es gibt eine Spielecke an der rechten Seite für die Kleineren, links einen Schrank mit Brettspielen, Konsolen und DVDs für die Älteren. An Geld mangelt es nicht, denn kranke Kinder ziehen Spenden an.
Zielsicher geht sie an den Spielsachen vorbei und ins Zimmer 311. Sie kennt den Weg.
Wie erwartet sitzt Marlon im Bett und liest. Beim Lesen ist sein Mund immer leicht geöffnet, so als staune er über jedes Wort. Leise schließt sie die Tür, dann baut sie sich vor ihm auf, die Hände in die Hüften gestemmt. Gespielt böse blickt sie auf ihn herab.
„Ein Kapitän wird anständig begrüßt, wenn er den Raum betritt!“
Erschrocken lässt Marlon das Buch fallen, doch beginnt zu lächeln, als er realisiert, wer vor ihm steht. Sofort zieht er sie zu sich aufs Bett. Ihre Lippen berühren sich federleicht. Kurz zögert sie, denkt an all die Bakterien und sein Immunsystem, doch da ist seine Zunge schon in ihrem Mund. Automatisch legen sich ihre Hände auf seine Brust, auf der linken Seite spürt sie den Katheter. Ein vertrautes Gefühl.
„Ist ein Kuss zur Begrüßung angemessen?“
Verschmitzt grinst Marlon.
„Ein guter Kuss wäre es.“
Bevor er ihrer Herausforderung nachkommen kann, weicht sie zurück, um sich die Schuhe auszuziehen und neben ihm ins Bett zu legen. Erst dann erlaubt sie ihm seine Zungenfertigkeiten unter Beweis zu stellen.
Marlon zu küssen ist wie laufen. Es lässt sie Zeit und Raum vergessen.
„Ich unterbreche euch nur ungern.“
Schlagartig trennen sie sich voneinander, Marlons Gesicht verfärbt sich rot, während Lea erblasst. Vor ihnen steht eine Ärztin, die Medikamente in der Hand.
„Lea?“, fragt diese überrascht.
Alles in ihr zieht sich zusammen. Es ist ein zu bekanntes Bild. Sie erinnert sich daran, wie die Medikamente in sie flossen. Da sie kühl gelagert werden mussten, waren sie eiskalt und so wickelte sie sich stets in die Krankenhausdecke, um die Kälte zu vertreiben. Wenn diese verschwand, dann kam das Erbrechen. Ihr Mutter hielt ihr mit einer Hand eine Nierenschale hin, mit der anderen strich sie zärtlich über ihren Rücken.
Aber am schlimmsten war das Warten gewesen. Das Warten auf Ergebnisse. Das Warten auf den Moment, in dem alles wieder gut werde.
„Ich denke, ich sollte gehen“, sagt Lea und fühlt sich feige. Aber sie muss gehen. Muss laufen. So schnell wie möglich, so weit wie möglich.

Lea fliegt. Ihre Füße berühren nur für wenige Sekunden den Boden, dann sind sie wieder in der Luft. Er beobachtet sie gerne dabei.
Das Training findet hinter ihrer Schule statt und obwohl seine sich am anderen Ende der Stadt befindet, so gibt ihm allein das Dasein der Institution ein Gefühl der Normalität. Seine Freunde scherzen über seine Sehnsucht nach der Schule, beschweren sich über die Lehrer und die Menge an Hausaufgaben. Sie verstehen es nicht.
Lea dagegen weiß, was er fühlt, noch bevor er es selbst weiß und vielleicht ist das der Grund, warum sich ihre Beziehung so leicht anfühlt.
Mit weiten Abstand zu den anderen Mädchen kommt sie als Erstes am Ziel an. Stolz erfüllt ihn, er selbst war nie ein Sportler. Doch es macht Mut zu sehen, dass er die verlorene Zeit nicht nur wieder einholen, sondern auch überholen kann.
Voller Energie, als könne sie die Strecke nochmal im gleichen Tempo laufen, winkt sie ihm zu.
Genauso strahlend erwidert er das Winken.
In der Zeit, die sie fürs Duschen und Umziehen benötigt, schläft er. Zur Zeit kann er jederzeit und an jedem Ort einschlafen, sein Körper ist ausgelaugt von der letzten Therapie.
Leise setzt sie sich neben ihn, um ihn nicht zu wecken, doch er hat ihre Anwesenheit schon längst bemerkt. Sanft zieht er sie zu sich runter, sodass er sie küssen kann. Entgegen ihres sonst stürmischen Gemüt ist sie hierbei scheu. Ihm gefällt diese schüchterne Seite an ihr.
„Zu mir oder zu dir?“
Lea rollt mit den Augen, doch kann sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Ich dachte, wir bleiben einfach hier. Dann können dich deine Eltern später abholen und wir sparen uns das Taxi.“
Ernst sieht er ihr in die Augen, langsam zieht er etwas aus seiner Hose und setzt es sich dann mit einer dramatischen Geste auf: ein Mundschutz.
„Matrose Marlon ist nun in Uniform und einsatzbereit für die U-Bahn.“
Obwohl Lea lacht, kann er dennoch die Sorge in ihren Augen erkennen. Es ist die gleiche wie bei seinen Eltern, die ihm ohne Weiteres jede Taxifahrt bezahlen würden.

Sie liegen gemeinsam auf einer Decke. Über ihnen funkeln die Sterne. Oder eher die leuchtenden Plastiksterne, die Marlon als Kind in seinem Zimmer aufgehängt hat. Ihre Hände sind ineinander verhakt.
Lea öffnet ihren Mund, um etwas zu sagen. Doch sie zögert. Unsicher schielt sie zu ihrem Freund, der friedlich in den falschen Nachthimmel starrt. Die Wärme seines Körpers beruhigt sie.
„Ich habe Angst“, wispert sie und ist sich nicht sicher, ob er es gehört hat. Ohne Fragen zu stellen, dreht er sich zu ihr und legt ein Arm um sie. Beruhigend streicht er mit einer Hand durch ihr Haar.
„Du nicht?“, fragt sie und schafft es nicht ihm dabei in die Augen zu sehen.
Leicht schüttelt er den Kopf. „Wovor?“
Dem Tod.
Das Wort liegt auf ihren Lippen, aber sie schluckt es hinunter. Erinnert sich an ihre Erkrankung und sie weiß, dass es keine Option für ihn ist. Er kämpft, muss kämpfen, weil er keine Wahl hat, und dafür braucht er Hoffnung, brauchte sie Hoffnung.
Sonst ist die Tortur nicht durchzustehen.
Zärtlich fährt sie mit ihren Finger seine Gesichtskonturen entlang und als sie ihm doch in die Augen blickt, sieht sie den feinen Unterschied zwischen ihnen.
Während er nichts mehr zu verlieren hat, ist er doch schon krank, fürchtet sie, dass der Krebs sie erneut aus dem Leben reißt.

 

Hallo @Mitra,

ich bin noch ganz ergriffen von deiner Geschichte. Mit großem Feingefühl beschreibst du die Freundschaft von Lea und Marlon und bist auch mutig und sensibel genug, die für Marlon so wichtigen Details nicht außer Acht zu lassen. Ich denke, kaum ein junges Paar macht sich Gedanken darüber, was für katastrophale Folgen ein Kuss für einen immungeschwächten Menschen haben kann. Das ist natürlich gut so und es ist auch jedem zu wünschen, dass er sich nie damit auseinandersetzen muss.

Lea und Marlon haben es leider nicht so schön und mir hat gut gefallen, wie sie sich eine "Insel" geschaffen haben, auf der sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein "normales" Pärchen sein können.
Auch sehr schön ist der Aufbau der Geschichte. Du beschreibst erst Lea bei ihrem Training und auch da so detailliert der Ablauf in ihrem Körper. Von Lungen, die nach Luft gieren, ein Herz, das Blut pumpt.
Weiter geht es dann mit Marlon, der trotz oder wegen seiner Krankheit in der Lage ist, sich in die wunderbare Welt seiner Helden zu träumen. Auch hier lese ich wieder sehr ausführlich von heißem Atem, rot glühenden Augen … Das hat mir sehr gut gefallen, wie du mein Auge auch auf diese Dinge lenkst.
Im Krankenhaus treffen die beiden aufeinander. (Bin nicht sicher, ob es das erste Mal war, wo sie sich sahen, ich denke aber schon.) Hier nimmst du Bezug auf Marlons Buch und lässt ihm Lea mir ihrer Rastlosigkeit wie die Piratenkönigin erscheinen. Das ist ein guter Gedanke. Für mich ist das vorstellbar und glaubwürdig. Auch, dass Lea darauf anspringt. Da haben sich zwei gesucht und gefunden.
Wie selbstverständlich und gewissenhaft Lea mit den Hygieneleitlinien umgeht zeigt, dass sie weiß worauf es ankommt. Es war sehr traurig zu erfahren, warum das so ist.

Mir hat sehr gut gefallen, wie Lea immer wieder Bezug zu ihrem Sport gefunden hat. Das gibt ihr Kraft. Kraft für sich selbst. Kraft für Marlon, der kämpfen muss um Hoffnung zu erhalten. Hoffnung die sie beide brauchen. Hoffnung die ich ihnen von Herzen wünsche.

In deiner Geschichte schwingt so viel mit, das mich sehr berührt hat. Die schneller schlagenden Herzen zum Beispiel, wenn das Handy vibriert und aus ihr und ihm ein sie werden lässt. Oder, dass sie Marlons Küsse ans Laufen erinnert und Raum und Zeit vergessen lässt.

Mitra, vielen Dank für diese gefühlvoll geschriebene Geschichte, von der ich sehr hoffe, dass es "nur" eine Geschichte ist. Es freut mich, dass du den Weg ins Forum gefunden hast, und ich heiße dich, mit etwas Verspätung zwar, herzlich Willkommen.

Lieber Gruß
Tintenfass

 

Liebe Tintenfass,

vielen lieben Dank. Ich bin überwältigt von deinem netten Kommentar, zwar hatte ich gehofft eine solche Reaktion auslösen zu können, aber dass es tatsächlich funktioniert hat, freut mich ungemein.
Vor allem freut es mich, dass dir das Kennenlernen der beiden gefallen hat, an dem habe ich lange gehadert, weil ich trotz des Ortes ein möglichst unverfängliches erstes Treffen schaffen wollte.

Nocheinmal ein großes Dankeschön und ganz liebe Grüße,
Mitra

 

Hallo Mitra,

auch mich hat deine Geschichte sehr berührt, vor allem, weil ich das Thema aus persönlicher Perspektive kenne (als Angehöriger). Die Fakten sind erschreckend korrekt beschrieben; ich hoffe, dass das nicht auf eigener Erfahrung beruht. Vielleicht kann man das aber auch alles in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" nachlesen - das Buch bzw. den Film habe ich mir nie angetan.

Im Grunde hat Tintenfass schon so ziemlich alles geschrieben, was auch ich zu sagen hätte. Du hast sehr einfühlsam und glaubwürdig die Bewältigungsmechanismen der beiden Jugendlichen beschrieben - Sport vs. Phantasie - und die Art und Weise, wie die gemeinsame Erfahrung die beiden zusammenfinden lässt. Wer weiß, ob sie sich ohne diesen gemeinsamen Hintergrund jemals miteinander befasst hätten?

Um die Geschichte noch ein kleines bisschen zu tunen, hier ein paar Textstellen:

So schnellKomma wie ihre Füße sie tragen, solange wie ihr Herz noch Blut pumpen kann.
Entweder "so lange, wie" oder "solange" (ohne "wie"). Oder, damit es nicht zu viele Kommas werden:
"So schnell ihre Füße sie tragen, solange ihr Herz noch Blut pumpen kann."

ihr Gehirn ist nicht in der LageKomma die Information zu verarbeiten.

Alles Andere ist unwichtig, nein, mehr noch, alles andere hört auf zu existieren
Laut Duden wird "andere" am besten immer kleingeschrieben. Bei Substantivierung (so wie hier) ist Großschreibung zwar erlaubt, aber unüblich. Auf jeden Fall solltest du einheitlich vorgehen. (Kommt noch öfter vor.)

sie hat das BedürfnisKomma sich einfach fallen zu lassen

Doch er kann nicht aufgeben, zumindest nicht, wenn er sein Leben wertschätztKomma und das tut er, sehr sogar.

Vergessen sind die menschenfressende Drachen
menschenfressenden

Beide sind die einzigen ohne Eltern, mit ihren sechzehn Jahren fühlen sie sich zu alt, um noch zum Arzt begleitet zu werden.
Fand ich erst unrealistisch, aber das ist sicher eine persönliche Entscheidung. Kann man durchgehen lassen.

Es ist diese Rastlosigkeit, die ihn an die Piratenkönigin aus seinem Buch erinnert.
Hier habe ich gestutzt, weil Piraten nicht gut mit Drachen zusammenpassen (außer vielleicht in der Temeraire-Serie). Aber wahrscheinlich ist der Vielleser längst bei einem anderen Buch angekommen?

„Wohin setzen wir unsere Segel, mein Kapitän?“
Hier musste ich schmunzeln. Zum einen ist das einfach eine sehr schöne und (für mich) unerwartete Reaktion. Zum anderen erinnert es mich an den Club der toten Dichter. ("Oh Captain, mein Captain!")

„Wenn ich wollen würde, dass du den Plan kennst. Dann würde ich ihn dir verraten. Ich glaube, ein wenig Kielhohlen könnte dir nicht schaden.“
Vielleicht ein Komma zwischen den ersten beiden Sätzen?
Außerdem "Kielholen" ohne zweites "h".

Es ist die BitteKomma nur gesund die Patienten zu besuchen

Was sie zurückhält, sind Erinnerungen.
Der Geruch, die Übelkeit, die Medikamente und vor allem die Furcht.
Diese Erinnerungen sind was Mächtiges. Ein Arzt hat uns mal von einem Chemopatienten erzählt, den er Jahre nach der Behandlung zufällig im Zug getroffen hat. Beim Anblick des Arztes hat der Ex-Patient sofort das Abteil vollgekotzt.

als er realisiert, wer vor ihm steht
Das ist so ein Anglismus, der sich zwar eingebürgert hat, aber immer noch unschön wirkt. Vielleicht "als ihm klar wird" oder "als er sich bewusst wird".

Marlon zu küssen ist wie laufen. Es ließ sie Zeit und Raum vergessen.
lässt

Das Warten auf den Moment, indem alles wieder gut werde.
in dem

Lea dagegen weiß, was er fühltKomma noch bevor er es selbst weiß

Stolz erfüllt ihn, er selbst war nie ein Sportler gewesen.
Kein Grund fürs PQP. Einfaches "war" oder "ist ... gewesen" reicht.

Entgegen ihres sonst stürmischen Gemüts ist sie hierbei scheu.
ihrem ... Gemüt (Dativ)

Es ist die gleicheKomma raus wie bei seinen Eltern

Oder eher die leuchtenden Plastiksterne, die Marlon als Kind in seinem Zimmer aufgehängen hat.
aufgehängt

Schön finde ich außerdem, dass du den Ausgang offen lässt. Denn auch die Betroffenen leben ja mit der Unsicherheit, auch nach Abschluss einer Behandlung.

Tolle Geschichte! :thumbsup:

Grüße vom Holg ...

 
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Liebe Bea Milana,

Danke für deinen lieben Kommentar. Ich hatte dies gar nicht als Heldengeschichte wahrgenommen, aber deine Bemerkung hat mir wieder vor Augen geführt, dass Helden mehr sind als die Superhelden, die die Welt retten. Vielen Dank dafür!

Liebe Grüße,

Mitra

Lieber The Incredible Holg,

auch an dich ein ganz großes Dankeschön! Mir war gar nicht bewusst, wie viele Kommafehler ich noch mache, da muss ich wohl die Kommaregeln nochmal intensiver studieren, als gedacht. ;)

Schön finde ich es, dass du die Anspielung auf den Club der toten Dichter verstanden hast und zu deiner Frage, was Marlon denn da gerade liest. Er ist schon unzählige Bücher weiter, deswegen ist aus der Drachengeschichte eine Piratengeschichte geworden.

Wer weiß, ob sie sich ohne diesen gemeinsamen Hintergrund jemals miteinander befasst hätten?

Schön, dass du die Frage stellst, ich denke, dass eine Begegnung der beide ohne ihre gemeinsame Geschichte wohl deutlich unwahrscheinlicher geworden wäre, schließlich wohnen sie in verschiedenen Stadtteilen und gehen auf anderen Schulen und scheinen auch sonst erstmal keine gemeinsamen Interessen zu haben.

Liebe Grüße und Danke,
Mitra

Liebe Goldene Dame ,

Dann halte ich mich auch kurz. Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. ;)
Liebe Grüße,
Mitra

Liebe erdbeerschorsch,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Deine Bemerkungen sind sehr hilfreich und ich werde versuchen die Stellen zu verbessern bzw. in Zukunft versuchen deine Tipps zu beherzigen.

Im zweiten Absatz ist mir das Lese-Erlebnis zu entrückt. Beim Lesen Eintauchen ist schön und gut. Aber das man dabei die Schwere des Schwertes fühlen soll und wie es in den Händen liegt? Mich überzeugt das nicht ganz.

Das verstehe ich, aber a) wollte ich darstellen, wie stark Marlon versucht der Realität zu entfliehen und b) gebe ich zu, dass mir keine gute Alternative eingefallen ist, um sein Leseerlebnis zu illustrieren.

Hier hab ich was nicht ganz kapiert: Ist er denn aus dem Krankenhaus entlassen? Scheint so. Das kommt für mich etwas überraschend.

Oh, da habe ich wohl zu viel Wissen bei meinen Lesern vorausgesetzt. Bei Chemotherapien ist es oft so, dass der Patient für wenige Tage ins Krankenhaus muss, um die Therapie zu erhalten (zum Teil kann das sogar ambulant geschehen), aber danach zur Erholung von der Chemo bis zur nächsten Zuhause ist, also entlassen. Mal sehen, ob ich noch eine Erklärung in die Geschichte einbauen kann.

jedenfalls aber scheint mir dieser Satz, so wie er jetzt dasteht, eine Spur zu umständlich. "Ist er doch schon krank" ist in der Form uneindeutig, weil auf "während" ganz automatisch ein Nebensatz folgt. Bei der Variante "Er hat nichts zu verlieren, ist er doch schon krank" sähe das anders aus (nur klingt das nicht unbedingt schön). Und statt "schon" müsste doch sinngemäß eigentlich "akut" stehen. Auch nicht schön, aber sinngemäß halt. "Schon" war sie ja auch krank, da hat er ihr nichts voraus.

Ich werde auf jeden Fall darüber nachdenken den Nebensatz zu streichen, aber ist schon nicht insofern passend, als dass Lea nicht mehr krank ist und insofern durchaus gesund. Sie mag zwar schon einmal krank gewesen sein und hat Angst erneut zu erkranken, aber ich würde sie eher als gesund zählen und insofern passt schon oder denke ich gerade ganz verqueer?

Noch einmal Danke für dein ausführliche Kritik.

Liebe Grüße,
Mitra

Lieber zigga,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Dein Hinweis mehr die Namen zu nutzen, ist sehr hilfreich, denn ich neige dazu diese zu vernachlässigen, aber ich versuche darauf zukünftig mehr zu achten. Genauso wie ich mir deinen Rat bezüglich der Beschreibungen zu Herzen nehmen werde.

Wie geht die Beziehung der beiden weiter? Lea ist ja anscheinend wieder fit und kann bald in ihr normales Leben zurückkehren ... beeinflusst das die Beziehung der beiden Leben sie sich auseinander, will sie den ganzen Krankheitsabschnitt ihres Lebens abschließen, und kann deswegen nicht mit ihm zusammen bleiben? Also du siehst, ich hätte das gerne weiter verfolgt.

Es freut mich, dass du gerne mehr erfahren hättest, dann sind die beiden scheinbar so rübergekommen wie ich es intendiert habe. Du hast Recht, dass der weitere Verlauf der Beziehung sehr interessant wäre, aber ich wollte in erster Linie die beiden Charaktere vor- und gegenüberstellen, um dann als Finale den Unterschied zwischen ihn zu erklären.

Danke für deine Kritik, sie hat mir sehr geholfen.


Liebe maria.meerhaba,

Danke für deinen Kommentar. Freut mich, dass ich die Charaktere getroffen haben. Schade, dass es nicht dein Geschmack war. Allerdings will ich dir in zweierlei Hinsicht widersprechen.
Erstens, ist fast jede Geschichte eine 0815-Geschichte, weil jede Geschichte schon unzählige Mal erzählt wurde, orginell werden Geschichten meist erst durch ihre Umsetzung - leider ist mir die nicht gut genug gelungen, sonst hätte sie auch dich überzeugt. ;)
Zweitens und ich gebe zu, ich bin voreingenommen, empfinde ich es die Geschichte nicht als typische Krankengeschichte, weil es in meinen Augen in erster Linie darum geht die Krankheit zu verarbeiten. Ja, es spielt im Krankenhaus, ja, es geht um Medizin, aber in erster Linie geht es darum mit der Angst umzugehen und festzustellen, dass diese beim kranken Marlon fehlt, während Lea nicht von ihr loskommt.

Liebe Grüße,
Mitra

 
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Hi Mitra

mir gefällt auch - wie dann anderen, die sich zu Wort gemeldet haben - ganz viel an der Geschichte. Berührend ist sie. Ich musste aber eine kleine Hürde überspringen, bis ich das gemerkt habe. Die ersten beiden Absätze haben mich nämlich noch nicht so angesprochen. Dieses Rennen am Anfang - ich finde das nicht unbedingt schlecht, aber letztlich schon etwas trocken. Es hat schon etwas für sich, wenn am Anfang etwas gezeigt wird, was am Ende erst seine Bedeutung bekommt, besonders wenn man, wie hier, gleich ahnt, dass da irgendetwas dahinter steckt. Trotzdem... Vielleicht liegt es an wenigen Formulieren wie z.B.:

aber ihr Gehirn ist nicht in der Lage, die Information zu verarbeiten.
Das ist so technisch. (Außerdem auch schief, würde ich sagen: Wenn sie sie hören kann, dann kann das Gehirn die Information schon verarbeiten, aber das Mädchen kann es halt über das Hören hinaus nicht...)

Im zweiten Absatz ist mir das Lese-Erlebnis zu entrückt. Beim Lesen Eintauchen ist schön und gut. Aber das man dabei die Schwere des Schwertes fühlen soll und wie es in den Händen liegt? Mich überzeugt das nicht ganz.

Ansonsten nur ein paar Kleinigkeiten:

Ihr Chatverlauf könnte mehrere Bücher füllen, nicht, dass er es wert ist.
Ich würde sagen: "Ihr Chatverlauf könnte mehrere Bücher füllen. Nicht, dass er es wert wäre. Wenigstens der Punkt vor dem "Nicht" scheint mir Pflicht zu sein.

Bevor er ihrer Herausforderung nachkommen kann, weicht sie zurück, um sich die Schuhe auszuziehen und neben ihm ins Bett zu legen.
Beim ersten Lesen habe ich automatisch ergänzt, was ich da sehen wollte, aber jetzt fällt es mir auf: "um sich die Schuhe auszuziehen und neben ihm ins Bett zu legen." Sie legt ja die Schuhe neben ihm ins Bett! "Sich" scheint verrutscht...


Lea fliegt. Ihre Füße berühren nur für wenige Sekunden den Boden, dann sind sie wieder in der Luft. Er beobachtet sie gerne dabei.
Hier hab ich was nicht ganz kapiert: Ist er denn aus dem Krankenhaus entlassen? Scheint so. Das kommt für mich etwas überraschend.

Angesichts des letzen Absatzes möchte ich dann in erster Linie meinen Hut ziehen. Nur dann der letzte Satz:

Während er nichts mehr zu verlieren hat, ist er doch schon krank, fürchtet sie, dass der Krebs sie erneut aus dem Leben reißt.
Wäre das Ende nicht vielleicht stärker ohne den? Vielleicht nicht, wenn man den Unterschied dann nicht versteht. Ich könnte mir aber denken, dass man schon darauf gekommen ist.
Jedenfalls aber scheint mir dieser Satz, so wie er jetzt dasteht, eine Spur zu umständlich. "Ist er doch schon krank" ist in der Form uneindeutig, weil auf "während" ganz automatisch ein Nebensatz folgt. Bei der Variante "Er hat nichts zu verlieren, ist er doch schon krank" sähe das anders aus (nur klingt das nicht unbedingt schön). Und statt "schon" müsste doch sinngemäß eigentlich "akut" stehen. Auch nicht schön, aber sinngemäß halt. "Schon" war sie ja auch krank, da hat er ihr nichts voraus.

Ja, wie gesagt: Alles ein Herumgestochere in Kleinigkeiten. Ein großartiger Ton ist das, den du da anschlägst!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hi Mitra,

das ist eine sehr sensibel und einfühlsam geschriebene Geschichte. Ich mochte deine Figuren sehr, die haben ihre Eigenheiten, man folgt ihnen gerne und kauft ihnen auch alles ab. Ab und an hätte ich mir lediglich gewünscht, dass du anstatt "Er" und "sie" die tatsächlichen Namen schreibst - v.a. am Anfang neuer Absätze, da war ich oft verwirrt, ob da jetzt große Zeitsprünge im Text sind, oder ob da neue Figuren hinzukommen als die beiden. Also ich habe das letztendlich alles durchblickt, allerdings hätte ich es schön gefunden, wenn da so ein kleines bisschen mehr Klarheit drin gewesen wäre - ist aber kein großes Manko.

Ja, du beschreibst einen authentischen und, wie gesagt, einfühlsamen Einblick in die Beziehung der beiden - da hätte auch gerne mehr kommen können! Also, ist natürlich immer eine Frage davon, wie weit man mit seiner Geschichte gehen will. Wenn du einen kleinen Einblick geben wolltest, du damit zufrieden bist, dann passt das hier im Text - ich finde bloß, du hast so eine schöne Grundkonstellation aufgetan, du hast deine Figuren reizend beschrieben, da könnte jetzt gerne noch mehr kommen. Wie geht die Beziehung der beiden weiter? Lea ist ja anscheinend wieder fit und kann bald in ihr normales Leben zurückkehren ... beeinflusst das die Beziehung der beiden Leben sie sich auseinander, will sie den ganzen Krankheitsabschnitt ihres Lebens abschließen, und kann deswegen nicht mit ihm zusammen bleiben? Also du siehst, ich hätte das gerne weiter verfolgt.

Noch kurz zur Sprache: Du beschreibst deine Figuren und ihren Kampf mit dem Krebs sehr einfühlsam, aber deine Art, wie du einzelne Szenen beschreibst kam mir häufig ein bisschen zu "unsinnlich" vor ... verstehe mich jetzt nicht falsch, ich meine damit einfach, dass ich als Leser, um noch mehr in die Geschichte eintauchen/versinken zu können, mir gewünscht hätte, dass du beschreibst, wie es dort riecht, wo deiner Figur der Schuh drückt, wie sich die Schwäche explizit anfühlt (weiche Beine, Augen werden vor Müdigkeit schwer, etc.) ... wenn man eben liest, dass die Wiese nach Rosen, nasser Erde und frisch geschnittenem Gras riecht, ist man gleich viel mehr in der Szene und der Geschichte drin, als wenn man lesen würde: Die Wiese roch gut und nach Sommer. Verstehst du, was ich meine?


Es ist ein trauriges und ernstes Thema, ich finde den Text gut, weil er mich berührt hat und ich deine zwei Prots wirklich einfühlsam und sympathisch kennenlernen konnte. Eine sinnlichere Sprache/Erzählart und öfters mal den wirklichen Namen anstatt das Personalpronomen hätte mir noch gut gefallen, und ich hätte auch gerne gewusst, wie es weitergeht - aber an sich ist die Geschichte rund.


Viele Grüße
zigga

 

Hallo Mitra,
maria.meerhaba hat recht wenn sie sagt, dass dieses Thema kaum noch Raum für Neues bietet. Gerade das Thema Krebs füllt Regale in Bücherläden, Filme und Serien wurden und werden gedreht, die Bücher werden gelesen und die Filme immer wieder angesehen. Deine Geschichte erinnert mich besonders an die Serie "Klub der roten Bänder". Obwohl dieses Thema, wo so viele Schicksale betroffen sind - viele, die es geschafft haben, den Krebs zu besiegen, wie Lea in deiner Geschichte, und viele, die es nicht geschafft haben. Marlon kämpft, seine Zukunft ist ungewiss.
Du hast eine sehr schöne Art zu erzählen und du bedienst dich dieses sensiblen Themas mit viel Feingefühl. Keine Effekthascherei, keine Zurschaustellung und obwohl mich deine Geschichte berührt hat, habe ich nicht den Eindruck, dass du auf die Tränendrüse drücken willst.

Auf Zeichensetzungsfehler bist du hingewiesen worden, das will ich mir jetzt sparen.

Mir hat deine Geschichte gut gefallen!

Schönen Gruß
khnebel

 

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