Sie haben Post!
Kreischend heult die Türklingel auf und noch bevor ich weiß wie mir geschieht huscht mein Mann mit quiekenden Lauten an mir vorbei, um Sekunden später den Türsummer zu betätigen.
„Pooooost...“ grölt eine tiefe Baritonstimme durchs Treppenhaus. Getragen von stapfenden Schritten nähert sich der Bariton unserer Wohnungstür. „Päckchen für Wrede...“ murmelt der Postbote mit vertraut fränkischem Dialekt. Und ehe er sich versieht hat mein Jens ihm auch schon das Päckchen aus der Hand gerissen und verschwindet (unhöflich wie er nun mal ist) quiekend in der Wohnung. „Schönen Tag noch.“ verabschiede ich den Postboten und schließe die Tür.
Aus dem Wohnzimmer dringt das Geräusch von knirschendem Klebeband und Pappe, die lieblos aufgerissen wird. Neugierig guckend bleibe ich zwischen den Türpfosten stehen.
„Für wen ist es denn?“ frage ich (obwohl ich eigentlich weiß für wen es ist und was drin ist). Der quiekende Jens zieht ein schwarzes Etwas, einen elektronischen Organizer aus dem Päckchen öffnet vorsichtig den Deckel, dreht das schwarze Etwas suchend hin und her. Dann nimmt der das Päckchen in die Hand und schüttelt prüfend. Seine Hand verschwindet in der Pappbox. Aus der Box birgt er ein kleines schwarzes Stängelchen mit dem er wie wild beginnt auf dem Organizer rumzupieksen und murmelt dann irgendwas von „Touchscreen einstellen“.
Jedenfalls geht das den ganzen Tag so. Termine werden eingetragen, Adressen von längst verschollenen Bekannten werden zum hochbrisanten Thema und auf unserem PC installiert er Software, die er höchstwahrscheinlich nie benutzen wird.
Ich kenne meinen Mann inzwischen lange und gut. So gut, dass ich jetzt schon eine Prophezeiung abgeben kann, wie die Zukunft des Organizers aussehen wird: Nämlich genauso schwarz wie sein Gehäuse. Zwei Tage lang wird das Ding hochaktuell sein, dann wird es immer mehr, wieder und gerne auf dem Schreibtisch liegen bleiben, während Jens alleine seine Termine besucht. Nach etwa einem Jahr wird er es bei irgendeiner Internetauktion knapp über dem Kaufpreis versteigern. Ich sehe Ihn jetzt schon quiekend vor mir, wie er sich ungeniert freut: „Boah, sind die doof. Die bieten wie die Geisteskranken für das olle Ding. Dabei ist es sein Geld gar nicht wert!“
Nickend stimme ich zu.