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Showtime
„Wie sieht´s aus? Schon was zu sehen?“
Fabian Houston, Reporter des National Enquire, lag in einer Art Schützengraben, mitten in der Wüste Nevadas und wartete darauf, die Fotos machen zu können, die ihm den Pulitzer-Preis einbringen sollten. Der alte Mann, der sich ihm als Edward Pilgrim vorgestellt hatte, lag neben ihm. Aus der Tiefe der Nacht drangen Laute und Geräusche, die keiner der Beiden eindeutig identifizieren konnte, doch das mochte an der Entfernung liegen, da sie nie besonders nahe zu sein schienen. Der Wind pfiff ihnen, kalt und schneidend, um die Ohren und ihr Atem war weißer Qualm.
„No, Sir. Nichs ßu sehn.“
Es war Spätabend und empfindlich kalt. So war das, in der Wüste, wenn das Licht erst mal schwand. Fabian fror und zitterte. In seinen Händen hielt er die Nokia Superpan XTC 264, die er nur für echt wichtige Sachen benutzte, da das Entwickeln der Filme sehr teuer und umständlich war. Zum sechsten Mal, kontrollierte er die Bildanzeige, den Zoom, die Batterieanzeige und die Blitzlichtfunktion.
„Seit wann, sagten sie, erscheinen diese UFOs? 1930?“
Der Tonfall des Reporters war ungehalten, schließlich warteten sie schon seit über fünf Stunden darauf, dass E.T. vorbeikam, um sich photographieren zu lassen.
„Kann niemand so genau sagn, Sir. Manche behauptn, dass´s anfing, als die Sache mit diesm Hangar 18 rausgekommn is, damals, in en Fünfßigern , glaub ich un wieder Andre...“
„Was denken sie? Seit wann besuchen die kleinen, grünen Männchen die Erde?“
Der Alte überlegte kurz und sagte dann: „Ich glaub, se sin schon imma da gewesn, schon lange vor n Menschn und se wern auch noch lange nach uns da seyn, das glaub ich.“
Fabian checkte die Linse der Kamera, auf Verschmutzungen. Sie war aus doppelt gehärtetem, unzerbrechlichem Plexiglas und hatte einen Arsch voll Geld gekostet. Leider kam die Redaktion nicht für die Ausrüstung ihrer Mitarbeiter auf, aber dafür wurden gute Fotos gut bezahlt. Sein Blick schweifte über die Sanddünen und suchte nach undefinierbaren Flugobjekten. An Glauben mangelte es ihm auf jeden Fall nicht, schließlich hatte er jede Folge von Akte-X gesehen und hielt vieles zumindest für wahrscheinlich und dass sie nicht alleine im Universum waren, war für ihn eine unumstößliche Tatsache, die nur noch den Beweis schuldig blieb. In Fabians Augen, war es vermessen, zu glauben, die Unendlichkeit des Alls, nur auf das, den Planeten Erde miteinschließende, Sonnensystem oder besser gesagt, den Menschen, zu beziehen.
„Ist es...ist es eigentlich immer das selbe Modell? Ich meine... Sie haben gesagt...“
„No, Sir. Meysdns ist´s eyne von diesn fliegendn Untertassn, die man aus m Fernseh kennt, aba manchma, ganß seltn, kommd auch so´n richtig dicker Brockn runta.“
„Aha...“ Fabian stellte sich ein gigantisches Raumschiff vor, dass auf ihnen landete und sie zermalmte. „Ein Mutterschiff, vielleicht?“
„Ja, ja, so was inner Art.“
„Ich wollte sie fragen...also, sie haben gesagt, dass diese UFOs auf die Erde kommen, um sie zu erkunden und zu erforschen.“
„Jo, Sir.“ Der Alte nickte bekräftigend. „Genau so isses.“
Fabian zuckte mit den Schultern. „Woher wollen sie das wissen?“
„Na ja, ßum eynn, weil sie nich landn un außadem sin se nie sehr lang hier. Kreysn üba der Wüsde, bleybn anner besdimmdn Schdelle inner Lufd schdehn un fliegn wieda weg.
Siehd für mich so aus, als würdn se kurß ihr Periskop ausfahrn un dann weyderßiehn. Globedrodda oda so, ´schdehn se?“ Pilgrim kratzte sich am Kopf und blickte den Reporter an.
Fabian nickte. „Ja, ich verstehe. Leuchtet ein.“ Er checkte die Nokia und der eisige Wind entzog einem die Körperwärme. Das letzte Licht des Tages glomm am Horizont. Es glitzerte am Firmament, wie die Spiegelungen einer getönten Discokugel. Sonnenuntergänge in der Wüste waren etwas absolut Einzigartiges und waren jedes Mal wieder genau so schön, wie das erste Mal. Fabian konnte einfach nicht anders. Er macht ein 180 Grad Bild von der blutroten, untergehenden Sonne und den immer dunkler werdenden Sanddünen, die im Wind umherwirbelten und nach Tokio und Hamburg flogen.
„Haben sie eine Ahnung, was genau die erforschen?“
„Uns.“ Der Alte klang belustigt, als hätte die Antwort auf der Hand gelegen. „Was´n sons? Sin wir nich die Grohne der Schöbbfung, oda was?“ Er kam voll in Fahrt. „Ich will ihnn ma was erßähln.“ Fabian spitzte die Ohren. „Nur zu,“ sagte er, vor Kälte zitternd. Sein Army-Parka und seine Thermohose bewahrten ihn vor dem Schlimmsten, doch die Wüste war unerbittlich. „Ich lebe davon, mir Geschichten anzuhören. Was ist es für eine?“
Der Blick des Alten wurde finster. „Ne Gruselgschichde.“
Fabian wurde hellhörig. „Hat sie was mit den Ufos zu tun?“
„Oh ja.“ Pilgrim starrte in das Zwielicht des vergehenden Tages und nickte nachdenklich mit dem Kopf. „Oh ja, das hads. Vor fünf oda sechs Jahrn, solls passierd seyn.“ „Sie waren also nicht dabei?“ Der Reporter hatte einen Kugelschreiber und einen Notizblock aus der Brusttasche seines Parkas genommen und war bereit, sich alles aufzuschreiben. Seine Mom hätte ihn jetzt mit Sicherheit gescholten, weil er, bei dem schlechten Licht, Gefahr lief sich seine Augen zu verderben, doch er ging das Risiko ein.
„Nee, man hads mir...erßähld. War´ne komische Sache. Sin viele wichdige, einflussreiche Leude deswegn hier gwesen. Da war so´n Pfadfinnerlager, undn am Fuß vom Roadbury Creek, mit ßwanßig Jungs oda mehr, so um die sechßehn Jahre ald. Frischlinge. Der Skaud, Nelson Hobbid, n junga Mann aussa Schdad, war mid n Kinnern auf ner Wanderung durch die Wüste gewesn. Sin einfach verschwundn. Had man nie wieder gesehn. Is schon seldsam.“
Er schien ganz in seinen Gedanken zu versinken, doch dann wachte er regelrecht auf und sah den Reporter an. „Alles midgeschriebn?“ Fabian blickte auf seinen Block, dann zu Pilgrim und antwortete: „Oh...ja, alles...alles mitgekriegt.“ Mit der linken Hand zog er sich die Kapuze des Parka tiefer ins Gesicht, bevor er die Kamera noch einmal durchcheckte. Die Batterie war immer noch fast dreiviertels voll. Brave Nokia.
„Und wann...“ , er hustete; hoffentlich würde er sich keine Erkältung einfangen. „...kommen diese UFOs normalerweise?“
„Ähem...meysdns so ßwischn siebn un neun Uhr, aba ich kann ja ma anrufn, um zu fragn, wo se bleybn.“ Der Alte blickte ihn an und fing an zu grinsen. „Ick hab keene Ahnung, wannse kommn. Vielleycht kommense garnich. Wernwer sehn.“
Fabian musste lachen. Er hatte, trotz der Kälte, seinen Humor nicht vergessen.
„Kennen sie das Sprichwort, dass, wenn man zu oft vom Teufel...“
...und auf einmal war es da.
Es war ein, ungefähr zwanzig Meter langes, zigarrenförmiges Objekt, welches in ungefähr einem Kilometer Entfernung über dem Wüstenboden schwebte und matt das Abendrot reflektierte. Nicht das geringste Geräusch war zu hören, bis auf das Heulen des Windes.
Das UFO war unvorstellbar.
Wenn es eine Farbe hatte, dann graublau, doch es wirkte wie ein Spiegel und war gleichzeitig dunkel, wie ein Obsidian. Es schien keinen Schatten zu werfen.
Zuerst war Fabian zu baff, um an die Kamera, die er in seinen Händen hielt, zu denken, doch dann ging die Show los.
Spotlight.
„WOW! Oh, Mann! Das werden...“ KNIPS
Das Blitzlicht wurde von dem Ufo, dass da in der Wüste schwebte, reflektiert.
„...die...“ KNIPS KNIPS
Es herrschte Windstille.
„...Fotos...“ KNIPS
„...des Jahrhunderts...“
Fabian konnte es nicht fassen. KNIPS Er sah es zwar, KNIPS mit seinen eigenen Augen, KNIPS doch er konnte es nicht glauben. KNIPS Wahrscheinlich würde er es KNIPS erst als Wahrheit anerkennen, KNIPS wenn er die Abzüge entwickelt hatte. Er musste nur genug Fotos machen KNIPS KNIPS KNIPS...KNIPS und...
„...Pilgrim, ich...“...er drehte sich zu dem Alten um und blickte in vier, rote Augen. Entsetzt und verständnislos starrte er auf die Maske, die vor Pilgrim auf dem Boden lag und die das Gesicht eines alten Mannes war. Die Stimme des Besuchers war ein surreales, digitales Quieken.
"Mr. Houston, ich fürchte, sie haben ein Problem"