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Shootingstar
Ein letzter Blick in den Spiegel.
Ein 16-jähriges Mädchen: dick schwarz umrandete Augen, wildes, gestuftes, platinblondes Haar, knallroter Lippenstift und tiefrote Fingernägel.
Wie jeden Samstag machte ich mich wieder auf den Weg. Ohne ein weiteres Wort ging ich einfach an meiner Mum vorbei, raus aus der kleinen, deprimierenden Zweizimmerwohnung. Selbst wenn ich etwas sagen würde, würde ich keine Antwort bekommen. Sie hasst es, wenn ich gehe.Sagen tut sie aber schon lange nichts mehr. Sie weiß, dass es mich nicht daran hindern würde einfach an ihr vorbei zu stürmen. Einfach so. Wie immer.
Die Straße entlang.
Viele Sterne am Himmel. So wunderschön.
Mit meinen High Heels kickte ich eine Coladose zur Seite.
Ich hasse Menschen die ihren Müll nicht wegwerfen. Ihre Zeit ist zu kostbar um ihn aufzuheben. Sie sind sich zu schade. Lassen es andere für sie tun.
Ich ging nochmal zurück und hob die Dose auf, um sie weg zuwerfen.
Von weitem konnte ich schon das rote Neon-Schild mit der Aufschrift „River & Light“ sehen, bei dem das v,l und das h nicht mehr leuchteten. Schon verdammt alt der Laden.
Mit einem kleinen Kopfnicken begrüßte mich der Türsteher und ließ mich reingehen.
Er kannte mich. Man könnte ihn zu meinen engsten Freunden zählen.
Ich holte mir einen Drink.
Meinen Ausweis brauchte ich schon lange nicht mehr.
Es folgten noch weitere Drinks.
Dann ging ich auf die Toilette, zog meinen Lippenstift nach und wartete.
Und wartete, und wartete.
Ich wurde zunehmend nervöser.
Dann kam sie endlich. Juno.
„Hey Süße. Ist er schon hier?“
„Nein, glaub nicht. Jedenfalls hab ich ihn noch nicht gesehen. Und irgendwie will ich das auch nicht. Ich hab angst. Wie soll ich es ihm bloß sagen?“
„Willst du es ihm wirklich sagen?“
„Ja ich will. Und ich muss. Ich frag mich nur wie er reagiert. Ich hoffe er wird nicht aggressiv.“
„Ich hoffe er tut dir nichts.“
Ein tiefer Atemzug. Ich ging auf ihn zu.
„Hey Babe. Naa, alles klar bei dir?“ Seine schmierige Art kotzte mich an.
„Nein. Ich muss mit dir reden.“
„Uhh. Ich hoffe es ist nichts Schlimmes. Ich habe gerade gute Laune und, glaub mir, die willst du mir nicht vermiesen. Oder willst du das? Denn weh tun, will ich dir nicht.“
Er war betrunken. Ich konnte seine Whisky-Fahne riechen.
Wir gingen von den anderen weg. Nach draußen.
„Also Süße. Was gibt’s?“
„Ich will aussteigen.“
„Was willst du?“
„Aussteigen. Ich will aussteigen. Ich kann nicht mehr weiter machen.“
Er trat an mich heran. Ich konnte seinen Atem in meinem Gesicht spüren, schaute ihn aber nicht an. Mein Blick hielt fest am Beton des Bürgersteiges.
Er griff mein Gesicht.
„Jetzt sag es noch einmal.“
„Ich will.. aussteigen.
Ich will nicht mehr deine bitch sein. Ich bin sechzehn. Ich hab mein ganzes scheiß Leben noch vor mir. Ich hab keine Lust mich auf dein Pfeifen von dir ficken zu lassen, egal ob es mir passt oder nicht.
Ich will mich nicht jede Woche an deiner Seite als dein Eigentum präsentieren müssen um Werbung für deine Waren zu machen. Du gibst mirirgendwelche synthetischen Drogen man. Ich bin dein scheiß Versuchskaninchen!“
„Ich kümmere mich um dich. Ich hab damals die Kaution für dich bezahlt. Ich gebe dir All das, was deine Hurenmutter dir nicht geben kann. Ist es dann zu viel verlangt, mir etwas entgegen zu kommen?“
„Man du machst mein ganzes Leben kaputt. Ich bin voll mit irgendwelchen Drogenexperimenten, muss mich deswegen ständig übergeben und mir fallen sogar die Haare aus! Ich muss ständig irgendwelche Waffen für dich schmuggeln und verkaufen! Ich habe Blutergüsse zwischen meinen Beinen weil du mich fickst wie ein Rammbock! Ich hab überall blaue Flecken und Prellungen weil du deine Aggressionen nicht im Griff hast!“
Er holte aus und verpasste mir eine. Ich fiel zur Seite um. Meine Wange glühte, aber ich stand wieder auf.
Hinter ihm konnte ich den Mond sehen. Es war gerade Vollmond.
„Mir reichts. Du kleine, undankbare Hure.“
Er holt seine Waffe aus der Hose und richtete sie auf mich.
Alles war verschwommen.
„Bitte. Bitte. Tu's nicht.“
„Warum? Was soll mich denn daran hindern, hmm? Sag's mir!“
Mir liefen Tränen in die Augen. Ich hatte das erste Mal wirklich Angst. Mein Herz fing an zu rasen. Meine Stimme wurde zittrig und drohte nach jedem Wort das ich heraus brachte, zusammenzubrechen.
„Ich bin schwanger. Ich bin schwanger von dir, du verdammter Mistkerl!“
Es heißt doch immer, dass man in den letzten Minuten sein ganzes Leben an sich Revue passieren sieht.
Bei mir waren es der Himmel. Die Sterne. Der Vollmond. Wenn ich mich nicht irre, flog gerade eine Sternschnuppe vorbei.
Dann schlug mein Kopf auf den Beton auf.