Seven Roses
Seven Roses
first Rose
Dark Dream
Sie ist unauffällig.
Wenn sie an einem vorbeigeht, ist sie nicht mehr als ein flüchtiger Lufthauch, der verweht bevor man ihn überhaupt bewusst wahrgenommen hat.
Nichts an ihr erregt Aufmerksamkeit, weder die schlichten, in gedeckten Tönen gehaltenen Kleider, die sie trägt, noch die einfachen braunen Haare, die sie nie offen lässt.
Sie schminkt sich niemals und ihre teilnahmslosen Augen verschwinden hinter dicken Brillengläsern.
Kaum ein Wort verlässt ihre Lippen.
Warum auch?
Was sie zu sagen hat interessiert ohnehin niemanden.
Das ist zumindest ihre Meinung.
Shakespeare, Goethe und Kafka: das sind Menschen, die etwas zu sagen hatten; Menschen, die sie bewundert, mit denen sie sich gern umgibt.
Deswegen arbeitet sie in einer Bibliothek.
Hier fühlt sie sich sicher.
Bücher können sie nicht auslachen, können sie nicht hänseln, ihr keine gemeinen Spitznamen geben.
Heute ist ihr Geburtstag.
Sie wird ihn allein feiern.
Freunde die mit ihr feiern könnten hat sie schon lange nicht mehr und sie braucht auch keine.
Die Bücher sind ihre Freunde.
Sie sind alles was ihr wichtig ist.
Sie ist 22 und heute wird sich ihr Leben verändern.
*
Einen kurzen Augenblick lang denkt sie darüber nach ihre Wohnung zu betreten ohne vorher in den Briefkasten zu sehen.
Sie bekommt nie Briefe, es sei denn es wäre eine Rechnung oder die neuste Ausgabe des Katalogs des Buchclubs, in dem sie seit drei Jahren Mitglied ist.
Die Rechnungen für diesen Monat hat sie bereits bezahlt und der Katalog kommt erst in zwei Wochen.
Also warum in den Briefkasten sehen?
Sie steckt den Schlüssel in das Haustürschloss, überlegt einen weiteren Moment und zieht ihn dann wieder ab.
Mit langsamen Schritten geht sie die drei Stufen der Treppe hinab und bleibt vor den Briefkästen stehen.
Warum in den Briefkasten sehen?
Weil sie es immer tut.
Deswegen!
Den passenden Schlüssel hat sie schnell gefunden.
Sie würde ihn selbst im Dunkeln an der Form erkennen, so wie sie blind den Weg zur Arbeit finden würde.
Mit routinierten Bewegungen öffnet sie die Briefkastentür, schliesst sie wieder, so wie sie es immer tut, und hält mitten in der Bewegung inne.
Erneut öffnet sie die Tür, starrt in das Dunkel und ein kaum erkennbarer Ausdruck der Überraschung legt sich auf ihr Gesicht.
In dem Briefkasten liegt eine Rose und ein gefaltetes Kärtchen.
Sie überprüft den Namen auf dem kleinen Schildchen an der Briefkastentür.
Es ist eindeutig ihr Briefkasten!
Sie nimmt die Rose und das Kärtchen und starrt beides eine Weile unschlüssig an.
Vielleicht ist es ein Versehen, ein Missgeschick das einem jungen Verehrer passiert ist, der
seine Angebetete überraschen wollte.
Im Haus wohnen viele junge Leute.
Vielleicht hat sich jemand einfach nur im Namen geirrt.
Ein zaghaftes Gefühl der Enttäuschung durchläuft sie, als sie über die samtenen, tiefschwarzen Blütenblätter streicht.
Wer sollte ihr schon eine Rose schenken?
Sie öffnet das einfache schwarze Kärtchen und wieder erscheint dieser Ausdruck von Überraschung in ihrem Gesicht.
Ihr Name steht darin.
In geschwungenen weißen Buchstaben steht dort eindeutig ihr Name unter dem Wort "Einladung".
Das Kärtchen lädt sie ein, sich heute um 20 Uhr eine Theatervorstellung anzusehen.
"Seven Roses", so heisst das Stück und das Kärtchen verrät weiterhin, dass es ein Stück für alle Sinne sein soll.
Sie liest es noch einmal, und noch einmal und immer kommt es auf dasselbe hinaus; diese Einladung ist für sie!
Diese Rose ist für sie!
Es ist kein Versehen!
Sie überlegt einen Moment.
Sie geht gern ins Theater.
Zwar geht sie immer allein, aber was macht das schon?
Man geht schließlich ins Theater um der Kunst willen!
Sie war das letzte Mal vor zwei Jahren in Begleitung im Theater.
Solange ist es her das sie eine Beziehung geführt hat.
Es war eine Katastrophe und es hielt auch nur ein paar Wochen.
Er verließ sie weil sie nicht schrie und um Gnade winselte wenn er sie schlug.
Sie ließ es einfach geschehen, ohne ein Wort zu sagen.
Was hätte sie auch sagen sollen?
Und wenn sie geschrien hätte?
Hätte er dann aufgehört sie wegen eines zerbrochenen Glases grün und blau zu schlagen?
Sicher nicht!
Also, wenn es ohnehin nichts gebracht hätte, wozu dann überhaupt etwas sagen!
Schließlich ging er eines Morgens und kam nie wieder.
Sie vermisst ihn nicht.
Ihn nicht und niemanden sonst.
Ein sanftes Lächeln umspielt ihre Lippen.
Es bleibt auf ihrem Gesicht haften als sie den Briefkasten wieder schließt und zurück in Richtung Haustür geht.
Sie hat sich entschieden.
Sie wird heute ins Theater gehen!
*
Sie steht seit fünf Minuten regungslos vor der Eingangstür eines Hauses, das sie noch nie gesehen hat; in einem Stadtteil, den sie noch nie betreten hat und betrachtet nachdenklich das Plakat zu dem Stück, das sie sich in einer halben Stunde ansehen wird.
"Seven Roses" steht in geschwungenen, weißen Buchstaben auf schwarzem Grund darauf, wie auf dem Kärtchen, das sie hier her geführt hat.
Darunter liest sie "First Rose: Dark Dream"
Sie starrt gedankenverloren in die Gesichter der beiden Hauptdarsteller, die sie aus dem Plakat heraus regelrecht zu beobachten scheinen.
Sarah...
Sie erwidert den Blick von Sarah's smaragdgrünen Augen und der verlockende, verruchte Ausdruck in ihnen weckt etwas in ihr; etwas, das tief in ihr geschlafen hat, ein leichter Schauer, der über ihren Rücken wandert, ein zartes Kribbeln in ihrem Bauch.
Ihr Blick fängt den von Damian auf und die abgrundtiefe Dunkelheit seiner Augen macht es ihr schwer zu atmen.
Die Art wie seine Arme Sarah umfangen, wie seine Hand ihren Kopf an seine Brust drückt, lässt eine merkwürdige Hitze in ihr aufflammen.
Dieses Theaterstück ist nicht wie die, die sie bisher gesehen hat.
Das weiß sie.
Sie kann nicht erklären warum, aber sie weiß es einfach und das Wissen begeistert sie auf eine seltsame Art und Weise.
Für gewöhnlich weckt nur das Gefühl eines neuen Buches in ihren Händen eine verhaltene Begeisterung bei ihr, ein schüchternes Gefühl freudiger Erregung.
Doch diese beiden Menschen... alles an ihnen erzielt noch eine viel größere Wirkung in ihr und zum ersten mal seit langer Zeit glaubt sie soetwas wie einen Anflug von Lebendigkeit in sich zu spüren.
Ein kaum merkliches Lächeln umspielt ihre Lippen, während sie sich abwendet und durch die geöffnete Doppeltür dieses fremde und doch vertraute Haus betritt.
*
Der Saal ist klein, nur etwa fünfzig Plätze und die Sitze sehen merkwürdig aus.
Sie ähneln mehr diesen Massagesesseln, nicht wie den Sitzen, die man normalerweise im Theater findet.
Sie sucht sich einen Platz in der letzen Reihe, direkt an der Ecke.
Etwas verkrampft, teils wegen der Aufregung, teils weil sie nicht wirklich weiss wie sie sich verhalten soll, setzt sie sich, lehnt sich aber weder an, geschweige denn, dass sie sich hinlegt.
Sie sieht sich verhalten um.
Eine Frau in ihrem Alter kommt auf sie zu, bleibt direkt vor ihr stehen und lächelt.
"Sind Sie das erste Mal hier bei uns zu Besuch?"
Für einen Moment ist sie überrascht.
Sie wird nicht oft angesprochen, erst recht nicht so freundlich.
Sie nickt nur stumm.
Die Frau lächelt unbeirrt weiter und legt einen quadratischen Metallkoffer auf den Sitz neben ihr.
"Sie brauchen für die Vorstellung ein paar Dinge.", lächelt die Frau und öffnet den Koffer.
"Zuerst die Handschuhe."
Ihre schlanken Hände fördern aus dem Koffer ein Paar schwarze Handschuhe zutage.
"Wofür sind die?"
Die Frau schien bereits mit einem Lächeln auf die Welt gekommen zu sein.
Es verblasst nicht einen Lidschlag lang.
"Wenn ich Ihnen das verrate, nehm ich ja die ganze Spannung vorweg!"
Diese reizvollen Worte lassen sie erneut schweigen.
Sie zuckt kaum merklich zusammen als die Frau ihr die Handschuhe anzieht.
Sie ist es nicht gewöhnt, dass eine Berührung sich so sanft anfühlen kann.
An verschiedenen Stellen ihrer Hände spürt sie einen leichten, nicht unangenehmen Druck, so als wären kleine Knöpfe in die Handschuhe eingearbeitet.
Noch während sie sich darüber wundert, beginnt die Frau unter der Armlehne Kabel hervorzuziehen und sie an die Stellen der Handschuhe anzuschließen, an denen die Druckknöpfe liegen.
Sie verfolgt die geübten Bewegungen mit einem interessierten, wenn auch leicht verwirrten Blick.
Wieder wird ihr klar, dass dies kein gewöhnliches Theater ist.
"So, das wär' das."
Die Frau wirft ihr ein strahlendes Lächeln zu.
Erneut greift sie in ihren Koffer.
Diesmal kommt etwas ans Licht, das ihr Angst macht.
In den Händen der Frau liegt eine hauchdünne, aber beängstigend lange Nadel, deren Ende sie an ein weiteres Kabel anschließt.
"Keine Angst. Es wird nicht wehtun. Wenn Sie kurz den Kopf nach vorn legen könnten, damit ich an Ihren Nacken komme!"
Wieder dieses strahlende, beinah überirdisch schöne Lächeln und sie tut es.
Sie gibt ihren Nacken preis, spürt einen kurzen schmerzlosen Stich und die Hand der Frau, die sie sanft in eine liegende Position drückt.
"Am Ende der Vorstellung bleiben Sie bitte liegen, bis ich den Zugang wieder entferne, okay?"
Sie nickt.
"Ich werde Ihnen jetzt noch eine Spritze geben."
Sie zuckt verstört zusammen.
Die Frau bemerkt es und streicht ihr sanft über den Arm.
"Keine Angst. Es wird Ihnen nicht schaden. Im Gegenteil."
Das Lächeln wird geheimnisvoll, fast schon verschwörerisch, als würden sie ein Geheimnis teilen.
Der Gedanke gefällt ihr.
Sie hat noch nie mit jemandem ein Geheimnis geteilt.
Die Menschen haben ihr nie etwas anvertraut und sie will schon lange nichts mehr über die Menschen wissen.
Sie ist so sehr in diese Vorstellung vertieft ein Geheimnis mit diesem schönen Menschen zu teilen, dass sie den Stich der Spritze gar nicht bemerkt.
"So, jetzt fehlt nur noch eins."
Ein letztes Mal verschwinden die Hände in dem Koffer.
Als sie wieder auftauchen halten sie eine Art Brille fest.
"Wenn ich Ihre Brille abnehmen darf! Sie werden sie nicht brauchen."
Wieder bringt sie nicht mehr zustande als ein Nicken.
Die Frau nimmt ihre Brille und legt sie unter den Sitz, setzt ihr die Andere auf und schließt auch sie an zwei Kabel an.
Hatte sie bis eben gar nichts gesehen, so ist es jetzt als hätte sie plötzlich ihre volle Sehkraft wieder und was vor ihren Augen erscheint, ist die Bühne.
Doch sie sieht sie nicht aus der Entfernung in der sie davon entfernt sitzt, sondern so als würde sie direkt darauf stehen.
Einen Moment lang hält sie verblüfft den Atem an.
"Mit den Handschuhen können Sie bestimmen, aus welchem Blickwinkel Sie auf die Bühne sehen wollen. Bewegen Sie mal die rechte Hand nach rechts oder links!"
Sie tut es und ihr Blick wandert auf der Bühne in die Richtung, die ihre Hand vorgibt.
"Und jetzt dasselbe nochmal mit Links!"
Auch diese Anweisung befolgt sie und ihr Blick geht nach vorn und wieder zurück.
Es ist als würde sie über die Bühne schweben.
Das Gefühl löst ein angenehmes Kribbeln in ihr aus.
Sie ist noch nie geflogen, weder im Geist noch in der Wirklichkeit.
Sie hat nie die Realität verlassen und nie die Grenzen der Stadt hinter sich verschwinden sehen.
"Damit haben Sie immer den besten Blick, egal in welche Ecke Sie sich verkriechen."
Sie spürt das warme Lächeln der Frau und zum ersten Mal seit langer Zeit erwidert sie ein Lächeln.
"Entspannen Sie sich. Es wird in wenigen Minuten losgehen. Ich werde während der Vorstellung bei Ihnen bleiben und mich um Sie kümmern."
Die schöne Hand streicht ihr beinah zärtlich über den Kopf und die Berührung löst einen ungewöhnlich wohligen Schauer aus, der ihren gesamten Körper durchläuft.
"Viel Spaß."
Das Gefühl ist so intensiv und angenehm, dass ihr sogar ein leiser Seufzer über die Lippen kommt.
Sofort verschliesst sie erschrocken den Mund mit einer Hand, als könne sie das Geräusch damit ungeschehen machen.
Das Bild vor ihren Augen bewegt sich so schnell, dass ihr schwindlig wird und statt auf die Bühne starrt sie jetzt an die Decke.
Sie fixiert einen Moment - um sich zu fangen - einen der dreistöckigen Kronleuchter, deren rote Birnen ein warmes und doch seltsam erotisierendes Licht verbreiten.
Ein Lachen dringt durch diesen Schleier plötzlicher Erregung, der ihre Sinne umspannt... glockenhell, engelsgleich und doch so warm wie eine zärtliche Hand, die schleichend ihre Schenkel hinaufwandert.
"Lassen Sie sich ruhig fallen. Niemand, der hier her kommt erwartet, dass Sie ihre Gefühle verbergen, im Gegenteil! Es ist nichts Verwerfliches daran Lust zu empfinden und wenn ich das mal anmerken darf, Sie haben eine sehr erotische Stimme."
Die geflüsterten Worte sind wie Hände, die sanft ihren Körper streicheln, an Stellen an denen sie noch nie gestreichelt wurde.
Sie ist wahrlich keine Jungfrau mehr, aber nie hat sie eine Hand gespürt, die hauchzart über ihre Schenkel gleitet; nie Lippen gefühlt, die ihren Hals liebkosen.
Je intensiver sie die Berührungen spürt, desto bewusster wird ihr, dass sie nicht nur in ihrem Kopf stattfinden.
Diese Hand, die mit sanftem Druck ihre Beine auseinander schiebt, die Andere die ihre Bluse öffnet, die Lippen die ihren Hals hinabwandern und die Zunge, die ihre Brustwarze umkreist, sind wirklich da und die Erkenntnis lässt sie leicht aufstöhnen.
Diesmal versucht sie nicht, es zurück zu halten.
Zu schön sind die feuchten Lippen, die warm und weich ihre Brust erforschen.
Die Finger zwischen ihren Schenkeln entlocken ihr mit langsamen, kreisenden Bewegungen ein weiteres Stöhnen.
"So ist es gut. Lass mich deine schöne Stimme hören."
Die Finger dringen vorsichtig in sie ein und sie öffnet sich bereitwillig.
Die Zunge hinterlässt auf ihrem Weg an ihr herab eine feuchte Spur.
Sie bäumt sich auf, windet sich den Fingern entgegen, die sich tief in ihr bewegen; den Lippen, die mit sanftem Druck ihren Kitzler umschließen und sie spürt, wie sie zum ersten mal loslässt und all ihre Vernunft unter diesem Gefühl des Fallens untergeht.
"Sieh zur Bühne!", flüstert der Engel und sie tut es.
Sarah...
Sie betrachtet die schlafenden Züge ihres Gesichtes, die perfekten Konturen ihres Körpers, der wie eine malerische Landschaft in einem Meer aus schwarzer Seide schwimmt.
Wundervolle Sarah...
Allein der Anblick lässt ihren Unterleib voll fordernder Erregung pulsieren.
Sie hat nicht gewusst, dass man solche Gefühle wirklich empfinden kann.
Die Zunge dringt in sie ein, windet sich in ihr im selben Rhythmus in dem Sarahs Brustkorb sich hebt und senkt.
"Sieh nach rechts!"
Mit einer leichten Handbewegung gleitet ihr Blick nach rechts.
Niemals hat sie beim Anblick eines Mannes ein solch starkes Verlangen empfunden.
Alles an ihm ist pure sexuelle Provokation; die lautlose Art wie er sich bewegt; die geheimnisvolle Dunkelheit hinter dem leidenschaftlichen, sehnsuchtsvollen Blick mit dem er Sarah beobachtet und die tiefe, rauhe Stimme, die zärtlich deren Namen flüstert.
Sie verfolgt gebannt jede seiner Bewegungen als er vorsichtig auf das riesige Bett gleitet.
Er bleibt über Sarah gebeugt sitzen und schaut sie lange einfach nur an.
In seinem Blick liegt Sehnsucht, unbändiges Verlangen und eine tiefe Liebe, die ihr Herz schneller schlagen lässt.
Sie hat niemals erlebt, dass ein Mann eine Frau so anschauen kann und in ihr erwacht der Wunsch einen solchen Blick ein mal, nur ein einziges mal auf sich selbst zu spüren.
Sie kennt nur zwei Arten wie man sie anschaut, entweder zornig oder herablassend.
Beides verbindet sich untrennbar mit ihren Eltern.
Der Zorn im Blick ihres Vaters, eine herablassende Gleichgültigkeit in den Augen ihrer Mutter und wenn sie einander ansehen ist dort nicht mehr, als kalter Hass.
Sie schiebt den Gedanken beiseite und beobachtet wieder diesen unglaublich sinnlichen Mann.
Er zeichnet mit einer Hand die Konturen ihres Gesichtes nach, ihres schönen, fein geschnittenen Gesichtes.
Seine Finger berühren nur leicht ihre Haut, wie ein warmer Wind der im Sommer über den Körper streicht.
Sie spürt wie die Hand, welche sie die ganze Zeit liebkost, die Bewegung nachahmt und sie bäumt sich sanft dem Streicheln entgegen, so wie Sarah.
Er führt die Bewegung fort, über den seidenen Stoff des kurzen Nachthemdes, das wohlgeformte Brüste und einen flachen Bauch bedeckt.
Ein Lächeln umspielt seine Züge als Sarah sich unter den Berührungen windet, sich der Hand entgegenbiegt, die jetzt zärtlich unter den Stoff gleitet.
Die leicht geöffneten Lippen scheinen geradezu darum zu betteln geküsst zu werden und sie kann es spüren als seine Zunge deren Konturen nachzieht.
Sie kann die Süße von Sarah's Lippen schmecken und die Hitze fühlen als er in ihren Mund eindringt.
Noch während eine euphorische Begeisterung über den Zweck der Nadel in ihrem Nacken sie erfasst, gewährt sie bereitwillig der Zunge Einlass, die sanft den Weg in ihren eigenen Mund sucht.
Ein Schauer durchläuft sie wie eine warme Flutwelle als sie nicht nur die Hände ihres Engels auf der Haut spürt, sondern auch die von Sarah, die mit liebevollem aber forderndem Druck Damians Nacken und Rücken massieren.
Sie stöhnt lustvoll auf.
Das Gefühl in ihm zu sein, mit all seinen Sinnen wahrzunehmen ist so intensiv, dass sie es kaum verarbeiten kann und je mehr sie es spürt, desto überraschter ist sie darüber, dass es sich so gut anfühlen kann.
Sie hat nie ein solches Lustgefühl verspürt, wenn sie mit einem Mann schlief, hat nie ein solch verzehrendes Verlangen nach den Berührungen ihres Partners gehabt.
Sie fühlt Sarahs Hände, die ihn mit geschickten Bewegungen von seinen Kleidern befreien, sieht ihm dabei zu wie er sie auszieht, schmeckt die verführerische Süße ihrer Haut, atmet tief den Rosenduft ein, den sie verströmt und mit jedem Stöhnen, das über ihre Lippen kommt wird das Pulsieren in ihrem und seinem Unterleib stärker.
Sie wandert mit seiner Zunge und seinen Lippen über ihren makellosen Körper, erforscht jeden Zentimeter der weichen und warmen Haut.
Sie kann spüren wie die sanften Rundungen ihrer Brüste, die Konturen ihres Bauches, ihrer schlanken Schenkel mehr und mehr sein Verlangen entfachen.
Jedes Stöhnen, jedes Winden von ihr treiben ihn näher an den Rand des Wahnsinns und mit einer beinahe schon verzweifelten Sehnsucht drückt er ihre Schenkel auseinander, streicht über die glatte Haut und entlockt ihr mit der Zunge ein tiefes Aufstöhnen.
Eine unglaubliche Hitze empfängt sie beide, als sie erst einen, dann zwei Finger in Sarah versenken.
Sie versucht einerseits das begeisterte Gefühl von ihm zu verarbeiten als sich seine Geliebte lustvoll aufbäumt, andererseits jagen die Finger ihres Engels, die sich jetzt heftig in ihr bewegen eine Hitzewelle nach der anderen durch ihren eigenen Körper.
Er gleitet wieder über sie, beobachtet sie, jede ihrer Regungen wenn sich seine Finger mal langsam und vorsichtig, mal fest und fordernd in ihr bewegen und jedes Stöhnen von ihr ist wie ein Stromschlag, der ihn durchfährt.
"Damian,bitte..."
Ihre Stimme klingt warm und unglaublich erregend.
Die Worte sind so flehend wie der Ausdruck in ihren wundervollen, grünen Augen und er erfüllt ihren Wunsch, drückt ihre Schenkel weiter auseinander und dringt mit einem einzigen, kräftigen Stoß in sie ein.
Sie erwartet das Sarah aufgrund des Schmerzes das Gesicht verziehen würde, aber sie tut es nicht.
Im Gegenteil, sie stöhnt lustvoll auf.
Sie ist verwirrt.
Sie erinnert sich noch daran wie sehr es oftmals wehgetan hat wenn ein Mann in sie eindrang.
Besonders schlimm war es bei ihrem ersten Freund, der sie im zarten Alter von vierzehn entjungfert hatte.
Sie weiß noch, dass sie es damals eigentlich gar nicht wollte, aber weil sie ihn nicht verlieren wollte tat sie es doch.
Schließlich hatte er gesagt, dass das dazugehören würde und wenn sie ihn nicht ranlassen würde, würde er Schluß machen.
Das wollte sie nicht, also ließ sie ihn ran.
Es war auf dem Rücksitz seines Autos.
Sie war damals stolz einen Freund mit einem Auto zu haben, obwohl das eigentlich selbstverständlich war, schließlich war er 41 Jahre alt.
Sie trafen sich immer nur abends, weil er den ganzen Tag arbeiten musste, wie er ihr damals erzählte und an einem dieser Abende passierte es dann.
Es ging ziemlich schnell.
Er schob nur ihren Rock hoch, fingerte kurz und ziemlich grob zwischen ihren Beinen herum und dann drang er auch schon in sie ein.
Der Schmerz war furchtbar.
Sie lag die ganze Zeit da, betäubt und unfähig sich zu bewegen, weil der Schmerz durch all ihre Glieder fuhr wie Stacheldraht.
Er stöhnte ihr laut ins Ohr und es klang wie ein Grunzen, das einfach nur abstoßend war.
Sie biss die Zähne zusammen und gab nicht einen Schmerzensschrei von sich.
Das tat sie nie.
Als er endlich fertig war sagte er ihr, dass er sie liebte und weil das noch nie jemand zu ihr gesagt hatte, ließ sie ihn von da an ran wann immer er es wollte.
Es war jedesmal sehr schmerzhaft, aber sie beschwerte sich nie.
Sie wusste heute nicht mehr wie dieses Beziehung eigentlich geendet hatte.
Sie wusste nur, dass alles was danach gekommen war entweder genauso schlimm oder schlimmer gewesen war.
Deswegen ist sie überrascht wegen Sarahs Reaktion.
Es scheint ihr nicht wehzutun.
Kann es tatsächlich auch schmerzlos sein?
Eine heiße, feuchte und leicht nachgebende Enge umfängt sie beide.
Das Gefühl ist für ihn, und somit auch für sie einfach überwältigend.
"Stöhn für mich meine Schöne!", fordert er mit rauher Stimme und Sarah tut es.
Sie schieben einen Arm unter sie, pressen ihr Becken fester an sich und dringen mit tiefen Stößen erst sanft, dann immer härter in sie ein.
Sie hat noch niemals eine solche Kontrolle über ihren Partner ausgeübt und dieses Gefühl beflügelt sie.
Sie setzen sich auf.
Ihre Hände umklammern unnachgiebig Sarahs perfekte Hüfte und sie beobachten sie, während sie sich unter den heftigen Bewegungen windet und aufbäumt.
Sie spürt das Herz in seiner Brust, das mit jeder Faser für dieses schöne Geschöpf unter ihm schlägt, schneller und schneller.
Sie ist durch ihn erfüllt von einer Liebe und Hingabe, die all ihre Vorstellungen von diesen Emotionen sprengt.
Jede Bewegung treibt ihn näher an den Höhepunkt und jeder rhythmische Stoß näher zu ihr.
Sie fühlt sein Verlangen mit jeder Faser seines Seins ein Teil von Sarah zu werden, ihr noch näher zu sein, noch weiter in sie einzutauchen und seine Stöße werden kräftiger, schneller, tiefer.
Die Zunge, die sich in ihr bewegt nimmt seinen Takt auf und sie spürt etwas, dass sie bisher nur als den Begriff "Orgasmus" kennt, in sich genauso intensiv nahen wie in ihm.
Sarahs Haut unter ihren Händen ist feucht und heiß, ihr Atem rast und ihre Augen flehen sie stumm an, jetzt nicht aufzuhören.
Sie hören nicht auf.
Ein paar letzte kräftige Stöße, ein paar heftige Zungenbewegungen und plötzlich durchfährt ihn, sie und Sarah ein Gefühl wie ein alles umfassender Stromschlag.
Für einen scheinbar endlosen Augenblick versinkt die Welt um sie herum in Dunkelheit und alles ist stumm.
Sie hat keine Ahnung wieviel Zeit vergeht und ihr Kopf ist wie leergefegt.
Sie spürt jeden Muskel in seinem und ihrem Körper, der für einen kurzen, gleichsam endlosen Moment völlig angespannt ist.
Es fließt wie ein warmer Strom durch jede Vene, jede noch so kleine Ader und erfüllt ihren ganzen Körper mit einem kaum beschreibbaren Gefühl der Zufriedenheit und Erschöpfung.
Selbst als der Höhepunkt bereits langsam wieder abklingt, die Muskeln allmählich wieder entspannen herrscht noch eine alles umschließende Stille.
Sie spürt durch den Schleier der Erschöpfung die langsam Besitz von ihr ergreift, Sarah unter sich.
Damian liegt auf ihr, ihren feuchten, schwer atmenden Körper fest in die Arme geschlossen.
Sie hört ihre Stimme, die ihm zärtlich ins Ohr flüstert: "Ich liebe dich." und sie verspürt ein Gefühl der Verbundenheit, das sie sprachlos macht.
Sie hätte niemals gedacht, dass es möglich war eine solche Bindung zu einem Menschen aufzubauen und plötzlich tut es ihr leid, dass sie neben der Welt um sich herum hergelebt hat.
Sie hat so unheimlich viel schönes verpasst.
Ein letztes Mal betrachtet sie Damian und Sarah und die Art wie sie einander ansehen; das Vertrauen, die Liebe und die Hingabe die aus ihren Augen spricht, lässt einen Entschluss in ihr heranreifen.
Sie wird nie wieder hier her kommen!
Nein, sie wird all das was sie heute hier erfahren hat, selbst erleben; draussen, in der wirklichen Welt.
Von heute an wird sie wieder am Leben teilhaben.
Sie wird Damian und Sarah nie wieder sehen.
"Sind Sie auch das erste Mal hier?"
Sie blickt nach links.
Ein junger Mann, ungefähr in ihrem Alter, schaut sie fragend und auch ein wenig schüchtern an.
Sie nickt.
"Ich,ähm...also ich wollte Sie fragen ob Sie...ob Sie vielleicht Lust hätten mit mir einen Kaffee trinken zu gehen. Ich hab Sie vorhin gesehen als ich reinkam und...und, naja..."
"Gerne."
Er verstummt und schaut sie fragend an, als wisse er nicht was sie meine.
Dann lächelt er.
"Entschuldigen Sie. Es war ein ziemlich seltsamer Tag. Normalerweise stottere ich nicht so rum."
Sie sehen sich einen Moment lang schweigend an.
Es überrascht sie wie einfach es eigentlich ist, zu leben.
Sie erwidert sein Lächeln und sie weiss, dass ihr Leben heute neu beginnen kann und dass sie es diesmal besser machen wird.