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Sengende Freiheit
Atemlos hetzte sie durch den Wald, stolperte über ihre hochhackigen Stiefel. Ihr Kleid, das im UV-Licht einfach umwerfend aussah, verfing sich im Gestrüpp und riss auf. In ihren roten Dreads steckten sich kleine Äste und Blätter.
Plötzlich gab es keinen Boden mehr. Sie fiel, kullerte einen Hang herunter und hatte Glück, dass sie sich nirgends aufspießte.
Keine Zeit eine Pause einzulegen. Sie rappelte sich wieder hoch. Ronald war hinter ihr her. Sie hatte ihm vertraut. Verdammt, sie hatte ihn geliebt. Und jetzt waren alle tot.
Sie merkte nicht einmal wie ein Ast ihr die Wange zerschnitt.
Vor dem Abgrund blieb sie stehen. Hundert Meter unter ihr, riss der noch junge Inn ganze Baumstämme mit sich.
Das Knacken trockenen Holzes verriet Ronalds Anwesenheit. Sie drehte sich um und sah Ronald vor sich. Die Pistole im Anschlag.
„Es tut mir leid, Clara“, sagte er, noch ehe sie die Augen schloss und das hohe Surren eines elektromagnetisch beschleunigten Projektils vernahm.
*
„Nun, wir haben Ihr System weitgehend von den Drogen befreit“, sagte schließlich die Guardian, „doch es gibt da eine, bei der kein Antikörper zu wirken scheint. Seltsam ist nur, dass sie anscheinend Ihre Aura nicht beeinflusst.“
*
Verdammtes Quarz.
Ronald schüttelte den Kopf und versuchte wieder klar denken zu können. Er befand sich in einem kahlen Verhöhrzimmer. Ein Tisch, zwei Stühle und ein Einwegspiegel stellten die gesamte Einrichtung dar.
Er war zu Hause. Damit war es endlich vorbei. Warum fühlte es sich dann nicht so an?
Ronald betrachtete sich im Einwegspiegel. Es gab fast nichts mehr, das an den jungen Leutnant erinnerte. Seine braunen Haare waren in dem Jahr deutlich länger geworden. Ein Bart war ihm ebenfalls gewachsen. Vor einer Woche noch hatte es ihm gefallen, aber jetzt ... Auch in seinen Augen war noch ein grünlicher Schimmer, obwohl er die letzten drei Tage entgiftet wurde.
Mit einem leisen Quietschen öffnete sich die Tür. Die dunkelhaarige Frau, die mit zwei dampfenden Tassen hereinkam, war seine Leitoffizierin. Er kannte ihren Namen nicht, oder sonst irgend ein Detail über sie. Er wusste nur, dass sie eine Guardian war. Der tätowierte Adler auf ihrer Stirn zeigte es deutlich.
Sie hatte ihren Tarnmantel draußen gelassen, doch ihr Kampfanzug war aktiviert. Es musste irgendein privater Modus sein, denn die stumpfe, dunkelgraue Haut bedeckte ihren ganzen Körper, außer den Kopf, die Arme und die Schultern. Ihr Teaser steckte im Holster an ihrem rechten Oberschenkel. Dort wo er hin gehörte.
Ich bin wachsam, möchte dir aber vertrauen dürfen, sagte dieser Aufzug in Ronalds Augen.
„Es ist schön Sie wieder bei uns zu haben, Leutnant McKaren“, sagte die Guardian und stellte die beiden Tassen auf den Tisch. Sie zog einen Stuhl zurück und setze sich. „Sie trinken doch noch immer Tee?“
Ronald nickte dankbar, ließ sich seufzend auf den Stuhl fallen und nahm einen tiefen Schluck von dem heißen Getränk. Währenddessen legte die Guardian eine Datenrolle auf dem Tisch, zog das Videopapier heraus und studierte es. Die Rolle war mit der Aufschrift Vertraulich verziert.
„Nun, wir haben Ihr System weitgehend von den Drogen befreit“, sagte schließlich die Guardian, „doch es gibt da eine, bei der kein Antikörper zu wirken scheint. Seltsam ist nur, dass sie anscheinend Ihre Aura nicht beeinflusst.“ Sie stützte die Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. „Anscheinend ist sie auch für die grünliche Verfärbung Ihrer Augen verantwortlich.“
„Man nennt es Quarz“, murmelte Ronald zwischen zwei Schlucken.
„Dieses gefährliche mahatmanische Halluzinogen?“
Ronald nickte. „Angeblich zeigt es einem die Zukunft und die Vergangenheit“, nuschelte er. „Das mit der Zukunft kann ich bestätigen.“ Er lächelte gequält.
„Tatsächlich?“ Sie hob interessiert die Augenbrauen, schüttelte aber daraufhin den Kopf. Während sie weiter die Akte studierte, nahm Ronald noch einen Schluck. Schließlich seufzte die Guardian und schob das Videopapier zurück in die Rolle. „Die Akte Ihres Einsatzes ist leider unvollständig. Darum wird dieses Gespräch wohl einige Zeit dauern.“
„Ich muss noch den Bericht schreiben.“
„Ich weiß. Aber es gibt da einige Punkte, die ich gerne von Ihnen persönlich hören möchte.“ Sie zog das Videopapier wieder aus der Rolle. „Ihr Einsatz verlief zunächst völlig normal. Sie nahmen mit der Gruppe Kontakt auf, und wurden bald akzeptiert. Ihre Meldungen kamen regelmäßig herein, doch nach einem Monat hörten Sie auf Meldungen zu schicken. Warum?“
„Ich wäre sonst aufgeflogen.“
„Lügen Sie mich nicht an“, sagte die Guardian ganz freundlich nach einem Blick auf das Videopapier.
„Da war diese Frau ...“
„Das ist vielleicht ein guter Grund, aber deswegen haben Sie nicht die Seiten gewechselt. Sagen Sie mir die Wahrheit, bitte.“
„Ich war frei“, flüsterte Ronald. „Absolut frei, alles zu tun, was auch immer ich tun wollte.“
Die Guardian lächelte milde.
*
Der Bass war so tief und laut, dass Ronald seine Lungen vibrierten. In dem Stakkato des Blitzlichtes und der Laser hatte er Schwierigkeiten Jasons schwarzem Mantel durch die wimmelnde Masse der Tänzer zu folgen. Vor allem, weil sich für Jason eine Gasse öffnete und Ronald ständig angerempelt wurde. Doch irgendwie schaffte auch er es auf die andere Seite der Tanzfläche zu gelangen.
Jason wartete bereits bei einer kleinen Tür auf ihn. Der Schwarzgewandete öffnete diese und bot Ronald mit der Hand vortritt in das Dunkel dahinter. Die Musik war viel zu laut, um auch nur ein Wort zu wechseln.
Als die Tür wieder in ihr Schloss fiel, flammten die Dioden an der Decke auf und die ohrenbetäubende Musik verwandelte sich in ein angenehmes Hintergrundrauschen. Das Hinterzimmer war in grellen Farben bemalt, die so arrangiert waren, dass Ronald sich seltsamerweise wohl darin fühlte. Eine gemütliche Couch und ein gläserner Tisch vervollkommneten die Einrichtung.
Auf der Couch gleich neben der Tür saßen zwei Männer. Ihr bulliges Aussehen ließ Ronald sofort an Wachhunde denken. Er glaubte sogar, ein leises Knurren zu hören.
Ganz anders die Frau auf der Bank. Ronald musste erst einmal tief Luft holen, als er sie sah. Die blauen Haare, die ihr bis zur Hüfte reichten und die dazu passenden Augen, in denen man förmlich ertrinken konnte. Diese fast perfekte Form ihres Körpers. Sie war barfuß, trug einen bodenlangen, schwarzen Rock, der auf beiden Seiten bis zur Hüfte geschlitzt war, und ein grünes Korsett.
Umwerfend, dachte Ronald. Einfach umwerfend.
„Das ist der Mann von dem ich gesprochen habe, Clara“, sagte Jason.
„Ist er auch leinwand?“
„Ich kenne ihn jetzt seit einem Monat. Glaub mir, er ist leinwand.“
Clara legte den Kopf schief und leckte sich die Lippen. „Etwas dünn für einen Leibwächter“, befand sie.
„Mir mag es vielleicht an Körpermasse fehlen“, lächelte Ronald dünn. „Dafür sind meine Neuronen sehr gesellig.“
Clara verzog die Lippen zu einem angedeutete Lächeln, mit dem sie anzeigte, dass sie den Witz verstanden hatte. „Macht ihn fertig“, befahl sie ihren Wachhunden.
Ronald bewegte sich wie er es gelernt hatte. Vier Schritte und fünf Armbewegungen später lagen die beiden Kolosse stöhnend am Boden.
„Beeindruckend“, meinte sie nach einer Minute des Schweigens. „Du bist engagiert.“
*
„Diese Clara war also die Anführerin“, schloss die Guardian.
„Ja.“ Ronald wollte noch einen Schluck von seinem Tee nehmen. Doch als er die warme Nässe nicht mehr fühlte, sah er in die Tasse. Sie war leer. Seufzend stellte Ronald die Tasse wieder zurück.
„Seltsam, dass wir nichts über sie haben.“
„Sie hielt sich gern im Hintergrund. Das konnte sie sehr gut. Obwohl sie sofort jedem ins Auge stach.“ Ronald rieb sich die Stirn. „Sie besaß eine ganze Reihe von Clubs. Die verwendete sie als Tarnung. Kaum einer ihrer Partner hat sie je persönlich gesehen.“
„Interessant.“ Die Guardian stellte ihre Tasse weg. „Und Sie waren ihr Leibwächter.“
„Und ihr Mann fürs Grobe. Nach nur zwei Wochen hatte ich ihr absolutes Vertrauen und vier Monate später kannte ich ihr ganzes Netzwerk.“
„Spätestens dann hätten Sie sich melden müssen.“
Ronald lächelte schwach. „Ich hatte mich verliebt.“
*
Clara lebte in einem sogenannten Hobbit-Haus, wie sie noch vor einem Jahrhundert zu Dutzenden auf Terra gebaut worden waren. Ein einstöckiges Gebäude, dass in einen Erdhügel gegraben war. Die Südseite lag als einzige an der Oberfläche und war vollkommen verglast. Claras Haus hatte genau zwei Zimmer. Das Nördliche stellte den Keller dar, das Südliche ein Loft.
Seide knisterte als Ronald erwachte. In seinem Traum hatte es geregnet und das Prasseln begleitete ihn in die Wirklichkeit. Er drehte sich zum Geräusch und konnte Clara hinter den beschlagenen Scheiben der Dusche erahnen. Gerade als er sich aufsetzen wollte, verließ sie die Dusche.
„Warum hast du nicht auf mich gewartet?“, fragte er in einem gespielt beleidigten Ton, denn der Anblick seiner tropfnassen Freundin bereitete ihm immer Vergnügen. Als Trägerin von Superior-Genen, wies sie keine Körperbehaarung auf. Etwas das Ronald sehr gefiel.
„Du bist so niedlich, wenn du schläfst.“
Sie schenkte ihm ein Lächeln, während sie sich abtrocknete. Dann wickelte sie sich selbst und ihre grünen Haare in trockene Handtücher ein. Als Ronald in seine Unterhose schlüpfte, richtete sie bereits die beiden Gute-Morgen-Linien her. Clara nahm ihren Zug, während er sich eng an sie anschmiegte. Schließlich gab sie ihm das Röhrchen und genoss den wundervollen Ausblick auf das morgendliche Vaduz und die Ruinen des Fürstenpalastes. Der Schein des Glücks erhellte Claras Gesicht, als sie Ronalds Lippen an ihrem Hals fühlte.
„Warum machen wir nicht da weiter, wo wir gestern aufgehört haben?“, murmelte er.
„Wenn ich mich richtig erinnere, bist du doch mitten drin eingeschlafen“, flüsterte Clara mit geschlossenen Augen. Ihre Hand fuhr durch sein Haar. Ein wundervolles Gefühl.
„Eben. So viel Gras hält doch kein Mensch aus.“
„Ha!“ Sie drehte sich in seinen Armen und küsste ihn lang und tief. Fast zufällig löste sich das Handtuch von ihrem Körper. Er fühlte diese weichen, zarten Rundungen. So leicht und zerbrechlich. So vollkommen anders als ihr Charakter.
Plötzlich entwand Clara sich seiner Umarmung und unterdrückte ein Kichern als sie die zum Zerreißen gespannte Unterhose bemerkte.
„So leid es mir tut, dafür haben wir keine Zeit. Du musst heute noch nach Steyr fliegen.“
„Steyr?“
„Hier.“ Sie reichte Ronald eine Datenrolle. Er zog das Videopapier heraus und studierte den Inhalt.
„Erich Brunner“, murmelte Ronald. „Warum?“
„Er hat mir fünf Kilo Sand als Quarz verkauft“, erklärte Clara. „Das kann ich nicht zulassen.“
„Quarz?“
„Eine mahatmanische Droge. Sieht aus wie Mehlsand.“
„Mord steht eigentlich nicht in meinem Vertrag“, meinte Ronald. „Aber wenn der Preis stimmt...“
Langsam glitt Clara auf ihre Knie.
*
„Sie haben also harte Drogen genommen und gemordet“, fasste die Guardian zusammen.
„Das schlimme Zeug nahm ich erst nach meinem ersten Mord. Aber nicht um zu vergessen. Nur damit das klar gestellt ist.“
„Warum dann?“
„Weil ich die Möglichkeit dazu hatte. Und weil ich es wollte.“ Ronald legte seine Stirn auf die Hände.
Die Guardian nahm den Datenstift in die Hände. „Wie viele Menschen haben Sie denn im Auftrag von Clara ermordet?“
„Drei. Alles Kriminelle.“ Ronald sah auf. „Soll ich die Namen jetzt nennen oder reicht es, wenn ich sie im Bericht erwähne?“
„Im Bericht reicht es völlig.“ Sie notierte etwas auf dem Videopapier. „Ich bin neugierig“, gestand sie und legte die Datenrolle weg. „Wieso haben Sie sich schließlich entschlossen, wieder zu uns zurück zu kommen?“
„Es war nicht so, als ob ich das ganze nicht gepackt hätte“, meinte Ronald. „Tatsächlich bin ich sogar ganz gut mit den Drogen zurecht gekommen.“
„Tatsächlich?“ Eine ihrer Augenbrauen hob sich fragend.
„Der Trick ist einfach zu wissen, was man wann in welcher Dosierung zu sich nimmt, wie die Mahatmaner sagen. Aber vor zwei Monaten habe ich zum ersten Mal Quarz probiert.“ Er schüttelte den Kopf. „Es war verrückt! Ich war auf einer Raumstation, die nicht rotierte und dennoch über Schwerkraft verfügte. Da waren Cyborgs, die aussahen, als kamen sie direkt aus einem schlechten Abenteuerholo. Ich war ein berühmter Schriftsteller, der durch die Galaxis trampte und redete gerade mit zwei Menschen ohne Prothesen, die aber Schwerter mit sich führten. Und es fühlte sich so real an. Viel realer als jede andere Halluzination, die ich jemals hatte.“
„Und das war der Auslöser?“, wollte die Guardian wissen.
„Nein“, meinte Ronald, obwohl er gleichzeitig nickte. „Vor einem knappen Monat hatte ich einen Flashback ...“ Er schloss seine Augen. „Eigentlich einen Flashforward. Es war irgendwann in der Zukunft. Ich und Clara waren auf Terra. Wir wurden im Bett erschossen.“
„Dann haben Sie es also getan, um ihre Haut zu retten?“
„Und damit die Liebe meines Lebens getötet.“
*
Im Spiegel überprüfte Ronald den Sitz seiner Latex-Kluft. Eigentlich mochte er dieses Material überhaupt nicht. Es war ihm viel zu eng und zu warm. Es stank und man fing an zu schwitzen. Aber Latex kam den Kampfanzügen des Militärs im Aussehen am nächsten und da man die Militärs, vor allem die Guardians, bewunderte war es gerade groß in Mode.
So sehr er auch dieses Outfit verabscheute, Ronald konnte sich nicht helfen. Der Gefährte Claras zu sein, verpflichtete eben. Wenigstens war die Kluft schwarz.
„Es sind jetzt alle da“, flüsterte Ronald. „Der Zugriff ist jederzeit möglich.“
Er schnitt seinem Spiegelbild eine Grimasse und verließ die Toilette.
Die Musik hämmerte durch die Gänge des Clubs. Ein wahres Bombardement von Trommelschlägen, begleitet von einem tiefen, langgezogenen Bass, betäubte die Ohren. Dennoch war eine Verständigung auf einem halbwegs stimmbandschonenden Niveau möglich.
Clara wartete bereits auf ihn. Wieder musste er sich daran erinnern zu atmen, als er sie sah. Sie trug ein mit zahllosen Stickereien verziertes Nichts von einem Kleid, durch das man ihren makellosen Körper mehr als nur erahnen konnte. Ein lockerer Gürtel betonte ihre Hüfte. Kniehohe Lederstiefel und rote Dreads vervollständigten ihre Aufmachung. Das Kleid selbst war genauso wie die Stiefel schwarz. Zumindest hier im Licht des Ganges. Im UV-Licht der Tanzfläche schimmerte es in allen Farben des Regenbogens.
„Du hast lange gebraucht“, meinte Clara mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
„Versuch damit einmal aufs Klo zu gehen“, erwiderte Ronald und klopfte auf seine zweite Haut.
„Ich weiß.“ Sie schmiegte sich eng an ihn und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Ronald zerbrach es beinahe das Herz. „Du bist heute sehr steif, gar nicht so leinwand wie sonst“, meinte sie. „Vielleicht hätte ich dich doch nicht in diesen Aufzug drängen sollen.“ Dann nahm sie seine Hände in die ihren und zog ihn zur Tanzfläche.
Sie kamen gerade bis zum Eingang.
Ein Dutzend Militärs stürmten mit voll aktivierten Kampfanzügen dämonengleich den Club. Clara schrie etwas, doch Ronald drückte sie gegen die nächste Wand und presste ihr die Hand auf den Mund, ehe sie laut werden konnte.
„Du bist verhaftet, Clara.“
Unglauben konnte Ronald in ihren Augen lesen. Schließlich kam die Erkenntnis und darin keimte Wut. Claras Hand kam so schnell, dass Ronald sie erst bemerkte, als seine Wange brannte.
„Mistkerl!“
Er war so verblüfft, dass sie sich aus seinem Griff winden und davon laufen konnte.
*
„Sie fiel in den Inn“, beendete Ronald seinen Bericht.
„Sind Sie ganz sicher, dass Clara tot ist?“, fragte die Guardian noch einmal nach.
Er nickte. „Selbst wenn ich sie verfehlt habe, niemand überlebt so einen Sturz.“
Die Guardian klopfte mit dem Zeigefinger gegen ihre Lippen. „Es ist fragwürdig, ob wir sie je finden werden“, meinte sie schließlich. „Gut!“ Sie schlug mit beiden Händen auf den Tisch. „Ihr endgültiger Bericht steht zwar noch aus, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie wieder zum aktiven Dienst zugelassen werden. Auch wenn Sie die nächsten beiden Beförderungen vergessen können.“
„Ich habe auch nichts anderes erwartet“, meinte Ronald. „Ich habe nur eine Bitte.“
„Die wäre?“
„Ich möchte unter keinen Umständen auf Terra operieren.“
„Das wird sich einrichten lassen.“
*
Obwohl es schon längst verklungen war, übertönte das Geräusch des Schusses noch immer ihren hektischen Atem. Sie lebte noch. Aus irgendeinem Grund war sie noch am Leben und fiel nicht. Langsam öffnete Clara ihre Augen.
Ronald stand vor ihr, noch immer mit der Pistole auf sie zielend. Doch seine Augen waren geschlossen.
„Ich kann es nicht“, murmelte er. „Verdammt noch mal, ich kann es einfach nicht!“ Er öffnete die Augen und steckte die Pistole weg. „Du kannst gehen, Clara“, sagte er. „Ich werde sagen, du wärst in den Inn gefallen. Das wird dir zumindest einen Vorsprung geben. Am besten schließt du dich den Zigeunern an. Zwischen den Sternen wird man dich nicht finden.“
Er streichelte noch einmal ihre Wange. Sie schloss die Augen und schmiegte sich daran. Plötzlich war die Hand weg. Als Clara ihre Augen wieder öffnete war sie alleine im Wald.
Doch frei und am Leben.