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Selbstausrottung

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25.11.2001
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Selbstausrottung

Selbstausrottung
Langsam drückte er sich selbst aus der engen Kabine. Er hatte tatsächlich den Absturz überlebt. Und er war genau da wo er hin wollte. In sein Ohr setzte er den Übersetzungscomputer. In einer nahen Stadt kleidete er sich mit der lokalen Kleidung ein. Er war ein Mensch, und sie waren Menschen. Es war der Sieg des Säugetiers. Jede intelligente Spezies die sie im All fanden war ein zweibeiniges, aufrecht gehendes Säugetier. Keine Ausnahmen. So fiel er hier nicht auf- er würde wohl nirgendwo auffallen. Eine Welt voller primitiver Außerirdischer. Keine Ahnung vom Weltraumflug. Keine Ahnung von dem Tod seines Heimatplaneten.
Seine neue Hauswirtin war noch recht jung. Hübsch irgendwie, in einer großen Stadt. Sie hatte ein Zimmer frei das er mietete. Sie aßen zusammen Frühstück und Abendbrot. Sie war politisch sehr interessiert und hatte Angst vor weltweiten Lage. Die Atomraketen waren aufeinander gerichtet und stünden bereit für den Weltuntergang. Er behauptete immer, dass ihn Politik nicht interessiere.
„Warum sind sie immer so traurig?“ fragte sie ihn beim Essen. Er aber schüttelte nur den Kopf. „Das würden sie nicht verstehen.“ Sie lächelte: „Versuchen sie es.“ Doch er lächelte nur zurück. Es hätte sich auch dumm angehört zu sagen: ‚Mein Planet ist vernichtet worden und ich versuche hier unerkannt zu leben.’ Er hatte ihr nie erzählt was er beruflich Tat. Er ging zu seinem Raumschiff und riss die Leitungen aus dem Schiff. Leitungen aus Edelmetall. Es war noch so viel in dem Schiff das er rausreißen konnte um es zu verkaufen. Das Ding war eh nicht mehr flugfähig. Auf seiner Welt uralt gewesen.
„Hände hoch!“ Er nahm die Finger aus dem Schaltkreis und sah die junge Frau mit ihrer Pistole da stehen. Sanftmütig lächelte er und nahm die Hände hoch. „Sie sind ein Außerirdischer!“ rief sie aus, in einer Mischung aus Ängstlichkeit und Neugierde. „Sind sie hier um uns auszuspionieren?“ Sie sah ihn scharf an aber er lächelte nur freundlich.
„Ich habe ihnen doch gesagt sie würden mir nicht glauben wen ich ihnen erzähle als was ich arbeite. Ich bin kein Spion. Ich bin hier als Flüchtling.“ „Flüchtling?“ „Ja. Mein Heimatplanet wurde zerstört.“ Sie senkte die Waffe. „Ich weiß nicht ob noch jemand außer mir überlebt hat. Ich habe jedenfalls keinen gefunden. Die Technologie meines Schiffes ist gefährlich für eure Welt.“ Mit diesen Worten lachte er amüsiert. „Aber die Einzelteile kann ich als Rohstoffe verkaufen um mein Leben hier zu finanzieren. Sehen sie- ich möchte hier nur in Ruhe meine Heimatwelt betrauern.“ Sie sah ihn noch misstrauisch an. „Sehen sie- da oben? Den Stern?“ er wies ihr die Richtung. „Hier sieht man ihn noch. So viele Lichtjahre von zuhause entfernt.“
„Zeigen sie mir ihr wahres Aussehen!“ forderte sie.
„Das ist mein wahres Aussehen. Was wollen sie eigentlich von mir?“ Er sagte es freundlich als frage er sie nach der Butter beim Frühstück. „Sie könnten eine Gefahr für meine Welt sein. Wenn sie kein Invasor sind, dann könnte ihre Technologie aber Gefahr in meine Welt bringen.“ „Gefahr? Die Gefahr der Selbstausrottung? Das ist die dritte Stufe.“ Sie sah ihn nur fragend an: „Wir sind früher durch das ganze All gereist auf der Suche nach Wissen. Und alle intelligenten Spezies denen wir begegneten waren uns gleich. Gleiches Aussehen, gleiche Anatomie. Einige Hundert im ganzen Universum. Und in ihrer Entwicklung unterscheiden wir Stufen: Stufe eins ist die Suche nach dem Überleben. Die Menschheiten haben den Sprung zur intelligenten Spezies geschafft, sobald sie aus eigener Kraft, und nicht durch Muskelkraft sondern durch Geist das oberste Glied der Nahrungskette ihrer Welt sind, Feuer entdeckten und den Aufrechten Gang beherrschen.
Stufe zwei sind lange Irrwege zwischen Krieg und Frieden, zwischen Aberglaube und Erkenntnis an deren Enden immer öfter Rationalität zu finden ist.
Stufe drei ist die Angst vor der eigenen Selbstauslöschung. Sie produzieren Waffen und richten sie aufeinander. Bedrohen einander und haben doch Angst den roten Knopf zu drücken unter dem recht passend die Worte „Weltuntergang“ stehen sollten.
Stufe vier ist der Sprung ins All. Wo die Kinder der Sterne nach Erleuchtung suchen.
Stufe fünf ist der Moment wo sie alles gelernt haben und zurück nach Hause kehren. Und dort bleiben.

Vor zweitausend Jahren hat meine Spezies den Raumflug eingestellt. Wir sind nur fünfhundert Jahre lang durch das All gereist. Wir haben Kolonien gegründet. Doch die Kinder unserer Kolonisten wollten wieder heim auf eine Welt die sie nie kannten. Darum gibt es keine Niederlassungen meines Planeten woanders. Als wir in den fünfhundert Jahren jeden Planeten des Universums erforscht hatten haben wir Spezies gefunden die weiter waren als wir und welche die nicht so weit waren. Doch keine einzige der Spezies die wir fanden beherrschten schon oder benutzten noch den Raumflug. Jene die weiter waren als wir lebten in Friede und Harmonie auf ihren Heimatplaneten. Sie erzählten uns, sie seien einst ebenso durchs All gereist und hatten die selben Erfahrungen wie wir gemacht. Als es dann nichts mehr zu entdecken gab kehrten sie zurück in ihre Heimat und lebten dort bis in alle Ewigkeit.
Doch interessant ist dies: Wir fanden in all dieser Zeit gar keine Spezies die sich je selbst ausgelöscht hätte. Mit der Technologie kam die Erkenntnis und schließlich die Erkennung der Wahrheit. Während sie dann durch das All reisen glauben sie unbesiegbar und unaussterblich zu sein. Es gab auch keine Eroberer. In dem Moment wo sie ins All gingen war ihre eigene Ethik so weit entwickelt, dass längst alle Armeen vernichtet wurden und auch die letzte Waffe nur noch Ausstellungsgegenstand im Museum war.“

„Und wie ist deine Welt dann untergegangen?“

„Durch eine Supanova. Unspektakulär. Ich bin nur zufällig entkommen. Ich weiß, du machst dir Sorgen um deinen Planeten und seine Zukunft. Doch auch deine Menschheit wird sich nicht selbst vernichten. Dazu sind sie zu klug geworden auch wenn sie dumm aussehen. Auf meinem Planeten gab es Zehntausende von Jahren an Menschenentwicklung, wir hatten viele Hochs und Tiefs doch am Ende zählte für uns nichts als unser eigener Heimatplanet. Ihr hier seid wie eine Zeitreise in längst vergangene Momente einer ewig fernen Vergangenheit. Die Leute meiner Welt hatten damals genau solche Angst vor dem Weltuntergang wie ihr. Dennoch, sie werden ihn nicht aus der Hand eines Menschen erfahren.“

Sie schluckte. In der Ferne hörte man das quietschen von Autorädern. „Sie kommen! Sie kommen um dich zu holen. Ich dachte du wärst böse! Ich habe sie her geholt. Lauf schnell!“ Doch er blieb stehen. „Lauf doch! Los Lauf!“ Er schüttelte den Kopf: „Deine Welt mag heute die Macht haben sich selbst zu vernichten doch es sind Menschen wie du die sie retten werden. Nicht durch das Diktat der Macht sondern durch die Weisungen der Vernunft. Du hast gehandelt um deine Welt zu schützen und bereust es nun da du die Wahrheit kennst. Wenn dies die Lehre war die deine Welt brauchte. Soll es so sein.“
Als sich duzende Gewehrläufe auf ihn richteten, da ging er ruhig zu seinem Schiff. „Ich habe die Selbstzerstörung aktiviert. Sie gehen besser weg! Laufen Sie denn sonst wird das ihr Ende sein. Ich hätte längst sterben sollen. Bei dem Ende meines Heimatplaneten.“
Sie sah ein, dass es keinen Sinn hatte den Außerirdischen von seinem Plan abzuhalten. „Verdammt! Muss das sein? Wir können so viel von ihnen lernen! Ich weiß noch nicht einmal den Namen ihres Heimatplaneten.“ Das leise Piepen der Anlage und die Schreie der Soldaten durchschnitten die Luft bis er verträumt antwortete und den Namen sagte als habe er ihn eben aus den Weiten des Weltalls gepflückt. Und er fügte an. „- und sie ist Vergangenheit.“ Als sie weg war ging das Raumschiff in Flammen auf und nichts blieb übrig außer der seltsame Name des Heimatplaneten des sanften Außerirdischen: „Die Erde.“

 

Hallo Paul!

Richtig nostalgische Geschichte hast du da geschrieben! Am Anfang hat mich ein bißchen gestört, daß die verschiedenen Handlungsabläufe so schnell aufeinander folgten, da hatte man gar keine Zeit sich das alles richtig vorzustellen!

Ab dieser "Stufen"-Beschriebung hat mir die Geschichte echt gut gefallen. Du hättest sie vielleicht insgesamt mehr ausschmücken können, kannst du ja noch machen ;) , dann wär sie echt gelungen! Thematik plus Umsetzung.

Wenn du da noch ein bißchen dran arbeitest... denn zu sagen hast du ja wirklich was!

Gruß, Korina.

 

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