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Sein letztes Gefecht
Die Schüsse, die über mir einschlugen, waren viel zu nah, viel zu nah. Ich wäre jetzt gerne bei meiner Tochter gewesen und hätte ihr dabei zugesehen, wie sie langsam größer wurde. Nichts anderes, nichts anders. Nichts anderes.
Ich war kein Held. Ich war nichts von dem, was hier nötig war. Weil nichts davon mir sinnvoll erschien. Ich hatte mich freiwillig gemeldet, weil das damals als eine gute Idee daher gekommen war. Jetzt kauerte ich hier in einem Graben, der mir als ein lächerlicher Versuch erschien, meiner Tochter ihren Vater zu bewahren.
Was hatten die mir getan, die da drüben? Bevor ihr Anführer ihnen befohlen hatte, Patronen auf unsere unbekannten Körper zu verteilen, hätten wir einander auf twitter gefolgt. Wir hätten uns gefragt, was aus dieser Welt werden könnte, jetzt lagen wir einander gegenüber und zielten auf das Mündungsfeuer des anderen. Als gäbe es einen Grund dafür.
Ich wollte gehen, einfach gehen. Mir war mein Land egal, meine Stadt, meine Straße. Irgendwo musste es einen Fleck auf diesem Planeten geben, auf dem ich Vater und meine Tochter einfach Tochter sein konnte. Ich ließ mein Sturmgewehr liegen, weil ich nicht wusste, was ich damit anfangen sollte.
Die ersten drei Kugeln spürte ich kaum. Ich fragte mich, ob sie sich einen Grund eingeredet hatten, bevor sie abdrückten. Ich hätte keinen gefunden. Nicht einmal meine Tochter, zu der ich nicht würde zurückkehren können. Ich hätte gerne nochmal ihr Foto gesehen aber da war keine Kraft mehr, die das bewerkstelligt hätte.
Ich konnte nur atmen, nur atmen, noch ein bisschen atmen. Die Wippe, ihr übertriebenes Schreien, das Lachen danach, das war mein Leben. Das war Leben.