Was ist neu

Seht, welch Liebe hat uns der Vater erwiesen.

Mitglied
Beitritt
06.11.2017
Beiträge
2
Zuletzt bearbeitet:

Seht, welch Liebe hat uns der Vater erwiesen.

Der Vater zog kraftvoll an der Schnur, die von der Decke hing. Eine Luke zu einem neuen, dunklen Raum öffnete sich. Er steig hinauf, betätigte den Lichtschalter und schloss die Dachluke hinter sich. Eine einzige Glühbirne in der Mitte des Raumes. Halterung und die Fassung waren nicht zu sehen, als er ins Licht blickte. Der schwebende Feuerball beleuchtete einen Tisch, einen alten Esszimmerstuhl, zwei Fachbodenregale und die darauf fein säuberlich sortierten Werkzeuge. Im Keller befand sich eine weitere Werkstatt. Doch zwischen dem Warmwasserboiler und dem Heizofen war es dort zu heiß und zu stickig. Im Keller erledigte er die unliebsamen Aufgaben. Hier hingegen verbrachte er große Teile seiner Freizeit. An einem Tag malte Bilder von Wolken vor blauem Himmel. Am nächsten baute er bergige Landschaften mit Flüssen und verzierte sie mit Büschen, Bäumen, Blumen und Gräsern. Dann schnitzte die verschiedensten Tiere. Meistens modellierte er winzig kleine Figuren, die alle ein bisschen aussahen wie er. Nur Sonntags kam er nicht hierher. Die Häuser seiner Kinder und Freunde, die Zimmer seiner Enkel und Nachbarskinder, die Kindergärten und Schulen der Nachbarschaft sind voll von seinen Schöpfungen. Alles von ihm steckt in jedem einzelnen von ihnen. Denn nur hier oben, zwischen den Wolken, war er wirklich er selbst. Abgesehen von der Birne, den Werkzeugen und dem Raum an sich ist alles hier sein Werk. Stuhl, Tisch und Regale.Stoffreste, Holz- und Metallspäne. Haare, Schweißflecken und Bluttropfen. Selbst der Staub, der im Kreis um die Birne herumwirbelt, ein Gemisch aus Stoff, Holz, Metall, Haar, Schweiß, Blut und Hautpartikeln ist sein unbeabsichtigtes Werk. Und alles davon ist seinen Gedanken entsprungen, aus seiner Kraft geschaffen und mit seiner Liebe erfüllt. All die Gedanken, die er zu Denken verpasst hatte. All die Kraft, die er nicht aufgebracht hatte. All die Liebe, von der er nicht wusste, wie man sie weitergab. Er fühlte eine brennende Enge im Brustkorb und fragte sich, wieso niemand seine Hingabe bemerkte. Kalter Schweiß rann von seiner Stirn. Er hatte seinen ältesten Sohn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Bald würde er wiederkommen, hoffte er. Es hing ein Bild von ihm um seinen Hals, ein weiteres hängt an drei Nägeln über der Esszimmertür. Der Vater erinnerte sich daran, wie er ihm das Fischen beigebracht hatte. Doch er spürte nichts mehr, als er den Holzfisch in seiner linken Hand betrachtete. Mit tränenden Augen ließ er seine allerletzte Schöpfung fallen, verließ den Dachboden eilig und vergaß dabei das Licht zu löschen. Kraftlos, unbedacht und ungeliebt rotierte der Staub um das schwebende Licht im Dunkel, nahezu ewig weiter.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo I am Jacks,
das ist eine schöne Grundidee: Der Vater weiß nicht, wohin mit der Liebe, die er verspürt. Dafür schnitzt er sie sich aus dem Leib und gibt sie weiter. Klar, dass dabei die Kinder zu kurz kommen. Aber für diesen wirklich großen, klassischen Konflikt ist der Text einfach zu kurz. Um zu einer Erzählung zu werden, bräuchte das einfach mehr Raum, um die Persönlichkeit des Vaters und des Sohnes zu vertiefen. Aus diesem Grund ist auch der Fisch als letztes Werk (ein ganz hübsche Metapher: der kalte Fisch, der unfreiwillig kalte Vater) unerklärlich in der Theatralik, die ihm zuteilwird. Das gilt auch für die Sprache. Damit in der Kürze eine Atmosphäre entsteht, ist die Sprache dementsprechend "aufgedonnert" sag ich mal. Das ist nicht abwertend gemeint, wenngleich ich einige Bilder nicht passend finde. Das Bestreben steht dahinter, in der Kürze möglichst eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, die auch dem religiösen Titel gerecht wird. Aber, wie gesagt, meiner Meinung nach funktioniert das so knapp nicht. Dann weiß ich vom Tisch mehr als vom Vater.
Ein wenig Detail:
Unschöne Wortwiederholung "Der Vater"

Der Vater zieht kraftvoll an dem Schnur die von der Decke hängt. Eine Luke zu einem dunklen Raum öffnet sich und der Vater
Unschöne Position des Pronomens "diesen"
beleuchtet diesen.
Für die Kürze zu detailliert. Entbehrlich, wie ich finde.
Sie beleuchtet einen Tisch aus einer massiven Holzplatte und vier Kanthölzern, die als Tischbeine fungieren, einen alten Esszimmerstuhl, links und rechts davon zwei Fachbodenregale aus Holz
Ungünstige Häufung von Pronomina.
Alles von ihm steckt in jeder einzelnen von ihnen.
Herzliche Grüße
rieger

 

Hi I am Jacks

Ich gehe davon aus, dass sich dein Name auf Fight Club bezieht? Wenn ja, cool. Erkenne ich in deinem Text einen religiösen Bezug oder interpretiere ich zu viel hinein? Der Mensch als ältester Sohn, der sich immer mehr von Gott entfernt. So hab ich es angenommen. Manche stellen kannst du noch ausbauen, dem Baum noch Blätter und nicht nur Äste geben, den Leser mehr fühlen lassen. Die Passage mit dem Tisch ist mir auch aufgefallen, ist überflüssig, weil du einen 0815-Tisch beschrieben hast. Wenn du schon präzisieren willst, dann wähl lieber genauere Begriffe. Holz ist ja nicht genau Holz. Lass den Leser in deine Welt rein.

Das sind meine Verbesserungsvorschläge. Man kann natürlich viele Dinge totanalysieren, aber solange du den Leser einsaugen kannst, sind deine formalen Fehler fast egal.

Liebe Grüße
Grayson

 

Hallo rieger, hallo Grayson. Vielen Dank für eure Kritik und Anregungen. Das hat mir schon sehr geholfen.

Ich habe einige der Punkte berücksichtigt und das ganze nochmal überarbeitet. Leider habe ich es kaum geschafft das zu vermitteln, was ich vermitteln wollte. Daher möchte ich noch nicht zu viel über meine Absichten verraten und hoffe, dass es jetzt deutlicher wird.

@ Grayson: Ich bin Jacks freudige Überraschung. Dachte nicht, dass es so offensichtlich ist.

@ rieger: Ja. Inhaltlich, wie sprachlich war das ganze noch recht unausgereift. In meinem Kopf schien alles wunderbar schlüssig und ich wollte rasch schauen, ob es so ankommt, wie ich gehofft hatte. Was natürlich vermessen war.

Danke. :)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom