Was ist neu

Sehr eng

Mitglied
Beitritt
17.05.2014
Beiträge
14

Sehr eng

Spielen wir: Leute befragen. Vielleicht kennt noch jemand die Einleitung. Fünfzig Leute ham wir gefragt: "Was frisst dich auf?" Platz eins: Einsamkeit. Platz zwei: Enge. Platz drei: Großstadt.
Was, wenn wir nicht in Großstädten gefragt hätten? Oder waren es Landeier, die das Gefühl hatten, ihr Dorf würde alsbald von der Stadt verschluckt -- und sie selbst mit, nicht mehr lang, dann heißt es jeden Tag am Haupfbahnhof umsteigen --, welche mit ihren Stimmen den dritten Platz ausmachten?

Fünfzig Leute ham wir gefragt: "Was verschluckst du am liebsten?" Platz eins: Bier. Platz zwei: Bier. Platz drei: Kleinteile.
Die folgenden Plätze listen nur weitere Suicidalien auf: Cyanid, Bleichmittel, Schlaftabletten etc. Nur eine Person gab an, am liebsten "einen guten Syrah" zu schlucken, aber die Weinfreunde unter uns rümpfen schon die Nase: Jeder weiß, dass es beim Wein nicht auf den Moment des Schluckens ankommt.

Traurige, betondominierte Zeiten also sind es, in denen wir in aller Enge unserer Großstadtnische ein Bier zischen und auf die Legosteine in unserer Handfläche starren. Des Regens Fäden wie Gitterstäbe, aber der Wasserfluss auf dem Asphalt verschont unser Fleckchen, verzichtet darauf, die Asche um unser löchriges Schuhwerk zu versumpfen.

Fünfzig Leute ham wir gefragt: "Bei welcher Biermarke steht die Werbung im stärksten Widerspruch zur tatsächlichen Käuferschaft?" Platz eins: Radeberger. Platz zwei: Astra. Platz drei: Holsten. Oder hatten wir eine andere Frage gestellt? Was es hat mit diesen Antworten auf sich?

Ich habe meine eigene Nische im Beton, meine eigene Dose Bier. Der Regen macht es dir reichlich unschmackhaft, jemandem einen Besuch abzustatten. Ein, zwei andere kenn ich noch, die ihre Nischen im Beton haben, an anderen Orten der Stadt, nahe anderen Nahverkehrsbahnstationen. Was heißt kennen. Ich hab sie schonmal gesehen. Wenn es so eine Nischenreihe gäbe, fünfzig in Folge, sodass wahre Nachbarschaft entstände: Das wär schon was gegen die Einsamkeit. Aber wie das mit Nischen ist: Sie sind eher Abfallprodukt unperfekter Architektur. Irgendwo staut sich unerwartet Raum auf und da hat man dann eben plötzlich eine Nische. Man findet sie nicht, wenn man sie sucht, sondern man sucht, sich einer zu erinnern, und dann fällt's einem ein: Dieser und dieser Bahnhof, da war so eine, hab sie vor Jahren mal gesehen. Der Boden war voll schwarzer Asche. So ein Erlebnis haben wir alle ein, vielleicht zweimal im Leben. So finden wir unseren Ort, aber es muss eben keine Nische sein. Manche finden auch eine Säule oder einen Stehtisch. Wichtig ist, eine Dose Bier mitzubringen. Und die Enge kommt dann, wenn der Regen die Gitterstäbe einzieht.

"Keine Ahnung, warum der Regen das immer macht", sage ich. "Es ginge auch anders. Er könnte mir ein Geburtstagsgeschenk machen."

"Das mach ja nichtmal ich", sagt mein Kumpel Ôszi. Ich weiß nicht, woher das Dach über dem O in seinem Namen kommt, aber er sagt, es werde dadurch zu einem Omega-O und das sei ein langes O. Man spricht ihn also "ohschih" oder "oh-ski".

"Ho, ho, ho", mache ich und schnippe eine Zigarettenkippe aus meinen unbehandschuhten Fingern an die Decke meiner Nische, von wo sie abprallt, aber uns nicht trifft. Ich kann sagen, mein Kopf ist kein Aschenbecher, aber viel anders sieht er nicht aus. "Naja", sage ich, "eigentlich hast du mir schon was geschenkt."

"Achja, stimmt. Ja. Mist. Das kommt davon, wenn man auf Feldwegen geht."

Ich weiß nicht wirklich, wovon er spricht. Er trägt einen Schal von erstaunlichem Rot. Ich erinnere mich dran, wie ich früher auf Feldwegen ging in einem Naturpark. Mit meinen Eltern, mit meinen Freunden. Mit der Zeit formten sich die Wege im Kopf zu einer Karte, einer Karte viel schöner als die gedruckten. Einer Karte, die nicht Bild war, sondern reines Datum. Jetzt ist das alles enge Großstadt voller Stehtische und Verwelktblumenhändler. Will ich wetten. War lang nicht mehr da, denn ich weiß nicht mehr, wo es ist. Wie gesagt, es ist ja auch gar nicht mehr da, will ich wetten.

Ôszi ist wieder weg, genau wie der Regen grauem Himmel gewichen ist. Ich drehe eine Runde und sehe nichts Interessantes. Ich kaufe mir ein grünes Dosenbier und versuche, Anhaltspunkte dafür zu finden, in welcher Richtung hinter den Wolken die Sonne steht. Nach all der Zeit hier sollte ich das eigentlich nach Tageszeit wissen. Aber die Sonne scheint eh nie und ich hab keine Ahnung von Tageszeiten und außerdem ändert sich das doch eh ständig. Und ich habe anderes zu tun, wenn ich Plakate angucke, oder weggehe um ein Bier zu kaufen. Mit dem Bier ist das gar nicht so spaßig, muss ich sagen. Meist trinke ich im falschen Moment. Schlucke im falschen Moment. Jedenfalls hab ich noch nicht die Leute verstehen können, die sagten, sie schluckten Bier am liebsten. Ich schlucke Tulpen am liebsten. Ist eine andere Geschichte.

Weißt du, wir Leute hier, wir gehen wenig Sachen mit Spaß an. Wenn wir in einen der Bordsteinfernseher gucken, dann um darin Bedeutung zu finden oder Schokoriegel. Nicht, um darin Spaß zu finden. Spaß ist, wenn du es dir mal so überlegst, ein ziemlich abstrakter und weit entfernter Begriff. Dass er so weit entfernt sein kann, macht ihn so abstrakt. Von nichtabstrakten Begriffen kann man gar nicht das Gefühl haben, das sie weit entfernt sind, oder nicht? Heimatland, Eltern können im direktesten Sinne weit entfernt sein, aber immer noch: Verdammt abstrakte Begriffe. Oder nicht?

Na gut, zum Geburtstag hat mir Ôszi zwei Tulpen geschenkt und ich hab sie gegessen. Ok?

Wenn Züge fahren, ist das Coole, wie sehr sie die Welt um dich herum verändern. Das Rattern geht durch alles durch: Mark und Bein und Metall, Beton. Noch einen Schritt weiter (auf der Veränderungsskala), und die Gravitation kehrt sich um, dreht sich um Kreis, die Brötchen fliegen von den Stehtischen, aus den Bäckereien, häufen sich auf der Straße, wo die Autos stecken bleiben. Nur noch einen Schritt weiter, dann wär es so. So krass ist diese Veränderung der Welt durch ratterfahrende Züge in meiner Nische.

Sehr konkrete Sache übrigens, das Tulpenessen. Sehr unabstrakt. Spürbar in deinem Mund und beim Schlucken in deinem Rachen, beim Verdauen in deinem Magen. Kannst deinen Magen ruhig mal gernhaben, guter Kumpel ist das. Ist das ist das. (Eine Tulpe in einer Bierdose an einer Wand.)

"Bier trink ich irgendwann weniger, weil es weniger wird", sage ich zu German. Er heißt wirklich so. "Geah-mann".

"Kenn ich", antwortet er. Dann: "So ist das."

"So ist das", sage ich. Dann dreh ich mit German eine Runde. Warum fallen mir heute Schals so sehr auf? Germans Hose ist zerknittert und löchrig, aber unverkennbar eine Jeans. Unverkennbar eine Jeans! Wie ein Werbespruch von den Plakaten, die sie uns Nischen- und Stehtischstehern täglich den ganzen Tag in den Bordsteinfernsehern und Plakatenzeigern zeigen. Man fragt sich, woher man eigentlich Lesen gelernt hat. Immer schwer zu sagen.

Ich finde, wir sind schon so eine Art Elite.

In allem Bezug unschuldiger Holzbänke. In allem Bestarren der schönen Stadtgewässer. In allem Zuhausefühlen an Stehtischen und in Nischen. Ich finde wir sind das, eine Art Elite. Eine Art Anderserkenner, Andersleber. Wir können uns unmöglich vorstellen, wie es hoch oben ist in den Architektenwolkenkratzern: Aber was kann der Außerirdische sich schon vom Leben auf der Erde vorstellen?

An einem Tunneleingang stehend esse ich feiertags eine Tulpe, als Ôszi auftaucht. Zum Glück habe ich die Tulpe schnell genug entsorgen können, er merkt nichts von dem, was ich bis eben machte. Er begrüßt mich und ich ihn. Wir kommentieren, dass Feiertag ist und wir uns ein bisschen besser fühlen. In der Großstadt muss man das und in der Enge: Sich an Feiertagen das kleine Stückchen besser fühlen, das einem das Recht gibt, drauf hinzuweisen, dass man sich an Feiertagen eigentlich sehr sehr viel besser fühlen sollte, nicht nur ein bisschen besser; Spaß haben vielleicht. Ist "Feiertag" sehr abstrakt? Kann ich grad nicht drüber nachdenken, weil in meinem Magen fünf bis sechs Bier und die Tulpe ihren Feiertag halten: Fühlt sich zu gut an. Vernebelt mein Denken ein bisschen, ist so eine Sache. Nennt man das auch Gutfühlen? Kann ich jetzt nicht so drüber nachdenken.

Ôszi sagt: "So ist das. An Feiertagen steht man am besten an Tunneleingängen mit dem weiten Blick auf Wasser, auf Kanal, auf grauen Himmel."

Und ich denke naja, blau könnte der Himmel ruhig mal sein, am Feiertag. Blau könnte er ruhig sein. Am Feiertag.

Problem mit den Leuten. Sie verlangen es zu wenig. Problem mit den Leuten. Verlangen's. Zu wenig. Von ihm; dem Feiertag. Dem abstrakten... Ding. Ok? Ich schaue zum Himmel.


ps: Ich gehe mit Ôszi auf den Feldwegen meiner Kindheit. Sie sind so braun. Von so warmem braun und so granular. Wunderbar unflächig, auf jeder Flächeneinheit eintausend Hebungen und Senkungen, Körnchen, Steinchen, und die schrägstehende Sonne wirft ein zweites Granulat, ein Schattengranulat, darauf. Und am Rand der Wege räkeln sich grüne Gräser, Halme, Farne, dann geht es hinunter in einen Graben, bewachsen mit Moosen und klarem, kalten Wasser, in dem Hölzer schwimmen. Leute wachen in Gräben auf, nachdem schlimme Dinge geschehen sind. Das offenbart ihr (der Gräben) paradiesisches Wesen. Ist das Paradies der Neben-Tag? Das Neben-Leben. Der Graben ist der Neben-Weg. Espen beugen sich schützend über ihn, bleibt noch hinzuzufügen, und jede kleine hölzerne Brücke verbeugt sich respektvoll vor ihm. Die Wege sind reine Struktur, sind die Struktur des Himmels, wie sie auftritt in mittelalterlicher Abbildung: Das himmlische Jerusalem! Die Stadt, der Himmel. Weit ewig weit. Weit, ewig, weit.

pps: Meine Nische ist eng und es liegt Asche darin.

pps: Fünfzig Leute haben wir gefragt -

 
Zuletzt bearbeitet:

Halli Shpielvogel,

und herzlich willkommen bei Wortkrieger. Dein Einstand hat mir gut gefallen. Ist auch ein bisschen lustig, weil Obdachlosengeschichten neben Suizidgeschichten so ein Einstiegstextklassiker sind. Und eben wie jene, gehen diese aufgrund übertriebener Abstraktion oft ganz schief. Man will das Allgemeine im Einzelnen treffen und verbleibt dann doch nur im Generischen. Da sitzt dann im schlimmsten Fall ein gesichtslos instrumentalisierter Penner als Mahnmal an die Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft.
Dein Text schafft es demgegenüber tatsächlich, etwas Eigenes zum Thema zu sagen und einen ungewöhnlichen Blick auf dieses Nischendasein zu werfen, aus der Nische heraus halt. Und auch wenn sich der Nischenmensch da mehr als Mensch mit eigener Wahrnehmung anfühlt, gibt es auch einen hohen Grad an Abstraktion und Artifizialität, der Distanz erzeugt. Ich find das ganz reizvoll, aber ich tippe mal, dem ein oder anderen Leser wird es zu bemüht und kapriziös sein. Und man kann dem Text natürlich auch vorwerfen, eher Zustandsbeschreibung als Geschichte zu sein. Mich hat's aber ehrlich gesagt nicht gestört.
Ich hatte insgesamt das Gefühl, der Text hätte die optimale Länge, wenn er so 1-2 Absätze kürzer wäre. So stark verdichtete Texte fordern ziemlich viel Aufmerksamkeit vom Leser und das funktioniert für mich auf kurze Strecken sehr viel besser. Es gibt auch noch ein paar Wiederholungen, die man zugunsten der Verdichtung ausmerzen könnte. Also die Überlegungen zur Abstraktion wären für mich am ehesten entbehrlich. War mir zu abstrakt halt. ;) Und das Tulpenessen war mir ein bisschen zu bemüht strange. Da gefällt mir die Beschreibung der Wege viel besser, also minus der religiösen Anspielungen. Das ist immer ne Gratwanderung bei solchen Texten, dass die Laune beim Leser nicht plötzlich gegen den Text kippt, weil er einen Tacken zu sehr künstlert und schlaumeiert. Und ich finde der Text hat das gar nicht nötig. Der hat genug Stoff und Stil an seinen Wegen und Nischen. Da muss er nicht noch einen obendraufzwirbeln, um zu wirken.
Ich würd mich eher drauf konzentrieren, die Nischen noch mehr auszureizen, sie nicht nur unter dem Vorzeichen der Enge zu betrachten. An einer Stelle geht es im Nebensatz um das Zuhausefühlen und das "meine Nische" deutet so was heimeliges an. Das könnte man aber echt noch ausbauen, weil ich denke, dass so ein Nischendrang was Urmenschliches ist. Das beruhigt ja auch, seinen Platz zu haben und so ne Enge bedrängt ja nicht nur, sondern ist ja auch sowas wie Gebärmutter und Höhle. Ist jetzt Zufall, aber ich hab in letzter Zeit viele Minireportagen auf youtube gesehen, über Kleinsthäuser und - wohnungen und wie wohl sich der überreizte moderne Mensch in solchen Höhlen fühlt, dass die Reduktion aufs Wesentliche, in einem ansonsten unglaublich komplexen Leben, auch eine Befreiung ist. Son Cocooning halt. Und man könnte den Blick auch mal von außen auf die Nische richten, also dass der Nischenmann sich den Blick des nicht-Nischenmannes auf sich selbst imaginiert, denn das finde ich auch einen ziemlich interessanten Gedanken, wie beruhigend das für die Gesellschaft sein kann, dass die da ganz brav in ihren Nischen hocken. Also einerseits beruhigend, andererseits ein bisschen bedrohlich, weil so ein Nischenhocken auch ein bisschen ein Nischenlauern ist. Kuzum: Im Nischenbild steckt unglaublich viel Potential, was Du m.E. sehr gut, aber eben nicht vollständig ausschöpfst.

Kleinvieh:

Spielen wir: Leute befragen.
Der Doppelpunkt gefällt mir hier nicht, weil das für mich wie ein Rhythmuselement wirkt, eine kleine Pause im Lesen hier aber stören würde. Ich würd den Spielnamen eher kursiv oder in Anführungszeichen setzen. Als Einstieg hat mir das Spiel übrigens ziemlich gut gefallen, auch wenn so eine Leseransprache immer ziemlich exaltiert wird. Hier hat sich das Risiko m.E. ausgezahlt. Auch diese mehfache Interpretationsmöglichkeit der nonsense-Statistik fand ich clever.

Vielleicht kennt noch jemand die Einleitung. Fünfzig Leute ham wir gefragt: "Was frisst dich auf?" Platz eins: Einsamkeit. Platz zwei: Enge. Platz drei: Großstadt.
Ich fänd das viel eindrücklicher, wenn jede Antwort eine eigene Zeile hätte.

-- und sie selbst mit, nicht mehr lang, dann heißt es jeden Tag am Haupfbahnhof umsteigen --
da würd ich reguläre Gedankenstriche setzen

und auf die Legosteine in unserer Handfläche starren.
Hab ich nicht kapiert

Des Regens Fäden wie Gitterstäbe, aber der Wasserfluss auf dem Asphalt verschont unser Fleckchen, verzichtet darauf, die Asche um unser löchriges Schuhwerk zu versumpfen.
Das hier wird ja zum Beispiel wiederholt und ich würd es an der Stelle rausnehmen, weils mit dem Genitiv schon arg getragen daherkommt, bei der zweiten Stelle ergibt es sich viel schöner und organischer.

Der Regen macht es dir reichlich unschmackhaft, jemandem einen Besuch abzustatten.
Der Wechsel zum "Du" steht hier ziemlich isolierst und hat mich irritiert.

sodass wahre Nachbarschaft entstände
ja, "entstände" geht auch, aber ich würde mir einen weiteren Vokalwechsel in der Konjunktionsreihe nie entgehen lassen und immer "entstünde" wählen

Aber wie das mit Nischen ist: Sie sind eher Abfallprodukt unperfekter Architektur. Irgendwo staut sich unerwartet Raum auf und da hat man dann eben plötzlich eine Nische.
Die Beschreibung hat mit total gut gefallen, auch wenn man das mit dem Abfallprodukt mal weiterdenkt.

"Ho, ho, ho", mache ich
echt? Mit Kommas macht er das?

Wenn Züge fahren, ist das Coole, wie sehr sie die Welt um dich herum verändern. Das Rattern geht durch alles durch: Mark und Bein und Metall, Beton. Noch einen Schritt weiter (auf der Veränderungsskala), und die Gravitation kehrt sich um, dreht sich um Kreis, die Brötchen fliegen von den Stehtischen, aus den Bäckereien, häufen sich auf der Straße, wo die Autos stecken bleiben. Nur noch einen Schritt weiter, dann wär es so. So krass ist diese Veränderung der Welt durch ratterfahrende Züge in meiner Nische.
Auch diesen Ausbruch ins Surreale mochte ich. Da liegt ja auch ne Ironie drin, wenn er so völlig unbewegt durch Züge bewegt wird, wenn ein Verkehrsmittel, das andere Leute tatsächlich an andere Orte bringt, ihn imaginär transportiert, indem es den Ort verändert.

Von so warmem braun und so granular.
Braun

Schöner Einstand!

lg,
fiz

P.S.: Irgendwo war mir ein "das" aufgefallen, was "dass" sein muss, aber ich hab's wieder verloren.

 

Okay, vielen Dank für die ausführliche Antwort, feirefiz.

Man will das Allgemeine im Einzelnen treffen und verbleibt dann doch nur im Generischen. Da sitzt dann im schlimmsten Fall ein gesichtslos instrumentalisierter Penner als Mahnmal an die Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft.
Dein Text schafft es demgegenüber tatsächlich, etwas Eigenes zum Thema zu sagen und einen ungewöhnlichen Blick auf dieses Nischendasein zu werfen, aus der Nische heraus halt.
Dankeschön, das ist für mich ein ziemliches Lob. Ich interessiere mich nämlich auch nicht so für Mahnmale.

Ich hatte insgesamt das Gefühl, der Text hätte die optimale Länge, wenn er so 1-2 Absätze kürzer wäre. [...]
Gute Anmerkung, da gebe ich dir wohl Recht. Die Balance zwischen freien Gedanken und "tatsächlicher Handlung" oder wenigstens nachvollziehbarer Textrichtung ist wichtig.

Der Doppelpunkt gefällt mir hier nicht, weil das für mich wie ein Rhythmuselement wirkt, eine kleine Pause im Lesen hier aber stören würde.
Ich lese da sowas von eine Pause.

Mit Kommas macht er das?
Schonn; er macht es gekünstelt.

Grüße

 

Oha, harte Worte. Ich fürchte, es war ein bisschen gewagt von mir, das ganze als "Horror" zu taggen. Der zerfasende Gedankenstrom ist schon so gewollt; aber ich kann verstehen, dass es nicht jedermanns (bzw. deine) Sache ist.

 

Hallo Shpielvogel :)
Ich finde deinen Text toll, lese gerne verworrene Geschichten. Würde dir gerne bessere konstruktivere Kritik geben, aber ich bin ganz neu hier und habe das Gefühl in noch einer ganz anderen Liga zu spielen. Wollte dir trotzdem schreiben das es mich fasziniert hat und ich gern Satz für Satz weiter gelesen habe

lg Saana

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Shpielvogel,

im Großen und Ganzen muss ich mich feirefiz anschließen, womit ich eigentlich nichts Neues mehr beitragen kann. Lediglich in der Interpretation gehe ich in eine etwas andere Richtung. Diese Erwähnung der Asche ließ mich irgendwie zu dem Schluss kommen, dass es sich hier eigentlich um eine Art Geist handelt, der unruhig umherwandelt, vielleicht ohne selbst zu wissen, dass er bereits tot ist. Ein Geist, welcher umherwandelt und schon so lange die negative Veränderung der Welt beobachtet und aus welchen Gründen auch immer einfach nicht gehen kann. Vielleicht hält er sich für einen Obdachlosen, ja ... Demnach wäre der Bahnhof eigentlich der Friedhof und die Nische sein Urnenfach. Dann würde auch der Regen als Gefängnis Sinn machen: Der Regen wäscht die Erde rein, vielleicht auch die Geister fort? Und die Tulpe hätte auch eine gewisse Bedeutung. Einmal, dass diesem Geist alles egal ist - er sie vielleicht ist, weil er das nicht wahr haben will. Ich denke aber viel eher, dass sie ihn mit Wärme füllt, denn die Tulpe steht in der Blumensprache ebenfalls für "Liebe". Vielleicht ist das auch ein Hinweis darauf, warum der Geist nicht fort kann, vielleicht hat er seine Liebe zurückgelassen. Und auch der Feldweg findet seine Bedeutung darin, dass er den Weg in den Himmel zeichnet oder aber die Wiedergeburt.
Aber okay, vielleicht überinterpretiere ich auch etwas und die Pferde sind mit mir durchgegangen. ;)

LG
Lýkospir

 

Danke für die netten Worte, Saana.

Danke für die Interpretation, Lýkospir, sie gefällt mir. Freut mich immer, wenn Texte von mir zu originellen Auslegungen anregen. Von meiner Seite aus gibt es da kein richtig oder falsch; wenn der Text etwas auslöst, dann ist es wahr :>

 

Hallo "Sphielvogel",

Dein Text hatte interessante und gut geschriebene Passagen, daneben hat sich mir aber Dein Thema nicht so ganz erschlossen. Da ist also ein obdachloser Philosoph, der offensichtlich wenig mit den unteren Stufen der Maslow-Pyramide zu schaffen hat (sowas wie Essen, Trinken, ein Dach überm Kopf) - und weiter? Der Alltags-Horror kommt nicht so rüber oder meine Vorstellungskraft reicht nicht aus, um mich in Deinen Protagonisten zu versetzen. Vielleicht passt Deine Geschichte nicht in die Rubrik "Horror", eher "Gesellschaft".

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom