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Sehnsucht
Noch lässt die Dämmerung auf sich warten und die am Himmel stehende, feuerfarbene Sonne taucht die Welt um uns herum in einen unwirklichen, goldenen Glanz.
Seit ein paar Minuten stehen wir nun hier, mein abgöttisch geliebtes Mädchen und ich, am Rand des großen Sees und blicken verträumt in seine schwarze Unendlichkeit.
Insekten schwingen die kleinen Tanzbeinchen zu einem imaginären Takt über die Wasseroberfläche und hin und wieder tauchen die vollen, gefräßigen Lippen eines Fisches aus dem Nass und verschlingen einen der schwerelosen Tänzer mit einem ekstatischen Schmatzen.
Eine laue Windbriese zerzaust unsere Haare und biegt das, noch vom Regen feuchte, Gras unter uns, während Vögel den Tag mit ihren schwermütigen Melodien verabschieden und die Nacht willkommen heißen.
Der Gedanke an ein Lied zaubert mir ein versonnenes Lächeln auf die Lippen: Happy days are here again.
Ich schaue zu Lynn hinüber die von der idyllischen Aussicht ebenso in den Bann gezogen zu sein scheint wie ich.
„Na?“ frage ich und stupse sie leicht an die Schulter. Sie keucht und fällt fast, hastig trete ich einen Schritt näher und halte sie am Arm. „Lass mich los“, faucht sie. Ich verziehe ein bisschen säuerlich die Miene. „Also? Was willst du hier?“ fragt sie dann und ich glaube einen versöhnlicheren Tonfall zu vernehmen.
„Wenn du so drauf bist, will ich es dir gar nicht sagen“, antworte ich und lasse sie zurecht ein wenig zappeln. Mit großen Augen schaut sie unsicher zu mir herauf. Ich will nicht lügen, ich genieße ihren Gesichtsausdruck einen Augenblick, dann aber gebe ich mir einen Ruck.
„Wie gefällt es dir hier?“ frage ich und kenne die Antwort natürlich schon, bevor Lynn sie ausspricht, wir sind nicht umsonst zusammen, ich weiß was sie mag.
Einen Moment lässt Lynn den Blick über den See schweifen, dann atmet sie tief durch.
„Es ist toll hier“, sie überlegt kurz und fügt dann zögernd hinzu „Ich liebe es.“
Ich kann mir ein joviales Grinsen nicht verkneifen. Der Ausflug hier hin war genau die richtige Idee. Wie einfach es ist Mädchen glücklich zu machen, wenn man sie kennt, wenn man ihre kleinen Macken und großen Träume genauso kennt, wie ihr Lieblingsgetränk und ihren Lieblingsslip.
Ich werfe einen letzten sehnsüchtigen Blick auf den See, dann drehe ich mich zu Lynn.
Die untergehende Sonne schmeichelt ihrem Gesicht, das in den letzten Tagen einen etwas müden Eindruck machte und blasser geworden ist. Stress tut ihr nicht gut, ein weiterer Grund weshalb ich sie am Ende eines furchtbaren Tages hier an ihren Lieblingsort entführt habe.
„Komm schon lächle mal für mich“, sage ich. „Ich will doch nur, dass es dir gut geht.“
Und tatsächlich, sie tut mir den Gefallen, ein Lächeln erhellt für den Zeitraum eines Augenaufschlags ihr schmales Gesicht. Es wirkt noch ein wenig sardonisch, aber es reicht um mein Herz mit inbrünstiger Zuneigung zu erfüllen. Plötzlich ist es wie bei unserem ersten Treffen, jenem Tag vor genau sechs Monaten, an dem sie mich erst gar nicht und ich sie sofort bemerkte. Ich spüre ein Kribbeln im Bauch, pures, in den Blutkreislauf geratenes, Glück. Freudestrahlend zwinkere ich ihr zu, dann kann ich nicht mehr an mir halten und umarme sie. Kurz und sehr innig.
Der perfekte Zeitpunkt ist nahe.
Ich trete wieder einen Schritt zurück, unsere Blicke, mein etwas zusammengekniffener und ihr etwas glasiger, aber dennoch strahlender, treffen sich. Was sind wir für ein tolles Paar, denke ich und glaube, dass sie Ähnliches vermutet.
Wenn ich die richtige Situation nicht wieder verpassen möchte um sie die wichtigsten vier Worte meines Lebens zu fragen, darf ich den nächsten Atemzug nicht tatenlos verstreichen lassen. Was war es erbärmlich, als ich sie das letzte Mal fragen wollte und sich meiner Kehle bloß ein vertrocknetes Gestotter entrang, das von Liebst du mich? bis Lass uns gemeinsam deine Katze verspeisen alles hätte bedeuten können.
Ich schlucke einmal geräuschvoll, dann lasse ich mich langsam, wie in Zeitlupe und mit knackenden Gelenken, vor Lynn auf ein Knie sinken.
„Lynn, du bist das Beste was mir in meinem Leben passiert ist“, sage ich und meine Stimme zittert etwas. „Deine Intelligenz, dein Humor, deine Stärke und deine Schönheit haben mich vom ersten Tag an verzaubert“, ich lege eine kurze dramatische Pause ein. Gehe den Satz noch einmal im Kopf durch, befeuchte meine Lippen mit der Zungenspitze. „Lynn Martha Reilly, willst du...“ ein schriller Vogelschrei zerreißt die Stille, die wie ein beschützender Umhang über unserer romantischen Begegnung lag und verschluckt meine letzten Worte restlos.
Von plötzlicher Wut erfasst fahre ich herum, was für ein unbarmherziger Gott lässt so etwas zu, schießt es mir durch den Kopf. Mit weit aufgerissenen Augen suche ich die Umgebung ab, fest entschlossen dem Vogel den Hals umzudrehen würde ich ihn entdecken.
Aber da ist nichts und nach einem resignierendem Seufzer, drehe ich mich wieder zu Lynn um und sehe zu ihr hinauf.
„Was“, fragte sie, ohne das sie es ganz schafft es wie ein Frage klingen zu lassen. Ihre Augen wirken wässrig. Ich glaube sie ist den Tränen nahe.
„Willst du meine Frau werden?“ frage ich ruhig und bin von meiner plötzlichen Unbefangenheit begeistert. Lynn offenbar auch, denn sie verliert von einem Augenblick auf den anderen ihre Fassung. Erschrocken öffnet sie den Mund, vielleicht um etwas zu sagen und schließt ihn dann wieder. Ihr ganzes Antlitz scheint zubeben und eine einzelne Träne rinnt ihr aus dem Augenwinkel und fließt ungehindert an der Wange hinunter. Lynn schluchzt.
Was für ein emotionaler Moment. Ich spüre wie meine Knie langsam zu schmerzen beginnen, richte mich wieder auf, trete an meine zukünftige Gemahlin heran, um ihr die Träne mit einer sanften Bewegung von der Wange zustreichen und ihr einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.
Linkisch und offensichtlich etwas benommen erwidert sie ihn. Ich trete noch etwas näher, bis sich unsere Körper berühren und bette ihr Gesicht in meine Hände. Ihr seidiges Haar, ihre warme Haut, ihr weicher, sinnlicher Mund...der Kuss scheint ewig andauern zu wollen.
Schließlich löst sie sich von meinen Lippen und legt mir ihren Kopf auf die Schulter. Ich umarme sie und für eine endlose Sekunde ist alles vollkommen.
Ich spüre ihre knappen Atemzüge, ihre Haarspitzen kitzeln meine Nase, die Luft riecht berauschend nach Vanille, ihrem Parfüm, und alles ist gut.
Ich weiß auf einmal, dass ich alles auf dieser Welt bewältigen kann, wenn ich Lynn an meiner Seite habe.
„Und?“ frage ich. Sie antwortet nicht gleich, sie schluchzt nun wieder ein bisschen, kein Wunder auch ich bin den Tränen nahe!
„Könntest du...“ beginnt sie dann und ich spüre wie sich ihr Körper zur alles entscheidenden Antwort etwas verkrampft.
„Könntest du vielleicht wenigstens die Fesseln ein wenig lösen? Sie schneiden mir ins Fleisch.“
Für einen Augenblick bin ich einfach nur perplex. Mit offenem Mund stehe ich sprachlos da.
Dann spüre ich wie meine Arme Lynn ohne mein Zutun zu Boden stoßen. Sie fällt weich, aber ihr Knie schlägt auf einen Stein und verdreht sich komisch. Mir ist das gleich, mit meinem schweren Stiefel trete ich ihr in den Bauch.
Was für ein unsentimentales Miststück Lynn doch seien konnte.
Sie schreit, Gott wie ich es hasse wenn sie das tut. Ob Lynn weiß, dass sie mit ihrem ständigen Gejammer unsere Beziehung auf eine harte Probe stellt?
“Du verdammter Hurenbock! Dafür bringen sie dich um! Dafür schmorst du auf dem Stuhl!“
Ich bücke mich zu ihr herunter und ziehe den Knebel wieder zwischen ihre sinnlichen Lippen. Mittlerweile bedauere ich etwas, dass ich ihn ihr überhaupt herausgenommen habe. Ich hasse es wirklich wenn sie so schreit. „Wichser!“ ist das letzte was ich höre, ehe ihre Beschimpfungen wieder in das nuschelnde Reich der letzten Wochen abdriften.
Mein Blick fällt auf ihre Hände, die ich fest mit Isolierband auf ihrem Rücken verschnürt habe, sie sehen wirklich elend aus. Wahrscheinlich sind diese einst so grazilen Hände sowieso nicht mehr zuretten, denke ich, sie sind blau und klumpig angeschwollen. Vielleicht werde ich mir in den kommenden Tagen die Mühe machen und sie amputieren, eine Blutvergiftung wird Lynn in ihrem jetzigen Zustand nicht überleben, soviel ist klar.
Ein bisschen deprimiert lasse ich mich neben ihr ins Gras fallen und missachte die Tatsache, dass meine Hose fast umgehend durchnässt.
Angewidert verziehe ich das Gesicht als ich das gebrochene Bein meiner Freundin längere Zeit begutachte.
Mit einem Ruck ziehe ich es gerade.
Lynn schreit vor Schmerz, trotzdem schaut sie nun besser aus. Irgendwie ästhetischer, finde ich.
Was war sie doch manchmal für ein störrisches Luder.
Überhaupt frage ich mich langsam wie ich so ein Narr hatte seien können? Vier Monate gefesselt und geknebelt hatten ja nicht mal Sophie weichgeklopft. Die vernünftige, seriöse Sophie. Ich grinse als ich an das graue Mäuschen meiner Firma denke und merke prompt wie eine gewaltige Erektion meine Hose auszubeulen beginnt.
Aber bei der war es auch völlig anders, das war nur sexuell könnte man sagen, außerdem war ich unvorsichtig gewesen. Eines Tages als ich etwas später als sonst von der Arbeit wieder nachhause gekommen war, hatte ich sie mit zerschmettertem Kopf auf dem Boden meines kleinen Apartments aufgefunden. Vielleicht ein bedauernswerter Unfall, vielleicht verzweifelter Selbstmord, das war mir egal gewesen. Ich hatte sie nicht so lange beobachtet wie Lynn, bevor ich zuschlug. Ihr sehnsüchtigster Wunsch war ein wenig trivialer gewesen als der Lynns. Sie hatte einfach nur gefickt werden wollen. Sicher, in diesen Wunsch lässt sich eine Menge hineininterpretieren; das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Zuneigung und dieses ganze Geseiere, aber das war, ist und wird niemals mein Job sein.
Ich hatte sie bloß glücklich machen wollen und so wie ich es ihr zweimal am Tag besorgt hatte, glaube ich es ist mir gelungen. Sie ist glücklich von uns gegangen, die liebe Sophie.
Lynn war so klar das Gegenteil von Sophie gewesen, dass ich sie nach Sophies Tod einfach gebraucht hatte.
Nach vier Monaten fühlte ich mich am Ende meiner Kräfte und sah mich nach etwas um, was meine in den letzten Monaten zu kurz gekommenen Bedürfnisse befriedigen konnte.
Bis zu ihrem Verschwinden hatte Lynn neben mir gewohnt, war attraktiv, erfolgreich und brachte jeden Abend einen anderen Mann mit zu sich nachhause.
In manchen Nächten hatten ich und sie geradezu um die Wette gestöhnt, wenn ich mich mit Sophie und sie sich mit irgendeinem Fremden beschäftigte.
Wir waren einfach für einander bestimmt gewesen. Meine Beschattungen ergaben, dass sie sich nach einem starken Mann sehnte, der sie heiratete, mit ihr Kinder bekam und mit ihr alt wurde.
Wie kitschig. Wie ungemein hübsch.
Ich entschloss mich sie mir zu nehmen.
Und nun? Nun liegt sie dort, zu meinen Füssen, schimpft in ihren aufgeweichten Knebel und wünscht mich zum Teufel.
Dabei weiß sie gar nicht wie gut sie es bei mir hat.
Ich werde ihr nicht wehtun, zumindest nicht mehr als nötig, ich werde sie nicht betrügen und niemals alleine lassen, ich werde für sie stark sein, ihr Kinder schenken, insofern sie noch dazu imstande ist welche zu bekommen und ich werde mit ihr alt werden, wenn es der neu ausgelegte Teppichboden erlaubt (Fliesen sind mir einfach zu unsicher geworden, nach Sophies Unfall).
„Wir werden glücklich miteinander sein“, sage ich zur mittlerweile bewusstlos gewordenen Lynn und spreche damit aus, wonach ich mich seit langem sehne.
Dann packe ich sie an den Armen um sie zu mir hochzuziehen und zu schultern.
„Wenn noch nicht heute, dann vielleicht in noch mal vier Monaten, oder in einem Jahr.“
Dann werde ich wieder hier hin zurückkommen und sie noch einmal fragen.
Vielleicht sind wir beide dann bereit zu einer Ehe.
Der Knebel wird dann auf jeden Fall drinnen bleiben.