Was ist neu

Schwarze Madonna

Mitglied
Beitritt
03.03.2011
Beiträge
3

Schwarze Madonna

,Wir haben einen Maulwurf im Garten. Hol‘ den Spaten und erschlag‘ das Vieh, bevor der ganze Rasen draufgeht‘. Sie beherrscht ihre Stimme in allen Tonlagen, besonders in den fordernden. Blümel murmelt ein undeutliches Naja, blickt seine junge Frau an, nickt, steht vom Küchentisch auf und schlurft nach draußen, um im Schuppen nach dem Spaten zu suchen. Was auch immer zu tun ist, was auch immer von ihm verlangt wird, was auch immer von ihm gefordert wird – Blümel tut und macht, stillt Verlangen, kommt Forderungen nach. In den wenigen Stunden, die er für sich beanspruchen kann, sitzt er vom Frühjahr bis zum Herbst vor dem Geräteschuppen, trinkt sein Bier und sieht den Wolken zu, wie sie langsam ihre Formation verändern, wie aus gewaltigen weißen Luftschiffen kugelige Drachen werden, die sich unmerklich im scheinbar endlosen Blau des Himmels auflösen. Das Auflösen, das nicht mehr existieren, gefällt Blümel dabei am besten. Schwupps und weg. Die Auflösung als Nebenprodukt des Daseins. So ging’s ihm auch mit den zurückliegenden Berufsjahren. Die Rente hat sich für Blümel als wenig segensreich entpuppt. Von der Frau wird er quer durch Haus und Garten dirigiert, zu den Nachbarn hat man den Kontakt abgebrochen und im Wirtshaus entstehen immer wieder nebulose kleine Geschichten über Blümels Frau, die, ausführlich am Stammtisch kommentiert, anschließend im ganzen Dorf die Runde machen. Blümel versucht diese Geschichten, die ihm von besoffenen Briefträgern und redseligen Zeitungsjungen zugetragen werden, zu verdrängen, will Ruhe haben vor dem Gerede und wartet letztendlich auf etwas, das er sich selbst nicht erklären kann. Vielleicht darauf, dass irgendwas den Geist aufgibt, oder in der nächsten Zeit etwas passiert, für das es sich lohnt, weiter in dieser Weise aufs Sterben zu warten.
Als er den Schuppen aufsperrt, den Spaten herausholt, die lehmbraunen Erdhügel auf der Rasenoberfläche betrachtet und dann seinen Blick in Richtung der Berghänge schweifen lässt, ist es ihm, als ob sein Warten exakt an diesem Vormittag ein mögliches Ende haben könnte . Blauer Himmel, eine Luft, die zum Anbeißen nach Frühling riecht, ein Maulwurf, der sich durch den Untergrund schaufelt und der ihm grundsätzlich egal ist und seine Frau, die hinter einem der Fenster steht und Blümel wahrscheinlich wie immer mit grundsätzlichem Ekel beobachtet. Seine Bühne, seine Kulisse, er ein automatisierter Komparse in ihrem Spiel. In Anbetracht der Tatsache, dass er jetzt auch momentan nicht weiß, wie er den Maulwurf erwischen könnte, wie der Tag enden würde und auf welche Art und Weise die Geschichten über seine Frau der Wahrheit entsprechen, lehnt er den Spaten gegen die Schuppenwand und holt sich schnaufend eine Flasche Bier aus einer der Kisten, die sich im kühlen, unterkellerten Teil des Schuppens stapeln. Keine Flugzeuge am Himmel, keine Traktoren mit rumpelnden Anhängern, kein Gekreische von Motorsägen aus dem nahen Wald. Die Stille fast absolut, fast heilig, die Flasche fast leer. Mit geschlossenen Augen sitzt Blümel da und denkt nach.
Wie viele solcher Jahre würden noch folgen? Wie viele Geschichten würden noch erzählt werden, würde er sich noch anhören müssen? Wie viel von all dem verträgt ein Mensch wie Blümel? Bierbauch, Tränensäcke, Halbglatze und Füße, die bei jedem Wetter in schwarzen, verschrammten Gummistiefeln stecken. Alte Fotoalben stapeln sich haufenweise hinter verschlossenen Schranktüren, die Bilder verblichen, abgegriffen, eingerissen. Die Mutter, seine Brüder, der Vater im Sonntagsanzug, Blümel als Knabe, die selbstgebastelte Steinschleuder in den Händen haltend. Hinter den Fotoalben liegen die Hochglanzmagazine griffbereit, stumpf die Farben schon. Melissa, Marylin, Lydia, ihre Ärsche, Titten, Beine, kaum mehr erkennbar, seitenweise zusammengeklebt . All die Dinge, die Blümels Geschichte erzählen. Es ist eine einfache, unspektakuläre Geschichte bis zu dem Zeitpunkt, als er diese junge Frau trifft. Eine Bar in der entfernten Stadt, Straßen voller Regen und Kastanien, die im Sog kalter Windböen auf Autodächer trommeln. Ein leerer Barhocker neben dem seinen, zu viel Geld zu locker in der Jackentasche, zu lange ohne Frau. Noch nie eine Frau. Er danach zu besoffen, zu glücklich, alles zu weit gediehen. Kein Zurück für Blümel. Ein Haus schon da, die Geschäfte am Laufen, das ganze Dorf steht als Spalier vorm Kirchenportal, jeder ein Kiebitz. Ein Fest der Schadenfreude. Der Blümel hat eine gefunden! Und was für eine noch dazu! Eine Nacht, zwei, drei Nächte alles machbar, alles wird durchgespielt. Alles scheint möglich, scheint die große Liebe zu sein. Dann erste Zurückweisungen, erste Beschimpfungen, viele Demütigungen danach. Blümel beobachtet die Wolken am Himmel, liebt weiter, versucht seine Fehler zu finden, kauft Blumen, schenkt Ringe, bettelt um jede weitere Nacht mit ihr. Irgendwann tauchen erste Gerüchte auf, stellt Blümel das Klappbett im Geräteschuppen auf und bunkert kistenweise Bier im Keller. Dann ziehen die ersten kugeligen Drachen über den Himmel und je länger Blümel hinsieht, umso wirklicher kommen sie ihm vor.
Der Vormittag gedeiht. Blümel öffnet eine zweite Flasche Bier, setzt sie an die Lippen und säuft sie in zwei drei großen Zügen aus. Es ist wärmer geworden im Garten. Bei den Maulwurfshügeln tut sich nichts. Armes blindes Vieh, leck‘ mich am Arsch, denkt Blümel. Dann greift er sich den Spaten und stapft schwitzend über die Maulwurfshügel zum Haus. Im Flur liegen ihre schwarzen Sandaletten von gestern Abend, ihr kurzer Mantel, flüchtig über einen Garderobehaken geworfen. Blümel zieht eine Spur lehmbrauner Erdkrümel bis zur Küche. Dort steht die junge Frau, ein volles Glas Rotwein in der Hand, das Gesicht schmal vor Hass, als Blümel im Türrahmen auftaucht. Ich muss dann los, sagt sie, Termine in der Stadt. Es wird später werden. Sie nippt am Glas, ihre Stimme ist leise, blanker Hohn liegt darin. Ihr Blick fixiert ihn, stellt den Bauer in ihm bloß. Naja, sagt Blümel und dehnt dabei jede Silbe so gut er kann, so spät wird es nicht werden. Dann rammt er ihr ansatzlos den Spatenstiel in den Unterleib. Sie kippt grunzend vornüber, das Rotweinglas zerschellt klirrend am Fliesenboden. Sie versucht röchelnd und nach Luft ringend hochzukommen, schafft es bis zur Kante der Abdeckplatte. Alles geht sehr schnell. Kein Schrei, kein Laut, gar nichts. Die Klinge des Spatens gräbt sich mit hässlichem Knirschen in ihre Schädeldecke, graue feste Hirnmasse tritt aus. Dann trennt ein von Blümel blitzartig und wuchtig geführter Hieb den Kopf vom Körper seiner Frau. Der Küchenboden, die Anrichte, alles ist versaut. Naja, denkt Blümel. Er stellt den Spaten mit der Klinge voran ins Abwaschbecken, dreht den Wasserhahn auf, entfernt das Blut, Hirnreste, Knochenstücke, wäscht sich die Hände, die behaarten Arme und entfernt die paar blutigen Knochensplitter, die sich in seinem blauen Overall verfangen haben. Er wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht und versucht, nicht auf die Glasscherben am Boden zu treten. Die Küchenuhr tickt.
Blümel verlässt das Haus. Über dem Wald zieht ein Mäusebussard stille Kreise. Blümel stellt den Spaten im Geräteschuppen an seinen Platz zurück, trägt das Klappbett in den Keller und holt sich bei dieser Gelegenheit noch drei Flaschen Bier mit nach oben. Blümel ordnet seine Welt. Er stellt den alten CD-Player im Schuppen an, legt eine Scheibe von Bata Ilic ins Deck, drückt auf die Play- Taste, öffnet die erste Flasche, setzt sich ins Gras und lehnt seinen Rücken an den Stamm des Nussbaumes. Die Nacht lag im Schimmer des goldenen Mondes, am Fluss, da brannten die Laternen, summt Blümel mit. Der Mittagshimmel spannt ein makelloses Blau über das Land, über seine Berge und Wälder und über jene, die Termine gehabt hätten. Bei den Maulwurfshügeln tut sich was. Die schwarze Schnauze des Tieres taucht zwischen den Grasbüscheln auf, schiebt angestrengt lehmbraune Erdklumpen nach oben. Es ist nie zu spät, das Glück kommt und geht, schwarze Madonna, summt Blümel und nuckelt an der Bierflasche. Keine Drachen mehr am Himmel.

 

Hallo stonecoldiowa

Richtig spannend, was du da über Blümel einbringst.

Es ist eine einfache, unspektakuläre Geschichte bis zu dem Zeitpunkt, als er diese junge Frau trifft. Eine Bar in der entfernten Stadt, Straßen voller Regen und Kastanien, die im Sog kalter Windböen auf Autodächer trommeln. Ein leerer Barhocker neben dem seinen, zu viel Geld zu locker in der Jackentasche, zu lange ohne Frau. Noch nie eine Frau. Er danach zu besoffen, zu glücklich, alles zu weit gediehen. Kein Zurück für Blümel.

Allerdings stakkatoartig, Details seines Lebens aufreihend. Es schien mir, ich höre eine biografische Schilderung über Blümel, jedoch mein Hörgerät hat Aussetzer, sodass ich nur Wortfetzen verstehe.

Deine Sprache scheint mir angenehm und die Wortwahl passend. Detailschilderungen heben sich sympathisch hervor. Blümels Alter spiegelt sich schön darin, wie er eine alte Schallplatte von Bata Ilic, dem jugoslawischen Sänger, auflegt. Mir gab es Erinnerung an meine Aufenthalte Mitte der sechziger Jahre bei einer Freundin in Zagreb, dort war er ein Star. Doch die Geschichte war abrupt.

Der Einstieg ist lang, was mir nicht tragisch scheint, aber es massieren sich die Informationen, lässt es sich mir nicht als Geschichte daherfliessen, sondern als eine zeitraffende Aktennotiz. Weniger wäre hier mehr, was die Dichte der Informationen betrifft. Dafür ein Ausbau der Entwicklungen, der Gedanken und Gefühle der beiden, die sich an diesem Tag eskalieren, nicht den Maulwurf treffen, sondern seinen Gegenpart. Der Stoff liesse sich wunderbar als Erzählung fassen, die zuspitzende Situation sich fliessend darlegen, dann schiene es mir als Kurzgeschichte gelungen.

Der Titel zwei Worte aus einem Lied, das Blümel am Schluss summt. Hätte er seine Frau zärtlich auch schwarze Madonna genannt, in den ersten Tagen als er noch auch Wolke sieben schwebte, hätte der Titel einen tieferen Sinn.

Dennoch habe ich es gern gelesen, es machte mich neugierig mehr zu erfahren, nachdem ich nun begonnen hatte. Noch schöner fände ich es, sie als sprachlich melodische Kurzgeschichte nochmals zu lesen. Vielleicht magst du ja noch daran arbeiten, sie dieser Vollendung zuführen?

Gruss

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Iwo, lieber Kaltstein,

,Wir haben einen Maulwurf im Garten. Hol‘ den Spaten und erschlag‘ das Vieh, bevor der ganze Rasen draufgeht‘.

Der Einstieg ist schon mal klasse, ich mag die kleinen Geschichten und kenne diese Maulwurf-Hatz noch aus meiner Kindheit. Weniger schön finde ich die Funk-und-Fernsehansprache „bevor der ganze Rasen draufgeht“. Das ist so typisch Actionkracher, „bringen Sie die Leute hier raus, Sergeant, oder wollen Sie, dass wir alle draufgehen?“

das nicht mehr existieren

Harte Nuss, aber irgendwas davon muss groß geschrieben werden. Glaub ich. Kann man das nicht einfach zum Hauptwort zusammenschmelzen? Das Nichtmehrexistieren? Oder mit Bindestrich? Selbst nicht ganz sicher …


haben könnte .

zusammengeklebt .

Dann erste Zurückweisungen, erste Beschimpfungen, viele Demütigungen danach.

Zeigen und Erzählen stehen in keinem ausgeglichenen Verhältnis zueinander. Beschreibe doch lieber die Situation, in der die erste Beleidigung fiel. Danach kannst du quasi sagen „usw.“, aber bis jetzt heult mir da ein Pantoffelopfer die Ohren voll. Aus dem ersten, guten Einstiegssatz geht das auch nicht hervor, sie redet lediglich im Imperativ mit ihm. Klar, nicht nett, passiert aber in Stresssituationen schon mal. Was macht die Frau des Prots so biestig? Ist sie das überhaupt, oder übertreibt er und ist einfach ein Weichei? Gib ein paar Beispiele.


Ich muss dann los, sagt sie, Termine in der Stadt. Es wird später werden. Sie nippt am Glas, ihre Stimme ist leise, blanker Hohn liegt darin. Ihr Blick fixiert ihn, stellt den Bauer in ihm bloß.

Ja genau, mehr davon. Wobei sich in Blicke und Worte wieder jede Menge hineininterpretieren lässt, das eine bereits bestehende Meinung („Sie hasst mich“) bestätigt.


Dann rammt er ihr ansatzlos den Spatenstiel in den Unterleib

JAAA! Wie geil ist das denn?


drückt auf die Play- Taste

Der Schocker gelingt, wäre aber unfair zu loben, denn der gelingt ja deshalb, weil die Geschichte in Alltag steht. Okay, es ist kein Krimi und Horror mag auch nicht recht passen, aber Alltag? Jemanden mit dem Spaten erschlagen? Weiß nicht, wohnst du in Hessen? Und wenn ihr euch jetzt gespoilert fühlt, weil ihr zuerst die Kritiken gelesen habt: Selbst schuld.

Da die Tat so extrem ist, solltest du auch mehr Beispiele für die Verderbtheit der Frau geben, um die Gewalt nachvollziehbar zu machen. Sonst hast du einen Montresor, macht sich selbst zum grausamen Racheengel und lässt den Leser im Unklaren darüber, ob das Opfer es verdient hat, lässt aber vermuten, dass er der Unsympath ist: Was kann schon gewesen sein, um DAS zu rechtfertigen?

Die Frage, mit der die Geschichte mich zurücklässt. Insgesamt aber trotzdem ein Lesevergnügen.

Grüße
JC

… und Herzlich Willkommen übrigens ...

 

Hi stonecoldiowa

Dein Debüt hat mir gut gefallen, insbesondere die erste Hälfte. Da gelingt es dir meiner Meinung nach sehr gut, die Atmosphäre / die Stimmung treffend zu beschreiben:

In den wenigen Stunden, die er für sich beanspruchen kann, sitzt er vom Frühjahr bis zum Herbst vor dem Geräteschuppen, trinkt sein Bier und sieht den Wolken zu, wie sie langsam ihre Formation verändern, wie aus gewaltigen weißen Luftschiffen kugelige Drachen werden, die sich unmerklich im scheinbar endlosen Blau des Himmels auflösen. Das Auflösen, das nicht mehr existieren, gefällt Blümel dabei am besten. Schwupps und weg. Die Auflösung als Nebenprodukt des Daseins.

Einzig der letzte Satz passt nicht so gut rein, der wirkt übertrieben, da du das Auflösen schon zuvor beschreibst. Ich würde übrigens "das Nicht-mehr-existieren" schreiben. Sonst aber ein schöner Absatz.

Ich nehm dir anhand deiner Beschreibungen die Figur des Blümels ab, die Innensicht erscheint mir stimmig. Seine lethargische Deprimiertheit kommt rüber, und dann wird auch der Gewaltexzess am Ende schlüssig.

Ich würde allerdings die Gerüchte über das Fremdgehen der Frau im ersten Teil weglassen. Das kommt im zweiten Teil nochmal, und dort wirkt es passender, weil der zweite Teil für die Frau reserviert ist, im ersten Teil gehts ja eher um Blümel.

Auch das gefällt mir gut:

Keine Flugzeuge am Himmel, keine Traktoren mit rumpelnden Anhängern, kein Gekreische von Motorsägen aus dem nahen Wald.

Dadurch, dass du nicht einfach nur schreibst: Es war still, wird eine schöne Stimmung erzeugt. Und hier ahnt man schon: Es ist die Stille vor dem Sturm, die Stille vor dem großen Knall.

Der zweite Teil, in dem die Geschichte der Frau erzählt wird, fällt dann leicht ab. Das wirkt mir zu runtergerattert, und ich glaube, für die Geschichte brauchts das gar nicht in dieser Ausführlichkeit. Dass es seine erste Frau ist, wo sie sich kennengelernt haben, der kurze Einschub der Hochzeit - ist eigentlich unnötig. Ich würde die Geschichte auf Blümel fokussiert lassen, auf seine Empfindungen gegenüber seiner Frau - woher die kommen, ob sie "objektiv" berechtigt sind, ist doch eigentlich egal.

Mir als Horror-Fan gefällt der Schluss natürlich :) auch wenn ich bezweifle, dass man mit einem herkömmlichen Spaten einen Menschen köpfen kann. Das ist ein wenig übertrieben, würde ich evtl. rausnehmen.

Am Ende hast du dann - um den Bogen zum Anfang zu spannen - wieder sehr schön die Stimmung eingefangen: Der kreisende Bussard, die Musik, der Maulwurf - das wirkt alles wieder sehr idyllisch, wie schon zu Beginn, als hätte es das Verbrechen dazwischen nie gegeben.

Also eine insgesamt schöne Geschichte, die ich gern gelesen hab, nur, wie gesagt, die Beschreibungen im zweiten Teil, über die Frau, da würde ich etwas kürzen.

Einige Details noch:

im Wirtshaus entstehen immer wieder nebulose

nebulöse

Blauer Himmel, eine Luft, die zum Anbeißen nach Frühling riecht,

zum Anbeißen würde ich rausnehmen, klingt komsich in dem Zusammenhang.

In Anbetracht der Tatsache, dass er jetzt auch momentan nicht weiß,

Dopplung: jetzt und momentan. Eins von beiden sollte raus.

Die Stille fast absolut, fast heilig, die Flasche fast leer.

Hier übertreibst du ein wenig mit den fasts. Vielleicht Die Stille absolut, fast heilig, die Flasche leer.?

Wie viele solcher Jahre würden noch folgen? Wie viele Geschichten würden noch erzählt werden, würde er sich noch anhören müssen?

Auch hier zu viele würdes. Kann man auch ohne formulieren.

Eine Bar in der entfernten Stadt,

Klingt, als gebe es nur eine. "... in einer entfernten Stadt" anonymisiert sie noch mehr.

Dann erste Zurückweisungen, erste Beschimpfungen, viele Demütigungen danach.

Dann - danach klingt nicht schön. Das danach würde ich streichen.

setzt sie an die Lippen und säuft sie in zwei drei großen Zügen aus

zwei, drei

Es wird später werden.

Eher würde sie sagen: Es wird später.

Sie versucht röchelnd und nach Luft ringend hochzukommen,

röchelnd und nach Luft ringend ist für mich dasselbe.

Viele Grüße.

 

Noch nicht hineingezogen

Hallo Stonecolddiowa,

mein Gefühl beim lesen, war, dass mich die Geschichte noch nicht emotional an den Punkt gebracht hat, an dem ich Blümel für seine Handlung verstehn konnte. Schien mir nicht aussichtslos zu ein seine Situation. Vielleicht wäre es hilfreich gewesen noch zu erläutern, warum es für ihn keinen anderen Ausweg gab.

Am Anfang hast Du gleich mit einer Rückblende angefangen, die es mir schwer gemacht hat in die Geschichte reinzukommen, da bis zu diesem Zeitpunkt noch keine richtige Spannung aufgebaut war.

Viele Grüße,
Staaken

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo stonecoldiowa,

obwohl in Deiner Geschichte einige Fragen offen bleiben, habe ich sie gerne gelesen. Interessant und spannend geschrieben ist sie auf jeden Fall.
Bis zu der Stelle, als ich über die schockierende Brutalität und Gleichgültigkeit
Deines Prot. gestolpert bin.

Dann trennt ein von Blümel blitzartig und wuchtig geführter Hieb den Kopf vom Körper seiner Frau. Der Küchenboden, die Anrichte, alles ist versaut. Naja, denkt Blümel.

Nur ein "Naja" in diesem Moment zu denken, erschien mir besonders übel, eiskalt und abgebrüht. Es passt auch irgendwie gar nicht in das Erscheinungsbild von dem - bis dahin eher unterwürfig - geschilderten Charakter von Blümel. Man möchte mehr über die Hintergründe erfahren, wie es überhaupt zu der grausamen Tat kommen-, die Situation so eskalieren konnte. Warum musste Blümel plötzlich um ihre Liebe betteln, was hatte sich denn verändert und wie hat das alles angefangen? Woher kam ihre Ablehnung, der grundsätzliche Ekel, den sie plötzlich ihm gegenüber
verspürte?

Blauer Himmel, eine Luft, die zum Anbeißen nach Frühling riecht, ein Maulwurf, der sich durch den Untergrund schaufelt und der ihm grundsätzlich egal ist und seine Frau, die hinter einem der Fenster steht und Blümel wahrscheinlich wie immer mit grundsätzlichem Ekel beobachtet.

Man erhält keine Informationen, wie bzw. wodurch so viel Hass aufgebaut wurde, dass Blümel zu einer solchen Tat fähig war. Nur der Hinweis auf ein paar Gerüchte, (was war denn wirklich dran?) halte ich da nicht für ausreichend.

Blümel versucht diese Geschichten, die ihm von besoffenen Briefträgern und redseligen Zeitungsjungen zugetragen werden, zu verdrängen, will Ruhe haben vor dem Gerede

Seltsam anmutend auch ganz am Schluss die Szene ... die scheinbar so friedliche Welt. Als gäbe es die zerstückelte Leiche seiner jungen Frau in der Küche gar nicht, nuckelt Blümel teilnahmslos an seinem Bier und summt zu einem Lied: Es ist nie zu spät, das Glück kommt und geht, schwarze Madonna ... oder sollte es nur die Überschrift begründen?
Ich weiß nicht, aber für mich gehört diese Geschichte nicht unter die Rubrik Alltag.


Liebe Grüße

Darkeyes

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom