Schwarz
Schwarz
Ich renne.
Ich renne, wie ich noch nie gerannt bin.
Ich kann sie hören! Hinter mir.
Ich höre ihre Rufe,
verstehe nicht was sie schreien.
Ich höre ihre Schritte,
höre sie näher kommen.
Ich renne.
Ich habe Angst!
Ich spüre kalten Schweiß, wie er über mein Gesicht läuft,
wie er meinen ganzen Körper bedeckt.
Ich renne.
Ich weiß nicht mehr wie lange ich schon renne.
Es müssen Jahre sein.
Ich spüre meine Beine nicht mehr.
Unaufhaltsam tragen sie mich vorwärts.
Tragen mich durch die dunkle Straße.
Kaputte Laternen, parkende Autos und Stille.
Kein Mensch ist auf der Straße, in keinem der Fenster brennt Licht.
Niemand sieht mich.
Niemand wird mir helfen.
Die Straße ist leer. Nur ich und meine Verfolger.
Die Scherben kaputter Flaschen bedecken den Weg vor mir.
Nichts ist mehr wichtig. Es zählen nur noch die Verfolger und die
Straße vor mir.
In meinem Kopf herrscht Leere.
Und trotzdem rasen meine Gedanken. Ich sehe nur noch Dunkelheit.
Die Finsternis legt sich über mich wie ein schwarzes Tuch.
Sie droht mich zu erdrücken.
Ich gerate ins Wanken, verliere das Gleichgewicht.
Ich falle.
Die Scherben zerschneiden mich.
Ich stehe auf, falle erneut.
Niemand ist da, der mir hilft.
Keiner, der mich hält.
Schnitte bedecken meinen Körper, werden zu hellen Narben
auf meiner Haut.
Es ist niemand da, der sie sieht, niemand, den es interessiert.
Ich laufe weiter.
Die Schwärze um mich herum betäubt mich.
Ich will weg von dieser dunklen Straße, möchte mich verstecken,
möchte zurück.
Es gibt kein Zurück mehr. Es gibt keinen anderen Weg.
Ich erinnere mich. Erinnere mich an andere Straßen, an Wege, die
mich wo anders hingeführt hätten.
Doch zu dem Zeitpunkt, an dem es noch andere Wege gab, waren
meine Verfolger noch weit entfernt. Waren nur zu erahnen.
Ich war davon überzeugt, dass ich ihnen entkommen könnte,
dass ich schneller sei als sie.
Jetzt ist es zu Spät.
Es gibt nur noch die eine dunkle Straße, schwarze Wände zu beiden Seiten.
Es gibt kein Zurück mehr.
Die Verfolger sind mir dicht auf den Fersen.
Ich renne.
Ich falle, habe kaum noch die Kraft, aufzustehen.
Die Dunkelheit erdrückt mich. Schnürt mir die Luft ab. Macht mich
blind und taub für alles Andere.
Nur noch Schwärze.
Ich schreie!
Es ist niemand da, der es hört.
Ich renne.
Ich renne immer weiter, weiß schon lange nicht mehr wohin.
Ich will nur entkommen.
Die Angst ist zu groß.
Ich zittere am ganzen Körper.
Ich renne.
Ich kann nicht mehr klar denken. Ich weiß nicht, wohin ich laufe,
weiß nicht mehr, warum ich laufe. Ich habe kein Ziel mehr.
Ich bleibe stehen.
Die Straße ist zu Ende.
Ich stehe vor einer Wand.
Schwarz.
Es gibt keinen Weg mehr.
Ich höre die Schritte meiner Verfolger. Ich kann sie spüren.
Gleich sind sie da. Gleich haben sie mich eingeholt. Gleich ist es vorbei.
Ich bin ganz ruhig.
Ich habe keine Angst mehr.
Ich weiß, was ich tun muss.
Ich atme tief ein. Spüre, wie sich meine Lunge mit Luft füllt.
Ich öffne das Fenster, steige auf den Sims, schließe meine Augen und springe.
Unten stehen meine Verfolger und lachen.
Sie haben gewonnen.
Ich konnte ihnen nicht entkommen.
Ich falle.
Schwarz.