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Schwarz und Weiß

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09.12.2015
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Schwarz und Weiß

Früher konnte ich Schreibstile nicht besonders gut unterscheiden. Heute kann ich es anhand von wenigen Sätzen. Früher konnte ich die Anwesenheit der meisten Menschen genießen – heute ertrage ich sie kaum noch. Früher war alles anders. Doch daran störe ich mich nicht; es ist wie es ist.
Ich laufe durch die Straßen und schaue auf alles in schwarz und weiß. Alles was ich sehe, erscheint wie eine Szene in einem Schwarz-Weiß-Film. Doch es tauchen keine Männer in Anzügen, mit Hüten und Knarren auf, wie in alten Edgar-Wallace-Filmen. Nichts Außergewöhnliches passiert.
Ich steige die Treppen hinauf – meine Treppen.
Tapp. Tapp. Tapp.
Mir zittert die Hand. Nur der Whiskey stellt sie ruhig. Mir blutet das Herz. Nur meine Bücher heilen es.
Mit dem Glas Whiskey in der Hand stolpere ich in meine Bibliothek, nehme das erstbeste Buch und lasse mich in meinen Sessel fallen. Ich klappe die Seiten auf, lese ein paar Zeilen und nippe an ihnen wie an einem Getränk.
Doch etwas ist anders, nicht wie früher, lässt mich verzweifeln, macht mich verrückt.
Wut überkommt mich. Ich zerreiße die Seiten, schreie wie ein wildes Biest, schlage wild um mich, werfe es in die Ecke. Ich bin wahnsinnig geworden und der Wahnsinn steht mir gut!
Das bereits leere Glas werfe ich an die Wand. Ich brauche mehr Bücher aus den Regalen! Eins nach dem andern nehme ich mir, doch keines kann mich zufriedenstellen.
Wie ein Drogensüchtiger bin ich auf der Suche nach dem ersten, großartigen Rausch. Ich brauche Zeilen, die mich an eine Zeit erinnern, in der die Welt noch bunt war, so wie früher.

Ich eile hinaus, muss zu einer Buchhandlung. Es ist Nacht, doch wen stört das schon?
Die Tür der Buchhandlung ist zu. Ach was, ich schlage die Scheibe ein!
Es geht mir besser. Ein Kinderbuch erfreut mich, macht mich wieder zum Kind. Hockend sitze ich da und bin glücklich.
Astrid Lindgren schaut auf mich herab, zu meinem erhobenen Kopf mit dem begeisterten Gesicht. Sie streichelt mir das Haar, beugt sich zu mir hinunter, nimmt mich in den Arm und sagt mir, dass alles gut werden wird. Ich glaube ihr.
Meine Aufmerksamkeit zerstreut sich. Ich entdecke etwas auf dem Fußboden. Oh, Ein interessanter Staubfusel! Ich krabble hin.
Schiller und Goethe krabbeln neben mir. Goethe streckt mir die Zunge raus und Schiller zeigt mir ´nen Vogel. Ich drücke ihnen gegenüber meine Bewunderung aus. Sie sagen, es sei nicht der Rede wert.
Weiter oben im Bücherregal blinzeln mich zwei Bücher in schwarz und weiß an.
Ich quengle, komm da nicht ran, bin doch wieder ein Kind!
Gereizt stoße ich mit voller Kraft mit dem Kopf an den Schrank. Die Bücher fallen runter, mir vor die Füße.
Kant und Nietzsche betreten den Raum. Sie sind edel gekleidet und wirken wie zu erwarten weltmännisch. Schnell schließen wir Freundschaft – bin kein Kind mehr. Wir sitzen im Kreis im Schneidersitz und rauchen Pfeife. Ich stelle Immanuel und Friedrich – wir duzen uns – alle wichtigen Fragen, die ich schon immer mal wissen wollte. Ja, die die ganze Menschheit wissen will. Plötzlich schüttelt Nietzsche den Kopf und Kant schaut verschämt zur Seite.
Ich höre Geräusche. Schritte auf der Straße. Die Tür der Buchhandlung blitzt mich an.
Die Männer in schwarz und weiß mit den Anzügen, Hüten und Knarren kommen.
Früher … Früher kämen sie, um mich zu holen.
Heute kommen sie, um mich zu erlösen.

 

Hola Chico!

Mein Hola und Dein Nick sind zusammen einfach perfekt.
Deinen Text habe ich überflogen, na ja, bisschen wirr, lassen wir’s gut sein. Doch irgendwo bin ich hängengeblieben – ach ja, hier:

... und der Wahnsinn steht mir gut!
Da war ich am Haken. Prima! Dein Text hat mir Freude gemacht. Du wagst etwas und so etwas gefällt mir sehr. Freilich könnte man hier und dort einen Einwand vorbringen, doch ich glaube, Deinen Prot zu verstehen. Unsere Welt wird entzaubert und damit kommt er nicht klar. Alles wird zu sachlich. Gut nachvollziehbar, selbst wenn man weiß, dass auch die ‚neue Zeit’ ihren Zauber hat / haben kann.

Nur wenige Kleinigkeiten fielen mir auf:

Buchzimmer
Hab ich noch nie gehört. Bibliothek, Lesezimmer – nicht gut?

Schnell werfe ich das bereits leere Glas an die Wand.
Wieso schnell? Er wirft es einfach ...

Astrid Lindgren schaut auf mich herab, zu meinem erhobenen Kopf mit den leuchtenden Augen. Sie streichelt mir das Haar, beugt sich zu mir hinunter, nimmt mich in den Arm und sagt mir, dass alles gut werden wird. Ich glaube ihr.

Wunderschön – obwohl, ist er sich sicher, dass seine Augen leuchten?
Und auch das:

Goethe streckt mir die Zunge raus und Schiller zeigt mir ´nen Vogel. Beiden gegenüber drücke ich meine Bewunderung aus. Sie sagen, es sei nicht der Rede wert.
Richtig gut – außer ‚beiden gegenüber’.

Hier finde ich den fetten Satz entbehrlich:

Ich höre Geräusche. Schritte auf der Straße. Die Tür der Kinderbuchhandlung blitzt mich an.
Die Männer in schwarz und weiß mit den Anzügen, Hüten und Knarren kommen.

... muss zu einer Kinderbuchhandlung
Schiller und Goethe krabbeln neben mir.

Anspruchsvolle Lektüre für die Hosenscheißer.

Voilà – ich habe Deine Geschichte auch ein zweites Mal gelesen, da hat sie mir noch besser gefallen. Man muss Zeit haben und sich darauf einlassen. Der Nachmittag war nicht vergeudet, ganz im Gegenteil. Ich meine auch zu spüren, dass Du den Text mit viel Akribie bearbeitet hast, soviel Aktion in so wenigen Zeilen verrät das schon.

Klasse Geschichte, Chico! Wenn Du so weiter machst, werden wir Dich eines Tages „El Grande“ nennen!

Und hol noch zwei Kommas aus der Schublade:
Früher … Früher kämen sie K um mich zu holen.
Heute kommen sie K um mich zu erlösen.

Prächtige Weihnachten!
José

 
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Hallo Josefelipe,

ich habe eigentlich nichts mit Spanien am Hut, also auch keine spanischen Wurzeln. Hatte nur ein paar Jahre Spanisch in der Schule ;)
Danke für dein Lob. Deine Kritikpunkte kann ich alle nachvollziehen.
Naja, das ist mein bester Text, glaube ich, von denen die in meinem Laptop herumgeistern. Deshalb dauert es bis El Grande wohl noch etwas. Die Geschichte kam einfach über mich, und das sind glaube ich die besten, da sie aus einem Gefühl heraus kommen.

Viele Grüße :)

Chico


Und natürlich auch frohe Weihnachten! ;)

 
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So Felipe,
habe deine Änderungen aufgenommen. Nur von dem Satz "Die Tür der Buchhandlung blitzt mich an." konnte ich mich nicht trennen :( Aus den strahlenden Augen habe ich ein überglückliches Gesicht gemacht. Hoffe das ist besser. Das andere habe ich auch aufgenommen.
Danke nochmal für die Tipps!

Gruß Chico

Glücklich seht im Satz davor – "begeisterten Gesicht" -.-

 

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