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Schwärze

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03.08.2012
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Schwärze

Es war Abend geworden. Es hing noch etwas Sonne am Himmel, viel war es nicht mehr. Nachdem sie die Ketten der Arbeit endlich
abgeworfen hat, ging sie nicht nach Hause. Wozu auch. Dort wartete nichts,
dem sie Wert zuschrieb. Nutzlose Staubfänger brauchte sie nicht - nicht jetzt. Wie sie nichts und niemanden brauchte. Nichts und niemand brauchen wollte. Sie lief los, wohin wusste sie nicht. Auch das war nicht wichtig. So schlenderte sie in ihren Gedanken verloren die Straßen entlang. Unterwegs streifte sie einen Spätverkauf, griff nach der billigsten Flasche Wodka aus dem tiefsten Regal, bezahlte und ging weiter. Nicht mehr lange dauerte es, sie wurde müde und beschloss, sich auf die in näherkommende Parkbank zu setzen.

Nun sitzt sie da. Es ist inzwischen dunkel geworden, die Straßen werden nur noch von Reklame und Laterne erleuchtet. Sie greift in ihre Tasche, stellt die Flasche neben sich. Sie greift erneut in die Tasche und zieht einen Lederbeutel hinaus. Sie öffnet den Beutel, steckt einen Wattefilter zwischen ihre Lippen. Darauf folgt ihr ein dünnes Blättchen in die Hand, welches sie mit Tabak und Filter füllt. Routinemäßig, einer Maschine gleich, dreht sie ihre Zigarette. Es dauert einen kurzen Moment, sie denkt an etwas, nur flüchtig. Dann steckt sie die Gedrehte an und nimmt den ersten, tiefen, erlösenden Zug. Sie muss morgen arbeiten, es interessiert sie nicht. Jetzt, rauchend, öffnet sie den gekauften Schnaps. Es ist ihr Flaschengeist, der ihr den Wunsch erfüllt, sie von ihrem Leid zu erlösen. Kurz schließt sie die Augen, spricht sich selbst zu: Auf jedes Ende folgt ein neuer Anfang. Sie sagt diesen Satz oft, doch sie glaubt schon lange nicht mehr daran. Es vergeht eine Stunde, die Kippen zu ihren Füßen häufen sich, der Inhalt der Flasche schwindet. Es bleibt ein Drittel im Glas, sie hat genug. Schwankend kämpft sie sich in Richtung Wohnung. Es fällt ihr schwer zu gehen, sie ist betrunken. Aber sie ist zufrieden. Sie ist abgelenkt von ihren Gedanken, die sie nüchternen Geistes quälend heimsuchen. Sie kommt an, steht vor der Tür. Der Schlüssel öffnet das Schloss, sie betritt ihr vermülltes Zimmer und fällt ins Bett, schläft sofort ein. Sie trägt noch ihre Stiefel. Sie wird morgen früh vom Schrei des Weckers in den neuen Tag zurückgezogen werden. Sie wird duschen und noch bevor sie sich anzieht, wird sie wieder schwarz tragen.

 
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Hallo Viele,

herzlich willkommen auf KG.de. Auch in deinem Fall hoffe ich, dass eine ehrliche Kritik den Erwartungen entspricht, die du mit dem Posten deines Textes in diesem Forum verbindest. Ich finde es immer besonders schwer, einem Neueinsteiger eine Kritik zu schreiben, ohne einschätzen zu können, was das bewirkt. Aber egal.

Zunächst frage ich mich, wo in der Geschichte ein Experiment zu finden ist, abgesehen davon, dass es an manchen Stellen seltsame Umbrüche gibt, die wohl eher ungewollt sind.

Was erzählst du? Die schilderst, wie eine Frau sich abends auf einer Parkbank mit billigem Wodka betrinkt. Das ist kein selten verwendetes Thema. Man kennt es hinreichend aus Büchern, Filmen, aus den Medien und der Wirklichkeit. Wenn man also ein solches aus meiner Sicht überstrapaziertes Thema aufgreift, dann muss man sich fragen, was denn die neue Sichtweise, was das neue Licht sein wird, die/das man mit seinen Ideen und Gedanken darauf richten bzw. werfen will. Nur so macht diese Entscheidung Sinn. Damit meine ich nicht, dass gleich das Rad neu erfunden werden muss, aber dennoch muss eine Story über eine Trinkerin mir als Leser irgendwie zeigen, dass ich da eine ganz eigene und individuelle Sicht eines Autors geboten bekomme. Leider gelingt dir das nicht. Dein Text besteht aus Klischees und Plattitüden rund um ein Trinkerschicksal, deine Figur klemmt irgendwie starr und leblos zwischen den so oft gelesenen Worten fest, ohne ein Gesicht zu bekommen, ohne dass ich sie als Leser erleben und mit ihr mitfühlen kann.

Soll sie doch saufen! Es lässt einen kalt.

An deinem Stil musst du noch arbeiten. Ich erkenne sehr wohl Versuche, dass du manche Dinge schon anders als üblich formulieren willst, aber diese Versuche gehen fast immer schief und das wirkt stellenweise unfreiwillig komisch.

Beispiel: sie wurde müde und beschloss, sich auf die in näherkommende Parkbank zu setzen.

Die Parkbank kommt nicht näher, sondern die Frau kommt der Parkbank näher. So, wie du es ausdrückst, liest es sich so, als habe die Parkbank Beine, mit denen sie sich in Richtung Frau bewegt.

Ich würde dir empfehlen, deinen Text noch einmal sorgfältig zu betrachten, dich zu fragen, was du wie erzählen willst. Auch solltest du dich dabei in die Rolle eines Lesers zu versetzen und dich fragen, ob dich das so und in dieser Form eigentlich interessieren würde. Und dir auch überlegen, was das Besondere an deiner Geschichte sein könnte, irgend etwas, das sie von anderen Stories dieser Art etwas abhebt.

Mir ist z. B. aufgefallen, dass die Frau überhaupt kein Leben, kein Schicksal von dir bekommt, und eine uninteressante Figur lädt nicht dazu ein, sich mit ihr und ihrem (traurigen) Dasein beschäftigen zu wollen. Genau das aber wäre dein Job als Geschichtenerzähler. Mach die Frau interessant. Erzähl mir was von der. Mach sie nachvollziehbar und erlebbar, als Mensch, als Frau, als Trinkerin, als gescheiterte Existenz. Gib ihr ein Gesicht, ein Leben, eine Geschichte!

Ich hoffe, du kannst mit dieser Kritik etwas anfangen und trittst hier mit Freude und Spaß ein langfristiges Arrangement mit KG.de an.

Man kann hier sehr viel lernen. Wenn man will ;-)

Rick

 

Hallo Viele,

herzlich willkommen!

[...] noch bevor sie sich anzieht, wird sie wieder schwarz tragen.

Was für eine starke Aussage!
Aber leider ist es auch der letzte Satz der Geschichte.
Die ganzen Zeilen davor frage ich mich, was ist das Problem der Protagonistin? Warum sitzt sie auf der Parkbank und trinkt und raucht?
So ein Satz gehört an den Anfang! Danach dann die Handlung und die (Weiter-)Entwicklung der Protagonistin.

Auch würde ich der Prota einen Namen geben. Bei den Anfangszeilen dachte ich, es ginge um die Sonne (Sie = Sonne)
Es war Abend geworden. Es hing noch etwas Sonne am Himmel, viel war es nicht mehr. Nachdem sie die Ketten der Arbeit endlich
abgeworfen hat, ging sie nicht nach Hause. Wozu auch. Dort wartete nichts,
dem sie Wert zuschrieb.

Gruß

Asterix

 

Hallo Viele

Leider kann ich in deinem Text auch kein Experiment im Sinne der Einleitung zur Rubrik erkennen. Bitte teile mir doch mit, ob ich da etwas übersehe, vielleicht stehe ich ja auch nur auf dem Schlauch.

Ansonsten werde ich die Geschichte in den kommenden Tagen nach Sonstige verschieben.

Und ich gebe Asterix recht, mit dem letzten Satz hast du wirklich einen starken Auftakt in der Hand. Lass ihn uns erleben ...

Gruss dot

 

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