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Schutzengel

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01.04.2019
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Schutzengel

Ich betrete die Wohnung, von draußen hört man durch die Fenster Vögel zwitschern.
Es wird schon langsam hell, deswegen spare ich es mir, das Licht anzuschalten.
Ein Blick in den Spiegel im Bad; meine Haare unordentlich, weil sie zu oft angefasst worden sind. An meiner Unterlippe noch leichte Spuren von Lippenstift. Mein Hemd riecht noch nach ihrem Parfüm.
Ich ziehe es aus und werfe es in die Waschmaschine. Mit etwas kalten Wasser gespült wirkt mein Gesicht wieder etwas frischer.

Auf dem Weg zur Küche sehe ich sie; statt im Schlafzimmer, liegt sie wieder auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Sie liegt ohne Decke, noch angezogen. Ihre Augen sind rot, ihr Make-Up verschmiert. Sie hat geweint.
Auf dem Boden liegt ihr Handy, begraben von Taschentüchern. Sie hat nicht angerufen. Sie ruft mich sonst immer an.
Heute hat sie es geschafft, es nicht zu tun.
Bisher hatte ich eigentlich ein weniger schlechtes Gewissen. Jetzt schon eher.
Sonst weint sie kaum. Diesmal scheint es sie noch mehr fertig gemacht zu haben.

Ich nehme die Decke, die noch gefaltet neben ihr liegt und decke sie zu.
"Es tut mir Leid, dass es wieder so spät wurde", flüstere ich ihr zu, nachdem ihr ihr einen Kuss auf die Stirn gebe.

Während ich mit meinem Kaffee und einer Zigarette auf dem Balkon sitze, versuche ich die vergangene Nacht in Gedanken zu rekonstruieren.

Ich habe sie wieder nicht finden können. Es macht mich langsam depressiv. Sie war zwei Mal da. Zwei Mal habe ich sie gesehen.

Deswegen wird es hier immer schwerer. Immer wenn sie mir in die Augen sieht, erinnert sie mich an sie. Zwar sehen sie sich nicht allzu ähnlich,
dort wie sie mich ansehen, ist absolut identisch.

Sie weiß auch, dass etwas anders ist. Dass ich sie anders ansehe. Dass es mir manchmal wehtut, sie anzusehen.
Ebenso weiß ich, dass sie es sich niemals eingestehen wird, dass es so ist. Sie wird bis zum Ende hoffen. Hoffen, dass sie sich das alles nur eingeredet hat.
Hoffen, dass ich nicht aufgehört habe, sie zu lieben.

Ich merke, dass mir eine Träne die Wange runter läuft.
Ich weiß es selbst nicht.
So sehr ich will, dass sie bei mir bleibt, und unser Leben zusammen weiter läuft wie bisher, so ist es etwas anderes, das ihre Stelle in meinem Kopf einnimmt.

Mein Handy vibriert. Es ist Samstag, 6:05.
Eine Erinnerung, dass ich meinen Verband wechseln sollte und die Finger vom Alkohol.
Ich schmunzel, während ich den kleinen Flachmann mit Gin aus meiner Tasche ziehe.
Der Verband ist schon am ersten Tag ab. Die Wunde tut nicht mehr weh.
Die Erinnerung daran schon.

An dem Tag sah ich sie zum ersten Mal.
Wir hatten wieder einen Streit gehabt, weil ich volltrunken vor der Haustür ihrer Eltern eingeschlafen bin. Das Richtige, um mich davon zu beruhigen, schien mir Alkohol zu sein. Als ich wieder in einem volltrunkenen Zustand aus der Bar geworfen wurde, taumelte ich am Straßenrand. Ohne richtig auf mein Gleichgewicht achten zu können, stolperte ich auf die befahrene Straße.
Als ich das Scheinwerferlicht unmittelbar vor mir sah, dachte ein Teil von mir, es wäre vorbei.
Bis ich von hinten zurück gezogen wurde.

Sie hatte mich an der Jacke weggezogen, fast aus der Fahrbahn des Autos raus.
Deswegen hat es mich nicht so stark erwischt. Ich rollte quer über die Straße.
Mein erster Reflex war nicht, zu prüfen, ob mit mir alles in Ordnung war.
Ich wollte zuerst sehen, wer mich gerade vor dem sicheren Tod gerettet hatte.

Hinter mir stand sie; ihre Augen hatten ein wunderschönes Funkeln, selbst bei Nacht.
Ihr Haar lag leicht aufgeschwungen auf ihren Schultern. Ihre Ausstrahlung wie die eines Engels.

In der Ferne hörte ich Sanitäter. Als ich wieder zu ihr sah, war sie weg. Einfach so. Als hätte sie sich einfach in Luft aufgelöst.

Ich spüre, wie mich ihre Arme von hinten umarmen. Ihr Haar ist an meinem Ohr. Ihre leicht heisere Stimme fällt mir leise ins Ohr.
"War die Nacht schwer?"

Ich hatte ihr erzählt, wir müssten sehr viele Überstunden machen. Wir seien mit einem sehr wichtigen Projekt sehr stark im Rückstand.
Dass mein Job davon abhinge.
Die Tatsache, dass sie fragt, zeigt mir, dass sie weiterhin hofft, dass ich die Wahrheit sage.
Ihre heisere Stimme das Gegenteil.

Ich hatte mich wieder betrunken.
So wie fast jeden zweiten Tag in den letzten beiden Wochen.
Und habe mich dann wieder in Lebensgefahr gebracht.

Beim zweiten Mal, war sie an einem ganz anderen Ort.
Es war in einer leeren U-Bahn Station.
Dort ist mir etwas ähnliches passiert; ich war wieder zu betrunken, um richtig laufen oder stehen zu können.
Dann bin ich in Richtung der Gleise gestolpert.
Ich wurde wieder aufgefangen. Sie hielt mich an meiner Jacke fest und zog mich in Sicherheit.

Ich konnte sie diesmal richtig ansehen.
Ihre Augen. Ihr Haar. Ihre wunderschöne Ausstrahlung.
Doch diesmal war etwas anders.
Über ihrem Kopf schwebte schwerelos ein goldener Schein.
Hinter ihr, aus ihrem Rücken, ragte ein perlweißes paar Flügel.

Ihre einzigen Worte waren: "Gib bitte Acht auf dich, falls ich es nicht rechtzeitig schaffe."

Ihr Kopf liegt auf meinem Schoß, der Rauch ihrer Zigarette zieht die ganze Zeit an meinen Augen vorbei.
Ich sehe auf ihrem linken Unterarm einen großen, blauen Fleck. Den hatte sie wegen mir.
Ich war wütend, weil sie mich nachts pausenlos angerufen hat. Ich hatte sie im Bad nach hinten gestoßen.
Und sie ist mit ihrem Unterarm gegen die Wanne. Ich streiche mit meiner Hand sanft darüber.

Es ergibt Sinn, warum sie zu den Situationen da war. Wieso ich nicht gestorben bin, beide Male.
Mein Schutzengel hatte mich gerettet. Und ich habe mich in sie verliebt.

Die letzten beiden Wochen hatte ich versucht, sie zu finden.
Dafür gesorgt, dass sie mich retten musste.
Geklappt hat es leider nicht.
Ich begab mich absichtlich in Gefahr. Doch konnte ich dieser im letzten Moment aus Reflex entkommen.
Von Mal zu Mal wurde es immer frustrierender.

Heute Nacht hatte ich beschlossen, mich in eine andere Art von Gefahr zu begeben.
Daher der Lippenstift. Das fremde Parfüm.
Ich hatte irgendwie gehofft, sie würde mich davon abhalten, mit zu ihr nach Hause zu gehen.
Doch das tat sie nicht. Auch nicht davor, mit ihr zu schlafen.
Es war eine dumme Idee gewesen.

Über die letzten beiden Wochen hatte ich mein Leben so oft in Gefahr gebracht und beinahe zerstört.
Ich habe nicht auf sie gehört. Ich hätte auf mich selbst Acht geben müssen, wenn sie es nicht kann.
Es war also reine Glückssache, sie die beiden Male getroffen zu haben. Eine Garantie gibt es also nicht.

Wenn ich mit meinem Leben weiterhin so rücksichtslos umgehe, werde ich sie nie wieder sehen können.
Tote haben keinen Schutzengel. Ich spüre einen ganz kurzen Stich in meinem Herzen.

Ich greife mit meiner Hand nach ihrer. Sie richtet sich auf und sieht mir leicht verunsichert in die Augen.
Ich lächel sie an. "Ich werde zum Glück nie wieder Überstunden machen müssen", sage ich ihr, ihre Haare hinter ihr Ohr streichend.

Ihre Mundwinkel ziehen sich nach oben, und in ihren Augen sehe ich wieder dieses Funkeln; absolut identisch mit dem des Schutzengels.

 

Guten Morgen @Slick

Herzlich Willkommen bei uns und viel Spaß hier im Forum :-)

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich deine Geschichte nicht komplett gelesen haben.
Ich habe irgendwann angefangen Sachen zu überspringen und stellte fest, das es irgendwie eine Aneinanderreihung von Wiederholungen ist, die du anders formuliert hast. Die Augen, der Geruch, der Tag an dem er sie zum ersten Mal gesehen hat.
Sie hat weder Namen noch Aussehen, außer das ihre Augen funkeln und sie genauso einen Blick hat wie seine Frau (oder Freundin?)

Es plätschert so dahin, nimmt mich nicht mit, langweilt mich.

Was genau ist den an dem Abend, des ersten Treffens, passiert ? was hat er an seiner Hand, dass er den Verband wechseln muss? In welche anderen Gefahren bringt er sich?
Also ich glaube, wenn du der Geschichte ein bisschen mehr Persönlichkeit gibst und einfach mehr passieren lässt, dann kann da wirklich was draus werden.

Vielleicht denkst du noch Mal drüber nach ?Fände es spannend, was du daraus machst. So eine klassische Schutzengel-Schnulze wäre doch mal was :-) dann fände ich den Tag Romantik auch passender :naughty:

Zur Textarbeit an sich, kann ich nicht ganz viel Sagen, da ich in Rechtschreibung und Zeichensetzung selber nicht gut bin aber eine Sache ist mir aufgefallen.

Eine Erinnerung, dass ich meinen Verband wechseln sollte und die Finger vom Alkohol.
Ich glaube, hinter Alkohol fehlt was ?`
"Eine Erinnerung, dass ich meinen Verband wechseln und die Finger vom Alkohol lassen sollte"
war das vielleicht so gemeint?


Bleib dran :-) und ich bin gespannt was man sonst nicht von dir liest.

Liebe Grüße
Shey :-)

 

Hallo @Slick,

Ich gebe hier mal ein paar Gedanken wieder, die mir beim ersten Lesen gekommen waren. Sind alles ganz unverbindliche Vorschläge.

Ich betrete die Wohnung, von draußen hört man durch die Fenster Vögel zwitschern.
„durch die Fenster“ ist hier überflüssig
Ein Blick in den Spiegel im Bad; meine Haare unordentlich, weil sie zu oft angefasst worden sind.
Bisher hatte ich eigentlich ein weniger schlechtes Gewissen.
In der Ferne hörte ich Sanitäter.

Einige Beispiel für Formulierungen, die meiner Meinung, nach unnötig umständlich sind.


versuche ich die vergangene Nacht in Gedanken zu rekonstruieren.
Ich finde, man kann „in Gedanken“ hier weglassen
Sie hatte mich an der Jacke weggezogen, fast aus der Fahrbahn des Autos raus.
Deswegen hat es mich nicht so stark erwischt. Ich rollte quer über die Straße
Ich habe Probleme, mir diese Szene bildlich vorzustellen. Wenn sie ihn aus der Fahrbahn zieht, also vermutlich zum Straßenrand hin, wie kann er dann quer über die Straße rollen?
Vielleicht übersehe ich aber auch etwas.

Das Konzept hat meiner Meinung nach Potential, nur die Umsetzung hat noch zu viele Mängel. Aber davon nicht entmutigen lassen, dieses Problem kennen wir alle.

Da ich im Moment unterwegs bin und das hier vom Handy schreibe, bitte ich etwaige Formattierungsprobleme zu entschuldigen.

Gruß,
Henrik

 

Hallo @Slick

willkommen! :)

Leider hat mich dein Text auch nicht überzeugt. Hier ein paar Gründe:

Ich betrete die Wohnung, von draußen hört man durch die Fenster Vögel zwitschern.

Warum so kompliziert? ;) Das braucht es alles nicht. Überlege dir, wie du deine Sätze simpler gestalten kannst, denn die meisten sind leider sehr kompliziert.

»Die Vögel zwischern bereits, als ich die Wohnung betrete.«

So ist doch alles gesagt, oder? Ist doch klar, die das die Vögel draußen sind.

Ich ziehe es aus und werfe es in die Waschmaschine. Mit etwas kalten Wasser gespült wirkt mein Gesicht wieder etwas frischer.

Hier auch wieder, eine umständliche Satzkonstruktion. So wirkt es sehr passiv und förmlich. Schreibe liebe näher am Protagonisten.

»Ich werfe es in die Waschmaschine und wasche mein Gesicht mit kaltem Wasser.«

Auf dem Weg zur Küche sehe ich sie; statt im Schlafzimmer, liegt sie wieder auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Hier auch.
»Auf dem Weg zur Küche sehe ich sie wieder auf dem Sofa liegen.«

Sie hat nicht angerufen. Sie ruft mich sonst immer an.
Heute hat sie es geschafft, es nicht zu tun.

Doppelt sich, kannst du getrost streichen.

Sonst weint sie kaum. Diesmal scheint es sie noch mehr fertig gemacht zu haben.

Hier ebenso.

Ich nehme die Decke, die noch gefaltet neben ihr liegt und decke sie zu.

Hier auch. Einfacher. Wie wichtig ist, dass die Decke gefaltet neben ihr liegt? Und das er sie mit einer Decke zudeckt, bedarf ja auch keiner weiteren Erwähnung, oder?

Eine Erinnerung, dass ich meinen Verband wechseln sollte und die Finger vom Alkohol.

Der Satz funktioniert inhaltlich nicht. Da fehlt für den zweiten Teil ja das "lassen".

»Eine Erinnerung, dass ich die Finger vom Verband lassen sollte. Und vom Alkohol.«

Hinter mir stand sie; ihre Augen hatten ein wunderschönes Funkeln, selbst bei Nacht.
Ihr Haar lag leicht aufgeschwungen auf ihren Schultern. Ihre Ausstrahlung wie die eines Engels.

Das ist mir zu kitschig, tut mir leid. :( Es ist immer schwierig, die Faszination eines Prota für eine andere Person zu beschreiben, weil es sehr sehr sehr schnell kitschig klingt. Das musst du umschiffen, indem du dir neue Dinge überlegst, charmante Kleinigkeiten, die die Begegnung zu etwas Besonderem machen. Leuchtende Augen sind das allergrößte Klischee in Romanzen, das es gibt. Augen sind wichtig und besonders, das ist richtig, aber man muss es neu verpacken, in die Geschichte verweben. Der Engel, das wallende Haar, das ist alles nichts besonders und wurde schon tausendfach so erzählt. Werde speziell, dann macht es Spaß, als Leser, die Begegnung mitzuverfolgen. ;)

Einfach so. Als hätte sie sich einfach in Luft aufgelöst.

Das ist auch kitschig. Niemand verschwindet innerhalb von ein paar Sekunden einfach so. Vor allem keine wundervoll wunderschönen Engelswesen auf High Heels. ;) Schöner wäre es, wenn sie gehen muss oder weiterfährt oder so ... und er vergessen hat, nach ihrem Namen oder ihrer Adresse zu fragen.

Leider muss ich gestehen, dass ich hier auch aufgehört habe, zu lesen – hauptsächlich wegen des komplizierten Stils, der es einem sehr schwer macht, in die Geschichte zu kommen. Vereinfache das Ganze. Überlege dir bei jedem Detail, ob es wirklich nötig ist: Entweder für die Charakterzeichnung, für den Plot oder für die Atmosphäre. :)

Die Idee hat aber was, die Gedanken des Mannes gefallen mir. Das ist interessant, wenn du es zugänglicher und leichter gestaltest.

Danke dir und viele liebe Grüße, PP

 

Ich bedanke mich bei allen für die ausführliche Kritik! Ich habe als erste Geschichte diese gewählt, da ich selber viele Probleme mit dem, was am Ende dabei rumgekommen ist hatte, nur wusste ich nicht genau was es ist. Ich werde in Zukunft versuchen, unnötige Formulierungen, Dopplungen wegzulassen und mich mehr darauf konzentrieren, den Geschichten mehr Persönlichkeit zu geben, damit es dem entspricht, was ich damit vermitteln will.

Ich bin begeistert wie mich Kritik mehr dazu motivieren zu scheint, es besser zu machen, als dass sie mich irgendwie persönlich berührt!

Eine Frage die sich mir jedoch jedes Mal stellt, da ich als Autor nicht unbedingt das sehe, was man als Leser sieht; wie bekomme ich es hin, richtig herauszufiltern, welche Informationen relevant für die Geschichte sind, und welche nur unnötige Details und eine Komplizierung des Stils hervorrufen?

Danke!

 

Guten Morgen @Slick

Das mit der Begeisterung kenne ich :-) Ich habe meine erste Geschichte tatsächlich erst geschrieben als ich mich schon im Forum angemeldet hatte und was soll ich sagen, sie war nicht so gut :-) (aber ich mag sie trotzdem *augenzuhalt*)
Es ist Wahnsinn wie viele gute, hilfreiche Tipps die Wortkrieger haben und wie viel Arbeit sie in die Kommentare stecken, das Motiviert ein auf jeden Fall weiter zu machen und sich verbessern zu wollen.

Zu den unnötigen Details kann ich, aus meiner Sicht nur sagen, dass mir mal der Rat gegeben wurde, sich jeden Satz wirklich kritisch anzugucken und zu entscheiden was ist die Kernaussage. @PlaceboParadise hat dir ja schon ein paa sehr schöne Beispiele genannt. Ich persönlich finde, dass der Satz mit der Decke das wirklich am besten beschreibt.

Schreib deine Sätze so, wie du sie im Kopf hast.
In deinem Fall
"Ich nehme die Decke, die noch gefaltet neben ihr liegt und decke sie zu."
ließ in die laut vor *hier laut vorlesen denken* und höre wirklich darauf wie er klingt. Die meisten Sachen sind mir in meinen nachfolgenden Geschichten aufgefallen, als ich sie mir laut vorgelesen haben und jetzt überlegt bei deinem Satz, was ist der Der Aussage. In dem Beispielsatz ist der Kern das er sie zudeckt. also könntest du auch einfach schreiben ich Decke sie zu. Wenn es für dich und deine Geschichte wichtig ist, dass die Decke noch gefaltet neben ihr liegt, weil sie im Normalfall nie ohne Decke schläft oder der gleichen, dann verpacke und erkläre es.

zum Beispiel:
"Sonst weint sie kaum. Diesmal scheint es sie wirklich fertig gemacht zu haben.
Sie scheint beim weinen eingeschlafen zu sein, denn die Decke die sie sich sonst locker über wirft, liegt noch gefaltet neben ihr. Ich denke sie zu und flüster ihr leise ins Ohr: "Tut mir leid das es wieder so spät geworden ist" und gebe ihr ein Kuss auf die Stirn.

Also entweder kann es weg oder, wenn dir es wichtig ist, dann musst du dem Leser zeigen, wieso es wichtig ist.

Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen weiter helfen.

Liebe Grüße
Shey :-)

 

Hey @Slick

erstmal ein kleiner Tipp: Verlinke am besten die Person, mit der du sprichst bzw. auf deren Kommentar zu antwortest mit einem "@", also in meinem Fall @PlaceboParadise, dann bekommt derjenige auch eine Nachricht, wenn du etwas geschrieben hast. ;) Dein Kommentar ist bei mir nämlich fast untergegangen, aber die liebe @Shey hat mich wieder drauf aufmerksam gemacht.

Ich bin begeistert wie mich Kritik mehr dazu motivieren zu scheint, es besser zu machen, als dass sie mich irgendwie persönlich berührt!

Das ist natürlich top! :) Sehr gut! So soll es sein, denn selbst wenn die Formulierungen manchmal etwas härter werden, dient es ja am Ende immer demselben Zweck: Das Geschriebene besser zu machen. Das darf man auf keinen Fall persönlich nehmen. Es ist ja immer nur eine Momentaufnahme, das heißt auch ein schlechtes Ergebnis stellt dich ja nicht komplett als Autor in Frage, sondern eben nur das aktuelle Produkt. ;)

wie bekomme ich es hin, richtig herauszufiltern, welche Informationen relevant für die Geschichte sind, und welche nur unnötige Details und eine Komplizierung des Stils hervorrufen?

Haha, das ist das große Geheimnis. ;) Da tue ich mich manchmal selbst schwer mit. Was schreibt man auf, was schwebt zwischen den Zeilen, was ist unabdingbar für die Geschichte, was unötiger Balast? Ein wenig hab ich's ja oben angerissen, aber hier nochmal ein wenig ausführlicher. Ein guter Ansatz so zu Beginn sind eigentlich diese drei Regeln:

1. Dient es einem Protagonisten/ Charakter?
Wenn du zum Beispiel schreibst: »Sie lachte und stellte das Braun Rührgerät auf höchste Stufe. Sahne spritzte durch die Küche. Ihre ozeanblauen Augen glänzten.«

Welche Informationen sind hier wirklich wichtig? Was sagt mir als Leser etwas über den Charakter des Protagonisten? Das die Maschine von Braun ist? Nein. ;) Das ihre Augen ozeanblau sind? Nein. Stattdessen zeigt das, was passiert etwas über ihren Charakter, nämlich, das sie schusselig ist, vielleicht gern ein wenig übertreibt und Spaß hat. Also kann der Satz eher so aussehen:

»Sie lachte und stellte das Braun Rührgerät auf höchste Stufe. Sahne spritzte durch die Küche. Ihre ozeanblauen Augen glänzten.«

2. Dient es dem Plot?
Wenn du zum Beispiel schreibst:
»Mach die Tür auf!« Papa schlug von außen gegen die Küchentür.
Ich saß auf dem Boden und presste die Hände aneinander, um das Zittern zu unterdrücken. Morgen werde ich alle Rotweinflaschen leeren, den Mist ins Klo schütten. Ich lasse das nicht mehr zu. Die Kisten standen ohnehin schon seit Monaten im Flur. Ein Geschenk der Nachbarn zum Einzug. Ich bedankte mich, schüttelte Hände, sagte, das ich mir auf jeden Fall ein Gläschen auf dem Balkon gönnen würde. Soweit war es nie gekommen. Das Etikett sieht billig aus. Spain's Best steht auf den Kartons. Das bezweifle ich.«

Merkst du, wie das Geschehen anhält, wie der Lauf der Geschichte stockt, weil die Protagonistin plötzlich über den Wein philosophiert? Völlig unpassend. Es hält die Story an. Sieh mal:

»Mach die Tür auf!« Papa schlug von außen gegen die Küchentür.
Ich saß auf dem Boden und presste die Hände aneinander, um das Zittern zu unterdrücken. Morgen werde ich alle Rotweinflaschen leeren, den Mist ins Klo schütten. Ich lasse das nicht mehr zu. Die Kisten standen ohnehin schon seit Monaten im Flur. Ein Geschenk der Nachbarn zum Einzug. Ich bedankte mich, schüttelte Hände, sagte, das ich mir auf jeden Fall ein Gläschen auf dem Balkon gönnen würde. Soweit war es nie gekommen. Das Etikett sieht billig aus. Spain's Best steht auf den Kartons. Das bezweifle ich.«

Das kann man alles streichen. Es ist völlig nebensächlich, woher der Wein stammt, oder was für eine Marke er ist. Nur, das der Vater ihn trinkt und die Tochter den Wein loswerden will, das ist wichtig. ;)

3. Dient es der Atmosphäre?
Wenn du zum Beispiel schreibst:
»Endlich sind wir da!« Es war gerade mal zehn Uhr, aber die Floating Markets vibrierten wie ein Bienenstock. Jenny glaubte, jede Farbe gleichzeitig sehen zu können. »Schau dir das mal an!« Ein Mann jonglierte mühelos ein Duzend Wassermelonen auf seinem Kopf. Kardamom lag in der Luft, ein Nebel aus Curry, Öl und Bananensaft stieg aus Eisenpfannen, die entlang des Weges aufgereiht waren. Papayapyramiden drängten sich an Granatäpfel, Ananas und die schönsten Rosen, die Jenny je gesehen hatte.«

Das alles bringt an sich die Geschichte nicht voran, aber es dient dazu, dem Leser die Szene glaubhaft zu machen. Vor allem bei einem Ortswechsel ist das wichtig. Wenn also die Protas erst noch in Deutschland sind und in der nächsten Szene in Hong Kong oder sonst wo, dann ist es sogar essenziell, erst einmal die Umgebung und die Wahrnehmungen der Protas zu beschreiben. Das muss nicht so gepackt sein, wie in meinem Beispiel, du kannst es auch feiner in die Geschichte einweben, sie die Umgebung Stück für Stück entdecken lassen. :) Das wirkt meist noch etwas natürlicher.

Eine weitere typische Regel, die wirklich hilft, wenn man sie mal verinnerlicht hat, ist: "Show, don't tell." Das hast du bestimmt schon mal gehört. ;) Es wird immer wieder wiederholt, aber eben auch, weil es stimmt. Im Prinzip bedeutet es nur: "Zeige es dem Leser, erkläre es ihm nicht."

Schreibe nicht: »Sie hasste ihn.« Das sagt nichts aus. Das lässt den Leser ihren Hass nicht erleben. Schreibe stattdessen eher: »Er sah im Meeting, wie sie den Kopf wegdrehte, wenn er sprach. Sie grüßte ihn nicht, trank den Kaffee leer, bevor er ins Büro kam und wenn er CC in ihren E-Mails war, nannte sie ihn den Kollegen.«

Jetzt sind aus der Behauptung plötzlich kleine Szenen geworden, die den Text interessant machen. :) Fausregel: Immer wenn du etwas behauptest, hinterfrag noch einmal, ob du es nicht einfach zeigen könntest. Kein »Er glaubte, dass.../ Sie hasste dies ... / Der Tag war schön / Sie liebten sich sehr.« Show, don't tell. :)

Jetzt wende ich das mal noch einmal auf deinen Text an, zum direkten Vergleich:

Ich betrete die Wohnung, von draußen hört man durch die Fenster (Dient nicht dem Plot) Vögel zwitschern.
Es wird schon langsam (Füllwort) hell, deswegen spare ich es mir, das Licht anzuschalten.
Ein Blick in den Spiegel im Bad; meine Haare unordentlich, weil sie zu oft angefasst worden sind. (Dienst nicht dem Plot, ist gedoppelt) An meiner Unterlippe noch leichte (Füllwort)Spuren von Lippenstift. Mein Hemd riecht noch nach (Füllwörter) ihrem Parfüm.
Ich ziehe es aus und werfe es in die Waschmaschine. (Irrelevant, bringt den Plot nicht voran) Mit etwas kalten Wasser gespült wirkt mein Gesicht wieder etwas frischer. (Zu erklärend, Show don't tell)

Auf dem Weg zur Küche sehe ich sie; statt im Schlafzimmer, liegt sie wieder auf dem Sofa im Wohnzimmer. (Erklärt weder Plot noch Prota)
Sie liegt ohne Decke, noch angezogen. Ihre Augen sind rot, ihr Make-Up verschmiert. Sie hat geweint. (Nicht unbedingt überflüssig, kann man aber m.M. weglassen, da die roten Augen Indiz genug sind.)
Auf dem Boden liegt ihr Handy, begraben von Taschentüchern. Sie hat nicht angerufen. Sie ruft mich sonst immer an. (Bringt Plot nicht voran)
Heute hat sie es geschafft, es nicht zu tun. (Dopplung, unnötig, bringt den Plot nicht voran)
Bisher hatte ich eigentlich ein weniger schlechtes Gewissen. Jetzt schon eher. (Steckt im vorherigen Satz bereits drin)
Sonst weint sie kaum. Diesmal scheint es sie noch mehr fertig gemacht zu haben. (Steckt im vorherigen Satz bereits drin)

Ich nehme die Decke, die noch gefaltet neben ihr liegt und (Dient weder Plot noch Prota) decke sie zu.
"Es tut mir Leid, dass es wieder so spät wurde", flüstere ich ihr zu, nachdem ihr ihr einen Kuss auf die Stirn gebe.


Naja, das war jetzt viel Holz. :) Ich hoffe, es hilft dir, deine Frage ein klein wenig zu beantworten. Irgendwann merkst du es selbst beim Schreiben und denkst dir: "Aaaaah ... achso!" :D So war es bei mir zumindest. :bounce:

Viele liebe Grüße und gutes Gelingen, PP

 

kleiner Nachtrag meinerseits :-)
Es hilft wahnsinnig, wenn man anderen Geschichten liest und vor allem auch die Kommentare dazu verfolgt.
Der von @PlaceboParadise zum Beispiel hilft nicht nur dir, sondern auch mir hat er einige "Ah cool"-Momente gegeben.
Also aufmerksam sein, was andere Schreiben und kommentieren :-) Einfach mal in den Rubriken stöbern und lesen. :-)

 

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