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Schutzengel

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07.05.2014
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Schutzengel

Der Regen peitschte ihr ins Gesicht. Die dunklen Regenwolken ließen kaum Licht durch. Es war stockfinster auf der Brücke. Tränen oder Regentropfen liefen ihre Wangen herunter. Sie war sich nicht sicher was von beiden, aber wahrscheinlich war es eh beides. Es machte jetzt auch keinen Unterschied mehr. Ab und zu konnte sie Leute hinter ihr rufen hören, doch niemand sprach sie an. Es war ihnen egal, dass sie hier auf der Brüstung der Brücke in so einem grauenhaften Sturm stand. Es war allen egal. Es war vor allem ihr egal.

Sarah!

Der tägliche Kampf gegen die Erinnerungen und die Schuld war einfach nicht mehr auszuhalten. Der Schmerz wurde nicht weniger, er kam in Wellen. Manchmal hatte sie gute Tage und manchmal schlechte. An den schlechten Tagen stand sie hier oben. Langsam hob sie das durchweichte Foto in ihrer Hand. Es kostet einige Überwindung es umzudrehen, aber sie wollte noch einmal die strahlenden Augen ihrer Tochter sehen. Sie hatte das Foto komplett im Gedächtnis, sie wusste selbst jeden Haushaltgegenstand, der im Hintergrund stand. Das Foto hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt, genau wie die Ereignisse kurz danach. Täglich ging sie die Liste der Ereignisse, die zu dem Unfall geführt hatten, durch. Jeden Tag kam sie zu der Erkenntnis, dass es ihre Schuld war. Dabei konnte selbst ein guter Tag nicht helfen. Die Schuld, die sich selbst aufgebürdet hatte und auch der Schmerz würden nie komplett verschwinden. Es gab nur eine Möglichkeit dem Schmerz zu entkommen und genau deswegen stand sie hier auf dieser Brücke. Langsam wurde es Zeit. Sie drehte das Foto um, und sobald sie Sarah sah, verließ sie der Mut so schnell, wie er vorhin kam. So wie die Dutzende Male zuvor. Sie konnte heute nicht springen.

"Hey, Miss?", sagte eine kindliche Stimme.
Sie schaute sich um und neben ihr stand ein kleines, vielleicht fünfjähriges Mädchen.

"Hey, Miss. Was hat es denn hier oben?"
Sie traute ihren Augen kaum. "Sarah?", sobald sie es gesagt hatte wurde ihr bewusst, dass das nicht Sarah sein konnte. Ihre Haare waren viel kürzer und ihre Augen leuchteten nicht so blau. Dies war keine Halluzination, dies war ein echtes Mädchen.

"Nein. Mein Name ist..."
Sie gab dem Mädchen keine Gelegenheit sich vorzustellen. Sofort sprang sie von der Brüstung zurück auf die Brücke, packte das Mädchen und stellte es neben sich in Sicherheit.

"Du kannst doch nicht einfach hier auf die Brüstung klettern", brüllte sie es an "Weißt du wie gefährlich, das ist?" Das Mädchen blickte auf, verengte ihre Augen leicht und schaute sie mit trotzigen Augen an. "Ach, aber sie dürfen dort oben stehen?", das Mädchen wirkte beleidigt. "Erwachsene halten sich nie an die Regeln", dieser sture Trotz erinnerte sie an Sarah.

Sarah!

Das Foto war nicht mehr in ihrer Hand. Sie musste es fallen gelassen haben, als sie diese dumme Göre vor sich selbst beschützen musste. Panisch suchte sie den Bürgersteig ab. Nichts! Es musste von der Brücke gefallen sein. Sie lehnte sich über die Brüstung. Der tobende Fluss unter ihr war durch den anhaltenden Regen und die leichten Überschwemmungen eine tobende braune Masse. Das war zu viel. Ihre Beine gaben nach, sie musste sich hinsetzten. Es kümmerte sie wenig, dass die Brücke eigentlich nur eine noch eine riesige Pfütze war. Sie war eh komplett durchnäßt. Das Mädchen setzte sich ebenfalls hin.

"Hast du was verloren?"
Eigentlich wollte sie erwidern, dass sie sich nicht auf den nassen Boden setzen sollte, aber es ihr wurde klar, dass das Mädchen eh nicht auf sie hören würde. Genau wie Sarah. "Ja", antwortete sie stattdessen. "Meine Tochter"

Das Mädchen schaute überrascht auf. "Hier auf der Brücke? Weit kann sie ja noch nicht sein." Es sprang auf. Langsam ging es die Brücke entlang und schaute hinter jeden noch so kleinen Pfeiler.

Unweigerlich musste sie anfangen zu lachen. Zum ersten Mal seit Wochen. Das Mädchen hatte die erste Hälfte der Brücke abgesucht und rannte nun an ihr vorbei um die andere Hälfte abzusuchen. Sie konnte und wollte es nicht aufhalten. Nach ein paar Minuten kam es zurück gerannt.

"Komisch. Ich hab alles abgesucht", sagte es "weißt du, im Verstecken bin ich voll gut. Meine Mutter findet mich aber trotzdem immer!"
Sie konnte diesem Mädchen nicht böse sein.

"Kleine Mädchen sind immer gut im Verstecken", sie blickte auf und schaute die strahlenden Augen des Kindes an. "Woher weißt du, dass meine Tochter ebenfalls ein kleines Mädchen ist?"
Das Mädchen schaute sie mit einer Miene an, als wär das eine komplett überflüssige Frage. "Na von dem Foto hier", sie hielt ein Foto hoch. Es war ihr Foto von Sarah.

Sie sprang auf, hob das Mädchen mitsamt Foto auf und umarmte es. "Danke." Das Mädchen erwiderte nichts. Sie war froh, dass das Mädchen nicht sehen konnte, wie ihr Tränen die Wangen runterliefen. Diesmal waren es bestimmt Tränen, sie konnte das Salz schmecken. "Musst dir keine Sorgen machen", sagte das Mädchen immer noch in ihren Armen. "Meine Mutter findet mich immer."
Sie setzte das Mädchen ab.

Irgendetwas Seltsames hatte das Mädchen an sich. Sie hatte das Gefühl, das Mädchen wüsste mehr als es den Anschein hatte. Es blickte auf und schaute ihr noch einmal direkt in ihre Augen. "So, ich muss gehen", sagte es und drehte sich sofort um "sonst macht sich meine Mutter noch Sorgen." Ohne sich weiter umzudrehen, eilte das Mädchen davon und verschwand so schnell, wie es gekommen war.

Sie musste nicht lange überlegen, was ihr gerade offenbart wurde. Das Mädchen hatte recht. Mütter finden immer ihre Töchter. Und sie wute, wo sie suchen musste. Sie lief zum nächsten Brückenpfeiler und wuchtete sich zurück auf die Brüstung. Sie fühlte den Regen kaum noch, als sie sich von der Brücke warf, aber sie spürte die salzigen Tränen auf ihren Wangen.

 

Hm, ich bin mir nicht ganz sicher, wie die Geschichte gemeint ist. Ich finde sie schon ein bisschen amüsant, auf eine makabre Art. Das sind ja ganz klischeehafte Mittel, die hier zum Einsatz kommen: Das kleine unschuldige Mädchen, von dem der Titel impliziert, dass es ein Engel ist; die Brücke bei Nacht im strömenden Regen; die totale fröhlich/traurig-Dichotomie. Und normal erwartet man da, dass es auf irgendeine Weise gut ausgeht. Ich meine, als ein Beispiel für eine ähnliche ausgelegte Geschichte (wenngleich auf Buchlänge) fällt mir "Die Eleganz des Igels" ein -- da hab ich nun keine Ahnung, ob du das zufällig kennst -- und dort stirbt zwar am Ende auch jemand. Nur trübt das dann nicht die Aussage, im Gegenteil es stärkt sie noch.
In deinem Text gibt es das übertriebene Fröhlichkeits-Unschulds-Bild, aber die Konsequenz ist einfach nur ein Selbstmord. So ist das am Ende für mich eher ein ironischer, ein dekonstruktivistischer Text.

 

Hallo dejawho

Willkommen hier im Forum.

Der Inhalt Deiner kleinen Geschichte liest sich gefühlvoll, einige Aspekte sind wohl sonderlich, doch dazu hast du das Stichwort „Seltsam“ angemerkt. Was mir nicht sehr glücklich erscheint, ist die Wahl des Titels, da der „Schutzengel“ nichts verhindert.

Die dunklen Regenwolken ließen kaum Licht durch. Es war stockfinster auf der Brücke.

Mit dieser unnötig verdoppelten Beschreibung gestaltest Du den Einstieg nicht lesefreundlich. Die Düsternis, welche vorherrscht, ist mit dem ersten Satz bereits belegt, der Zweite erübrigt sich.

Tränen oder Regentropfen liefen ihre Wangen herunter. Sie war sich nicht sicher was von beiden, aber wahrscheinlich war es eh beides.

Auch wenn Du der Fantasie Freiraum schenkst, solltest Du solche nicht unnötig gegen die Realität stellen. Wenn sie weint, Grund dazu hat sie ja, ist sie sich dessen bewusst. Es wäre also besser, wenn sich es klar zeigt, dass sich Regen und Tränen vermischen.

Ab und zu konnte sie Leute hinter ihr rufen hören, doch niemand sprach sie an. Es war ihnen egal, dass sie hier auf der Brüstung der Brücke in so einem grauenhaften Sturm stand. Es war allen egal. Es war vor allem ihr egal.

Ich bin mir da als nicht sicher, wie Deine Intention bei diesen Sätzen war. In der Realität spielte es sich ja nicht so ab. Niemand der ihre Absicht erkennt würde rufen und nicht handeln, ansonsten ginge er stillschweigend vorbei. Meinst Du damit einzig eine Sequenz, die es eben als „Seltsam“ auszeichnet?
Ich gehe Mal von der Annahme aus, dass dem nicht so ist und Du ihre psychische Befindlichkeit auf einen Nenner bringst. Sie meint diese Rufe zu vernehmen, ebenso wie später die Gegenwart eines kleinen Mädchens. Es würde im Kontext der ganzen Geschichte psychologisch Sinn machen und wäre von der Umschreibung her auch tragbar.

Sie hatte das Foto komplett im Gedächtnis, sie wusste selbst jeden Haushaltgegenstand, der im Hintergrund stand.

Da sie ja sicherlich mehr als nur ein Foto von ihrer Tochter besitzt, würde ich dies im Satz bestimmter hervorheben. Z. B.: Sie hatte das Foto von Sarahs fünftem Geburtstag komplett im Gedächtnis, sie wusste selbst jeden Haushaltgegenstand, der im Hintergrund stand.

Diesmal waren es bestimmt Tränen, sie konnte das Salz schmecken.

Hier scheint mir die Erwähnung von verzweifelten Freudentränen angezeigt. Aber ob sie den vom Regen vermischten Salzgehalt der Tränen wahrnimmt? Oder hat es aufgehört zu regnen?

Leider sind etliche Fehler in der Rechtschreibung vorhanden, die Du innert einer Woche bereinigen solltest, ansonsten müsste ich den Text ins Korrektur-Center verschieben.
Nachfolgend habe ich angeführt, was mir beim Lesen so auffiel:

Sie drehte das Foto um[KOMMA] und sobald sie Sarah sah, verließ sie der Mut so schnell[KOMMA] wie er vorhin kam. So wie die dutzende Male zuvor. Sie konnte heute nicht springen.

Dutzende Male

"Hey, Miss?", sagte eine kindliche Stimme. Sie schaute sich um und neben ihr stand ein kleines, vielleicht fünfjähriges Mädchen.

An Stellen, bei der ein Sprecher-/Personenwechsel auftritt, solltest Du stets eine Zeilenschaltung vornehmen, damit dies den Leser nicht verwirrt. Also hier folgend:
"Hey, Miss?", sagte eine kindliche Stimme.
Sie schaute sich um und neben ihr stand ein kleines, vielleicht fünfjähriges Mädchen.

"Hey, Miss. Was hat es denn hier oben?", sie traute ihren Augen kaum. "Sarah?", sobald sie es gesagt hatte[KOMMA] wurde ihr bewusst, dass das nicht Sarah sein konnte.

Auch hier. Nach den Worten des kleinen Mädchens folgt zudem kein Komma, es ist dann ja die Frau, die ihren Augen kaum traut.

"Nein. Mein Name ist..."

Leerschlag vor Auslassungszeichen. (Danach Zeilenschaltung)

"Weißt du wie gefährlich, dass ist?"

das

Sie musste es fallen gelassen haben[KOMMA] als sie diese dumme Göre vor sich selbst beschützen musste.

"Hast du was verloren?", eigentlich wollte sie erwidern, dass sie sich nicht auf den nassen Boden setzen sollte, aber ihr wurde klar, dass das Mädchen eh nicht auf sie hören würde.

Das sind die Worte des kleinen Mädchens, dann die Überlegung der Frau, also folgt kein Komma sondern eine Zeilenschaltung und ein neuer Satz. Der letzte Satzteil solltest Du grammatikalisch anpassen: Eigentlich wollte sie erwidern, dass sie sich nicht auf den nassen Boden setzen sollte, aber es wurde ihr klar, dass das Mädchen eh nicht auf sie hören würde.

Meine Mutter findet mich aber trotzdem immer!", sie konnte diesem Mädchen nicht böse sein.

Und wieder das Dilemma, dass Du die beiden Figuren in ihrem Sprechen und Denken nicht trennst. Der Leser wird es Dir danken, wenn Du dies klar erkennbar machst.
Meine Mutter findet mich aber trotzdem immer!"
Sie konnte diesem Mädchen nicht böse sein.

"Woher weißt du[KOMMA] dass meine Tochter ebenfalls ein kleines Mädchen ist?". das Mädchen schaute sie mit einer Miene an, als wär das eine komplett überflüssige Frage.

Die wörtliche Rede ist mit dem Fragenzeichen und dem abschliessenden Anführungszeichen beendet, es folgt kein Punkt. Der neue Satz beginnt dann mit einem Grossbuchstaben.

"Danke[PUNKT]" Das Mädchen erwiderte nichts. Sie war froh, dass das Mädchen nicht sehen konnte[KOMMA] wie ihr Tränen die Wangen runterliefen.

"Meine Mutter findet mich immer[Punkt]", sie setzte das Mädchen ab.

Komma weg, dafür der neue Satzbeginn gross.

Irgendetwas seltsames hatte das Mädchen an sich. Sie hatte das Gefühl, das Mädchen wüßte mehr als es den Anschein hatte.

Seltsames / wüsste

Ohne sich weiter umzudrehen[KOMMA] eilte das Mädchen davon und verschwand so schnell[KOMMA] wie es gekommen war.


Und sie wußte[KOMMA] wo sie suchen musste. Sie lief zum nächsten Brückenpfeiler und wuchtete sich zurück auf die Brüstung. Sie fühlte den Regen kaum noch[KOMMA] als sie sich von der Brücke warf, aber sie spürte die salzigen Tränen auf ihren Wangen.

wusste,

Den Inhalt der Geschichte fand ich unterhaltsam zu lesen, wenngleich mir bei dieser Konstellation vorstellbar wäre, dass die Frau die Vision des kleinen Mädchens als Ausstieg aus ihrer Traumatisierung erfahren könnte. Nicht eine Schnellheilung, aber dass ein Nachdenken einsetzt, dass sie einen neuen Weg einschlagen lässt. Dann wäre der Titel auch stimmig. - Aber die Fehlerbehebung hat Priorität. Wenn Du inhaltlich dann noch was ändern willst, lässt sich dies in einem zweiten Schritt vollziehen.

Noch viel Freude hier beim Lesen, Schreiben und Kommentieren. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo,

vielen Dank für eure Kommentare. Werde mich erst einmal auf die Rechtschreibfehler konzentrieren. Aber eure Vorschläge haben mir gefallen und werde später direkter drauf antworten.

Ich hatte befürchtet, dass ich einige Rechtschreibfehler übersehen hatte. Es sind schon ein paar Jahre vergangen, seit ich das letzte Mal auf Deutsch geschrieben habe. Man vergisst schon einiges.

lg
dejawho

 

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