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Schutzengel im Dienst
Schutzengel im Dienst
„Triiiiiiiiiiiiie....“,
schrill erklang der Wecker im Zimmer des 15 jährigen Mädchens Samantha. Verschlafen richtete sie sich widerwillig auf und rieb sich die Augen.
Von diesem Geräusch wurde noch jemand in ihrem Zimmer geweckt, allerdings längst nicht so sanft.
Eine groß gewachsene Gestalt plumpste unsanft von der Fensterbank, auf der sie es sich bequem gemacht hatte.
Mühsam richtet sie sich auf, rechts und links breiteten sich weiße Schwingen aus und bewegten sich geräuschlos. Müde streckte das Wesen sich. Sein Gesicht war von einer unglaublichen Schönheit und Stärke, sah im Moment jedoch ziemlich zerknittert aus.
Während der Engel versuchte richtig wach zu werden, stand das Mädchen bereits vor dem Spiegel im Badezimmer und putzte sich munter die Zähne.
Als sie nach oben griff, um die Haarbürste von einer oberen Schublade zu nehmen, rutschten mehrere Dosen und eine Nagelschere hinunter.
Wie der Wind begab der Engel ins Bad und beugte sich schützend über das Mädchen.
Die Gegenstände knallten auf den geplagten Rücken des Engels und rutschten dann runter.
Sie verfehlten das Mädchen, dass nur durch den Aufprall auf den Boden erschreckte.
Jetzt war der Engel putzmunter.
Gott sei Dank passierte von da ab bis zur Ankunft des Mädchens in der Schule nichts mehr weiter.
Es war ein seltsamer Anblick. Nicht die Kinder, die zur Schule liefen, vielmehr die Wesen, die teils verschlafen, teils schon genervt von den Unglücken ihrer Schützlinge, hinter den Schülern her trotteten.
Einige hatten so früh am Morgen schon einiges auf sich nehmen müssen: von Kämpfen mit gereizten Katzen über beinahe ins Wasser fallende elektrische Zahnbürsten bis hin zu abstürzenden Cremetöpfchen und Nagelscheren.
Einer der Engel sah besonders geplagt aus. Sein Schützling war auf der Treppe gestolpert und der Engel hatte sich mitten auf die Treppe werfen müssen, um ihren Sturz aufzufangen.
laut über ihre morgendlichen Erlebnisse redend folgte die menge der gefiederten gestalten den kleineren und größeren Mädchen und Jungen zur Schule.
„Oh Mann...ich frag mich wer auf die Idee gekommen ist, gleich in der ersten Stunde Geschichte zu unterrichten.“,
beklagte sich ein Engel und erhielt von einigen zustimmendes Nicken.
Endlich hatten alle Schüler ihre Klassenräume erreicht und die Engel lehnten hinten an der Wand oder standen direkt neben den Tischen ihrer Schützlinge. Das Stundenklingeln unterbrach die Gespräche der irdischen und überirdischen Geschöpfe.
Samanthas Engel saß in der letzten Bank auf einem leeren Stuhl mit einem flauen Gefühl im Magen.
Musikunterricht!
Schon teilte der Lehrer Texte aus und stimmte am Keyboard die Melodie an. Was danach folgte, jagte jedem der Engel eine Gänsehaut des Grauens über die Haut. Aus etwa 20 Kindermündern erklang ein schauriger Gesang. Nicht einmal die Hälfte der Töne wurde getroffen, was für die Musik liebenden Engel besonders schlimm war.
So standen ihnen schließlich auch die Münder sperrangelweit offen vor Unglauben, als der Musiklehrer nach diesem Stück begeistert in die Hände klatschte.
„Wunderbar habt ihr das gemacht. Aus euch werden noch große Musiker.“
„Oh mein lieber Gott“,
stöhnte es von hinten.
„Er soll ihnen doch nicht auch nicht so eine dumme Idee in den Kopf setzen!“
Der Engel sank auf den Boden, das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt.
Doch auch in den anderen Klassenräumen war nicht mehr Stimmung. Im Geschichtsunterricht war ein Engel tatsächlich eingeschlafen.
„Ehrlich,“,
meinte ein anderer,
„Die Frau könnte sogar davon berichten das Gott auf die Erde gekommen ist und alle würden einschlafen..“
Damit setzte auch er sich auf den Boden.
Einem kleinerem Engel ging es nicht so gut. Er hatte alle Mühe die selbstmörderischen Absichten seines Schützlings, sich mit einer großen Schere die Stirnhaare abzuschnippeln, zu vereiteln.
In den höheren Klassen standen die Engel diszipliniert an der hinteren Wand und lauschten mit schlauen Gesichtern den Worten des Lehrers über Existentialismus und Sartre.
Immerhin war ihr Gesichtsausdruck schlauer als die meisten Schüler sich fühlten, als es schließlich zur Pause klingelte.
Aus den Türen drangen die Schüler nach draußen, aus den Fenstern die Engel.
Jetzt gab es wieder reichlich zutun, gerade bei den jüngeren Schülern.
Schon hörte man das erste Geschrei. jedoch reagierte kein Engel, bis schließlich ein kleinerer Engel angeschubst wurde.
„He das ist doch deiner!“
Der schrak hoch und flog dann Hals über Kopf zu dem vorwitzigem Jungen hin. Der hing nämlich an einem größeren Baum, auf den er geklettert war, um seinen Mut zu beweisen. Jetzt hing er an einem Ast und drohte jeden Moment den Halt zu verlieren. Hastig stellte der kleinere Engel sich unter ihn und sah wartend nach oben.
„Nun lass schon los!“
,meckerte er genervt rum.
dann endlich verlor der Junge seinen Halt und fiel den Engel buchstäblich über den Haufen, landete so aber wenigstens nicht auf den scharfkantigen Steinen. Die bekam das gefiederte Geschöpf dafür mit aller Wucht in den Rücken.
Der Junge rappelte sich hoch, sah sich um - und rannte davon um weiter zu spielen. Mühsam erhob der Engel sich, rieb sich den Rücken und sammelte einige kleinere Steine aus den jetzt grauen Federn.
Aus einiger Entfernung beobachteten die Schutzengel der Älteren das und sagten sich wieder mal ,wie froh sie waren, dass sie diese Zeit überstanden hatten. Ihre Schützlinge standen gebildet in kleineren Gruppen herum, unterhielten sich und rauchten dabei. Nun ja gegen diese Gefahr konnten auch Schutzengel nichts machen. Obwohl von einem Engel erzählt wurde, der versucht hatte seinem Schützling das Rauchen abzugewöhnen. Immer wenn der Schüler sich eine Zigarette anzünden wollte, hatte der Engel das Streichholz bzw. die Gasflamme des Feuerzeugs ausgeblasen. Man vermutete, dass er dies noch heute machte, jedoch war ihm zwischendurch der Atem ausgegangen, so dass der Schüler trotzdem rauchen konnte. Kein Engel wusste ob dies stimmte, doch gerade die jüngeren Engel versuchten dies, wenn ihr Schützling plötzlich mit rauchen anfing und auch später wieder. Die Jugendlichen regten sich dann auf, wenn ihr Feuerzeug immer wieder ausging. Irgendwann jedoch gaben die meisten auf.
Jetzt sahen sie sich das nur kopfschüttelnd, und teilweise auch besorgt an und beneideten die Kollegen, deren Sprößlinge Nichtraucher waren.
Erst das Klingeln ließ die Schüler aus dem grauen Nebel treten, den sie produziert hatten.
„Lunge ade..“,
murmelte ein Engel und folgte dem Rest seiner himmlischen Kollegen.
Jetzt war erst einmal Spannung angesagt, denn eine Klasse schrieb einen Test. Am Abend zuvor hatte das schon Ärger verursacht, da manche Schüler sich vor lauter Zerstreutheit beinahe den Bleistift ins Auge gestochen hätte.
Ein anderer wäre beinahe vor ein Auto gelaufen, weil er abends zuvor nicht gelernt hatte und auf dem Schulweg so in seinen Hefter vertieft gewesen war.
Nun aber herrschte Stille im Raum, bis auf leises Blättergeraschel und den gelegentlichen Seufzern der Schüler über die Aufgaben.
Interessiert beugten die Engel sich über die Schüler und sahen sich die Aufgaben an. Während einige wissend nickten, blieben die Gesichter anderer völlig leer, da sie selbst keine Ahnung hatten
Auch in den unteren Klasse wurde gerade ein Test geschrieben. Stirnrunzelnd saß Samantha und stand ihr Engel über den Aufgaben.
„Nun komm schon... du kannst das doch.“,
flüsterte er ihr zu. Und tatsächlich nahm sie endlich den Stift und fing an zuschreiben.
Er nickte bei dem was sie schrieb, schließlich schrie er jedoch auf.
„Nein! Das ist doch falsch!“
„Pssssssssst!“
zischten die anderen Engel und sahen ihn böse an. Er zuckte zusammen und sah sich schuldbewußt um.
„Tschuldigung!“ flüsterte er, dann sah er wieder auf ihr Blatt.
„Nein, nein, nein.. lies noch mal.. los.. da muss doch was anderes hin. Samantha noch mal lesen!“
Plötzlich hob das Mädchen den Kopf, als hätte sie etwas gehört und sah sich um, dann schüttelte sie ihn und sah wieder auf die Aufgaben.
Ein leises „Oh!“ entfuhr ihr und sie strich die falschen Worte durch und schrieb das Richtige hin.
Der Engel führte einen kleinen Freudentanz auf.
„Super!“
Zehn Minuten später waren alle fertig mit schreiben und der Test wurde abgegeben. Sowohl einige Schüler als auch deren Beschützer sahen ziemlich niedergeschlagen aus. So gut, wie für Samantha, war es nicht überall gelaufen.
Die restlichen Stunden plus Pausen liefen ohne große Unfälle ab und nach dem Schulschlussklingeln stürmten die fröhlichen Schüler und die mehr oder weniger erleichterten Engel aus der Schule.
Ein paar Schüler mussten an einigen Straßen gehalten und an einen Autospiegel festgehängt werden, um nicht vor ein Auto zu laufen, oder etwas unsanfter: über ihre eigenen bzw. die Füße ihrer Engel stolpern.
So erreichte schließlich auch der letzte Schüler nebst Engel sein Zuhause. Hier warteten die gewohnten Übel auf beide.
Auch Samanthas Engel musste schnell nach vorne stürzen und die Inlineskates weg schubsen, damit sie nicht darüber fiel.
Samantha ging nach oben und machte ihre Hausaufgaben. Ihr Engel liess sich auf dem Bett nieder und streckte die Beine aus, immer mit einem wachsamen Blick auf das Mädchen.
Gut das heute kein Badetag war, die vielen Stromstösse von beinahe in die Badewanne fallenden Fönen oder ähnlichen elektrischen Geräten, hatten seine Flügelspitzen schon angesengt.
Schließlich zog das Mädchen sich um und der Engel musste das Bett räumen.
Schlafenszeit.
Das Licht wurde gelöscht und Ruhe kehrte ein - fast. Der Engel streifte noch durchs Zimmer und schob einige Sachen zusammen. Da fiel sein Blick auf den Schreibtisch. Ein einzelner Zettel lag noch dort und er wollte ihn gerade weglegen, da sah er was es war. Was er las rührte ihn zu Tränen und wieder einmal war er dankbar dafür, das er ein Schutzengel geworden war. Für solche Momente, für diese Dankbarkeit lohnte sich alles. Und genau so etwas ließ ihn und auch die anderen Engel die Menschenkinder lieben. Samantha hatte ein Gedicht für ihn geschrieben:
Mein Engel
Mein Engel gib mir die Hand
führ mich in dein Zauberland
leg deine Flügel fest um mich
wärme mich, ich bitte dich.
Ich weiß du bist mir immer nah
in meinen Träumen bist du da
Sonnenlicht auf deinen Flügeln
deine Energie ist kaum zu zügeln.
Mein Engel gib mir deine Hand
führ mich weit weg in ein fernes Land
leg deine Flügel nicht zu fest um mich
beschütze mich nur, ich bitte dich.
Engel ich geb dir nun meine Hand
zeig dir jetzt mein Wunderland
und wenn du gehen musst, dann geh
Glaube immer an dich, es tut nicht so weh
Ich danke dir für jeden Tag
den du an meiner Seite warst
an dem ich deine Wärme spürte
und du mich durch mein Leben führtest
Mein Engel wann werden wir uns wiedersehn?