Schuld
Schuld
Immer wieder sah er die großen traurigen Augen vor sich. Wie sie ihn mit jedem Blick verfolgen, jede seiner Bewegungen. Einfach nur zusahen, wie er ihr Zuhause zerstörte. Nachts, wenn er die Augen schloss und alles still um ihn wurde, konnte er ihre Schreie hören, das Prasseln des Feuers, die Schläge der Äxte auf Holz und immer wieder die Augen. Wenn er aus dem Fenster blickte, einkaufen ging, abends in der Dorfkneipe, sie verfolgten ihn auf Schritt und Tritt.
Marcello ist ein einfacher Arbeiter, er nimmt Gelegenheitsjobs von Großgrundbesitzern an. Wählerisch kann er nicht sein, die Familie will schließlich ernährt werden.
Heute soll er zusammen mit ein paar anderen Männern aus seiner Siedlung ein Gebiet säubern, auf dem die neuen Felder für eine Tabakplantage entstehen sollen. Morgens, noch bevor die Sonne aufgeht, treffen sich die Männer, bewaffnet mit Äxten, Macheten und Spirituskanistern. Einer hat eine Schrotflinte dabei. Schweigend rotten sie sich zusammen, man spricht nicht über die Arbeit, jeder hängt seinen Gedanken nach. Nur nicht an den Job denken ist die Regel, die jeder befolgt. Der mit der Schrotflinte richt nach billigem Alkohol.
Marcello geht am Schluß. Er hat die Regel missachtet, er denkt an den Job, malt sich die Folgen aus. Zum Ersten Mal hat er das Gefühl, nicht das Richtige zu tun. Es war falsch - aber es brachte Geld.
Die Männer sind an ihrem Arbeitsplatz angekommen. Ein kurzer Blickkontakt, schweigend beginnen sie mit ihrer Arbeit. Ein Zuhause nach dem anderen abgebrannt, zerschlagen und zerstört. Die meisten Bewohner flohen einfach, manche still, andere mit Geschrei und Gebrüll. Nur einer saß einfach da und blickte ihn an, mit traurigen Augen schien er den kleine Arbeiter zu durchboren. Warum tust du das?, schienen sie zu fragen. Warum?
Den Blick kann er nicht vergessen. Auch wenn es schon lange vorbei ist. Immer wieder sieht er den großen Gorilla vor der brennenden Dschungelkulisse sitzen.
Warum?