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Schritt (Parabel)

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05.10.2003
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Schritt (Parabel)

Schritt (Rubrik: Philosophisches)

Schritt

Sie schritt, eines flotten Schrittes, entlang. Das musste man ihr lassen, einen solchen Schritt hatten nur wenige. So fragte sich jeder, an dem sie schnell schreitend vorbei schritt, warum sie einen solchen Schritt hatte!
Doch da lag das Problem! Ja, die Schreitende wusste selber nicht, warum ihr Schritt so schreitend war. Es gab eine Zeit da ist es ihr natürlich bewusst gewesen, doch jetzt kam es ihr, auch nach langem Grübeln, nicht mehr in den Sinn. Oh weia, was nun?
Würde ihr schreitender Schritt mit einem Male an Schreitung abnehmen, was sollten die Leute da denken?
So schritt sie einfach weiter, mehr um den Willen der Anderen wegen als um ihren Eigenen. Schritte weit in die Welt, ohne Aufgabe oder Sinn. Wie lange würde sie es wohl noch durchhalten? Immer mehr Leute schauten. Schauten den großen schreitenden Schritten hinterher. Ihre Angst wuchs, dass jemand die Sinnlosigkeit der Schritte merkte. Da passierte es, jemand stellte ihr ein Bein!
So flogen ihre schreitenden Schritte weit nach vorn und ein harter Prall auf den Boden folgte.
Was konnte die Realität doch grausam sein!


 

Hallo Jaster,

ein herzliches willkommen zur kurzgeschichten.de von mir. Da hast du ja ein sehr "fortgeschrittenes" Werk als Einstand geliefert. Gefällt mir sehr gut.

Allerdings würde es meiner Meinung nach besser in die Rubrik Humor passen, so richtig philosophisch kommt mir die Geschichte nicht vor.

Sehr gut zu lesen, ich habe absolut nichts dran auszusetzen.

Herzliche Grüße! Marion

 

Na ja, mit Philosophie hat es nichts zu tun, scheinbar, soweit ich es verstanden habe, handelt es sich eher um etwas Gesellschaftliches.

Sollen die Schritte für das Voranschreiten im Leben stehen? Karriere etc? Der Protagonist steigt hoch und fällt tief und Karriere hat er nicht für sich gemacht sondern der Anerkennung wegen.

Das die Realität grausam sein kann ist nur eine subjektive Empfindung, ich finde und fand sie in meinem ganzen Leben noch nicht grausam und das hat seinen Grund. ;)

 

das ist eine Parabel. Ihr Sinn ist also daneben geworfen. Man kann da alles reininterpretieren was man will.
Und wenn man Karriere wegen Anerkennung macht erfüllt es doch wiederum ein Eigenzweck. Also hat er es für sich selbst gemacht.
Und welches Empfinden ist denn nicht subjektiv? Objektivität gibt es nicht!

 

Das ist ja die schwierige Frage: Wo ordnet man das ein? Es müsste eine eigene Sparte Parabel geben, denn jeder sieht einen anderen Sinn und da Philosophie weitumfassend ist, hab ichs hier eingeordnet.

 

Kritikerkreis


Hallo Jaster,

mir scheint es so, als ob Du keine bestimmte Interpretation Deiner Geschichte erwartest. Eine Parabel ist aber nicht so definiert, dass man verschiedenes in sie hineininterpretieren kann.
Streng genommen ist eine Parabel keine Kurzgeschichte. Ich sehe den Text weniger als Parabel, sondern halbwegs als parabolische Kurzgeschichte.
Ich denke, Du willst mit Deinem Text einen philosophischen Aspekt berücksichtigen. Ein philosophischer Text kann kurz sein, ich hätte auch den ungewöhnlichen Stil begrüßt, denn
man kann durchaus mit Worten und Klängen spielen, wie Du es mit dem „Schreiten“ machst, doch sollte es nicht Selbstzweck sein, sondern den Inhalt der Geschichte unterstützen. Eine parabolische Verzerrung findet nur auf der formellen, nicht inhaltlichen Ebene statt.(Dies ist allerdings gut gelungen). Es sollten auch inhaltliche Aussagen verändert dargestellt werden, damit die Abgrenzung zur realistischen Kurzgeschichte deutlich wird (das plötzliche Beinstellen ist im verwendeten Bild durchaus realistisch, eine Wendung hin zum Nicht-Realem wäre aber interessanter).
Die `Fortgeschrittenen Schritt-Worte´ könnten z.B. als Parallele für die sich immer wieder `windend- wiederholenden Wortgedanken´ der Protagonistin dienen, doch- es kommt ihr ein klärender Gedanke „nicht mehr in den Sinn“. Bei „Oh weia, was nun?“ unterbrichst Du auch den Sprachstil, man ahnt schon: Nach so einer unbeholfen-naiven Aussage ist nichts mehr Wesentliches von der Protagonistin zu erwarten. (Und man sieht: Der Text ist bald beendet...).
Man könnte sicher etwas philosophisches in den Text hineininterpretieren (z.B. die `Nichtigkeit des Tuns´), doch für eine echte philosophische Aussage fehlen Angaben, die man abwägen oder ergründen könnte.
So bleibt:
Warum tut sie, was sie tut?
Sie weiß es selbst nicht.
Sie bleibt bei ihrem Tun, wegen der Mitmenschen (eher ein gesellschaftlicher Aspekt)
Sie weiß nicht, warum sie so handelt, aber weiß, dass es sinnlos ist. (Woher kommt die Erkenntnis, ist sie wahr? Bei sinnlosem Tun wäre die Frage nach dem ´Warum´ vergeblich).
Ihr wird ein Bein gestellt.
Sie fällt.
Sie erfährt die grausame Realität. (Warum ist die Realität grausam, wird sie doch aus den kreisenden Gedanken des sinnlosen Nichtwissens gerissen? Mußte sie nicht auch in der Realität gewesen sein, als sie die Sinnlosigkeit erkannte, ihr Handeln an den Menschen ausrichtete? So wirft der Text Fragen auf, aber es sind keine von allgemeinem Interesse, sondern sie dienen der Ergründung eines Widerspruchs in der Geschichte).

Es ist schade, dass dieser formell interessante Text- ganz gleich ob parabolische Kurzgeschichte, oder nicht- keine durch `Hintergrund´- Inhalt bestimmbare Fragen aufwirft, vielleicht sogar unerwartete Aspekte aufzeigt. Eine parabolische Kurzgeschichte kann durchaus sehr offen für Interpretationen sein, dieser fehlt aber eine Diskrepanz, die auf das Ungewöhnliche hinweist und dadurch zur Reflexion des Textes anregt.

Anhang:

Bei „Prall auf den Boden“ müßte es Aufprall heißen, doch dann hat man das „Auf“ doppelt. Es könnte z.B. `Ein harter Fall´ heißen.
Änderungsvorschlag für den Schlußsatz: Wie grausam kann doch die Realität sein!
Die Angabe des Geschichtstypus gehört nicht in die Überschrift.


Tschüß... Woltochinon

 

Hallo,

laut Definition ist eine Parabel doch so konzipiert das sie mehrer Definitionen zu lässt. Da liegst du einfach falsch! Kafka schrieb auch Parabeln genau wie Kunert und jeder Mensch gibt den Texten einen anderen Sinn! Es ist frei auslegbar und genau da lege ich Wert drauf.
Man darf heutzutage auch nicht mehr von strengen Formen ausgehen. Die heutige Parabel hält sich einfach nicht mehr an die Formen wie damals noch die Ringparabel. Bestes Beispiel sind dafür wieder Kafak und Kunert.
Die Realität ist für sie grausam, weil sie sie aus "ihrer Realität" rauswirft.
Und ob die Geschichte wirklich keine neuen Aspekte aufwirft hängt immer vom Leser ab. Der eine kennt sich aus und hat bestimmtes Vorwissen und der andere nicht.
Genauso ist es mit den Fragen die der Text aufwerfen kann. Ich will dem Leser Freiraum geben, er soll selber darüber nachdenken, daher erwähne ich auch so etwas nicht.
Man muss den Inhalt für sich selber erschließen und dabei kommt jeder Leser auf eine andere Lösung.
Du gehst beim Lesen einer Parabel schon von falschen Grundlagen aus, dabei darf man ein vorgefertigtes Grundmuster einfach nicht erwarten.

Tschau
Jaster

 
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Kritikerkreis

Zur Info, Definitionen für die Parabel: hier klicken

Auch wenn die Parabel im 20. JH (erst recht im 21. ;)) "offen" gebraucht wird, dürfte die "belehrende" Eigenschaft weiterhin als charakterisierend betrachtet werden können. Das setzt eine Erzählabsicht voraus, d.h. es ist eben nicht völlig beliebig, was der Leser hinein interpretiert. Es mag verschiedene Deutungsmöglichkeiten geben, aber mindestens "Haupterzählabsicht" eine müsste der Autor im Kopf gehabt haben, als er die Parabel schrieb. Welche ist es in diesem Fall? Ich lasse die Frage absichtlich offen.

Grundsätzlich stimme ich zu, dass Erzählformen nicht zu starr aufgefasst werden sollten. Und schließlich kann man den Begriff "Parabel" in der Überschrift auch ignorieren und die Geschichte einfach so nehmen, wie sie da steht, und sich seinen Teil dabei denken.

Ein kleiner Fehler:

Es gab eine Zeit da ist es ihr natürlich bewusst gewesen, -> Hier muss Plusquamperfekt stehen, denke ich; außerdem muss ein Komma hinter da.

Uwe

 

Natürlich gibt es eine "Hauptansicht", man braucht logischer Weise einen Hintergrund um zu schreiben. Würde ich sie aber nennen oder gar in der Geschichte deutlich machen wäre die eigene Sicht des Leser zu sehr in eine Richtung gelenkt. Genau das will ich vermeiden. Ich habe natürlich meine Ansicht, aber ich will niemanden beeinflussen.

Jaster

 
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Kritikerkreis

Natürlich gibt es eine "Hauptansicht", man braucht logischer Weise einen Hintergrund um zu schreiben.

Ich stimme Dir zu, obwohl: Es gibt hier Autoren, die da scheinbar anderer Meinung sind :rolleyes:

Würde ich sie aber nennen oder gar in der Geschichte deutlich machen wäre die eigene Sicht des Leser zu sehr in eine Richtung gelenkt. Genau das will ich vermeiden. Ich habe natürlich meine Ansicht, aber ich will niemanden beeinflussen.

Wir sind hier aber nicht nur Leser, sondern auch Kritiker, die sich dafür interessieren, was Du uns mitteilen wolltest, um dann zu beurteilen, wie Du das umgesetzt hast. Angedeutet hast Du es ja schon, und das dürfte eigentlich auch genügen.

 
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Kritikerkreis

Hallo Jaster,

also schauen wir ´mal, was geschrieben wurde:
Du sagst, Deine Geschichte ist eine Parabel. Du weißt sicher auch, dass Parabeln nicht unbedingt zu Kurzgeschichten gezählt werden, ähnlich wie Gleichnisse. Warum steht der Text dann im Forum?
Deshalb bringe ich einen neuen Aspekt ein: Ich halte den Text nicht für eine typische Parabel, sondern eher für eine parabolische Kurzgeschichte.
Dir wird bekannt sein- eine parabolische Kurzgeschichte ist eine moderne Weiterentwicklung der Parabel (bzw. Kurzgeschichte). Es wundert mich, wenn Du diese Bemerkung nicht begrüßt, da sie auch das Problem der freien Interpretierbarkeit löst. Du wolltest doch eine frei interpretierbare Geschichte schreiben, meiner Ansicht nach tust Du dies eher durch eine parabolische Kurzgeschichte (die dies weitergehender ermöglicht) als eine Parabel.
Nun, ich darf doch wohl als Kritiker anmerken, dass in dem Text Verbesserungen möglich sind. Ich sage auch: „dass dies ein formell interessante(r) Text“ ist. Unabhängig von der Klassifizierung habe ich den Text auch gelesen, doch letztlich war das „Parabel“ in der Überschrift (!) nicht meine Idee.

Zur Parabel gehört ein Analogieschluß, ich schlage sogar eine Möglichkeit vor, schließlich hast Du ja noch den `Philo´- Anspruch. Wie angemerkt: Unabhängig von dem Problem, wie frei interpretierbar eine Erzählform sein darf, halte ich Deinen Text nicht besonders dafür geeignet, Fragen nach `dem Wesen der Dinge´ aufzuwerfen. Darum geht´s.

Tschüß... Woltochinon

 

Zu der Einordnung kann man sich streiten, aber ich hab schon ganz andere Sachen gehört. Da leuchtete deine Ansicht doch schon ein, auch wenn ich nicht ganz mitgehen kann.
Und ob dieser Text wirklich keine Fragen nach dem "Wesen der Dinge" aufwirft bezweifel ich. Jeder Leser soll sich selber damit befassen und keine von mir geschriebenen Fragen lesen. Er muss von sich aus Fragen entwickeln und ich glaube dann kann es auch um das "Wesen" gehen.

Tschau
Jaster

 
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Kritikerkreis

Hallo Jaster,

danke für Deine Antwort.
Wenn Du als Autor eine so weitgehende Interpretationsmöglichkeit wünschst, kann ich das schon akzeptieren. Welche Vorgaben ein Text machen darf, oder soll, ist ist halt ein altes und schwieriges Problem.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

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