Mitglied
- Beitritt
- 28.12.2001
- Beiträge
- 65
Schon wieder
Ich mag es nicht. Ich mag es nicht, wenn er wieder kommt und mir weiße Rosen schenkt. Ich hasse weiße Rosen. Immer wieder dasselbe. Er kommt nachhause. Legt sich ins Bett. Er legt sich auf mich und ich spüre seinen schweren, stinkenden Atem. Ich versuche mich zu wehren und er schlägt mich. Immer wieder dasselbe.
Samstagnacht, es hat dreißig Grad. Der Fernseher läuft leise. Ich wälze mich in meinem Bett. Schon wieder ein Fußballspiel mit anschließendem Saufgelage. Ich lasse die Bilder wieder durch meinen Kopf laufen. Grölende Besoffene, halbnackte, vollbusige Flittchen, Lärm. Und er mittendrin.
Die Tür knarrt. Er ist da. "Bist du wach?" Ich antworte nicht, stelle mich schlafend. Ich komme mir in solchen Momenten vor wie diese Tiere, die sich tot stellen, aus Angst, gefressen zu werden. Ja, ich werde von ihm gefressen. Regelrecht aufgefressen.
Das Bett wackelt. Er liegt jetzt neben mir. Er rückt an mich heran, legt sich wieder auf mich. Ich rieche Bier und Schweiß. Mir ekelt vor ihm. Er versucht, mich auszuziehen, ich wehre mich. "Nun stell dich doch nicht so an!" Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr.
"Lass mich in Ruhe, geh weg von mir!" Ich höre meine Stimme, leise und zittrig, aber ich höre sie. Er lässt ab von mir, um mir im fast gleichen Moment ins Gesicht zu schlagen. Ich bin wütend, meine Wut verwandelt sich in Kraft und ich trete ihm in den Magen. Er versucht, mich festzuhalten, ich trete ein zweites Mal zu. Er liegt im Bett und wimmert. Ich lasse ihn wimmern und stürze zur Tür hinaus.
Ich sitze draußen, den Rücken an die Tür gelehnt.
Vielleicht sollte ich zu meiner Mutter gehen. Vielleicht sollte ich zu meiner Freundin gehen. Vielleicht sollte ich zur Polizei gehen. Ich stehe auf und öffne die Wohnungstür. Vielleicht liebe ich ihn ja.
[ 07.07.2002, 19:40: Beitrag editiert von: 15_jahre_anfängerin ]