Was ist neu

Schokoladeeis

Mitglied
Beitritt
04.08.2002
Beiträge
294

Schokoladeeis

Sie isst Schokoladeeis. Er hasst Schokoladeeis. Es ist nicht so, dass sie das Schokoladeeis liebt. Wenn es von nun an kein Schokoladeeis auf dieser Welt mehr geben würde, würde ihr nicht wirklich etwas fehlen. Grundsätzlich käme sie auch sehr gut völlig ohne Eis zurecht. Sie könnte von nun an komplett auf Eis verzichten. Das wäre kein besonderes Problem für sie. Aber weil es Eis schon mal gibt und weil alle Menschen Eis essen wenn es heiss ist und weil er den Vorschlag gemacht hat, isst sie eben Eis. Sie hat ja auch nichts dagegen. Er hat den Vorschlag gemacht, weil es heiss ist und weil das eigentlich nett ist, Eis zu essen an einem Sommertag und weil man sowieso irgendwie die Zeit miteinander verbringt, da kann man ja auch Eis essen. Eis essen ist völlig ok. Niemand kann gegen zwei Menschen die miteinander Eis essen etwas sagen.

Immer wenn sie Eis isst, ist eine Kugel Schokoladeeis dabei. Schokoladeeis gibt es immer, wenn Eis angeboten wird. Es ist nichts besonderes, aber sie mag es einfach. Schokoladeeis ist keine Sensation, auch für sie nicht, aber sie mag es eben und es gehört für sie zum Eisessen dazu. Eisessen ohne Schokoladeeis ist zwar nichts, wogegen sie sich vehement wehren würde, aber es käme ihr eben nicht in den Sinn. Er erklärt, dass er Schokoladeeis hasst. Er hasst es einfach - nichts zu machen. Das ist eine Tatsache. Er könnte es vielleicht essen, wenn man ihn dazu zwingen würde, aber kein Mensch wird gezwungen Schokoladeeis zu essen. Das wäre absurd.

Sie hat also den Geschmack von Schokoladeeis im Mund und er erklärt, dass er niemals freiwillig Schokoladeeis essen würde. Diese Aussage kränkt sie. Grundsätzlich ist es ja egal ob dieser Typ Schokoladeeis mag oder nicht, denkt sie. Soll er doch das Eis essen, das er mag. Und wenn er überhaupt kein Eis essen würde, würde sie das grundsätzlich überhaupt nicht kümmern. Aber an diesem heissen Sommernachmittag, wo den beiden nichts besseres eingefallen ist als Eis zu essen, weil es eine nette Idee ist und weil man diesen Nachmittag nun mal einander gewidmet hat, kränkt es sie, dass er nun zum dritten mal erklärt, dass er Schokoladeeis beim bestem Willen nicht ausstehen kann. Gut, er mag Schokolade in Form der klassischen Tafel Schokolade, das würde er schon essen - kein Problem für ihn. Aber Schokoladeeis kommt nicht in Frage - no way. Vanilleeis würde er da viel lieber essen. Er hat es aber nicht genommen, weil ihn Vanilleeis heute nicht reizt. Aber Vanilleeis würde er Schokoladeeis jederzeit vorziehen. Da ist er sich wirklich sicher.

Sie gehen nebeneinander auf der Fussgängerzone dieser Stadt und essen ihr Tüteneis und reden über einen dieser Punkte, der sie unterscheidet. Sie mag Schokoladeeis - er nicht. Er mag es nicht nur nicht, er kann wirklich von sich selbst behaupten, dass seine Abneigung so weit geht, dass er Hass gegen dieses Eis empfindet. Es ist eigentlich nicht die Tatsache, dass er dieses Eis nicht mag, die sie kränkt und nervös macht. Es ist eher, die Überzeugung mit der er diese seine Eigenschaft an diesem Nachmittag, den sie eben einander gewidmet haben, weil sie sich eben gerne sehen und weil man sich eben Nachmittage widmet, wenn man beschlossen hat zusammen zu sein - es ist der Nachdruck mit dem er diesen Standpunkt vertritt. Kein Zweifel - Dieser Mensch würde niemals Schokoladeeis essen. Wenn kein anderes Eis angeboten würde, würde er - und das ist unumstößlich - vollkommen auf Eis verzichten.

Er ist Malagaeis. Sie würde sich niemals Malagaeis aussuchen. Nicht weil sie es nicht mag, aber sie käme nicht auf die Idee. Und mögen würde sie es wahrscheinlich auch nicht. Aber das steht für sie eigentlich nicht zur Debatte. Ihr ist es auch völlig egal, welches Eis er isst. Sie würde niemals sein Eis in Frage stellen. Selbst wenn für sie Malagaeis das widerlichste auf dieser Welt wäre, wenn es für sie eine absolute Qual wäre, Malagaeis zu essen - niemals käme sie auf den Gedanken, ihm in aller Deutlichkeit zu erklären, dass sein Eis ihr Ekel macht. Aber so ist es ohnehin nicht. Malagaeis ist ihr einfach gleichgültig und wenn sie zufällig zu Malageeis käme, könnte sie es schon essen, eventuell.

Wenn er nicht auf dem Schokoladeeis herumreiten würde, wenn er nicht seinen dezitierten Widerwillen gegen Schokoladeeis erklären würde, wenn er nicht mit allem Nachdruck darauf bestehen würde, dass er nie im Leben Schokoladeeis essen würde, wäre ihr gar nicht aufgefallen, welches Eis er isst. Er hätte sein Eis gewählt und das wäre eben seine Wahl gewesen und schließlich hat jeder Mensch das Recht jenes Eis zu essen, welches er mag - keine Frage. Und egal ist ihr das sowieso, welches Eis er mag - grundsätzlich halt. -
Sie ist verunsichert.

Sein Telefon läutet. Er erzählt dem Menschen am anderen Ende des Mobilfunks, dass er gerade mit ihr Eis isst. Er erwähnt nicht, welches Eis sie ist und dass er dieses Eis eigentlich hasst. Das beruhigt sie ein wenig. Eigentlich ist sie auch etwas stolz, dass er dem Menschen am anderen Ende des Mobilfunks erzählt, dass er mit ihr gerade Eis ist. So soll es ja auch sein an einem heissen Sommernachmittag, dass die Leute, die beschlossen haben zusammen zu sein, miteinander Eis essen. Das sieht sicher auch der Mensch am anderen Ende des Mobilfunks so und sicher würde dieser Mensch jetzt auch gern mit einem Menschen, mit dem er zusammen ist, Eis essen. Wer würde das nicht? Die Welt ist in Ordnung so.

Sie kommen an, in seiner eigenartigen Wohnung.

Er legt auf. "Ich kann es wirklich nicht verstehen, wie man Schokoladeeis mögen kann."

Sie sieht ihn an - bittend, was er als hingebungsvoll empfindet. Er legt die Hand auf ihren Kopf. Sie ist erleichtert. Er legt die Hand auf ihren Hals. Im Kuss vermischen sich Schokoladeeis und Malagaeis. Sie ist erleichtert. Sie vermischen sich. Diese Eissorten zu vermischen ist eigentlich nicht besonders sinnvoll, aber es ist auch nicht etwas, was grundsätzlich abzulehnen ist. Sie legen sich hin. Sie vermischen sich. Sie vermischen sich, und das ist gut. Beide finden diese Vermischung wirklich gut. Ja, als sehr gut sogar. Sie empfinden die Wärme als gut. Sie denken, dass sie diese Wärme wirklich brauchen. Und sie denken, dass sie diese Vermischung wirklich brauchen. Und sie ist froh, dass er bereit ist zur Vermischung, obwohl sie Schokoladeeis mag. Und er ist froh, dass sie ihn mag. Und sie ist froh, dass er sie mag. ---

Sie wird niemals seinen Hass gegenüber Schokoladeeis begreifen, noch dazu wo er die klassische Tafel Schokolade überhaupt nicht ablehnt und auch Kakao für ihn in Frage kommt - ab und zu zumindest.

 

Hallo Klara und erstmal willkommen bei kg.de!

Vom Inhalt her nicht schlecht, die Geschichte; jeder hat eben seine eigenen Vorlieben, auch im Bezug auf Eis. Geschmäcker sind eben verschieden.
Schön, dass deine beiden Protagonisten am Ende einen "Kompromiss" für ihre Meinungsverschiedenheit gefunden haben.

Sprachlich waren mir allerdings viel zu viele Wiederholungen in der Geschichte vorhanden; vieles hätte man kürzer schreiben können. Auch verwendest du häufig die selben Wortbezeichnungen.

Insgesamt aber gar nicht mal schlecht.

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hey Klara,
nun habe ich also die Ehre auf dein erstes Posting bei KG.de zu antworten. Also erstmal Willkommen von meiner Seite aus.
So, jetzt zur Kritik:
Interessante Geschichte, die von der Aussage her ziemlich nachdenklich macht. Die Unterschiede zwischen einem Mann und einer Frau und wie diese unwichtig werden, wenn ich das richtig verstanden habe, spielen die zentrale Rolle in deiner Geschichte.
Wenn das so ist, dann muss ich sagen finde ich die ersten 3/4 deiner Geschichte leicht zu missverstehen.
Du streichst hier Unterschiede zwischen den beiden heraus und vereinfachst sie durch die Symbolik des Eises. Interessanter Ansatz, auch die unterschiedlichen Einstellungen der Charaktere zu diesen Unterschieden.
Meiner Meinung íst deine Ende halt nur nicht wirklich konsequent, hier fehlt mir einwenig die "Schlussfolgerung".
Was denkst du darüber? Sehe ich das komplett falsch?

Sprachlich wars in Ordnung, ist nur zeitweise etwas schwierig zu lesen, das lässt sich aber bestimmt noch ausbügeln.

Alles in Allem nicht schlecht.

Gruss
Roman

 

Doch nicht der Erste, ich brauche auch immer zu lange zum Schreiben einer Antwort :heul: !

 

Ich finde Du schreibst super. Klar, es sind ein paar Wiederholungen drin (einige finde ich gut und nachdruckverschaffend, andere nerven ein wenig), aber es wirkt trotzdem flüssig. Auch mitreißend. Nur fehlt mir auch ein bisschen ein Fazit oder eine Pointe zu Schluss. Ein bisschen Schock würde mir gefallen, die Stimmung dazu kreierst (wie wird das geschrieben?) Du auf jeden Fall schon.
Aber nicht dran stören: Rein subjektive Meinung. Bin auch noch am Üben!

 

@ Prodi:

Doch nicht der Erste, ich brauche auch immer zu lange zum Schreiben einer Antwort
Sieh's doch mal so: Wenn jemand lange über eine Kritik drüber ist, zeigt das doch, dass er sich wirklich eingehend mit einer Geschichte befasst, oder? ;)
Viele Grüße - Michael :)

 

...oder einfach nicht genau weiß wie er ausdrücken soll, was er zu sagen hat!!! Davon aber mal abgesehen finde ich es als Selbstverständlichkeit keine nullachtfünfzehn Kritiken zu schreiben und die brauchen nunmal Zeit.
Fazit: Danke für deine Aufmunterungsversuche, aber ich bin manchmal wirklich ein wenig sehr langsam.
Gruss
Roman

 
Zuletzt bearbeitet:

@Michael
erstmal danke fuer deine kritik.
es ist sehr interessant fuer mich wie du die geschichte interpretierst.
ich wollte aggressionen in einer von aussen betrachtet funktionierenden beziehung darstellen, die dann auf nebenschauplaetzen ausgetragen werden und in einen quaelenden kleinkrieg muenden.
die wiederholungen sollen die penetranz dieses kleinkriegs zeigen.
finde ich uebrigens sehr spannend dass du die "vermischung" am ende als kompromiss siehst ... :)

@Prodi
auch dir vielen dank fuer die kritik.
auch deine kritik stimmt mich nachdenklich. ich wollte eigentlich gar nicht so sehr die unterschiedlichen einstellungen der beiden zu ihren unterschieden herausarbeiten, aber ich finde es super wenn diese unterschiedlichen einstellungen trotzdem irgendwie rueberkommen.
eigentlich ist das ende der geschichte die folge der zuvor statt gefundenen aggression. dem konflikt folgt die vereinigung. ist ja kein widerspruch, oder? ;)

@Meike
danke, danke :)
du hast recht, die wiederholungen koennen dann schon nervig sein .. ich wollte sie als ein mittel einsetzen, um eben seine gnadenlose herumreiterei auf dem nebensaechlichen thema darzustellen .. nervig eben ..
du hast recht, den schluss koennte man drastischer (mit ein bisschen schock eben) darstellen.

 

@Klara:
Ansichtssache, denke, dass meist wenn eine Beziehung an dem Punkt angekommen ist, an dem Nichtigkeiten die großen Unterschiede machen und stundenlang darüber gestritten , bzw. sich geärgert wird, ein Ende wie du es schilderst entweder nicht besonders gesund für die Selbsachtung, oder nicht besonders wahrscheinlich ist.

 

@Prodi
du hast natuerlich recht mit deiner ansicht. aber ich will ja hier keine belehrenden geschichten schreiben, wie man es im leben richtig macht. die fehler, die menschen machen, welche umwege gegangen werden und welche widerspruechlichkeiten daraus entstehen sind fuer mich interessanter.
nichtsdestotrotz, ein guter punkt von dir!

 

Hallo Klara,

eine sehr sensible Schreibe, finde ich. Gute Idee, die Gegensätzlichkeit deiner Protagonisten über die Eissorten zu definieren. Die Wortwiederholungen passen zu dieser Geschichte, du hast sie gezielt und wohldosiert eingesetzt und so kommt die Story ziemlich eindringlich daher. Schöner Schluss, wie sich die Meinungsverschiedenheit der Beiden bei der "Vermischung" in Luft auflöst und bedeutungslos wird. Auch wenn es wahrscheinlich nur kurzfristig ist.

Ach ja, wo bleiben meine Manieren:

Sei gegrüßt und herzlich willkommen! :anstoss:

Liz

 

@Liz
Guten Morgen und danke für deine Kritik.
Freut mich, dass sie eindringlich rüberkommt. Ich habe sie in einem "Erguss" geschrieben. Man könnte sicher noch daran feilen. Aber ich lass sie mal so stehen und feile lieber an neuen Geschichten. :)
lg
klara

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom