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Schneeflocken im Sommerwind

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01.07.2021
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Schneeflocken im Sommerwind

An einem Wolkenverhangenem Juli Morgen ließ sich eine silberne Schneeflocke auf seiner Nasenspitze nieder. Alaric wagte es kaum zu atmen. Denn mit jedem Atemzug sah er den Hauch aus Dunst in die unendliche Eiswüste davon schweben. Mit jedem Atemzug verschwand die Wärme aus seinem Körper. Und mit jedem Atemzug wich zugleich auch etwas Lebensenergie aus ihm heraus. Jedes Mal wenn er dann doch wieder Luft holen musste, trauerte er der verlorenen Wärme nach. Lange würde er es nicht hier draußen aushalten. Das wusste er. Denn Alaric wurde von klein auf beigebracht, dass dies keine Welt für Kinder ist. Es war eine Welt, in der er überleben musste. Es war eine erbarmungslose Welt.
Er ist hungrig und die Kälte dringt ihm bis auf die Knochen vor. Wie ein erbarmungsloses Monster schleicht die Eisige Luft durch seinen Körper. Er ist zu schwach um sich gegen dieses Monster zu währen. Er ist ein kleiner Junge. Ein kleiner Junge ausgesetzt um zu sterben. Seine abgetragenen Schuhe hinterließen kleine Fußabdrücke im frisch gefallenen Schnee. Seine Beine zitterten bedrohlich. Sie würden ihn nicht mehr lange tragen. Auch das wusste er. Seine Lunge zog sich bei dem Versuch Luft zu hohlen zusammen.
Doch seine dürren Beine trugen ihn weiter. Immer weiter. Er wusste nicht wohin. Aber er wusste genau, dass er sich nicht setzen durfte. Denn wenn er das tat, würde er keine Kraft mehr finden aufzustehen. Und so blieb der Kleine in Bewegung. Immer weiter. Und nach einer schier unendlichen Zeit blieb er stehen. Nur um den zurückgelegten Weg zu betrachten. „Warum haben sie mich zurückgelassen? Wieso bin ich so schwach? Zu schwach um mit ihnen mitzuhalten.“ So viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Seine Fingerspitzen wurden taub. Alaric wagte es kaum, seine dünnen Handschuhe auszuziehen. Aus Angst davor, was sich darunter befinden würde.
Also beschloss er, seine Hände immer zu bewegen. Er ballte die eine Hand zur Faust und die andere formte eine Schale. Dann boxte er seine andere Hand so fest er konnte. Dies tat er, um sicherzugehen, dass seine Hände noch lebten. Doch nach einiger Zeit war es egal, wie fest er boxte. Er konnte seine Hände nicht spüren. Dann wurde es auch immer schwerer, die Hände zu Fäusten zu ballen. Auch seine Füße fühlten sich wie schwere Eisklötze an. Doch wie von einer unsichtbaren Kraft getrieben bewegten sich seine Beine immernoch. Wie von alleine setzten sie einen Fuß vor den anderen. Seine Gedanken kreisten um seine Gruppe. Die Gruppe, die ihn zurückgelassen hat. Und an die Anführerin. Wie sie ihn mit diesem kalten Blick angesehen hat. Er dachte an ihr fahles Gesicht. An die hervorstehenden Wangenknochen und die tiefen Augenringe. Es gab in ihrem Lager kaum noch Nahrung. Deshalb musste die Gruppe weiterziehen. Sie konnte ihm schon fast leidtun.
„Doch warum haben sie mich zum sterben zurückgelassen?“ diese Frage beschäftigte ihn immer wieder. Während er ziellos in eine Richtung läuft. Und so geht er umher. Ohne eine Familie, ohne eine Gruppe und ohne Schutz vor der Kälte. Er fühlte sich so allein wie noch nie zuvor in seinem Leben. Seine dünnen Arme schlangen sich schützend um seinen Körper. Doch dies war nur die hilflose Geste eines zum Tode verurteilten Kindes. Seine Lippen waren rau wie Schmirgelpapier. Seine Beine wurden immer schwerer. Die Eiswüste ist mit Hügeln übersäht. Früher mussten hier viele Bäume gestanden haben. Doch die Eiszeit hatte sie alle niedergerafft. Das wusste er von den Erzählungen seiner Anführerin. Die, die ihn verlassen hat. Ein Schmerz durchschoss seine Brust. Der Schmerz alleine mit diesem unbarmherzigen Eis zu sein.
War es hier eigentlich schon immer so kalt? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er schon immer gefroren hat. Er konnte sich nicht an viel aus seiner Vergangenheit erinnern, doch seine erste Erinnerung war das Gefühl von eisiger Kälte auf seiner Haut. Und plötzlich rinnt eine einzelne Träne seine Wange hinunter. Sofort versucht er die Träne aufzuhalten. Doch es war schon zu spät. Der wertvolle Tropfen Wasser war in der Hälfte seines Gesichts gestoppt und sofort verwandelte er sich in einen Eiskristall. Und dann kann er nicht mehr. Viele Tränen folgten der einen. Und liefen wie ein reißender Fluss seine Wangen hinunter und bedeckten sein Gesicht mit einer dünnen Eisschicht. Das zittern seines Körpers wurde nur durch sein erbärmliches Schluchzen durchbrochen. Er würde sterben. Dieser Gedanke wurde ihm immer klarer.
Er würde hier und jezt alleine sterben. Der aufkommende Wind jagte ihm durch die schwarzen Haare. Und der herangetragene Schnee verfing sich auf seinem Schopf und ließ diesen gefreiern. Und als sich der Wind in einen Sturm verwandelt kann Alarics Körper ihn nicht mehr tragen. Er wusste, dass er sich nicht hinlegen darf. Denn wenn er das tat, dann war er zum Tode verurteilt. Doch das war er doch auch jetzt schon. Es war ihm schon egal, wo er starb. Hauptsache es würde schnell gehen. Wie ist das, wenn man stirbt, ist man dann ganz tot, also wirklich nicht mehr da? Er konnte sich nicht vorstellen, was dann passieren würde. Bis jetzt hat er zwar schon viele Menschen sterben sehen. Doch er dachte immer er hätte noch Zeit, bis es ihn trifft. Er erinnert sich an die eingefrorenen Körper seiner Mutter, die sich schützend um ihn geschlungen hat. An den blutüberströmten Körper seines Vaters, der versuchte sich gegen die Eindringlinge zu wehren. Nun wäre er so

gerne wieder in ihren Armen. Die beängstigende Lust, in den letzten Schlaf zu gleiten überkam ihn regelecht. Wenn er sich nun hinlegte, würde die Schneeschicht ihn schützend umschlingen und der Tod würde ihn empfangen wie eine Mutter ihr Kind. Es würde natürlich eine lange Nacht werden. Und zwar seine Letzte. Und dann wäre endlich alles vorbei. All das Leid und diese eisige Kälte. Gerande will er der verlockenden Versuchung nachgeben, und sich in den Schnee fallen lassen. Was für ein wohltuender Gedanke. Keine Schmerzen mehr, keine Kälte, nur noch ein traumloser Schlaf. Ein ewiger Schlaf im ewigen Eis. Er spürte sein Herz ungleichmäßig schlagen. Es fühlte sich so an, als wäre ihm das Blut in den Adern gefrohren. Sein Körper schreit danach, einfach einzuschlafen, und nie wieder aufzuwachen. Und schließlich geben seine knochigen Beine nach. Und er landet auf dem vereisten Boden. Den Schmerz des Aufpralls kann er schon gar nicht mehr spüren. Es gibt schlimmere Dinge als den Tod. Die Kälte zum Beispiel.
Doch dann sah er in der Ferne eine Fremde Person. Er kann nicht erkennen, wer es war. Sollte er weglaufen? Er wusste es nicht. Doch er war zu schwach, um aufzustehen. Also rollte er sich nur zu einer Kugel zusammen. Wenn er eines gelernt hat, dann dass man sich in dieser Welt nicht auf Menschen verlassen kann. Sie können noch so vertrauenswürdig aussehen. Doch hungrige Menschen sind zu allem fähig. Und schließlich wusste auch er, wie Menschenfleisch schmeckte. Nicht, dass er es gerne gegessen hatte, aber wenn es nunmal keine andere Möglichkeit gibt den Magen zu füllen, nimmt man was man kriegen kann. Und als vor ein paar Jahren selbst die Ratten ausgestorben sind, hatte seine Gruppe oft keine andere Möglichkeit, als jagt auf die verbleibenden Menschen zu machen. So gesehen konnte er schon froh sein, dass er nur zurückgelassen wurde. Es gab zwar noch ein paar Tiere in den verlassenen Städten. Doch diese sind von den überlebenden Menschen so stark umkämpt, dass seine Gruppe fern ab von Städten gezogen ist. Die Person kam immer näher. Gerade als er sich mit seinem Schicksal abgefunden hatte, musste er gestört werden.
„Lass mich doch einfach sterben.“, dachte er. Er hatte keine Kraft mehr, die Worte laut auszusprechen. Als die Person noch näher kam, konnte er erkennen, dass es eine Frau war. Und sie war alt. Unglaublich alt. Noch nie hatte er einen so alten Menschen mit so tiefen Falten gesehen.
Normalerweise starben die alten kranken und schwachen Menschen von alleine. Doch er erkannte eine art Lächeln in ihrem Gesicht. Normalerweise lächelten Menschen in dieser Welt nicht. Bestimmt freute sie sich, dass sie nun für einige Tage oder gar Wochen genug zu Essen haben würde. Die Frau war schon fast bei ihm angekommen. Der Moment zu flüchten war vorüber.
Vermutlich hätte er sowieso nicht genug Kraft gehabt, vom Boden aufzustehen. Dann war die Frau direkt bei ihm. Und sie streckte ihm die Hand entgegen. Was für eine befremdliche Geste. Noch nie hat ihm ein Mensch die Hand entgegengestreckt. Was hatte das zu bedeuten? Wie instinktiv ergriff er die Hand der Fremden. Und sie half ihm aufzustehen. Und als er wieder auf seinen wackeligen Beinen stand, fing die Frau an zu sprechen: „Keine Angst, siehst du den Hügel da drüben? Dort ist mein Lager. Du musst nur noch bis dahin durchhalten. Nur noch ein paar Minuten laufen. Schaffst du das?“ Ihm kam es sehr seltsam vor, mit der fremden Person mitzugehen.
Doch was hatte er für eine Wahl? Also nickte er unmerklich. Er benutzte seine letzten Kraftreserven, um sich den Weg durch die eisige Wüste zu bahnen. Selbst die Zeit schien eingefrohren zu sein. So als hätte sie jemand angehalten. Doch im nächsten Moment an den er sich erinnern konnte befindet er sich vor einer winzigen Hütte. Auf dem Dach war ein Schornstein. Weißer Rauch stieg daraus auf. Und verwehte sogleich im Sturm. Als die Frau die knarzende Tür öffnete, kam ihm ein Schwall warmer Luft entgegen. Ein Gefühl, dass er so sehr vermisst hatte. Sein Körper war zwar noch durchgefrohren, doch das lodernde Feuer in der Hütte machte ihm Hoffnung. Vielleicht dürfte er sich aufwärmen.
„Dir muss doch furchtbar kalt sein, oder?“ die alte Frau sah ihn mit einem besorgten Blick an. Alaric brachte zwar kein Wort aus seinem Mund, doch er zitterte so stark, dass die Frau aus einer alten Truhe eine dicke Decke hohlte. „Setz dich an den Karmin. Dann wird dir warm. Und ich mache dir ein heißes Getränk.“ Dann wickelte sie den verwunderten Alaric in die Decke.
„Warum hilfst du mir?“ das war das Erste, was er sagen konnte. Doch die alte Frau lächelte nur und verschwand in die Ecke der Hütte. Dort öffnete sie eine Falltür und kam wenig später mit einer dampfenden Tasse zurück. Das Zuhause der Alten schien größer zu sein, als es von außen wirkt.
„Wie heißt du?“, wollte die Frau wissen.
„Alaric.“ Die Alte reichte ihm die Tasse. Gierig umschlangen Alarics Hände das heiße Getränk. Es roch nach Kräutern. Er wusste zwar nicht was Kräuter waren. Doch so hatte er sich den Geruch immer vorgestellt. Dannach herrschte eine Weile Stille.
„Es tut mir leid.“, flüsterte die alte Frau auf einmal.
„Was tut dir leid?“ Alaric war sichtlich verwundert. „Was wir mit unserem Planeten gemacht haben. Und dass du in dieser Welt aufwachsen musst.“
„Was habt ihr denn mit dem Planeten gemacht?“ Der Junge schloss seine Hände noch fester um die Tasse.
„Hat dir noch nie jemand etwas davon erzählt? Ich meine davon, dass es hier mal Flüsse, Bäume, Tiere und große Städte mit friedlich lebenden Menschen gab?“ „Naja, ich weiß davon, dass das Leben einmal anders war. Dass es besser war. Und dass dann die Eiszeit gekommen ist.“ „Und hast du dich nie gefragt, warum das alles so geworden ist?“ Die Frau lächelte ihn wieder an. Alaric fand es immer noch befremdlich, einen Menschen lächeln zu sehen. Doch irgendwie gefiel es ihm.
„Doch, natürlich habe ich mir diese Frage schon häufig gestellt. Aber die Erwachsenen haben dann immer nur gesagt, dass viele Menschen große Fehler gemacht haben. Und dann wollten sie nicht mehr weiter darüber reden.“
„Du hast aber ein Recht, es zu erfahren. Und es ist eine Schande, dass dir die Erwachsenen verschwiegen haben, was sie getan haben. Was wir alle getan haben.“ „Was habt ihr getan?“ der kleine Junge wibte ungeduldig mit seinen aufgetauten Füßen.
„Wir haben alle große Fehler gemacht. Ich habe große Fehler gemacht. Denn wir waren nicht dazu bereit, auf unseren Luxus zu verzichten, um das Leben auf der Erde zu retten. Uns war Bequemlichkeit wichtiger als der Schutz des Planeten. Es war uns wichtiger, mit Flugzeugen um die Welt zu fliegen und weiterhin Fleisch von gequälten Tieren zu essen. Es war uns wichtiger, dass wir Produkte konsumieren. Viele Produkte. Du kannst dir garnicht vorstellen, wie groß mein Kleiderschrank und wie leer meine Seele war. Und wie ich immer weiter Dinge gekauft habe, die ich garnicht brauchte. Um damit meine innere Sinnentleertheit zu füllen. Und ich war nicht die Einzige. Auf anderen Kontinenten sind Menschen verhungert und wir hatten nichts besseres zu tun, als Lebensmittel zu verschwenden. Wir lebten in Überfluss. Doch schon damals wurde uns klar, das es einen Preis dafür zu zahlen gibt. Doch wir wollten nicht verzichten. Es war das Jahr 2022. Ich war damals 17 Jahre alt. Und die Naturkatastropen häuften sich. Es gab Dürren, Waldbrände, ausgebleichte Korallenriffe…“ Die Frau schien den fragenden Blick von Alaric nicht zu bemerken, denn sie setzt ihren Redeschwall fort. „Naja, damals konnten wir nicht wissen, dass dies nur die Vorläufer der sogenannten Klimakriese waren. Und es wurde schlimmer. Millionen und später Milliarden von Menschen verloren ihre Häuser. Menschen wie Tiere zerfielen neben den Pflanzen zu Staub. Damals hätte es vielleicht noch eine Möglichkeit gegeben, das Ganze aufzuhalten, oder zumindest abzulindern. Doch wir änderten unser Verhalten nicht. Wir rodeten weiterhin Wälder, bauten weiterhin Braunkohle ab und stießen Treibhausgase in die dünne Atmosphäre der Erde. Wir haben das komplette Ökosystem zerstört. Und vor unseren Augen starben Menschen. Doch wir hatten nichts besseres zu tun, als auf Wirtschftliches Wachstum zu setzen. Und darauf zu hoffen, dass schon alles gut werden würde. Und so machten wir weiter. Bis schließlich alle Flüsse verseucht und alle Bäume gerodet waren. Und dann bekamen auch wir in Deutschland die Klimakriese richtig zu spüren, Die Millionen und Milliarden von Heimatlosen flüchteten in Gebiete, die höher lagen. Denn der Meeresspiegel stieg aufgrund des geschmolzenen Permafrostes.“ Dann unterbrach Alaric sie. „Aber wenn doch alles wärmer wurde, warum leben wir dann in einer Eiszeit?“ „Soweit ich weiß, ist die Eiszeit nur über Europa hereingebrochen. Ich weiß nicht einmal, ob es auf den anderen Kontinenten überhaupt noch lebende Menschen gibt. Also zu deiner Frage… ich versuche es einfach zu erklären. Damals gab es eine art Wärmepumpe, die Europa zu einer gemäßigten Klimazone machte. Der sogenannte Golf von Mexiko. Aus der Karibik floss das warme Wasser nach Europa, wo es abkühlte und in die Tiefsee hinabsank. Durch den daraus entstandenen Sog wurde warmes Wasser nachgespült und hielt somit einen ganzen Kontinenten auf einer idealen Temperatur. Doch in Grönland schmolz so viel Eis, dass der Mechanismus der Wärmepumpe nicht mehr funktionieren konnte. Denn es ist eine hohe Salzkonzentration im Wasser nötig, damit das schwere abgekülte Wasser in die Tiefsee absinken kann und neues, warmes Wasser aus der Karibik nachfließen kann. Dieser Kreislauf wurde durch die unmengen an Süßwasser zerstört. Und dies geschah unglaublich schnell. Innerhalb von zehn Jahren ist der Golf von Mexiko völlig zum erliegen gekommen. Und die Folge davon wird heute die Eiszeit genannt.“
„Aber ich verstehe das nicht.“ Der Junge hatte einen leeren Blick. So als würde er in sich selbst hineinsehen.
„Was verstehst du nicht, soll ich dir die Wärmepumpe noch einmal erklären?“
„Nein, ich verstehe eine andere Sache nicht. Wenn ihr doch davon wusstet, dass es eine Klimakriese geben wird, warum habt ihr dann nichts getan?“

ENDE

 

Hallo @Sophia Nova

und Willkommen im Forum!

Ich finde, zwei Texte sind genug für den Anfang. Jetzt auf die Bremse treten, durchatmen, ankommen und Dich in Ruhe umschauen.

Hab Spaß!
Beste Grüße, Fliege

 

Hallo, dies ist eine meiner ersten Kurzgeschichten. Ich würde mich über dein Feedback sehr freuen.

 

Hola @Sophia Nova,

ich finde es großartig, dass Du Dir dieses Thema vorgenommen hast.
Es ist Deine Generation, die diesen ganzen Schlamassel auszubaden hat.
Leider hab ich den Eindruck, dass die Jungen mehr mit ihren Smartphones beschäftigt sind als mit ihrer Zukunft.

Du bist jung und hast zum Schreiben Talent. Ich hoffe, Du kannst aus Deiner Mitgliedschaft bei uns vieles mitnehmen, weil man – wie mit Rhetorik – auch mit Schreiben den trägen Teil der Gesellschaft beeinflussen kann. Und das ist dringend nötig! Dafür von mir Applaus und Anerkennung.

Bisschen was zum Text hätte ich auch zu sagen:

Wolkenverhangenem Juli Morgen
wolkenverhangenem Julimorgen

Eisige Luft
Luft zu hohlen
immernoch
getrennt

Seine Gedanken kreisten um seine Gruppe … … Und an die Anführerin.

… zum sterben zurückgelassen?“ diese Frage …

… seine erste Erinnerung war das Gefühl von eisiger Kälte auf seiner Haut. Und plötzlich rinnt eine einzelne Träne seine Wange hinunter. Sofort versucht er die Träne aufzuhalten. Doch es war schon zu spät.
Hier und an anderen Stellen wechselst Du die Zeitform.

Das zittern
gefreiern.
regelecht
… eine lange Nacht werden. Und zwar seine Letzte.
‚letzte‘ bezieht sich auf Nacht.

gerande
gefrohren
eine Fremde Person

Bis zu dieser Stelle finde ich den Text sehr langgezogen, vieles wird wiederholt, obwohl es keine Unklarheiten gibt. Trotzdem liest es sich gut und fließend, auch das Formulieren kannst Du gut. Nur werden einige Leser mittlerweile abgesprungen sein, denen der Text bisher zu wenig bot: Es entwickelt sich nichts, vielmehr entsteht der Eindruck, es drehe sich im Kreis.
Hier würde ich rabiat kürzen (wenn‘s auch weh tut :shy: ). Ungefähr die Hälfte scheint mir überflüssig, weil mehr oder weniger gedoppelt.
Wenn Du den Leser behalten willst – und das ist bei Deiner Botschaft besonders wichtig –
dann musst Du Dein Thema straff und stringent durchziehen.

so stark umkämpt
eine art Lächeln
genug zu Essen
eine dicke Decke hohlte
Karmin
wippte

... wurde uns klar, das es einen Preis dafür zu zahlen gibt.
gilt.

Naturkatastropen
Klimakriese
Wirtschftliches Wachstum
eine art Wärmepumpe, …
unmengen

Innerhalb von zehn Jahren ist der Golf von Mexiko völlig zum erliegen gekommen.
Der Golf von Mexiko ist der Golfstrom.

Die fehlenden Kommas haben heute keine Bedeutung:).

Liebe Sophia Nova, Du bist auf dem richtigen Dampfer. Das wird was mit der Schreiberei, garantiert.

Meine besten Wünsche!
José

 

Vielen Dank für deine Zeit und für deine ausführliche Rückmeldung! Ich werde den Text nochmal verbessern. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Sophia Nova

und auch von mir ein herzliches Willkommen hier.

Ich werde den Text nochmal verbessern.
Dafür einfach den Link "Bearbeiten" unter Deinem Text klicken, dann kannst Du ihn direkt korrigieren.

Falls Du Hilfestellungen zu dem Schreib-Handwerkzeug lesen magst, gibt es hier auf der Seite auch Informationen dazu. z.B. hier: Korrektur-Check-Liste
Da steht etwas zur wörtlichen Rede, Zahlen, und so weiter.
(Ich habe auch erst hier im Forum "gelernt", wie man wörtliche Rede korrekt schreibt ;))
Apropos "wörtliche Rede": Mach am besten einen Zeilenwechsel bei einem Sprecher-Wechsel, dann kann der Leser den Dialog besser nachvollziehen (Am Text-Ende machst Du es schon so).

Schneeflocken im Sommerwind
Ein wirklich schöner Titel, auch passend zu Deinem Thema.

An einem Wolkenverhangenem Juli Morgen ließ sich eine silberne Schneeflocke auf seiner Nasenspitze nieder.
Für mich ein idylischer Anfang :)
Alaric wagte es kaum zu atmen.
Das passt ja noch zur Idylle, da er anscheinend die Schneeflocke geniesen will.

Denn mit jedem Atemzug sah er den Hauch aus Dunst in die unendliche Eiswüste davon schweben. Mit jedem Atemzug verschwand die Wärme aus seinem Körper.
Hier wendet sich das Blatt, und der Überlebenskampf wird eingeführt. Auch die Wiederholung mit dem Atemzug finde ich hier in Ordnung.

Und mit jedem Atemzug wich zugleich auch etwas Lebensenergie aus ihm heraus.
Der dritte Satz mit dem Atemzug ist mir zu viel (Wiederholung).
Jedes Mal wenn er dann doch wieder Luft holen musste, trauerte er der verlorenen Wärme nach.
Bei dem Satz bin ich hin und hergerissen. Einerseits gefällt mir die Formulierung, dass er der verlorenen Wärme nachtrauert, anedererseitz finde ich den "erklärgehalt" das Satzes unnötig.
Lange würde er es nicht hier draußen aushalten. Das wusste er.
Das ist für mich der Abschluß des ersten Absatzes als Einstiegsszene - und soweit auch vollkommen in Ordnung.

Denn Alaric wurde von klein auf beigebracht, dass dies keine Welt für Kinder ist. Es war eine Welt, in der er überleben musste.
...

Die folgenden Abschnitte sind stellenweise wiederholend und geben immer wieder kleine Häpchen an Informationen preis. Mir persönlich gefiel das Verhältnis von Wiederholung/erklärend und neuen Informationen nicht.
Sagt dir "Show, dont tell" etwas? Du hast ein paar schöne Sachen drin, die das "show" unterstüzen - zum Beispiel das Bewegen der Hände, damit sie nicht einfrieren.

Selbst die Zeit schien eingefrohren zu sein. So als hätte sie jemand angehalten. Doch im nächsten Moment ...
Ich finde das Bild, dass sogar die Zeit eingefroren ist, schön. Aber das "im nächsten Moment" passt so überhaupt nicht dazu - wenn die Zeit eingefroren/angehalten ist, dann gibt es keinen "nächsten Moment" - damit machst Du Dir Dein eigenes Bild kaputt - das ist schade ;)

Dann trifft er die alte Frau in der Hütte.
Witziger Gedanke meinerseits:

Weißer Rauch stieg daraus auf.
Ist die Hütte der Reest vom Vatikan, was aus dem Eis hervorschaut und unten findet noch eine Papstwahl statt? :D

Im ernst: Ich habe mich schon etwas gefragt, wieso die Frau überleben konnte. Er war in einer Gruppe und sein Dad wurde einfach beseitigt - und sie lebt als alte Frau in einer warmen Hütte, die Hütte würde doch sicher irgendwann gestürmt worden sein.

Der anschließende Dialog ist sehr "Informationslastig" und man merkt leider, dass er mehr für den Leser, als für Alaric ist.

Du kannst dir garnicht vorstellen, wie groß mein Kleiderschrank und wie leer meine Seele war.
Wenn sie so eine (verzeih mir) Tussi war, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie im Alter so reflektiert wird. ;)

Mein Fazit: Die Idee ist ja nicht neu (Snowpiercer, The day after tomorrow, ...). Dein Anliegen ist ja auch garnicht so sehr die Welt nach der Katastrophe zu schildern, sondern an das schlechte Gewissen der Leser im jetzt zu apellieren. Für mich war dieser Apell zu deutlich, so dass mir der Spaß an der Geschichte verloren ging. Und dafür wiederum waren mir die wissenschaftlichen Erklärungen zu platt - zu klischeehaft. Was soll ich denn jetzt machen? Meine Spülmaschine verschrotten und mit der Hand spülen, weil das Luxus ist? <- Ich will gar keine Antwort auf die Frage, aber nur mal so als nicht ernst gemeintes "Gegenargument". Vielleicht liegt es auch daran, dass ich diese reine Angtsmacherei - ohne alternative Hoffnung - nicht mag. Wobei das nicht heißt, dass ich Deinen Ansatz für die Geschichte falsch finde. Aber das ist nur meine Meinung - Du darfst da gern Deien Mainugn behalten und den Text/die Idee des textes so belassen - es ist Dein Text!! Sei da ruhig selbstbewusst. ;)
Dennoch denke ich, dass der Text viel Potentail zum kürzen hat, also es etwas "straffer" gestalten.
Vor allem: Ja, Du hast Talent zum schreiben, lass Dich da ja nicht entmutigen ;)

Soweit mein Leseeindruck, ich hoffe Du kannst damit etwas anfangen.

Viel Spaß hier :)
Gruß
pantoholli

 

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