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Schneefall

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30.10.2008
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Schneefall

Es war am Weihnachtstag, ein kalter Abend. Ich verbrachte meine Zeit in einer Gastschänke, bis sie gegen zweiundzwanzig Uhr geschlossen wurde. Eigentlich war ich mit meinem Leben als Einzelgänger zufrieden. Nur zu Weihnachten überkam mich manchmal ein wenig die Melancholie, aber nach ein paar Gläsern Bier verschwand sie wieder. Ich habe mich schon damals in meinen jungen Jahren nicht besonders viel mit anderen Menschen abgegeben. Den Gründen dafür bin ich bis heute nicht nachgegangen. Vielleicht fürchtete ich etwas um meine Freiheit.
Ich wünschte dem Wirt noch frohe Weihnachten und trat auf die Straße hinaus. Es schneite bereits seit Stunden. Ich schaute in eine richtige Winterlandschaft. Die Straßenlaternen leuchteten schwach und die Schneeflocken fielen dick und gemächlich durch das weiche Licht. Als ich so dahin ging, wurde mir nach einer Weile eigenartig zumute. Ich dachte an meine Kindheit zurück und spürte, dass ich mich ein bisschen nach einer Hand sehnte. Widerwillig schüttelte ich den Schnee von meinem Kopf und ging mit etwas schneller Schritten weiter.
Ich war steif und kalt, als ich nach einiger Zeit an der Mauer des Friedhofs vorbei kam. Der Weg durch den Friedhof bedeutete eine Abkürzung zu meiner Wohnung. Ich war nie ängstlich, also bog ich ab und trat durch das geöffnete Tor.
Eine berührende Stille lag über dem Friedhof. Meine Schritte waren im frisch gefallenen Schnee nicht zu hören. Auf den Gräbern brannten Kerzen, überall leuchtete es ein wenig, beinahe feierlich kam es mir vor.
Ich glaubte mich allein auf dem Friedhof, jedoch sah ich nach einigen Schritten eine Gestalt an einem Grab stehen; einen älteren Herrn erkannte ich beim Näherkommen. Er musste schon längere Zeit so da stehen. Auf seinem etwas armseligen Mantel lag bereits eine Menge Schnee. Sein Hut war beinahe nicht mehr zu erkennen.
Bis heute weiß ich nicht, weshalb mich dieser alte Mann neugierig gemacht hatte, jedenfalls tat ich so, als besuchte ich das Grab direkt gegenüber von ihm. Eine Zeit lang blieb ich so da und betrachtete ihn unauffällig. Er war noch älter als es erst den Anschein auf mich gemacht hatte. Etwas gebückt und bewegungslos stand er da. Seine Hände lagen wie zum Gebet gefaltet ineinander. Irgendwie tat er mir leid, aber ich wusste nicht warum.
Ich wollte mich schon abwenden und weitergehen, als er mit seiner ruhigen, etwas rauen Stimme fragte, ob ich Feuer hätte. Etwas überrascht bejahte ich seine Worte und ging zu ihm hinüber. Er holte einen Sternspritzer, eine Wunderkerze, oder wie man die Dinger nennt, aus seiner Manteltasche hervor und hielt sie mir mit zitternden Fingern entgegen. Ich nahm meine Streichhölzer aus der Hosentasche, riss eines an und hielt die Flamme an seine Wunderkerze.
Als sie brannte, hob er sie über das Grab und sagte leise: „Wissen Sie, Martha mochte die Wunderkerzen sehr am Weihnachtsabend.“
Wir schwiegen eine Weile und dann bat ich ihn um eine Wunderkerze. Abwechselnd zündeten wir eine nach der anderen an, bis alle aufgebraucht waren. Später nahm er mich mit zu sich nach Hause. Er erzählte mir von Martha und seinem Leben mit ihr und ich hörte ihm zu.

 

Hallo Gernot!

Ein junger Mann, überzeugter Einzelgänger, fragt sich, was den Alten wohl dazu trieb, nachts, halb eingeschneit, an einem Grab zu verharren.
Martha, erfährt er. Der alte Mann war an ihr Grab getreten, um ihr mit Wunderkerzen, die sie so sehr gemocht hatte, am Weihnachtsabend die Ehre zu erweisen.
Der junge Mann spürt, dass sich hier etwas abspielt, das außerhalb seiner Erfahrungen liegt, aber der Schlüssel zu seiner Melancholie sein könnte.
Eine sehr schöne Geschichte!

Es war am Weihnachtstag, ein kalter Abend.
Würd ich streichen. Das Wetter ist hier noch nicht wichtig.

Ich war zufrieden mit meinem Leben, auch wenn es sich häufig einsam gestaltete. Ich fühlte mich als Einzelgänger wohl. Nur zu Weihnachten überkam mich manchmal ein wenig die Melancholie, aber nach ein paar Gläsern Bier war ich eigentlich immer recht vergnügt.
Das geht kürzer:
Ich war mit meinem Leben als Einzelgänger zufrieden. Nur zu Weihnachten überkam mich manchmal ein wenig die Melancholie, aber nach ein paar Gläsern Bier verschwand sie wieder.
Alles andere ist überflüssig. Das Leben eines Einzelgängers ist immer ein einsames.
"Recht vergnügt" würde ich nicht schreiben. Die Melancholie kommt und geht nach ein paar Bier wieder. Also fühlt er sich wieder automatisch wie vorher; wohl.

Ich habe mich schon damals in meinen jungen Jahren nicht besonders viel mit anderen Menschen abgegeben. Den Gründen dafür bin ich bis heute nicht nachgegangen. Vielleicht fürchtete ich etwas um meine Freiheit.
Würd ich streichen. Fürchtet er um seine Freiheit, wenn er den "Gründen" nachgeht? Oder wenn er sich mit anderen Menschen abgibt?
Weiterhin kannst du ruhig etwas bestimmter werden: Ich fürchtete um meine Freiheit.

Es schneite bereits seit Stunden. Ich schaute in eine richtige Winterlandschaft. Die Straßenlaternen leuchteten schwach und die Schneeflocken fielen dick und gemächlich durch das weiche Licht.
Das kann auch raus. Der alte Mann ist halt eingeschneit, basta. Das brauchst du nicht vorweg zu rechtfertigen.
Falsche Winterlandschaften sind?

Als ich so dahin ging, wurde mir nach einer Weile eigenartig zumute.
Spazieren ging, umher streifte, oder so ähnlich.

Ich schüttelte widerwillig den Schnee von meinem Kopf und ging etwas schneller weiter.
Dem Text nach war er nicht stehen geblieben.

Eine berührende Stille lag über dem Friedhof. Auf den Gräbern brannten Kerzen, überall leuchtete es ein wenig, beinahe feierlich kam es mir vor. Selbst meine Schritte waren im frisch gefallenen Schnee nicht zu hören.
Zumindest muss "selbst" raus. Die leisen Schritte haben mit dem leuchten der Kerzen nichts zu tun.
Oder umsortieren: Eine berührende Stille lag über dem Friedhof. Selbst meine Schritte waren im frisch gefallenen Schnee nicht zu hören. Auf den Gräbern brannten Kerzen, überall leuchtete es ein wenig, beinahe feierlich kam es mir vor.

Ich befand mich alleine auf dem Friedhof, jedoch sah ich nach einigen Schritten eine Gestalt an einem Grab stehen; einen älteren Herrn erkannte ich beim Näherkommen. Er musste schon längere Zeit so da stehen. Auf seinem etwas armseligen Mantel lag bereits eine Menge Schnee. Sein Hut war beinahe nicht mehr zu erkennen.
Ich glaubte mich allein ... Besser noch: einfach streichen.
Der Leser vermutet am Weihnachtsabend nach 22 Uhr im Schneetreiben keinen großen Andrang auf einem Friedhof.

Er holte einen Sternspritzer, eine Wunderkerze, oder wie man die Dinger nennt, aus seiner Manteltasche hervor und hielt sie mir mit zitternden Fingern entgegen. Ich nahm meine Streichhölzer aus der Hosentasche, riss eines an und hielt die Flamme an seine Wunderkerze.
Als sie brannte, hob er sie über das Grab und sagte leise: „Wissen Sie, Martha mochte die Wunderkerzen sehr am Weihnachtsabend.“
Wir schwiegen eine Weile und dann bat ich ihn um eine Wunderkerze. Abwechselnd zündeten wir eine nach der anderen an, bis alle aufgebraucht waren.
Zuviel "Wunderkerze". Die Passage geht etwas kürzer und mit höchstens 2x Wunderkerze.

Gruß

Asterix

 

hallo lieber Asterix

Ich danke dir, für die Zeit, die du dir für meinen Text genommen hast.

Es war am Weihnachtstag, ein kalter Abend.
Würd ich streichen. Das Wetter ist hier noch nicht wichtig.
Es wundert mich, was du hier auszusetzen hast. Es ist der Einstiegssatz.

Das geht kürzer:
Ich war mit meinem Leben als Einzelgänger zufrieden. Nur zu Weihnachten überkam mich manchmal ein wenig die Melancholie, aber nach ein paar Gläsern Bier verschwand sie wieder.
Alles andere ist überflüssig. Das Leben eines Einzelgängers ist immer ein einsames.
"Recht vergnügt" würde ich nicht schreiben. Die Melancholie kommt und geht nach ein paar Bier wieder. Also fühlt er sich wieder automatisch wie vorher; wohl.
Da pflichte ich dir bei, ich übernehme gerne deinen Vorschlag.

Das kann auch raus. Der alte Mann ist halt eingeschneit, basta. Das brauchst du nicht vorweg zu rechtfertigen.
Nicht "basta" lieber Asterix. Das Lyrich erzählt die Geschichte aus seiner Sicht. Der Einfaltspinsel ist kein Lektor, sondern ein stinknormaler Kerl.

Als ich so dahin ging, wurde mir nach einer Weile eigenartig zumute.
Spazieren ging, umher streifte, oder so ähnlich.
Hier gilt das selbe.

Eine berührende Stille lag über dem Friedhof. Auf den Gräbern brannten Kerzen, überall leuchtete es ein wenig, beinahe feierlich kam es mir vor. Selbst meine Schritte waren im frisch gefallenen Schnee nicht zu hören.
Zumindest muss "selbst" raus. Die leisen Schritte haben mit dem leuchten der Kerzen nichts zu tun.
Oder umsortieren: Eine berührende Stille lag über dem Friedhof. Selbst meine Schritte waren im frisch gefallenen Schnee nicht zu hören. Auf den Gräbern brannten Kerzen, überall leuchtete es ein wenig, beinahe feierlich kam es mir vor.
Ein sehr guter Vorschlag. Danke.

Ich befand mich alleine auf dem Friedhof, jedoch sah ich nach einigen Schritten eine Gestalt an einem Grab stehen; einen älteren Herrn erkannte ich beim Näherkommen. Er musste schon längere Zeit so da stehen. Auf seinem etwas armseligen Mantel lag bereits eine Menge Schnee. Sein Hut war beinahe nicht mehr zu erkennen.
Ich glaubte mich allein ... Besser noch: einfach streichen.
Der Leser vermutet am Weihnachtsabend nach 22 Uhr im Schneetreiben keinen großen Andrang auf einem Friedhof.
"Ich glaubte mich allein" wie du vorschlägst, gefällt mir sehr gut. Übernehme ich sehr gerne. Danke.

Zuviel "Wunderkerze". Die Passage geht etwas kürzer und mit höchstens 2x Wunderkerze.
Hm, ich denke, die Wunderkerze sollte sich auch in das Gedächtnis des Lesers einbrennen.

Ich danke dir vielmals
Gernot

 

Hey Gernot,

na dann, auf zu Runde zwei ;).

Mir hat sie auch gut gefallen, diese kleine Geschichte. Eine Miniepisode, die jedoch für sich spricht. Sehr hübsch.

Sprachlich mahne ich wieder die Wahl Verben an :), da geht doch mehr, um den Leser einzufangen. Vielleicht magst Du ja mal schauen, ob sich da nicht das eine oder andere austauschen lässt, gegen ein ausdrucksstärkeres.

Es war am Weihnachtstag, ein kalter Abend.

Ja, das ist wohl der erste Satz. Und, meinst Du, dass dieser Satz in der Lage ist, den Leser in die Geschichte zu ziehen, ihn neugierig auf den Nächsten macht?

... aber nach ein paar Gläsern Bier verschwand sie wieder.

Der Glückliche, die meisten werden dadurch erst recht ins Selbstmitleid gezogen :).

Es schneite bereits seit Stunden. Ich schaute in eine richtige Winterlandschaft. Die Straßenlaternen leuchteten schwach und die Schneeflocken fielen dick und gemächlich durch das weiche Licht.

Das geht doch auch irgendwie poetischer - oder? Hab jetzt keinen Vorschlag zur Hand, aber da könnte man doch dem Leser ein Bild vor Augen zaubern ... - nur kitschig darf es nicht werden!

Ich schüttelte widerwillig den Schnee von meinem Kopf und ging etwas schneller weiter.
Ich war steif und kalt, als ich nach einiger Zeit an der Mauer des Friedhofs vorbei kam.

Unschöne Wortwiederholung.
Ich war steif und kalt - such doch ein konkretes Beispiel um es den Leser erfahrbar zu machen. Im Detail erkennt man den Prot oder so :). Da können die Füße kribbeln, die Hände tief in den Taschen verschwinden, die Haut spannen - was weiß ich - irgendwas kann die körperlich die Kälte spürbar machen.

Der Weg durch den Friedhof bedeutete eine Abkürzung zu meiner Wohnung. (Ich war nie ängstlich), also bog ich ab und trat durch das geöffnete Tor.

Ich war nie ängstlich - ein Wesenszug Deines Prots, den er für die Geschichte aber gar nicht benötigt.

Eine berührende Stille lag über dem Friedhof.

Hier auch. Hier hätte ich mir sehr gewünscht, Du würdest die Stille für mich aufzeigen. Wie macht sich diese Stille bemerkbar? Also, ich meine, was macht diese Stille den aus? Nicht behaupten - zeigen :).

Er holte einen Sternspritzer, eine Wunderkerze, oder wie man die Dinger nennt, aus seiner Manteltasche (hervor) und hielt sie mir mit zitternden Fingern entgegen.

Das war es diesmal schon. Danke für Deine Geschichte.

Ich wünsche Dir ein schönes 2010!
Beste Grüße Fliege

 

hallo Fliege, schön, dass du da warst und ich wünsch dir auch ein super neues Jahr.

Sprachlich mahne ich wieder die Wahl Verben an , da geht doch mehr, um den Leser einzufangen. Vielleicht magst Du ja mal schauen, ob sich da nicht das eine oder andere austauschen lässt, gegen ein ausdrucksstärkeres.
Ich weiß, aber der Einfaltspinsel erzählt. Sein Charakter wird durch seine Erzähleweise mitgeprägt. Wobei das eine oder andere sicherlich noch möglich ist.

Ja, das ist wohl der erste Satz. Und, meinst Du, dass dieser Satz in der Lage ist, den Leser in die Geschichte zu ziehen, ihn neugierig auf den Nächsten macht?
Ich denke, dass braucht er nicht, denn er ist so kurz, dass er in der Geschichte verschwindet. Spannung müssen lange Anfangssätze beinhalten. Aber da teilen sich vermutlich die Meinungen.

Es schneite bereits seit Stunden. Ich schaute in eine richtige Winterlandschaft. Die Straßenlaternen leuchteten schwach und die Schneeflocken fielen dick und gemächlich durch das weiche Licht.
Das geht doch auch irgendwie poetischer - oder? Hab jetzt keinen Vorschlag zur Hand, aber da könnte man doch dem Leser ein Bild vor Augen zaubern ... - nur kitschig darf es nicht werden!
Genau das meine ich oben. Hier ist keinerlei Poesie und warme Luft angebracht. Der Prot spielt die Musik, und seine Musik ist ein Klimpern.

Aber die unschöne Wortwiederholung mit "ich" wird geändert.

liebe grüße dir Fliege

Gernot

 

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