Sie schien Anfang dreißig. Ihr pechschwarzes Haar war schulterlang, seidig glatt und füllig. Ihre haselnussbraunen Augen glitzerten wie feuchter Kandis. Ihre Haute wirkte wie ein guter Café-Latte, mit einer schönen Bräune und geschmeidig glatt.
Er saß in einem Strassen-Café und beobachtete wie die, ihm bislang noch unbekannte, Frau auf ihn zukam. Mit jedem einzelnen ihrer Schritte, schien sie ihre Hüfte ein klein wenig mehr hin und her zu schwenken, doch trotz ihres lockeren Ganges, strahlte ihr Gesicht Stolz und eine Spur Arroganz aus. Sie setze sich an einem der nebenstehenden Tische. Die Bäume über ihm fingen an zu rascheln und eine kühle Brise, trieb den Duft ihres Parfums seine Nase. Es hatte einen frischen Geruch nach Limone. Ihre ganze Gestalt strahlte das süße Leben wieder – La Dolce Vita!
Eine dickliche Kellnerin kam zu ihr rüber und wollte die Bestellung aufnehmen. Die Frau bestellte etwas und holte sich dann ein Buch aus ihrer Tasche. Auch er versuchte sich wieder auf seine Zeitung zu konzentrieren, doch das gelang ihm nur teilweise. Er ertappte sich immer wieder selber dabei, wie er über den Rand seiner Zeitung zu der Frau schaute. Doch seine Blicke blieben nicht unbemerkt, Sie erwiderte seine Blicke mich einem süßen Lächeln auf den Lippen.
Er stellte sich vor wie er zu ihr an den Tisch gehen würde, einen lockeren und witzigen Spruch aufsagen würde und sie seinem Charme erliegen würde. Doch das war nur Wunschdenken. Er blickte wieder zu ihr rüber. Jetzt kramte sie in ihrer Handtasche und holte eine Packung Zigaretten hervor. Sie nahm eine Heraus und begann erneut in ihrer Tasche zu kramen, doch sie schien nicht das Richtige zu finden. Sie sah ihn hilflos an fragte ihn nach Feuer. Er warf ihr mit einem freundlichen Nicken sein Feuerzeug entgegen. Mit einem „Danke“ bekam er das Feuerzeug zurück. Er nickte wieder nur.
Du Idiot!! Das wäre die Chance für dich gewesen!
Seine innere Stimme meldete sich zu Wort und im Grunde hatte sie auch recht. Schon einige Male musste seine innere Stimme ihn regelrecht dazu zwingen, dass richtige zu tun. Oder zumindest das zu tun, was sie für richtig hielt.
Er nahm all seinen Mut zusammen, legte seine Zeitung beiseite und stand von seinem Stuhl auf. Er schob seine Schultern ein Stück zurück und versuchte unauffällig seine Brust ein wenig anschwellen zu lassen. Sie tat so, als hätte sie den Versuch übersehen und lächelte ihn einfach freundlich entgegen.
„Die Nachrichten sind heute alle nicht so mein Fall, darum wollte ich mal fragen ob sie nicht Lust auf eine kleine Unterhaltung hätten?“
„Aber gerne doch!“
War das jetzt echt so schwer?? Was würdest du nur ohne mich machen??
Er versuchte die Stimme in seinem Kopf zu ignorieren. Seine volle Aufmerksamkeit galt nun dieser hübschen Frau neben der er nun saß. Nachdem sich beide einander Vorgestellt hatten, unterhielten sie sich über dieses und jenes. Nach einer Stunde beendeten die beiden ihre Unterhaltung mit einer Verabredung zu einem zwanglosen Abendessen. Dann verabschiedeten sich beide von einander und gingen ihrer Wege. Er schaute noch mal über seine Schulter um einen letzten Blick auf sie zu erhaschen.
Sie ist wirklich wunderschön. Und sie schien auch nicht abgeneigt von mir. Vielleicht wird es mit ihr ja mal was Langfristiges.
Langfristig?? Pah… Du und ich wissen doch genau wie das enden wird. So wie es jedesmal endet.
Die Stimme in seinem Kopf fing laut an zu lachen. Sie lachte ihn aus, ihr gefiel es ihn zu demütigen. Doch das Beste in einem solchen Fall war es sie einfach zu ignorieren. Er machte sich jetzt erstmal uf den Heimweg, denn er hatte noch einiges bis heute Abend zu erledigen. Er musst sich etwas Ordentliches zum anziehen suchen und seine Wohnung ein wenig in Ordnung bringen. Denn wer wusste schon was so alles passieren könnte.
Ohh, wir beide wissen doch ganz genau was passieren kann. AAAHHH… Es wäre doch so schön mit ihr. oder etwa nicht?
Lass mich mit deinen Gelüsten in Ruhe. Ich will davon nichts mehr hören. Ich habe dir schon beim letzten Mal gesagt das ich das nicht mehr für dich tun werde.
Komm schon… Du hast schon selber schon darüber nachgedacht wie es wohl wäre!
Sei Still!
Doch die Stimme hatte recht. Er hatte wirklich schon darüber nachgedacht, wie es wohl mit ihr sein würde. Doch er unterdrückte diese Gedanken, denn vielleicht war das die Chance auf die er schon lange gewartet hatte. Die Chance auf ein neues, normales Leben.
Ein normales Leben? Du wirst niemals ein solches Leben führen.
Er antwortete ihm nicht mehr und ging einfach weiter.
Als er die Tür zu seiner Wohnung öffnete, kam ihm auch schon eine Wolke aus abgestandener Luft entgegen. Aber es roch nicht nur muffig, da war auch noch ein anderer Geruch. Es roch faulig. Er ging zum Fenster und riss es weit offen. An der gegenüberliegenden Wand stellte er einen Ventilator auf, der den Gestank nach draußen blasen sollte. Dann schaute er sich in seiner Wohnung um, um Bild von dem ganzen Chaos zu machen. Dabei entdeckte er auch gleich den Grund für den fauligen Geruch. Am Fußende seiner Couch lag ein offener Pizzakarton mit einem Rest von dem was wohl mal eine Pizza gewesen war. Was allerdings deutlich zu erkennen war, war der Schimmelpilz auf der Oberseite des Restes.
Das kann dauern bis ich das sauber habe.
Ein inneres Seufzen machte sich in ihm breit.
Das erinnert mich irgendwie an Verwahrlosung. Du haust in einem echten Dreckstall, da wundere ich mich ja selber das ich mich immer noch mit dir abgebe.
Die Stimme lachte über ihren eigenen Scherz
Mir wäre es auch lieber wenn du verschwinden würdest.
AAAHHHH … Das hättest du wohl gerne.
Während des Aufräumens fiel ihm ein Stapel Polaroids in die Hände. Er blätterte durch die Bilder und schaute sich einige der Bilder genauer an. Die Szenen erregten ihn und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er griff in seine Tasche, zog eine Schachtel Lucky Strikes heraus und zündete sich dann eine an.
Das könntest du heute auch mit ihr machen!
Seine innere Stimme lies ihn hochschrecken. Aber sie hatte recht. Er dachte daran wie es wohl wäre das mit der Frau aus dem Cafe zu tun. Doch er stieß diesen Gedanken auch direkt wieder von sich. Nach dem letzten Mal hatte er sich geschworen es nie wieder zu tun und ein ordentliches Leben zu führen und daran wollte er sich auch halten. Und heute würde er damit anfangen.
Er nahm die Polaroids und ging mit ihnen zum Mülleimer. Dann öffnete er den Eimer und schaute ein letztes Mal auf die abgebildeten Szenen. Mit fester Entschlossenheit trennte er sich schließlich von den Bildern.
Nein, tu das nicht. Das sind unsere Erinnerungen. Sie gehören nicht nur dir, das sind auch meine und ich würde sie gerne behalten.
Ihr Tonfall klang flehend. Sie wusste dass es ihm diesmal ernst war und bangte um ihre Existenz. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, antwortete er ihr schon wieder nicht. Das passierte in letzter Zeit wirklich zu oft, dass er sie einfach so ignorierte. Irgendwas musste sie dagegen tun.
Als er mit dem aufräumen der Wohnung fertig war packte er sich den Müllsack, zog ihn aus dem Eimer und schulterte ihn. Er wollte ihn grade nach draußen bringen als ihm im Augenwinkel eine Bewegung auffiel. Er drehte sich in die Richtung aus der die Bewegung zu kommen schien.
Hey überlege es dir doch nochmal und hohl die Fotos wieder aus dem Sack. Du kannst doch nicht einfach so ein gemeinsames Stück Erinnerung wegschmeißen!
Lass mich in Ruhe. Ich werde das jetzt tun. Es ist endlich an der Zeit für einen Neuanfang und du wirst mich nicht daran hindern. DU NICHT!!
Er ließ ab von der Suche nach der Bewegung und machte sich Zielstrebig auf den Weg zum Müllcontainer, um endlich dieses Thema vom Tisch zu haben.
NEIN!!! Tu das nicht... Du weißt doch gar nicht was du tust. Du wirst es niemals schaffen, damit aufzuhören.
Du wirst schon sehen, wie ich das schaffen werde.
Um Acht Uhr stand er am verabredeten Platz und wartete auf sein Date. Nervös zog er an seiner Zigarette und schaute alle paar Minuten auf seine Uhr. Es war schon fünf nach Acht und sie war immer noch nicht da. Er machte sich Gedanken ob sie ihn wohl versetzten würde, doch da kam sie auch schon auf ihn zugelaufen. Sie sah bezaubernd aus. Ihre seidig-glänzenden Haare fiel in leichten Locken über ihre Schultern und verschmolzen mit ihrem schwarzen Kleid, das sich wunderbar an ihre Silhouette schmiegte. Um ihre Hüfte trug sie eine goldfarbene Kette, die ebenfalls an ihren kniehohen Stiefeln zu finden waren. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich ein neckisches Lächeln, als sie ihn sah.
„Tut mir leid dass ich mich verspätet hab. Aber du kennst ja uns Frauen.“
Auch er lächelte sie an und freute sich sie wieder zu sehen. Es war zwar grade mal ein paar stunden her, doch seitdem hatte er sie kaum wieder aus dem Kopf bekommen.
„klar, kenne ich das. Ich habe ja auch nicht lange gewartet.“
Die Beiden entschieden sich erstmal einen Cocktail trinken zu gehen. Bei ihrem gemeinsamen Abend kamen sich die beiden immer näher, sie witzelten, scherzten und lachten miteinander. Als der Abend voran schritt und es immer später wurde, entschieden sich beide, den Heimweg anzutreten. Sie riefen den Kellner und verlangten nach der Rechnung.
Nachdem er bezahlt hatte, standen beide auf und gingen an die frische Luft. Als sie draußen standen machte sie eine fröstelnde Bewegung und sagte:
„es ist ganz schön kalt geworden, nicht?“
Er legte ihr seine Jacke um die Schultern. Da die Beiden in die gleiche Richtung gehen mussten, entschieden sie sich zusammen zu laufen und so noch ein wenig mehr Zeit miteinander verbringen konnten.
Das ist deine Chance!! Deine Wohnung kommt zu erst, du musst sie nur dazu bringen sie mit hinein zu locken!! Du willst es doch auch..
Ich werde dir darauf keine Antwort geben. Du kennst meine Meinung zu dem Thema.
Nach einiger Zeit erreichten die Beiden seine Wohnung. Er drehte sich zu ihr und sagte:
„So hier wohne ich. Ich müsste mich jetzt hier von dir verabschieden, es sei denn du erlaubst es mir dich noch dich nach Hause zu bringen.“
Sie nahm seine Hand und setze ihren süßesten Blick auf.
„Das ist wirklich süß von, aber ehrlich gesagt, war das ein weiter Weg bisher und mir tun meine Füße ein wenig weh. Darum würde ich gerne eine kleine Rast bei dir machen. Da hast du doch bestimmt nichts dagegen, oder?“
„Nein, da habe absolut nichts gegen. Komm nur mit rein!“
JAAHHH!! Ich wusste doch dass du es nicht lassen kannst.
Verschwinde aus meinem Kopf und lass mich endlich in Ruhe.
Das hättest du wohl gerne, aber diesen Gefallen werde ich dir nicht tun. Ich bin ein Teil von dir und werde es auch immer sein. Egal wie oft du auch versuchst mich zu ignorieren, ich werde immer in deinem Kopf bleiben.
Und wieder einmal hallte ein gehässiges lachen durch seinen Kopf.
Er öffnete seine Wohnungstür und ließ sie eintreten. Sie schaute sich erst ein wenig um und ließ sich dann auf seine Couch fallen. Dann zog sie ihre Stiefel aus und seufzte erleichternd.
„Das ist wirklich eine Erleichterung. Willst du dich nicht zu mir setzen und mir ein wenig die Füße massieren?“
Er war ein wenig verblüfft, dass sie gleich so forsch ran ging, hatte aber auch nicht wirklich etwas dagegen. Denn schließlich war ja auch nur ein Mann. Er setze sich zu ihr und nahm ihr Füße auf seinen Schoß und begann ein wenig daran zu kneten. Sie lehnte sich ein Stück vor und begann ihn im Nacken zu kraulen.
„das ist wirklich echt nett von dir, dass du das machst. Aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich grade auf was ganz anders Lust.“
Ihre Hand wanderte vom Nacken über seine Brust zu seinem Schritt. Sie spürte seine Erregung und flüsterte ihm ins Ohr
„wo ist denn dein Schlafzimmer?“
Er zeigte auf die Tür rechts ihr. Sie stand auf, packte seine Hand und zog ihn hinter sich her in Richtung Schlafzimmer. Kurz vor der Zimmertür blieb sie stehen und schaute auf den Boden.
„Was ist denn da?“
Er schaute ebenfalls zu Boden und sah wie ein weißes Quadrat auf dem Boden liegen. Beim genaueren hinsehen, erkannte er das Quadrat als Polaroid und bekam Panik.
Wie kommt das denn dahin? Ich habe doch heute Nachmittag alle Bilder weggeschmissen?
Na da wirst du wohl eines Übersehen haben. Oder vielleicht ist es dir auch aus der Mülltüte gefallen. HAHAHA!!
Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die Stimme hatte ihn davon abgelenkt weiter nach dem Grund für die Bewegung zu suchen. Und nun war es zu spät. Seine Begleitung ließ seine Hand los, bückte sich und hob das Foto auf.
„na dann wollen wir doch mal sehen, was du so schönes fotografiert hast.“
Mit diesem Satz drehte sie das Bild um starrte auf das, was darauf zu sehen war. Sie wurde blass und erstarrte
Freu dich doch. Jetzt bleibt dir nichts anderes mehr übrig, als das zu tun was du in deinem tiefsten Inneren doch selber willst.
Diesmal hatte die Stimme zumindest teilweise recht. Er konnte sie nun nicht mehr gehen lassen. Er packte sie an der Kehle und drückte diese zu. Als Sie versuchte zu schreien, kamen stattdessen nur gurgelnde Geräusche aus ihrem Rachen. Der Mann schob sie ins Schlafzimmer und öffnete mit seiner noch freien Hand eine Schublade an einer Kommode. Während dessen suchte die Frau den Raum nach einer Fluchtmöglichkeit ab. Doch das Einzige was sie in ihrer Panik erkannte war die lange glitzernde Klinge in der Hand des Mannes. Er hielt ihr die Klinge direkt vors Gesicht, doch er schien zu zögern. Sie blickte ihn mit ihren Kandisbraunen Augen flehend an. Tränen rannen über ihre Wangen. Der Griff an ihrer Kehle wurde lockerer.
Was tust du da?? Jetzt werde nicht Schwach oder glaubst du etwa das sich jetzt noch alles zum guten wendet? … Los mach es endlich. Töte sie!!
Der Griff wurde wider fester und schnürte ihr erneut die Kehle zu. Jetzt hielt er ihr die Klinge direkt vors Auge. Die Spitze des Messers war nur wenige Millimeter von ihrer Pupille entfernt. Ihr schluchzen vermischte sich mit einem keuchen. Immer mehr Tränen flossen über ihre Wangen. Ihr flehender Blick, ließ ihn erneut zögern. So konnte er sie nicht umbringen. Es gab nur eine Lösung für dieses Problem. Mit einem langsamen Druck stieß er ihr die Klinge ins Auge. Ein stumpfer Schrei stieß aus ihrer gequetschten Kehle. Das schöne Gefühl einer Gänsehaut durchlief seinen Körper und erregte ihn. Er drückte das Messer Tiefer ins Auge bis es am Knochen stoppte. Mit einem kräftigen Stoß beendete er ihr leiden. Der Körper der Frau erschlaffte in seiner Hand und fiel Rücklinks aufs Bett. Er holte eine Kamera aus derselben Kommode, woraus er auch das Messer hatte. Er beugte sich über den Leichnam und setzte sich dann auf ihren Bauch. Sein Gesicht war kurz über dem Ihrem. Mit einem tiefen Atemzug nahm er den letzten Rest ihres Parfüms in sich auf. Mit seiner Hand strich er über ihre seidige Haut und küsste sie dann auf ihre noch warmen Lippen. Dann richtete er sich auf, zielte mit der Kamera auf ihr Gesicht und drückte ab.
Aaaahhhh! Ich wusste doch dass du es nicht schaffst. Du wirst es nie schaffen!
Du hast mich dazu getrieben! Ich wollte das nicht! Du hast meine Hand geführt und sie so ermordet!!!
Ich habe dich zwar dazu getrieben, aber du hast es zu Ende gebracht. Du bist der Mörder nicht ich. DU hast sie getötet!
...
Da hast du recht.
Der Mann drehte die Kamera um und machte erneut ein Bild. Diesmal von sich selbst.
was machst du da??
…
Es kam keine Antwort mehr.