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Schmerzvolle Liebe!
Liebe ist ein großes Wort, ein Wort, welches viel zu oft missbraucht wird, missbraucht für eine kurze Affäre, missbraucht für falsche Menschen und missbraucht ohne die wahre Bedeutung zu kennen. Viele Menschen suchen ihr Leben lang nach ihrer großen Liebe und übersehen dabei die Liebe, die sie schon immer in sich tragen. Liebe bezieht sich nicht nur auf diese eine Person, die der Partner ist und ist auch kein Phantom, dem heimlich nachgejagt wird. Liebe ist allgegenwärtig und jeder Mensch sollte lernen die Liebe zu erkennen, sie ausleben und ohne auf irgendwelche Meinungen anderer zu hören zu der eigenen Liebe stehen.
Mit gerade einmal 18 Jahren glaube ich behaupten zu können bereits kennengelernt zu haben was Liebe wirklich ist. Mit 14 Jahren habe ich einen Jungen kennengelernt, David. Es war so eine typische Situation. Zu dieser Zeit war es total „in“ Samstags in die Eisdisco zu gehen und wie der Zufall es wollte hat er mich umgefahren und so kam das Ganze total Hollywood-like ins rollen oder ist rutschen das passendere Wort? Nach einigen Treffen und endlosen Telefonaten hatte ich meinen ersten Freund. David. Groß, gutaussehend und ein Jahr älter als ich. Anfangs war diese „Beziehung“ eben wie mit 14 eine Beziehung ist, aber schon nach wenigen Wochen wurde mir immer klarer wie toll dieser David ist und wie viel Glück ich hatte, dass er mich mag. Wir verbrachten immer mehr Zeit miteinander, entdeckten, dass wir dieselbe Musik lieben und irgendwie „perfekt“ zueinander passen. Er der Ruhepol, den so ein quirrliges Mädchen, wie ich es bin, braucht. David der große Beschützer, der mich kleinen Angsthasen vor Dunkelheit, Spinnen und bösen Geistern tapfer behütet. Sein süßes Lächeln, das mich einfach immer zum Grinsen brachte, egal wie schlecht es mir ging. Ich wusste schnell, dass dieser Junge jemand ganz Besonderes ist und wir etwas teilten, etwas was nur wenige Menschen miteinander teilen. Es war die „perfekte“ Beziehung. Ich zickte und er legte den Arm um mich schaute mich an und sagte: „Sei einfach ruhig, ich weiß doch dass du ne kleine Zicke bist das brauchst du mir nicht täglich zu beweisen“. Wir verbrachte jede freie Minute miteinander, unsere Beziehung wurde von Tag zu Tag inniger, wir teilten immer mehr unseren Freundeskreis, unsere Musik, unsere Familie und vor allem unsere Liebe zum Reisen. Wir nutzen jede Möglichkeit raus zu kommen, verbrachten unsere Wochenenden zeltend im Wald und konnten es kaum erwarten in Urlaub zu gehen, auch wenn es nur mit meinen oder seinen Eltern war. Jeder in unserem Umfeld bewunderte unsere junge und scheinbar grenzenlose Liebe und sahen in uns das „perfekte“ Paar. Natürlich war nicht immer alles perfekt, ich bin wohl einer der streitsüchtigsten Menschen die es gibt und natürlich stritten wir, aber ich glaube das besondere an unserer Beziehung war, dass wir uns stritten, aber auch immer wieder vertragen haben. Jeder andere wäre mit mir als Freundin irgendwann durchgedreht und hätte auf meine „Streitattacken“ nicht so gelassen reagiert. Jeder andere wäre vermutlich darauf eingegangen und es wäre in einem endlosen Streit geendet, aber David lächelte es weg, zog mich an sich und küsste mich einfach. Er war der Mensch, der wusste wann ich was brauche. Er wusste wann er kontert und wann er es lieber sein lässt und keinen Streit anfängt. Er wusste wann er mich zum Lachen bringen soll und wann er mich einfach in den Arm nehmen muss. Wir waren nicht nur ein Paar, wir waren die besten Freunde du füreinander die Welt. Am 09.12.2008 sind wir zusammen gekommen und im Januar 2011, also gut 2 Jahre später, 2 Jahre voller toller und schöner Momente, 2 Jahre in denen ich David lieben lernte und er einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden ist. Wir waren immer stolz auf unsere Beziehung, wir waren 2 Jahre zusammen in einem Alter, in welchem die meisten Beziehungen 2 Monate halten. Wir waren zwei Freaks, die sich gefunden haben und nie wieder ohne einander sein wollten. Nach diesen 2 wunderschönen Jahren änderte sich alles. Die Diagnose veränderte sein Leben, mein Leben und unsere Beziehung. Im Januar 2011 erhielt David die vernichtende Diagnose „Lungenkrebs“. Ich erinnere mich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen. Er saß auf seinem Bett mit einem für ihn total untypischen Gesichstausdruck, er schaute zu Boden, kein freches Grinsen auf den Lippen und die Augen gefüllt mit Tränen. Ich hatte eine SMS von ihm bekommen „Meine Schöne ich muss dringend mit dir reden!“. 10 Minuten nach erhalten dieser SMS war ich bei ihm und mir bot sich dieses ungewöhnliche Bild. Mir läuft es heute noch eiskalt den Rücken herunter, wenn ich an diesen Moment zurück denke. Millionen von Gedanken schossen wir durch den Kopf, ich wusste nicht was los war und wollte es als ich ihn sah am liebsten gar nicht wissen. Ich wusste es ist etwas passiert, was alles verändern wird. Ich sah ihn an und wusste, dass es nie mehr so sein wird wie vorher. David kam auf mich zu nahm mich in den Arm, fing an zu weinen und sagte mir, dass er eine sehr seltene Art von Lungenkrebs hat. Ich weiß gar nicht mehr, was ich als nächstes gemacht habe aber ich sehe uns heute noch beide weinend auf dem Bett liegen. Wir haben das Bett 2 Tage nicht verlassen, haben zusammen geweint und ununterbrochen über das gesprochen was kommen wird. Ich habe ihm geschworen immer bei ihm zu sein, ihn zu unterstützen und mit ihm gemeinsam den Krebs zu besiegen. Ab diesem Tag war unsere Beziehung nicht mehr so „einfach“ unsere Beziehung war plötzlich noch inniger und die „Jugendbeziehung“ wurde von Tag zu Tag erwachsener. Ich verbrachte meine Nachmittage nur noch bei ihm im Krankenhaus, machte dort meine Hausaufgaben, brachte ihm lauter Fastfood mit, weil er das Essen nicht ertragen konnte. Mein halbes Zimmer zog zu ihm ins Krankenhaus und ich verbrachte mein halbes Leben als gesunder Mensch im Krankenhaus. Wir düsten mit einem Rollstuhl über die Krankenhausgänge, ich versteckte mich am Wochenende nachts unter seinem Bett und wir wurden mindestens 1000 mal ermahnt Rücksicht auf die anderen zu nehmen und endlich nicht mehr so viel zu lachen. Irgendwann war aber selbst das von uns so sehr geliebte Lachen und Singen nicht mehr möglich. Die Chemotherapie raubte David all seine Kräfte und ich konnte oft nicht mehr tun als an seinem Bett zu sitzen, seine Hand zu nehmen und unsere Musik mit ihm zu hören. An Tagen an denen es ihm besser ging, saß er auf seinem Bett, die Gitarre in der Hand und spielte oft den ganzen Tag. Jedes Mal wenn ich vorbei kam und er die Kraft dazu hatte sang er ein Lied für mich und spielte dazu mit seiner Gitarre. Die Musik gab uns beiden Kraft und sie gab mir die Kraft ihn zu unterstützen und ihm kraft zu geben. Ab nach dem ersten Chemozyklus durfte er nach Hause und musste meistens nur Ambulant zur Chemositzung, bei welchen ich ihm so oft es ging zur Seite stand. Ich wurde oft gefragt, warum ich ihn nicht verlasse und meine Jugend genieße oder wie ich mir das bitte antun könnte ihm beim „Kotzen“ die Hand zu halten. Meine Antwort war immer die gleiche „Ich liebe ihn und werde alles was kommt zusammen mit ich durchstehen“. Meine Familie, aber auch seine standen zu jedem Zeitpunkt hinter uns und halfen uns und ihm so gut es ging. Er sagte oft zu mir „Geh doch bitte mal wieder feiern oder mit deinen Freunden raus einer von uns beiden muss doch ein bisschen leben. Tu es für mich und erzähl mir dann alles“. Ich war feiern, ich war auf Konzerten und ich war im Urlaub, aber nie ohne ihn. Ich wollte, dass mein Freund lebt und so habe ich ihn überall mit hin geschleppt. Ich war froh, dass ich mit ihm zusammen leben konnte und las ihm jeden Wunsch von den Augen ab. David wollte unbedingt mit mir zusammen wieder zelten gehen ohne jemanden, der immer auf ihn aufpasst und ihn betüttelt. Wir waren zelten und haben alles gemacht worauf er Lust hatte. Heute kann ich sagen, dass das die schönste Zeit meines bisherigen Lebens war und ich bin seinen und meinen Eltern sehr dankbar, dass sie uns diese Freiräume ließen, die wir brauchten. Es war jedoch auch ein ständiges auf und ab seines zustandes. Es ging ihm oft wochenlang super und hätte er keine glatze gehabt und wäre nicht total abgemagert gewesen, hätte man ihm nicht geglaubt, das eine heimtückische, kaum erforschte Krankheit ihn von innen zerstört. Es gab aber auch die anderen Tage, die Tage an denen er zu schwach war mir einen Kuss zu geben, die Tage an denen er nicht einmal auf „play“ seines Ipods drücken konnte. Sein Zustand verschlechterte sich und nach einigen erfolglosen Therapien wurde er nach Hause geschickt. Er wurde mit dem Urteil „Wir wissen nicht mehr was wir für dich tun können“ nach Hause geschickt. Die Ärzte gaben ihm noch 2-6 Monate zu leben. Ab diesem Moment war mir klar, dass ich nun stark sein musste, ich musste stark sein um ihm Kraft zu geben, stark sein um mit ihm weiterzukämpfen. Es war ein Kampf gegen die Zeit, ein Kampf den wir zusammen führten. David hatte sich eine Liste geschrieben, was er unbedingt noch erleben wollte und mein Ziel war es ihm diese Wünsche zu erfüllen. Wir arbeiteten diese Liste ab Schritt für Schritt und nebenbei musste ich noch meinen „Alltag“ bewältigen. Ich frage mich bis heute woher ich diese ganze Kraft nahm. Eine mögliche Antwort auf diese Frage ist, dass die Liebe zu ihm mir die Kraft gab zu kämpfen und ihm beizustehen. Unsere Beziehung war etwas ganz besonderes, wir waren zwei Seelenverwandte, die sich ohne Worte verstanden. Wir redeten auch oft darüber was kommen mag und was ist falls der schlimmste Fall wirklich eintritt und er für immer geht. In diesen Gesprächen brach ich immer in Tränen aus und sagte, dass er mich nicht verlassen darf. David nahm mich in den Arm und meinte „Meine Schöne ich werde dich nie verlassen, vielleicht bin ich irgendwann nicht mehr hier bei dir, aber ich werde immer in deinem Herzen sein“. Er ist der stärkste Mensch den ich jemals kennenlernen durfte. Er hatte keine Angst vor dem Tod, er war sich sicher, dass wir uns irgendwann irgendwo wiedertreffen würden. Trotz er Tatsache, dass die Ärzte ihn aufgegeben hatten versuchten wir alles. Wir verloren den Kampf, den Kampf gegen den unbesiegbaren und überlegenen Gegner.
An dem Tag, an dem meine große Liebe und mein Seelenverwandter starb, starb ein Teil von mir mit ihm. Ich war wie in einem Trancezustand und konnte es nicht fassen, dass er mich wirklich allein zurück gelassen hat. Ich war froh, dass ich in seinen letzten Stunden und Minuten bei ihm war und er nicht allein sterben musste. Trotzdem konnte ich nicht fassen und kann es bis heute nicht, dass er für immer weg sein wird. Er wird nie wieder mit seinem Grinsen auf mich warten und für mich singen, er wird nie wieder „Meine Schöne“ zu mir sagen. Wir hatten viel über den Tod gesprochen und das machte es mir ein bisschen einfacher damit umzugehen. Ich wusste was er sich gewünscht hatte und konnte ihm somit mit Hilfe seiner Familie einen würdigen Abschied gestalten. Es liefen nur die Lieder, die er sich ausdrücklich gewünscht hatte und alle Trauergäste waren bunt gekleidet, weil er die Farbe schwarz verabscheute. Jeder Gast der Trauerfeier ließ einen Ballon mit persönlichen worten an ihn in den Himmel steigen und danach feierten wir alle gemeinsam nochmal ein Fest, das nach Davis Geschmack gewesen wäre. Es war keine „typische“ Beerdigung oder Trauerfeier, wir haben uns auf eine ganz besondere Weise verabschiedet, in dem wir sein Leben feierten.
David hatte nicht vergessen mir etwas zurück zulassen, er ging nicht ohne einen letzten Abschied. Nach seinem Tod haben mir seine Eltern einen Brief überreicht. Fünf Seiten voller David, fünf Seiten in denen er mir nochmal alles erklärte, fünf Seiten in denen er mir dankte. Dieser Brief liegt seit diesem Tag in meinem Nachttisch und immer, wenn ich Sehnsucht habe lese ich mir die persönlichsten Wort, die einem ein Mensch widmen kann durch. David ist tot. Aber in meinem Herzen wird er für immer einen Platz haben, er war meine erste Liebe und wird es immer bleiben. Mit ihm habe ich so vieles erlebt und geteilt, was mich für immer an ihn denken lassen wird. Zu meinem 18. Geburtstag habe ich ein Geschenk bekommen. Ein ganz besonderes Geschenk, ein Geschenk meines toten Freundes. Seine Eltern haben es aufbewahrt und hatten die Kraft es mir nicht zu geben, als es mir am schlechtesten ging. Dieses letzte Geschenk trage ich jeden Tag bei mir, ein Medaillon mit einem wunderschönen Bild von uns beiden. Dieses Medaillon wird mich immer an ihn erinnern, ich werde meine große Liebe für ewig in meinem Herzen tragen und vielleicht kann ich irgendwann in eine Zukunft blicken, in welcher der Schmerz weniger wird.
Als letzten Abschied und als Verewigung unserer Liebe und Gemeinsamkeiten werde ich mich tätowieren lassen. Den Spruch „Hakuna Matata“ („alle Probleme und Sorgen sind fern“) der mich für immer an unser gemeinsames „Lebensmotto“ erinnern soll.