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Schmerzgrenze

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02.01.2002
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Schmerzgrenze

Jede Geste, jeder Blick verriet es ihr. Du warst wieder bei ihr, wollte sie ihm entgegenschleudern. Stattdessen drehte sie sich um. Ihre Schultern bebten. Bitte keine Tränen, nicht jetzt, nicht vor ihm. Sei stark. Im Küchenfenster sah sie sein Spiegelbild.

Er blieb in der Tür stehen, umklammerte den Rahmen, trat von einem Fuß auf den anderen. Er murmelte ein paar Worte, die sie nicht verstand. Das Übliche vermutlich: Verharmlosungen, Ausreden, Lügen. Sie wollte es nicht hören.

Irgendwann löste er sich und schlich ins Wohnzimmer. Die Tür fiel ins Schloss. Endlich konnte sie weinen.

Ihre Freundinnen hatten sie vor ihm gewarnt. »Er wird dir niemals treu sein.« Sie hatte ihnen nicht glauben wollen. Jetzt glaubte sie ihm nicht mehr. Ändern wollte er sich, die Andere nicht mehr treffen. »Gib mir Zeit, die Sache zu klären.« Die Sache. Die Sache, die ihr Leben zerstörte, ihr Glück, ihre Liebe. Wie lange kann ein Mensch warten? Wie lange konnte sie warten? Hoffnung währt nicht ewig.

Nebenan lief der Fernseher. Sie stellte sich vor, wie ihr Mann auf der Couch saß und sich von bunten Bildern berieseln ließ, um nicht denken oder reden zu müssen. Zwei Dinge, die er gerne vermied.

Sie wusste nicht, wie lange sie dort saß, das Gesicht in den Armen vergraben. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, trockneten und flossen erneut, bis nichts mehr kommen wollte. Tausend Gedanken schossen durch ihren Kopf, kein einziger ließ sich zuende verfolgen. Waren es Minuten oder Stunden, die vergingen, bis sie die Augen wieder öffnete? Vor ihr lag ein Messer. Sauber, glänzend, scharf. Sie starrte es an. Aus dem Wohnzimmer drang das Gelächter einer Comedysendung.

Ein Stich und alles wäre vorbei. Ein kurzer Schmerz, doch was war das schon gegen ewigen Kummer. Mit zitternder Hand griff sie danach. Langsam, unendlich langsam, strich ihr Finger die Klinge entlang, bis sich ein winziger Blutstropfen auf der Kuppe bildete.

Nicht mehr als ein Gedanke, doch unendlich viel Trost steckte darin. Ein Stich und alles wäre vorbei. Für sie oder für ihn. Das würde sich zeigen. Eines Tages, vielleicht. Sie lächelte.

 
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Hallo Ginny-Rose,

es gelingt dir immer gut, diese kleinen Momentaufnahmen zu beschreiben, die Gefühle einzufangen, die Trauer die wut und auch die Mordlust, sie dabei entstehen kann. Sprachlich bist da da versiert.

Auf der anderen Seite frage ich mich dann natürlich, warum es nciht der einfach Weg einer Trennung sein kann.

Ganz persönlich habe ich bei dieser Geschichte den Eindruck, sie in dieser Form von dir schon öfter gelesen zu haben, auch wenn sie neu ist. Ich habe nichts dran auszusetzen, aber es liest sich ein bisschen wie Dutzendware.

Lieben Grüße, sim

 

Hallo sim,

Ganz persönlich habe ich bei dieser Geschichte den Eindruck, sie in dieser Form von dir schon öfter gelesen zu haben, auch wenn sie neu ist. Ich habe nichts dran auszusetzen, aber es liest sich ein bisschen wie Dutzendware.
Muss ich dir leider Recht geben. Ich wiederhole mich ... gerade bei Romantik/Erotik. Bei einer etwas längeren Geschichte komme ich gerade nicht weiter, da hab ich die hier eingeschoben - das soll aber keine Ausrede sein, mir ist klar, dass ich mehrere Texte dieser Art habe und sie sich sehr ähneln. Fast hätte ich die Geschichte hier heute morgen wieder löschen lassen ... aber ich lasse sie einfach mal stehen.

Danke für deine Kritik. :-)

Ginny

 

Hallo Ginny :)

Hm, ich kann mich Sim eigentlich nur anschließen. Sprachlich habe ich wie fast immer bei dir nichts auszusetzen. Dein Schreibstil ist routiniert. Schön, daß du an einigen Stellen die Gedanken der Protagonisten eingebaut hast, das lockert die Geschichte, die keine Dialoge enthält, angenehm auf.

Inhaltlich ist es mir diesmal aber auch zu beliebig. Klar, die Grundthematik hat wohl jeder von uns schon mal verbraten, und das ist gar nicht mein Problem, weil das Thema immer wieder aktuell ist. Aber es fehlt etwas „Besonderes“, auch wenn die Handlung nur eine Momentaufnahme ist. Ich persönlich hätte mir gewünscht, daß du die Situation mit dem Mann noch etwas näher beleuchtest. Natürlich sind schon ausreichend Informationen in deinen Zeilen, daß man sich in die Situation der Prot hineinversetzen und ihre Gefühle nachempfinden kann, aber dennoch... irgendwas fehlt mir hier.
Spontan gingen mir zwei Ideen durch den Kopf: Entweder die Geschichte noch weiter verdichten oder aber den Konflikt zwischen ihr und dem Mann ausgebauen, wobei mir letztere Variante deutlich besser gefiele – ein Dialog z.B., der aufgrund seiner Schweigsamkeit eher zu einem Monolog ihrerseits gerät.
Na ja, nur so als Anregung.

Some

 
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Hallöchen Some,

willkommen unter meiner Geschichte - mach's dir bequem.
Du hast Recht, denke ich, für eine Momentaufnahme ist es nicht intensiv genug. Manchmal gelingt mir das, das ein Text von dieser Kürze Wirkung erzielt ... hier hatte ich selber bereits beim Schreiben das Gefühl, dass es nicht funktioniert. Was mich natürlich nicht davon abgehalten hat, sie zu posten. :dozey:
Wenn man einmal damit anfängt, so kurze Texte zu schreiben und sie dann teilweise gut ankommen (z.B. "Die Dinge liegen so nah"), dann ist die Versuchung groß, sich nur noch auf solche Momentaufnahmen zu konzentrieren. Es ist ein schönes Gefühl, mit wenigen Worten viel beim Leser zu bewirken.
Klappt aber nicht immer.

Ich hoffe, meine nächste Romantikstory (die angekündigte ;-) - traurig und nicht autobiographisch wie immer (sic) - gefällt dir wieder besser. :-)

edit: Ähm, die angekündigte Story verzögert sich mal wieder etwas - nimm halt vorlieb mit dem was dazwischen kommt. :D

Ginny

 

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