Mitglied
- Beitritt
- 08.07.2003
- Beiträge
- 37
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
Schmerz & Amnesie
Schmerz & Amnesie
Schweißgebadet und schmerzverkrümmt lag er auf den weißen Kacheln.Unglaubliche Schmerzen durchströmten
ihn, nahmen ihm den Atem.
Und sein einziger Gedanke war, dass er allein war.
Allein in diesem sterilen Raum, eingesperrt zwischen quadratischen Kacheln.
Langsam robbte er auf die Tür zu, er fixierte alle seine Sinne auf dieses Ziel.
Schweiß lief ihm über das Gesicht, und immer noch
litt er fürchterlich unter den Schmerzen.
Als er die Tür erreichte, war er fast besinnungslos.
Mit letzter Kraft erreichte er die Klinke,
drückte sie herunter und- nichts geschah.
Mit schwacher Stimme röchelte er um Hilfe.
Doch er wusste, dass ihn niemand hören würde.
Immer wieder kam ihm der Gedanke:
"Du bist ein Nichts, um dich kümmert sich niemand, wenn du hier verrotten würdest, es würde niemanden kümmern."
Das Wissen um seine Einsamkeit machte die Schmerzen noch größer.
Er blieb ruhig liegen und versuchte, sich an etwas Schönes zu erinnern, er hatte gehört, dass dies helfen solle, wenn man Schmerzen hatte,und als Kind hatte es doch auch immer funktioniert.
Oder?
Nein!
In seiner präkären Situation gibt es nichts Schönes,
sollte er jemals etwas Schönes erlebt haben, er hatte es vergessen und so konnte er auch nicht von seinen Schmerzen ablenken.
Nach einigen Minuten, die ihm vorkamen wie ganze Leben, schien der Schmerz nachzulassen.
Erleichterung durchströmte ihn wie Wärme, und der Schmerz ließ noch mehr nach.
Nach einiger Zeit wagte er es, aufzustehen.
Langsam richtete er sich auf, prüfte, ob ihm nichts allzu Schlimmes widerfahren war und stellte fest,
dass nichts gequetscht oder gebrochen war, dass aber,
als er die Stelle, die ihm so Sorgen machte,
berührte, zuckte er trotzdem zusammen, wohl mehr eine psychische als ein physische Reaktion, wie er mit verzerrten Gesicht feststellte.
Nun ging er zur Tür und drückte die Klinke.
wieder funktionierte es nicht.
Als er sich den Schweiß aus den
Augen gerieben hatte, stellte er fest, dass der Schlüssel steckte.
Sonderbar, dass der Schlüssel auf
SEINER Seite der Tür steckte,
aber er dachte nicht darüber nach, so glücklich war
er darüber, nicht mehr in dem weißen Raum mit seinen Schmerzen allein zu sein.
Er drehte den Schlüssel und drang in die Freiheit, doch als er die Türschwelle übertrat, wurde er vom hellen Tageslicht geblendet,
welches durch ein Fenster direkt gegenüber
der Tür fiel.
Aber auch darüber dachte der Mann nicht nach.
Sein einziger Gedanke war die Freiheit.
Er torkelte auf eine Tür zu und öffnete sie langsam.
Ein Bett stand dort, es schien, als wäre es vor kurzer
Zeit benutzt worden.
Er legte sich für zwei Minuten hin und sog Luft durch die Zähne ein.
Er schlief ein.
Der Mann, gerade erwacht, torkelte auf den Wäscheschrank zu, um sich dort andere Kleidung zu suchen.
Seine durchgeschwitzen Klamotten widerten ihn an.
Im Schrank fand er, was er suchte.
Eine Boxershorts, ein paar Socken und eine Hose, ein Hemd und sogar ein gebügeltes Sakko.
Es passte, als wäre es ihm auf den Leib geschneidert worden.
Er setzte sich hin, und dachte nochmal über seine
Situation nach.
Was, wenn der Schmerz wiederkäme?
Was, wenn er wieder im Raum aufwachen würde, wenn er ein weiteres Male einschlafen würde?
Er konnte sich die Fragen, die ihm im Kopf dröhnten, nicht beantworten, aber er wusste,
dass er die Ruhe bewahren sollte.
Er ging noch einmal zurück in den Raum, der Quelle seiner Pein, wie er insgeheim dachte.
Bei der Erinnerung an den schrecklichen
Schmerz und das Angstgefühl, welches ihn im Raum befallen hatte, so allein, seufzte er, halb erleichtert, dass es nun vorbei war, halb immer noch von einer irrationalen Angst befallen, die ihm sagte, es könne immer wieder passieren, was ihm widerfahren war.
Er schaute sich alles an, doch entdeckte er nichts, was ihm nun etwas nützen würde.
Dann fiel ihm ein, dass die Tür von innen verschlossen gewesen war.
Hatte er die Tür etwa abgeschlossen?
Der Mann wusste es nicht.
Er verließ wieder den Raum heraus, denn in der Sekunde, in der er ihn betreten hatte,
hatte er schon ein leichtes Echo des
Schmerzes, den er, wie es für ihn schien, Stunden vorher durchlebt hatte, gefühlt.
Als er die Tür seines Badezimmers endlich geschlossen hatte, lehnte er sich an die Wand und genoß das warme Sonnenlicht, welches auf sein Gesicht fiel.
Plötzlich riß er die Augen auf.
Verdammt, er musste zur Arbeit!
Und auf dem Rückweg würde er sich endlich eine Pyjama- Hose OHNE Gummizug kaufen.