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Schichtarbeiter

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06.03.2021
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Schichtarbeiter

Kennen Sie das Leben eines Lagerhelfers, welcher der Schichtarbeit ausgesetzt wird?

Für die Schichtarbeit der kommenden Woche gibt es einen koordinierten Schichtplan, welcher immer ab Mittwoch einsehbar ist. Wenn ein Angestellter der Frühschicht zugeteilt wird, hat er die schlechtesten Bedingungen erhalten. Die Arbeitsgruppe der Frühschicht muss das Arbeitspensum vorgeben und daher als erste Gruppe des angebrochenen Tages hart arbeiten. Die Mittgasschicht beginnt um 14 Uhr und endet um 22 Uhr. In der Frühschicht wurde das Arbeitspensum vorgegeben und in der Mittagsschicht soll dies selbstverständlich beibehalten oder gar übertroffen werden. Daher melden sich einige Mitarbeiter gerne freiwillig für die Nachtschicht, um den leistungsbetonten Arbeitspensum zu entfliehen. Die Anzahl der Schichtleiter in der letzten Schicht ist deutlich geringer als in den beiden tagsüber. Es sind generell viel weniger Personen auf dem Firmengelände. Die Nachtschicht beginnt um 22 Uhr und endet um 6 Uhr.
Daraufhin ist ein Tag beendet und es beginnt ein neuer Arbeitstag für die Schichtarbeiter. Viele der Lagerhelfer ertragen diesen Kreislauf nach einiger Zeit nicht mehr. Dieses Konzept der Arbeitsteilung gilt für alle Firmen, welche in der Massenproduktions- und Versand Branche tätig sind. Dazu zählt auch die DHL Solutions GmbH…

Wir befinden uns in Unna. Nicolas steht am ersten Arbeitstag vor dem Eingangstor des Firmengeländes. Er hat sich dazu entschieden einen Ferienjob als Lagerhelfer anzunehmen, da aufgrund der Corona Pandemie der Urlaub in den Sommerferien wegfällt. Warum sollte man die Zeit dann nicht nutzen, um Geld zu verdienen? Der Eingangsbereich füllt sich an diesem Morgen immer mit mehr Menschen. Die letzten Anwesenden sind zwei Brüder, welche ungefähr 20 Jahre alt sind und in einem schwarzen Twingo erscheinen. Die beiden machen einen unfassbar unorganisierten Eindruck, da sie offensichtlich eben erst aufgestanden sind. Der Fahrer zieht sich noch seine Arbeitsschuhe an, während der andere seine Weste sucht. Eine Frau neben Nicolas sagt zu ihm: „Die beiden schauen so aus als verkaufen sie ‘was“. Nicolas denkt sich: „Ja, und zwar Gras“. Als gelegentlicher Kiffer weiß er ganz genau, wer Gras konsumiert, wer es nur verkauft und wer stets etwas von seiner eigenen Ware probiert. Die beiden Brüder steigen nun aus und man bemerkte direkt, dass beide vor der Fahrt einen Joint geraucht haben. Mark kann es so gut verbergen, dass es nur Nicolas auffällt, wobei Alex hingegen dafür sorgt, dass der Koordinator, welcher die Anwesenheit kontrolliert ihn nun auf dem Kieker hat. Diese unterschiedliche Anpassungsfähigkeit ist wahrscheinlich der Grund weswegen Mark der Fahrer war.

Nicolas und alle anderen Neulinge werden zuerst in den Pick & Pack Bereich eingeführt, da es sich hierbei um die einfachsten Tätigkeiten zum Quereinsteigen handelt. „Pick“ bedeutet in diesem Fall, dass man an einem mittelgroßen Arbeitstisch steht und einen der Kartons, die auf dem Laufband sind, wählt und den Inhalt dann in einen Wagon wirft. Ein Wagon ist im Durchschnitt mit 150 bis 200 Kleidungsstücken gefüllt. Sobald der Wagon voll ist, wird er mit einem Scan-gerät registriert. Erstmal wird der angeklebte Code am Arbeitstisch gescannt, damit man weiß, bei wem und wo man sich beschweren kann, falls es Unstimmigkeiten gibt. Der Verantwortliche tippt daraufhin die Anzahl der Teile im Wagon in den Scanner ein und schließt den Prozess mit dem Scannen des Codes auf dem Wagon ab. Dann wird er in den Bereich deponiert, der am Boden rot markiert ist und damit die Fläche für die abstellbaren Wagons darstellt.

Zur Mittagspause lernt Nicolas ein weiteres Duo von Jugendlichen kennen. Der Junge, der ihn anspricht, heißt Kevin und denkt, dass man wegen der gleichen Hautfarbe sofort eine Verbindung zueinander habe muss. Bis auf den einen blödsinnigen Gedanken, scheint er ein netter Junge zu sein, der in seiner Vergangenheit nur zu kurzsichtig gehandelt hat. Kevin ist im Jahre 2001 geboren worden und somit nur ein Jahr älter als Nicolas. Nicolas macht derzeitig sein Abitur, während Kevin die Schule abgebrochen hat und die illegalen Wege wie das Verkaufen von Gras und hin und wieder auch das Ausrauben von Wohnungen verfolgt hat, bis er schließlich mit einer größeren Menge an Rauschgift erwischt wurde und sich entschied sein Leben neu zu ordnen.


In der dritten Woche wird es deutlich interessanter da man nun eine Einführung in alle Bereiche erhalten hatte und sich nun, wenn man Glück hat, seinen Favoriten auswählen kann. Ebenso hat man die ersten beiden Wochen verpflichtend zur Frühschicht gearbeitet, um ein Gefühl für den Leistungsstandard zu bekommen. Doch mittlerweile dürfen auch die Neulinge im Büro ihre Wunschschicht für die kommende Woche mitteilen. Man hatte auch nach diesen zehn Arbeitstagen einen Überblick über die Auswirkungen dieser Arbeit erhalten. Fast alle sind Raucher. Zu den Nicht-Rauchern zählen Frauen, welche Kinder im jungen Alter haben und die, die erst letzte Woche oder zu Beginn des Monats aufgehört haben zu rauchen.Die Zigaretten sind also für die Arbeit als Schichtarbeiter essenziell. Nicolas wurde in den ersten Tagen stets gefragt, weswegen er nicht nach draußen gehe und sich den anderen im Kreis zu einer kurzen Zigarettenpause anschließe. Entweder sind die Menschen nett oder unfreundlich. Die Menschen, die nett sind wissen einerseits, dass man nur mit guter Laune einen weiteren Arbeitstag übersteht und andererseits haben diese Personen auch Familien, auf die sie sich freuen, sobald ihre Schicht vorbei ist. Nicolas entscheidet sich dazu, sich in der dritten und vierten Woche für die Mittagsschicht einzutragen, da er aufgrund der Bus- und Zugverbindung deutlich mehr Schlaf genießt, als wenn er zur Frühschicht erscheinen muss.Wie bereits erwähnt ist das Arbeitspensum bei der Mittagsschicht gleich oder höher.

Plötzlich hört Nicolas eine laute Stimme, es ist die eines Schichtleiters: „Alle mal sofort an der Säule versammeln.“ Die Säule ist der Treffpunkt für die Arbeiter, um über ihre Einteilung und andere wichtige Informationen des Tages zu erfahren. Der Name ist wohl offensichtlich, doch an der Säule befindet sich auch ein großer Schreibtisch mit drei Bildschirmen und einem Rechner. Links daneben sind die Scanner, die dazugehörigen Codes und Registrierungsblätter der Arbeiter in Boxen willkürlich vorzufinden. „Nochmal das Tempo und die Konzentration erhöhen, wir können den Rekord übertreffen!“, sagt nun der Schichtleiter. Die Arbeiter reagieren überraschenderweise motivierter als es Nicolas angenommen hat. Nicolas wird daraufhin zum Aufschneiden und Beladen geschickt. Vorab muss erwähnt werden, dass die zwei Verantwortlichen an der Säule in einer unfassbaren Machtstellung sind und sich dessen im Klaren sind. Ihre lässige Körpersprache und der selbstgefällige Blick zeigt, dass sie in diesem Gebäude zu den Unantastbaren gehören. Die Lagerhelfer, mit denen sie befreundet sind, werden immer zu den passablen Bereichen geschickt, wohingegen Nicolas mit einem 21-jährigen und ebenfalls neuen Arbeiter namens Daniel, sich dem Gebrüll der fordernden Mitarbeiter stellen muss. Nach einiger Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür, ob man aus purer Verachtung angeschrien wird oder nur weil derjenige selbst durchgehend redet, bis er vom Schichtleiter erwischt und öffentlich erniedrigt wird. Ein anderer Grund ist natürlich der Frust und die Nervosität, da die letzte Zigarette vor bereits zwei Stunden geraucht wurde.

Das mit am höchsten Ansehen in der Welt der Schichtarbeiter genießen die Schichtleiter, doch nur innerhalb der Rangordnung der Firma. Die normalen Angestellten tragen eine gelbe Weste, wohingegen die Schichtleiter eine rote Weste tragen. Der angebliche Grund sei die einfache optische Unterscheidung, aber das Merkmal sorgt für eine Klassengesellschaft. Die Schichtleiter benehmen sich wie Vorgesetzte, die alle einfachen Arbeiter wie ihre persönlichen Assistenten herumschubsen. Natürlich gilt das nicht zu verallgemeinern. Es gibt wie immer schlimmere und nettere Vorgesetzte. Nicolas erster Vorgesetzter ist Christian, ein dicker Mann, der immer grinst und entspannt ist. Sollte man mal kurzfristig ein paar Tage Urlaub brauchen oder innerhalb der Woche die Schichtzeit wechseln, ist Christian der Mann unter den Schichtleitern, an dem man sich wenden sollte. Vincent gehört zu den Schichtleitern, die immer nett sind, doch sobald man aufgrund der verspäteten Bahn oder des Staus auf der Autobahn nicht pünktlich erscheint, droht er direkt damit dich zu entlassen, obwohl er nicht dazu in der Lage ist.
Er gehört zu den Menschen, die unter Stress unmittelbar ihre Fassung verlieren und jeden einzelnen Fehler persönlich nehmen.


Daniel und Nicolas harmonieren gut als Partner. Sie sind beides ruhige, aber auch ehrgeizige Typen. Da sie mittlerweile einwandfrei den Ablauf beherrschen, beginnen die beiden dabei zu reden. Plötzlich baut sich ein durchschnittlich großer Mann vor Ihnen auf und schreit: „Weniger quatschen und mehr arbeiten!“. Das ist Joshua Wenner. Er trägt immer eine True religion Jeans und ein Diesel T-shirt. Er würde es am besten finden, wenn niemand bei der Arbeit auch nur den geringsten Spaß empfinden würde. Die meisten Mitarbeiter würden ihn als ignorantes Arschloch betiteln und damit recht haben.

Zur nächsten Versammlung an der Säule erscheinen auch zwei Schichtleiter, die sonst in einem anderen Flügel tätig sind. Die Frau ist auffallend geschminkt und trägt ein Oberteil im Leopardenmuster zu einer hellblauen Jeans. Der Mann mit schwarzen Nike Sportschuhen, einer schwarzen Jeans und einem schwarzen Shirt, gleitet sich mit seiner Hand durch seine schwarz nach hinten gegellten Haare und setzt dann wieder seine Kappe umgekehrt auf. Sie ist mit dem Gucci Monogramm bestickt.

„Es ist äußerst bedauerlich, dass wir dieses Thema nochmal ansprechen müssen, aber anscheinend ist das in den Arbeitsverträgen nicht deutlich genug vermerkt worden,“ gibt die Frau mit aggressiver Stimme von sich. Die Rede war hierbei von der Toleranz Politik der Firma, die Diskriminierung in jeglicher Form ausschließt. Einige der Angestellten sehen das anders, denn die Toilettenwände wurden mit Hilfe eines dicken Filzstiftes mit Hakenkreuzen und Sprüchen wie „Ausländer raus!“ bekritzelt. Nicolas ist bis dahin schon aufgefallen, dass die eine oder andere Person rechts eingestellt sein könnte, aber nicht in diesem Ausmaß. Der Vandalismus erreicht noch andere Dimensionen. Denn der männliche Schichtleiter berichtet auch von einer großen Menge an zerstochenen Reifen bei den Autos der Angestellten. Merkwürdigerweise sind nur Autos der Herstellermarke BMW davon betroffen.

Wie zu Beginn erwähnt sind zu der Nachtschicht immer nur eine geringe Anzahl an Schichtleitern anwesend. Meistens sind diese aber auch nicht durchgehend da, weil sie nicht unbedingt nüchtern sind. Angeblich gibt es einen Dealer, der während der Nachtschicht immer Pillen und Marihuana verkauft. Während der Nachtschicht herrscht also eine deutlich bessere Atmosphäre. Die Mitarbeiter reden auch viel mehr miteinander und wie es nun mal ist, kommen auch die Gerüchte zur Sprache. In seiner ersten Nacht erfährt Nicolas unter anderem, dass einer der Schichtleiter letztens komplett betrunken gewesen sei und zu den Toiletten ging. Der nächste habe die Toilettenwand mit gezeichneten Hackenkreuzen wiedergefunden. Dieser besagte Schichtleiter ist anscheinend des Öfteren betrunken und verwandelt sich dann gerne mal in einen Menschen, der nationalsozialistische Kommentare von sich gibt.

Mittlerweile ist es 3 Uhr nachts. Nicolas füllt gerade die Kartons mit Levis Jeans und schmeißt sie nacheinander aufs Fließband als eine blonde große, leicht mollige Frau mittleren Alters, ihn an der Schulter antippt und mit großen Pupillen und verträumten Lächeln fragt: „Na du, kommst du mal eben mit auf die Toilette?“.

 
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Hallo @NicolasD. ,

ich kann Deinen Text nicht als Geschichte werten und bewerten, denn er gleicht eher einem Tagebucheintrag. Es wird hier lediglich nacherzählt, was der Prota (vermutlich Du selbst) erlebt hat, so wird daraus ein sachlicher Erlebnisbericht. Was nahezu zur Gänze fehlt, ist eine Handlung. Du springst von Thema zu Thema, Erlebnis zu Erlebnis, ohne jemals unter die Oberfläche des angesprochenen Erlebnisses zu tauchen. Der Leser bekommt eine Szene präsentiert, die er kurz von außen betrachten kann, erhält aber niemals Einblick in diese, da der Text schnell abhandelt und bald wieder zum nächsten Punkt übergeht. Als wolltest Du möglichst viele Informationen in einem Sach- oder Erlebnisbericht abarbeiten. Um eine Geschichte zu erzählen, um mir als Leser zu erlauben, in die Szene einzutauchen, musst Du mir eine Handlung präsentieren, dazu Figuren, mit denen ich mitfühlen kann.
Charaktere gibt es zwar ansatzweise, aber wirklich nahegebracht wird mir keine Person, was auch an der Fülle der verschiedenen Personen liegt. Von einigen erhalte ich einen flüchtigen Eindruck, aber niemals so viel, dass die Person mir überhaupt wichtig für den Text erscheint.

„Es ist äußerst bedauerlich, dass wir dieses Thema nochmal ansprechen müssen, aber anscheinend ist das in den Arbeitsverträgen nicht deutlich genug vermerkt worden,“ gibt die Frau mit aggressiver Stimme von sich.
Stellen wie diese sind das Einzige, das als Handlung gewertet werden könnte, für sich alleine sind das jedoch nur Zitate, die irgendwo im Raum stehen, den Bericht mit etwas Erlebnis ausschmücken.
Z.B. könnte hier der Prota eingeschüchtert sein von den Rechten auf dieser Arbeitsstelle und nachdem jemand von ihnen angegriffen wird, könnte sich der Prota dazu durchringen, doch einzuschreiten. Nur als Beispiel. Oder der Prota wird in die Drogengeschäfte reingezogen, zieht dann im letzten Moment die Reißleine. Du hast mir von all diesen Dingen erzählt aber niemals eine Handlung darum aufgebaut, mit anderen Worten: In diesem Text passiert nichts.


Ich sehe in diesem Text definitv Geschichten, die erzählt werden könnten, doch so wirklich getraut hast Du Dich nicht, springst sofort weiter, um die nächste Geschichte oberflächlich anzukratzen. Eine Handlung ist es, die mir fehlt.

Meine Empfehlung wäre:
Konzentriere Dich auf eine bestimmte Szene, ein bestimmtes Erlebnis, das einen Konflikt mit sich bringt. Tauche ein in diese Szene, lass die Figuren handeln, erzählen, denken, lass mich als Leser dabei sein. Im Optimalfall sollte das Handeln der Figuren zu etwas Abschließendem führen, zu einer Erkenntnis, einem neuen Problem oder einer Lösung für ein (das) Problem.


Ein paar andere Dinge noch:

"Plötzlich hört Nicolas eine laute Stimme, es ist die eines Schichtleiters: „Alle mal sofort an der Säule versammeln.“"

"Plötzlich" ist generell ein No-Go, das wirkt abgedroschen, unpassend und ist bestenfalls redundant.


"Welche, welcher welches" sind archaisch und sperrig als Relativpronomen, bleib lieber bei "der, die, das", damit ist alles schön.

Lass Dich nicht demotivieren von meiner Kritik, bleib dran, Du bist noch sehr jung, Schreiberlinge wachsen langsam.


MfG

 

Hallo @NicolasD.,

das Tolle an deiner Story ist, dass sie extrem authentisch ist. Du hast selbst dort gearbeitet, unterstelle ich dir jetzt einfach mal, hast dort beobachtet und mitgehört. Das ist eines der wichtigsten Dinge, die du als Schriftsteller tun kannst und solltest. Deine Figuren, die Arbeitsprozesse etc. wirken extrem realistisch und authentisch, ich habe selbst Erfahrungen gesammelt in einem ähnlichen Betrieb und Umfeld. Bspw. wie die Schichtleiter mit Druck umgehen und agieren, dass sie mit Kündigung drohen, obwohl sie es nicht können eig. und dass alle Raucher sind und man gefragt wird, wieso man nicht mitraucht etc. Das sind wirkliche schöne Details, die auch das Klischee brechen (!) und einem authentisch zeigen, wie das Leben als Arbeiter dort ist. Das ist extrem viel wert, dass du dir dieses Umfeld so angeeignet hast und authentisch davon erzählen kannst. Wenn du gerne weiter schreiben möchtest in deinem Leben, mach das weiter, sammle Erfahrungen und breche das Klischee deiner Figuren und des Umfelds mit authentischen, echten Erfahrungen. Die Details schaffen die Authentizität. Den Blick des Beobachters hast du bereits gut inne, auch das Auge für interessante Details deiner Figuren und des Spots.

Ich mag auch die Wendung, dass dort Hakenkreuze in die Toilette gezeichnet werden und die Dame ihn zum Ende mit aufs Klo nehmen will. Da ist schon eine gewisse Spannung zu spüren.

So viel Lob meinerseits.

Lies viel Literatur in deutscher Sprache und schaue dir mal an, wie andere Geschichten erzählen und Szenen aufbauen. Man merkt, nimm es mir nicht übel und ich meine das im positivsten Sinn, dass es dein erster oder einer deiner ersten Gehversuche im Prosaschreiben ist. Es gibt viele Tricks, wie man anschaulich, intensiv und spannend Szenen und Storys schreiben kann. Der vorliegende Text wirkt noch sehr von Schulaufsätzen geprägt und sehr „tellig“ (nach dem Mantra Show don‘t tell).

Andere werden dir mit Sicherheit gut Tipps zum Prosaschreiben geben, es gibt auch Schreibratgeber für den Einstieg wie zB Freys Wie man einen verdammt guten Roman schreibt und, as I said, lies viel in deutscher Sprache. Das wird schnell besser.

Beste Grüße
zigga

 
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Der nächste habe die Toilettenwand mit gezeichneten Hackenkreuzen wiedergefunden.
Ich kenne nur den Hackenporsche ... ;)

Hallo Nicolas,

herzlich willkommen hier im Forum.

Ich sehe es wie Putrid: das ist wohl 1:1 aus dem Leben erzählt. Authentizität ist sicher nicht verkehrt, aber du willst ja nun eine Geschichte schreiben, keinen Bericht. Für mich ist so ein hohes Level an Authentizität extrem nervig und in der Länge - sorry, nur meine 5 Cent - grenzt es an Logorrhoe. Ich fühle mich einfach zugeschwallt, das sind Details, die ich zu 90% vollkommen irrelevant finde. Zumindest in einer Erzählung, und ich gehe davon aus, dass du diese schreiben möchtest.

Eine Erzählung nimmt - wenn du so einen Sozialrealismus schreibst - relevante Momente aus dem Alltag, ordnet sie zu einem Plot, zu einer Charakterisierung. Es ist nicht die Aufgabe einer Erzählung, alles, was in der Realität so passieren könnte, hintereinander ohne Hierarchie, ohne thematische oder sonstwelche Ordnung (so sieht es für mich aus) aneinanderzureihen und dann dem Leser zu überlassen, sich daraus etwas zu stricken. Ich hab auch einen Alltag, ein normales Leben, und 99,9% daraus eignet sich keineswegs zu Prosa. Erzählung ist, aus all diesem arbiträren Chaos, all diesen Eindrücken und Stimmen etwas herauszufiltern, das eine Geschichte trägt. Ganz ehrlich gesagt - da ticke ich wohl völlig anders als zigga - ist mir egal, ob sich das anhört, wie aus dem Leben notiert. Ich möchte eine interessante Geschichte, die all das wegtrimmt, was überflüssig ist.

Ich wünsche dir dennoch viel Spaß hier, herzliche Grüße,
Katla

 

Moin @Katla,

weil du meinen Kommentar wohl falsch verstanden hast:

Ganz ehrlich gesagt - da ticke ich wohl völlig anders als zigga - ist mir egal, ob sich das anhört, wie aus dem Leben notiert.

Nein, ich stimme dir in allen Einschätzungen bezüglich des Texts vollständig zu.

Der Text ist noch nicht auf einem literarischen Level, weil viele Dinge nicht stimmen, die du richtig angemerkt hast.

Nichtsdestotrotz sehe ich hier neben einem sehr jungen Autoren eine sehr rawe Skizze mit jede Menge sehr guter Recherchepunkte, was die Arbeitswelt von Schichtarbeitern angeht. Dieser Recherchepool, dieses Wissen, sind meiner Meinung nach sehr viel wert und mit mehr handwerklichem Wissen kann aus so einem Erfahrungsschatz eine sehr authentische Story werden.
Auch wenn der Autor im Text in Punkto Handwerk nachziehen muss, um eine gut erzählte Geschichte daraus zu machen, finde ich es wichtig, anzumerken, dass der vorliegende Text - und meinem Gefühl nach auch der Autor - hier im Bezug Recherche und Authentizität anderen hier erscheinenden Erstlingswerken etwas voraus hat.

Beste Grüße
zigga

 

weil du meinen Kommentar wohl falsch verstanden hast:
Alles fein, lieber @zigga, ich denke, ich hab dich schon richtig verstanden (jedenfalls so, wie du hier noch mal so freundlich erklärt hast).
Und das verstehe ich schon:
Das ist extrem viel wert, dass du dir dieses Umfeld so angeeignet hast und authentisch davon erzählen kannst.

Ich denke aber - vielleicht etwas ketzerisch - dass das allein auch nix ist, was ich loben würde. Jemand könnte dagegen eine wunderbare, kritische Geschichte schreiben, ohne Authenzität, nur über Abstraktionen der Problematik, wenn er eine gute Geschichte schreiben kann.

Wenn mir jemand (echtes Beispiel) eine absolut überzeugende, seitenlange Seeschlacht am Kattegat im 19. Jahrhundert hinlegt, der Autor aber vorher geklagt hat, er komme aus dem Binnenland und sei nicht mal mit einem Kanu auf einem Kanal unterwegs gewesen, geschweige denn auf einem Segelschiff auf dem Meer ... dann habe ich auch Authentizität - soweit ich das beurteilen kann, ohne je an einer Seeschlacht teilgenommen zu haben, aber eben als halbwegs verständige Leserin. Dann ist es eine sehr gute, authentische Geschichte, die keinerlei authentisches Erleben dahinter hat.

Ob Nicolas eine autentische oder sonstwelche Geschichte erzählen könnte, kann zumindest ich von diesem langen Text her nicht beurteilen - im Moment jedoch sehe ich nix davon (sorry, Nicolas, ich meine auf gar keinem Fall, dass du es grundsätzlich nicht könntest! :-)). Daher sehe ich hier - ich meine eben im Unterschied zu dir, was ja vollkommen okay ist - keinen Grund zum Lob.

Ich finde es aber durchaus sehr spannend zu lesen, was Leser von Geschichten erwarten und welche Ansätze sie sehen, die ich z.B. nicht sehe; und das mag letztlich auch damit zu tun haben, was für Geschichten wir gerne lesen.

Alles gut, das sind ja spannende Standpunkte.

Liebe Grüße,
Katla

 

Hallo Nicolas,
mir gefällt Deine Geschichte sehr gut. Endlich thematisiert mal jemand das Arbeitsleben. Putrid Palace hatte das ja auch schon angerissen, in seiner Erzählung, die in einer Großwäscherei beginnt. Das hat mich sehr interessiert.
Deine Story erinnert mich an meine Hilfsarbeitertätigkeiten in verschiedenen Produktionsbetrieben. Es stimmt wirklich, dass die Leute mit einem guten Familienhintergrund meist ganz nett sind. Die, bei denen es nicht so läuft, versuchen ihren Frust auf Arbeit auszulassen. Öfter ist die Arbeit gar nicht das Problem, sondern die Kollegen. Und ja, meine Kollegen haben ebenfalls meist übermäßig geraucht. Als Nichtraucherin isoliert man sich ja selber. Auch die verschiedenen Typen von Chefs, die Du schilderst, kenne ich. Als kleiner Hilfsarbeiter hat man nichts zu melden. Ich habe mich auch darüber gewundert, dass es manchem ein Dorn im Auge ist, wenn die Beschäftigten sich untereinander gut verstehen und zusammen lachen. Wir sind ja schließlich nicht im Gulag. Übrigens Bukowski, der ja von Gelegenheitsjobs lebte, hat auch sehr viel darüber geschrieben.

 
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Kennen Sie das Leben eines Lagerhelfers, welcher der Schichtarbeit ausgesetzt wird?

Direkte Antwort: Schichtarbeit kenn ich, denn Pflegepersonal – obwohl i. d. R. Angestellte und nach BAT oder vergleichbaren Tarifwerken entgolten -, und ich komm aus einer (Hilfs-)Arbeiterfamilie und hab einen Facharbeiterbrief, mit dem ich zB in der chemischen Industrie einen Job finden könnte, wobei das Problem meines letzten Besuches eines - dann ausgerechnet auch noch eines - Forschungslabors 40 Jahre zurückliegt ... Aber in der chemischen, auch einer Industrie/einer Branche, wo die Maschinen so wenig abgestellt werden wie Hochöfen in der Schwerindustrie oder in anderen Branchen das Fließband´und "unter" Tage war es eh wurscht, ob eine Sonne scheint oder nicht,

lieber @NicolasD.,

und das so nebenbei: Deine Erzählung hat m. E. das Zeug für den „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“, solltestu nach einer Überarbeitung mal schauen -selbst wenn Dein Thema gar nicht so sehr die Arbeitswelt als die Schmiererei an den Wänden ist.

Alles schon gesagt, dass wir uns auf die Reparaturen einlassen sollten, denn da gibt’s einiges, aber für ein Debut überraschend wenig zu tun, immerhin löste der erste Schnitzer (ungewollt, sicherlich) ein breites Grinsen bei mir aus und eine gewisse, wenn auch unfreiwillige Nähe zu den Schmierereien – aber hier

Die Mittgasschicht beginnt um 14 Uhr und endet um 22 Uhr.
sollte keine Flüchtigkeit zu einem seltsam-unliebsamen Gedankenspiel verführen ...

Du verstehst, was ich mein mit "gas"?

Die Schichtanfänge sehe ich als entbehrlich an, Schichten beginnen übrigens für Vollzeitkräfte allemal zu diesen Zeiten ob für Arbeiter oder Angestellte (wie auch beim genannten Krankenpflegepersonal zB, das tarifmäßig einem Angestelltentarif unterliegt).

Hier schnappt mal die Fälle-Falle zu

Daher melden sich einige Mitarbeiter gerne freiwillig für die Nachtschicht, um de[m] leistungsbetonten Arbeitspensum zu entfliehen.

Dazu zählt auch die DHL Solutions GmbH[..]

Ja, bald haben wir amerikanische Verhältnisse – nix mehr mit dem Bismarckschen Sozialplan/Sozialstaat … Hängt aber auch zusammen mit der Müdigkeit, einer Gewerkschaft beizutreten (unnütze Beiträge gibt's nicht, aber ohne Organisation geht gar nix)

Die Auslassungpunkte (nach der GmbH) direkt am Wort behaupten, dass da wenigstens ein Buchstabe fehle, was nicht der Fall ist … Also besser eine Leerstelle zwischen Wort und Punkten.

Er hat sich dazu entschiedenKOMMA einen Ferienjob als Lagerhelfer anzunehmen, da ...

(die Kommasetzung bei Infinitivsätzen - hier der Teil mit „annehmen“) ist so ziemlich das schwierigste in der Zeichensetzung. Hier vor Ort findestu Hilfen, aber absolut aktuell ist immer Komma – direkt von der Quelle

In der dritten Woche wird es deutlich interessanterKOMMA da man nun eine Einführung in alle Bereiche erhalten hatte und sich nun, wenn man Glück hat, seinen Favoriten auswählen kann.

In nichts äußert sich ein Bewusstsein mehr als in der Sprache und für Dich hastu einen Anfang gemacht,

meint der

FRiedel

 

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