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Scherbenregen
Seine Augen waren vor Schreck geweitet und die Augäpfel traten weiß hervor. Ein schmererfüllter Ausdruck verzerrte sein Gesicht zu einer Grimasse. Ein letzter Atemzug. Ein letztes Aufbegehren.
Dann entspannte er sich. Sein entstellter Körper lag reglos auf dem weißen Laken. Er war nun nicht mehr als eine leere Hülle, die einst einen Namen besessen hatte, er war einer von vielen.
Sein rotes Blut suchte sich langsam seinen Weg und bildete eine Lache, die den Leichnam wie ein Gemälde umrahmte.
Das Messer entglitt meiner feuchten Hand und fiel klirrend zu Boden, es war vollbracht.
Er hatte es mir erstaunlich leicht gemacht, als er mich ohne Bedenken in seine Nähe ließ. Er hatte mich nicht erkannt. Selbst nach der ganzen Zeit die ich ihn schon verfolgte. Bis zuletzt hatte er keinen Verdacht geschöpft.
Nicht dass dies mein erster Mord war, nein, ich war Profi, ausgebildet um zu töten. Sie nannten mir einen Namen, ich befolgte Befehle. Ich hatte keine andere Möglichkeit, sie hatten mich manipuliert und so blieb mir nichts anderes übrig, als Aufträge auszuführen um die zu retten, die ich einst Familie nannte. Ihr Leben war abhängig von den Launen der Obrigkeit. Solange ich deren Gegner beseitigte und ihnen zu Diensten war würden sie am Leben bleiben.
Ein Knall riss mich aus meinen Gedanken. Der Spiegel vor mir zersprang in tausend Scherben, die zu Boden fielen.
Tausend Gesichter, die mich ungläubig anstarrten.
Tausend Perspektiven, die mir mein Scheitern vor Augen führten.
Tausend Blickwinkel aus denen ich das das Monster, zu dem ich gemacht wurde, endlich sterben sah.
Ein Röcheln durchfuhr meine Kehle, ein Schmerz meine Brust. Eine Kugel musste mich durchdrungen haben. Aber die Schmerzen verblassten als das Gefühl von Erleichterung meinen Körper überschwemmte.
Ich wusste nicht von wem die Kugel stammte, es gab viele die mich tot sehen wollten. Doch etwas war mir klar, es war vorbei, endlich. Ich hatte nie die Kraft, mir selbst das Leben zu nehmen und war nicht fähig gewesen, mich von denen loszusagen, die mich zu dieser Maschine gemacht, für ihre Zwecke missbraucht und zum Töten gezwungen hatten, da ich immer mit dem Wissen gestorben wäre, Schuld am Tod meiner Familie zu sein.
Blut strömte in meine Lunge. Mein T-Shirt färbte sich rot. Ich sackte in mich zusammen, fiel auf das Bett, neben die erkaltete Leiche.
Das letzte was ich sehe ist unser Blut, das sich auf dem Laken vermischt und mein Lächeln, das sich in einer Scherbe widerspiegelt. Dann wird mir Schwarz vor Augen und ich verliere das Bewusstsein.