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Scherben im Fall
"Die Greenbay Packers halten sich gut im 3. Part gegen die Giants!"
Aufgeregt stellte Jim den Fernseher lauter, erreichte bereits das Maximum...es sollte niemanden stören, schließlich war die gesamte USA begeistert dabei, der Superbowl ist ein Ereignis wie kein Zweites.
"DA! Noch 30 Sekunden bis zum Pausenpfiff, Perré wirft weit vor, das war knapp, schon liegt er begraben unter Jones's beträchtlichen Pfunden! Ein brillianter Wurf, wie nicht anders zu erwarten. Lagras rast, ein unglaubliches Tempo, wird er den...NEIN-Pollak hat ihn voll erwischt, er stürzt zu Boden, der Ball ist verloren...und da ist der Abpfiff, eine kurze Verschnaufpause, wir sehen uns nach der Werbung wieder, wenn entschieden wird..."
Jim drehte die Lautstärke leiser, griff nach seiner Cappy und stürzte aus der Wohnung...schließlich waren die Chips alle und vor Aufregung an den Fingernägeln zu kauen war keine angenehme Alternative.
Der Laden war ganz in der Nähe, es war auch nicht allzu heiss, was ihm ermöglichte, etwas zu laufen. Er lief nicht gerne. Überhaupt nicht. Aber er hatte nicht viel Zeit...wahrscheinlich wird er es gerade bis zum Anpfiff schaffen. Für einen Moment fragte er sich, ob sich all der Aufwand lohnte...schließlich war das nicht sein Spiel. Aber wenn Morgen alle davon reden werden...
Jim hetzte in den Laden nahe der Tankstelle, der in dieser modernen, gläsern-metallenen Stadt durchaus als antik bezeichnet werden konnte.
Auch hier drinnen war ein Fernseher, jedoch lief nicht, wie erwartet, Werbung...ein bleicher Nachrichtensprecher verlas nervös den Zettel in seinen Händen, ein Zittern in seiner Stimme. Muss ein Anfänger sein. Natürlich...hmm, keine Ripped? Bacon? Onion?
"Lester, hast du noch Bacon?"
Der ins Alter gekommene Mann starrte unverwandt auf den Bildschirm, keine Anzeichen auf eine kommende Antwort.
Wird wohl langsam taub...gut, Onion werden es wohl auch tun.
Jim ließ die Tüte auf die Theke knistern, wartend. Lester starrte immer noch, den Nachrichten folgend...fast genauso bleich wie der Sprecher. Er wird doch wohl nicht krank?
Jim interessierten die Nachrichten nicht, passiert stets das gleiche, Einfluß drauf nehmen kann sowieso niemand, also wozu die Zeit vergeuden?
Er ließ die Münzen auf das Holzbrett schellen und verließ wortlos den Laden, kopfschüttelnd über Lesters geistige Abwesenheit.
Wie still es geworden ist..? Er war wohl zu lange im Laden, begann zu rennen...keine Autos? Hat das Spiel schon begonnen? Seine Schritte hallten seltsam entstellt von den gläsernen Riesen wider, Jim beschleunigte seinen Schritt, die Chipstüte wuchtete er hin und her in seiner Rechten, während..
Es war, als ob man den Ton abgestellt hätte. Da lag einer. Tot.
Jim hatte das schon oft im Fernsehen betrachtet, Menschen, die aus dem 10. Stock-
KLATSCH!
Rechts von ihm, mitten auf der Straße, lag ein weiterer Toter, rote Spritz-
KLATSCH! KLATSCH!
Jim wusste nicht, ob er zuviel gerannt ist, Adrenalin? Oder ist er vorhin vor dem Fernseher eingenickt...bei der Lautstärke?
Von überall her kam dieses ins Mark gehende Geräusch aufkommender Menschen, ein Suizidregen. Ist das eine Fernsehshow? Bin ich im Fernsehen und werde verarscht? Die gehen langsam zu weit mit diesen Witzen...
Jim grinste nervös, begann langsam, ganz langsam voranzuschreiten, stieg über die erste Leichen, blickte nicht herab. Er ging um die Ecke...diesmal schaute er hin: Eine Frau..? Schwer zu erkennen, sah sehr mitgenommen aus. Die Maskenbildner gaben sich wohl viel Mühe. Sie sah verdammt echt aus..und dann das ganze Blut?
Jim rannte wieder los, von der plötzlichen Erkenntniss befallen, dass er sich seinen eigenen Vorschlag mit der Fernsehsendung nicht abnimmt ob der Grausamkeit dieser Szenen.
Er betrat den Block und hetzte die Treppen hinauf...noch nie im Leben so gerannt...er war an seinem Gang, vorbei am Nachbarn...ein lauter Knall hinter der Türe, war das ein Schuß?
Jim klopfte an, das alte Ehepaar war immer etwas seltsam, aber...
Er öffnete überraschend schnell, was ihm in dieser Situation nicht einmal barsch vorkam. Er würde einfach Fragen, ob sie auch all diese Menschen geseh-
Vor ihm war das Wohnzimmer, doch er hatte keine Zeit zum Umschauen, denn in diesem Moment sah er noch jemanden aus dem Fenster stürzen. Er rannte hin, sah kurz nach unten. Wehendes, graues, langes Haar schwebte mitsamt seiner Besitzerin Richtung Asphalt, kein Schrei, kein Herumwedeln mit den Armen wie es sonst üblich ist..durfte er das Wort "üblich" denken?
Schnell drehte er sich um, bevor der Körper sein Ziel erreicht hatte. Im Sofa saß Mr.O'Kernegham. Es rauchte noch aus seinem Revolver, er hatte sein Ziel nicht verfehlt.
Fast so, als ob Jim den lauten Fernseher gerade eben entdeckt hätte, achtete er auf das Bild.
Es war der bleiche Nachrichtensprecher. Er murmelte wirres Zeug, aphatisch hin und herschaukelnd.
"....die....das waren Nachrichten.....Nachrichten....das.......das waren.....waren sie.....das....."
Tränen mischten sich mit Blut, als er, nachdem er sich seine Zunge durchgebissen hatte, leblos mit dem Kopf auf den Zettel knallte.