Schenken einmal anders
Ich bin glücklich verheiratet, eigentlich; seit fünf Jahren schon. Wir kennen uns aber schon viel länger, mein Mann und ich. Es war bei einer Party, da haben wir uns kennengelernt. Mir gefiel seine Art zu lachen und wie er wild gestikulierte, wenn er sein Gegenüber von etwas überzeugen wollte. Das ist jetzt bald zehn Jahre her. Wir trafen uns zufällig wieder, verabredeten uns, gingen eine ganze Weile miteinander aus, zogen schließlich zusammen und irgendwann beschlossen wir, Nägel mit Köpfen zu machen und heirateten.
Gestern hatte ich Geburtstag. Es war also der fünfte, den ich als Ehefrau gefeiert habe. Mein Mann hat mir einen Dampfkochtopf geschenkt. „Das ist praktisch“, hat er gesagt. „Da spart man Energie und außerdem wird das Gulaschfleisch viel zarter, wenn man es im Dampfkochtopf zubereitet.“ Ich bin Vegetarierin. Also nicht richtig, aber ich esse sehr selten Fleisch.
Zum letzten Geburtstag habe ich eine Antifaltencreme geschenkt bekommen. Hm - dabei hatte er sich damals wohl wirklich Gedanken gemacht. Er sagte, als er mir die Creme überreichte: „ Du hetzt Dich immer so ab und siehst auch oft gestresst aus!“ Hm...
Das Jahr davor hatte er eine Werkzeugkasten angeschleppt. Er wolle mir, verkündete er, ein besonders Geschenk machen. Wenn also etwas im Haushalt kaputt ginge, sei er gleich zur Stelle, ich müsse nur mit dem Finger schnipsen, und er würde herbeieilen und es flugs reparieren. Es gab genau einen Versuch. Die Kaffeemaschine ging kaputt. Ich schnipste zwei, drei, vier Wochen mit dem Finger, dann kam er endlich, schraubte, fluchte und durchstöberte stundenlang Internetforen. In dieser Zeit war er sehr schlecht gelaunt und kaum ansprechbar. Die auseinandergebaute Kaffeemaschine blockierte zwei Wochen den gesamten Küchentisch, bis ich sie schließlich entsorgte und eine neue kaufte. Und jetzt der Dampfkochtopf. Er wollte es dieses Mal besser machen … Na, ja, immerhin, ein Versuch.
Drei Monate später
Es ist Freitag und mein Mann hat Geburtstag. Er war extra früher nach Hause gekommen und freute sich auch tatsächlich. Ich hatte den Tisch schön gedeckt, mit Kerzen und so; lecker gekocht hatte ich auch. Zum Essen gab´s Sekt, den ich aber praktisch alleine austrank und einen schönen Portwein zum Abschluss. „Jetzt gibt’s Geschenke, oder?“, mein Mann rieb sich die Hände. „Klar!“, ich hatte alles vorbereitet, „Also als erstes habe ich eine neue Frisur für dich.“ Mein Mann guckte. Männer sind so. Du hast plötzlich kurze, braune Haare, statt lange, blonde, aber sie bemerken es nicht. Da muss man sie schon mit der Nase drauf stoßen. Ich drehte den Kopf leicht hin und her. „Ja, schau, ich war bei Schmidt & Reichelt, weißt der Friseursalon, von dem jetzt alle sprechen. 257 €, stell dir vor, aber was tu ich nicht alles für dich. Ja, schau nicht so, alles für dich, denn von meiner Frisur habe ich ja eigentlich nichts. Ich seh mich ja nicht, außer im Spiegel natürlich, aber ich bin doch keine eingebildete Kuh und steh den ganzen Tag vorm Spiegel rum. Du kannst dich jetzt freuen, dass du eine gut frisierte Frau hast, gut oder?“ Ich musste leicht aufstoßen. Sekt vertrag ich manchmal nicht so richtig gut. Die Blubberbläschen steigen mir dann in die Nase und ich muss aufstoßen. Das ist so. „Aber warte, ich habe noch etwas für dich!“ Ich drehte mich einmal um mich selbst und wedelte dabei, wie ich hoffte, elegant mit den Armen. „Na, gefällt sie dir?“ Mein Mann schaute recht verständnislos. Das man aber auch immer alles erklären muss. „Naaahaa?“, ich wackelte mit dem Po. „Die Jeans, die Je-ans!!! Ist die nicht obercool? Jetzt hast du nicht nur eine gut frisierte, sondern auch eine gut gekleidete Frau. Und ich finde diese Jeans macht mich richtig schlank, findest du nicht?“ Mein Mann brummte etwas Unverständliches. „Uhuund, das Beste kommt noch! Du bekommst von mir noch das Wertvollste, was es gibt.“ - dramatische Pause, gedachter Trommelwirbel, dieser Sekt hatte wirklich eine fantastische Wirkung - „Ich habe mir gedacht, du arbeitest doch so viel und hast so viel Stress und am Wochenende kannst du auch nie so richtig entspannen. Da bin ich dann da und nerve dich, weil ich will, dass du irgendwas reparierst, den Müll rausbringst oder mir beim Einkauf hilfst. Da habe ich mir gedacht ich schenke dir mal Zeit. Zeit, die du ganz für dich alleine hast.“ - erneute dramatische Pause, mein Mann schien noch nicht beeindruckt genug - „Ich schenke dir ein frauenfreies Wochenende! Da bist du dann ganz alleine zu Hause und kannst endlich in Ruhe machen, was du willst: Bier trinken, Serien gucken und so. Ich hab mit Tina extra noch ganz schnell einen Städtetrip nach Hamburg gebucht. War spottbillig, weil last-minute und...“ Es klingelte an der Tür. „Ah, das ist wohl das Taxi.“ Ich schnappte meine Tasche und eilte zur Tür „Schmatzi, Schatzi! Holst du mich dann am Sonntag vom Bahnhof ab? Viiieel Spaß dir und bis Sonntag also!!!“ - Kusshand. Ich zog die Tür hinter mir zu und hüpfte sektbeschwingt die Treppe hinunter. Geburtstage können doch wirklich schön sein.